A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
wirtschaftslexikon wirtschaftslexikon
 
Wirtschaftslexikon Wirtschaftslexikon

 

wirtschaftslexikon online lexikon wirtschaftslexikon
   
 
     
wirtschaftslexikon    
   
    betriebswirtschaft
     
 
x

Güterwirtschaftliche Außenwirtschaftstheorie

siehe unter Reale Außenwirtschaftstheorie siehe unter Reine Außenwirtschaftstheorie
1. Begriffsabgrenzung. Die G. behandelt die realwirtschaftlichen Determinanten und Effekte des zwischenstaatlichen Güteraustausches. Die analytische Grundlage bildet die mikroökonomische Gleichgewichtstheorie (Mikroökonomik , Gleichgewicht). I. Ggs. zur Monetären Außenwirtschaftstheorie wird in der G. von Geld-, Währungs- und Kreditbeziehungen abstrahiert. Während beide Theoriebereiche in der Vergangenheit meist isoliert voneinander betrachtet worden sind, unternimmt man in jüngerer Zeit verstärkt den Versuch, beide Bereiche zu integrieren, indem man die verknüpfenden Variablen (Wechselkurs , Geldmenge , absolute Güterpreise (absoluter Preis)) herausstellt. Die G. reduziert die Volkswirtschaften (Wirtschaft) und die Weltmärkte auf Punktmärkte. Damit unterscheidet sie sich von der Raumwirtschaftstheorie, die die ökonomischen Probleme untersucht, die sich aus der Existenz des Raumes ergeben. Im einzelnen beschäftigt sich die G. mit folgenden Fragenkomplexen: Determinanten des Außenhandels; Ermittlung des gleichgewichtigen Weltmarktpreisverhältnisses (terms of trade); Effekte des Außenhandels auf die Produktionsstruktur, die Faktorpreise und den nationalen Wohlstand.
2. Determinanten des Außenhandels. Die Ableitung der Richtung und des Ausmaßes des Außenhandels wird i.d.R. unter den Annahmen der vollständigen Konkurrenz , des freien internationalen Güteraustauschs und der internationalen Immobilität der Produktionsfaktoren durchgeführt. Häufig wird die Analyse in einem Modell mit zwei Ländern, zwei Gütern und zwei Faktoren vorgenommen. Die Angebotsseite der Volkswirtschaft läßt sich durch eine als konkav angenommene Transformationskurve (Produktionsmöglichkeitenkurve) darstellen. Diese Kurve ist der geometrische Ort der Güterkombinationen, die mit gegebenen nationalen Faktorbeständen und gegebenen Produktionsfunktionen der Güter effizient hergestellt werden können. Der absolute Wert der Steigung der Transformationskurve wird als Grenzrate der Transformation bezeichnet. Ökonomisch kennzeichnet sie die Grenzkosten (Kosten) eines Gutes gemessen in (aufzugebenden) Einheiten des anderen Gutes (Opportunitätskostenprinzip (Kosten)). Die Nachfrageseite der Volkswirtschaft wird durch das Indifferenzkurvensystem (Indifferenzkurve) einer gesellschaftlichen Wohlstandsfunktion abgebildet. Der absolute Wert der Steigung dieser Kurven ist die Grenzrate der Substitution . Im Autarkiegleichgewicht (Autarkie , Gleichgewicht) stimmen die Grenzraten der Transformation und der Substitution mit den entsprechenden Preisverhältnissen der Güter überein. Entscheidend für die Entstehung des Außenhandels sind Unterschiede in den relativen Autarkiepreisen jeweils zweier Volkswirtschaften. Ist zum Beispiel das Verhältnis der Preise von Gut 1 zu Gut 2 im Inland geringer als im Ausland, so hat das Inland einen komparativen Preisvorteil für Gut 1 und das Ausland einen komparativen Preisvorteil für Gut
2. Jedes Land wird das Gut mit dem Preisvorteil exportieren und das andere Gut importieren. Die Differenzen in den relativen Preisen lassen sich auf Unterschiede in den nationalen Nachfragestrukturen sowie auf komparative Kostenvorteile (Theorie der komparativen Kosten) zurückführen. Die Unterschiede in der Nachfragestruktur schlagen sich im Indifferenzkurvensystem nieder. Sie führen ceteris paribus (ceteris paribus Klausel) dazu, daß jedes Land einen komparativen Preisvorteil bei dem Gut besitzt, das relativ weniger als im anderen Land nachgefragt wird. Komparative Kostenvorteile dokumentieren sich in verschieden verlaufenden Transformationskurven. Die relevante Vergleichsgröße ist die Grenzrate der Transformation. Die komparativen Kostenvorteile können durch divergierende Produktionsfunktionen (z.B. der Ricardo-Fall) oder durch die Ungleichheit in den Faktorausstattungen der Länder bedingt sein (Heckscher-Ohlin-Fall). Das von E. F. Heckscher und B. Ohlin entwickelte Faktorproportionentheorem geht davon aus, daß sich die durch die Faktorausstattung bedingten Knappheitsverhältnisse der Faktoren bei vollständiger Konkurrenz in den Faktorpreisrelationen niederschlagen. Können die Güter eindeutig als arbeits- (Arbeitsintensivität) oder als kapitalintensiv (Kapitalintensivität) bezeichnet werden, so wird das Land mit einer relativ hohen Austattung an Arbeit einen komparativen Kostenvorteil bei dem arbeitsintensiven Gut besitzen, während das andere Land einen Kostenvorteil bei dem kapitalintensiven Gut vorweisen kann. Stimmen die Nachfrageverhältnisse in beiden Ländern überein, so bewirken die Kostenvorteile ebenfalls relative Preisvorteile. Sollte aber in einem Land das kostengünstigere Gut relativ stark nachgefragt werden, so ist der Fall denkbar, daß das Gut mit dem komparativen Kostenvorteil importiert wird (inverser Handel). Erweitert man die Analyse auf mehrere Güter und Faktoren, lassen sich nur noch eingeschränkte Aussagen über den Zusammenhang zwischen Faktorausstattung und Außenhandelsmuster gewinnen.
3. Ermittlung des gleichgewichtigen Weltmarktpreisverhältnisses (terms of trade). Nach Aufnahme des Außenhandels bilden sich an den Weltmärkten einheitliche Preisverhältnisse der gehandelten Güter heraus, die zwischen den Autarkiepreisverhältnissen liegen. Im Zwei-Güter-Fall läßt sich die Ableitung des Weltmarktpreisverhältnisses durch die Ermittlung der Überschußnachfragen (Bestimmung der Tauschkurven) nach Marshall-Mill oder Oniki-Uzawa veranschaulichen. Das gleichgewichtige Verhältnis zwischen dem Preis des Exportgutes und dem in nationaler Währung ausgedrückten Preis des Importgutes definiert im Zwei-Güter-Fall das reale Austauschverhältnis (terms of trade) der nationalen Volkswirtschaft. Die terms of trade geben an, wieviel Mengeneinheiten des Importgutes für eine Mengeneinheit des Exportgutes getauscht werden können. Damit erhöht ceteris paribus eine Verbesserung der terms of trade die Güterversorgung einer Volkswirtschaft. Im Fall mehrerer Güter bezeichnet man das Verhältnis von Exportgüterpreisindex zu Importgüterpreisindex als terms of trade. Neben der Berechnung der terms of trade auf Güterbasis existieren auch Konzepte, die die terms of trade auf der Ebene der in den Gütern enthaltenen Faktorleistungen bestimmen.
4. Effekte des Außenhandels. Nach der Aufnahme des Außenhandels bewirkt die relative Steigerung des Preises und des Exportgutes eine relative Zunahme der Produktion der jeweiligen Exportgüter. Die Stärke dieses Spezialisierungseffekts hängt von der Form der Transformationsfunktion ab. Im Falle linearer Transformationskurven ist mit vollständiger Spezialisierung zu rechnen. Die Ausdehnung der Produktion des Exportgutes induziert eine Reallokation der Produktionsfaktoren. Sind Unterschiede in den Faktorausstattungen die Ursache für den Außenhandel (Heckscher-Ohlin-Fall), so wird der reichlich vorhandene Faktor durch die Steigerung der Produktion des Gutes mit dem komparativen Vorteil relativ stärker nachgefragt. Dadurch steigt sein relativer Faktorpreis. Im Ausland sinkt der relative Faktorpreis, da die Ausstattungsverhältnisse dort umgekehrt sind. Somit ergibt sich eine Tendenz zum Ausgleich der relativen Faktorpreise. Samuelson hat gezeigt, daß sich unter den Voraussetzungen des Heckscher-Ohlin-Modells ein vollständiger Ausgleich der Faktorpreisrelationen und weiterhin sogar ein Ausgleich der absoluten Realpreise der Faktoren einstellt. Hinsichtlich der funktionellen Einkommensverteilung resultiert aus dem Außenhandel eine relative Verschlechterung der Position der ursprünglich knappen Faktoren (Stolper-Samuelson-Theorem). Durch die Zunahme des realen Tauschverhältnisses gegenüber dem Autarkiezustand verbessert sich die nationale Güterversorgung in beiden Ländern. Der Handel ermöglicht es, Güterbündel zu konsumieren, die außerhalb der nationalen Produktionsmöglichkeiten liegen. Unterstellt man eine gesellschaftliche Wohlstandsfunktion, so liegt der nationale Konsumpunkt außerhalb der Transformationskurve auf einer Indifferenzkurve mit höherem Niveau. Die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit des Außenhandels wird erheblich schwieriger, wenn die Verteilung der Handelsgewinne auf verschiedene Gruppen berücksichtigt werden soll (Wohlfahrtsökonomik).

Literatur: J. Chipman, A Survey of the Theory of International Trade, in: Econometrica, Vol. 33, 1965, 477-519 (Pt. I), 685-760 (Pt. II), Vol. 34, 1966, 18-76 (Pt. III). A. Dixit/V. Norman, Außenhandelstheorie. München 1982. R. W. Jones/P. B. Cenen, Handbook of International Economics. Vol. 1 und
2. Amsterdam 1984 und 1985. H. Siebert, Außenwirtschaft.
5. A., Stuttgart 1991.

 

 


 

<< vorhergehender Begriff
nächster Begriff >>
güterwirtschaftlich-monetäres Gleichgewicht
 
Gütezeichen