Marktbeherrschung
Ein U nternehmen ist nach § 22 Abs. 2 GWB marktbeherrschend im Sinne des Kartellrechts, wenn es als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen ohne Wettbewerber ist oder keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder eine im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern überragende Marktstellung hat. Die Feststellung der Marktbeherrschung auf einem bestimmten Markt setzt die Abgrenzung des relevanten Marktes von anderen Märkten voraus. Die Marktabgrenzung erfolgt sachlich, räumlich und zeitlich nach dem Konzept der funktioneilen Austauschbarkeit. Zu einem Markt werden dabei alle Waren gerechnet, die aus der Sicht der verständigen Marktgegenseite zur Deckung eines bestimmten Bedarfs nach sachlichen, räumlichen und zeitlichen Kriterien angesehen werden. Marktbeherrschung wird vom Kartellrecht grundsätzlich hingenommen. Das GWB läßt aber eine Fusionskontrolle nach § 24 G WB zu, wenn durch den Zusammenschluß das Entstehen oder Verstärken einer marktbeherrschenden Stellung zu erwarten ist. Ferner verbietet § 22 Abs. 4 und 5 GWB marktbeherrschenden Unternehmen die mißbräuchliche Ausnutzung ihrer marktbeherrschenden Stellung. Marktbeherrschende Unternehmen unterliegen ferner ebenso wie marktstarke Unternehmen nach § 26 Abs. 2 GWB dem Diskriminierungsver- bot. Diese Schranken für die wettbewerbliche Handlungsfreiheit von marktbeherrschenden Unternehmen beruhen auf der Erkenntnis, dass der Wettbewerb auch durch Unternehmen beschränkt sein kann, die über tatsächliche, vom Wettbewerb nicht kontrollierte Verhaltensspielräume verfügen. Das GWB koppelt die Marktbeherrschung demgemäß an - durch den Wettbewerb nicht hinreichend kontrollierte - Verhaltensspielräume von Unternehmen. Marktbeherrschung liegt, weil Monopoloder monopolartige Stellungen selten sind, am häufigsten in der Form der überragenden Marktstellungvor. In § 22 Abs. 1 Nr. 2 GWB wird versucht, durch eine beispielhafte Aufzählung die wesentlichen Merkmale für eine überragende Marktstellung zu umreißen. Kriterien sind danach: Marktanteil, Finanzkraft, Zugang zu denBeschaffungs- oder Absatzmärkten, Verflechtungen mit anderen Unternehmen, rechtliche oder tatsächliche Marktzutrittsschranken sowie die Umstellungsflexibilität der Marktgegenseite (seit der
5. Novelle 1990). Überragende Marktstellung gegenüber den Mitbewerbern bedeutet, dass das Unternehmen nicht nur vorübergehend einen überragenden Verhaltensspielraum bei der Entwicklung von Marktstrategien oder beim Einsatz einzelner Aktionsparameter hat. Entscheidend ist dabei eine Gesamtbetrachtung der auf dem relevanten Markt bestehenden Wettbewerbsverhältnisse anhand der beispielhaft auf gezählten Kriterien, zu denen noch weitere Faktoren hinzukommen können. Im Vordergrund steht dabei sicher der Marktanteil. § 22 Abs. 2 GWB legt fest, dass nicht nur Einzelunternehmen, sondern auch zwei oder mehr Unternehmen zusammen marktbeherrschend sein können (marktbeherrschendes Oligopol), soweit zwischen ihnen aus tatsächlichen Gründen kein wesentlicher Wettbewerb besteht und das Oligopol insgesamt dritten Unternehmen gegenüber marktbeherrschendi.S.des§ 22 Abs. 1 GWB ist. Die Feststellung eines marktbeherrschenden Oligopols erfordert daher die Einschränkung des Innenwettbewerbs zwischen den Mitgliedern der Oligopolgruppe wie des Außenwettbewerbs dieser Gruppe zu allen übrigen Unternehmen. Beim Innenwettbewerb ist die Reaktionsverbundenheit der Unternehmen bspw. hinsichtlich der Preisgestaltung zu beachten (Parallelverhalten). § 22 Abs. 3 GWB legt fest, dass unter bestimmten Umständen Marktbeherrschung zu vermuten ist: wenn nämlich ein Unternehmen (mit über 200 Mio EUR Umsatz) auf einem Markt über ein Drittel Marktanteil hat; wenn drei oder weniger Unternehmen zusammen (jedes mit über 100 Mio EUR Umsatz) über 50 % Marktanteil haben; wenn fünf oder weniger Unternehmen zusammen (jedes mit über 100 Mio EUR Umsatz) über zwei Drittel Marktanteil haben. Die Vermutungen für das Vorliegen einer marktbeherrschenden Stellung sind keine bloßen Auf- greifkriterien, aber auch keine Vermutungen im zivilrechtlichen Sinn. Sie ersetzen nicht die Ermittlungen der Kartellbehörden. Wenn aber nach Ausschöpfen der behördlichen Ermittlungsmöglichkeiten eine marktbeherrschende Stellung weder auszuschließen noch zu bejahen ist, geht dies aufgrund der Vermutungen in § 22 Abs. 3 GWB zu Lasten der Unternehmen.
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