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Klassische Wachstumstheorie


1. Die K. ist kein einheitliches Theoriengebäude; es gibt jedoch ein gemeinsames Grundmodell. Die K. stimmt in der Auswahl der entscheidenden Modellvariablen überein. Durch endogene Variablen wird eine strenge Determiniertheit der wechselseitigen Abhängigkeit von Wachstum und Einkommensverteilung hergestellt. Das erlaubt (anders als in der modernen Wachstumstheorie) eindeutige Aussagen über den Ablauf des Wachstumsprozesses.
1. 1 Der Zusammenhang von Produktion (Y) und Produktionsfaktoren Boden (B), Arbeit (L) und Kapital (K) wird durch die Produktionsfunktion beschrieben,
(1)                                 Y = f(B, L, K) Durch Differentiation erhält man
(2)    
Klassische Wachstumstheorie

Die Verfügbarkeit des Bodens unterliegt der natürlichen Begrenztheit,
(3)    
Klassische Wachstumstheorie

Die Veränderung des Faktors Arbeit wird mittels des am Lohnsatz orientierten generativen Verhaltens der Bevölkerung in einer Relation h von der Kapitalakkumulation determiniert,           
(4)    
Klassische Wachstumstheorie

Aus
(3),
(4) und
(2) folgt, daß die Kapitalakkumulation das Wachstum bestimmt,
(5)    
Klassische Wachstumstheorie

Die Kapitalakkumulation hängt bei den Klassikern in verschieden spezifizierter Form von der Differenz zwischen der Profitrate (e) und der Investitionsrisikoprämie (
Klassische Wachstumstheorie

) sowie von der Produktion, die den Unterhalt der Arbeiter zum Subsistenzlohnsatz (
Klassische Wachstumstheorie

) übersteigt (
Klassische Wachstumstheorie

), ab,
(6)                                
Klassische Wachstumstheorie

                                    mit
Klassische Wachstumstheorie

Die meisten Klassiker unterstellen bei intensiver od./und extensiver Bewirtschaftung des begrenzt verfügbaren Bodens abnehmende Grenzerträge ,
(7)                                
Klassische Wachstumstheorie

Dadurch fällt die Profitrate als Residualeinkommen (Einkommen) inAbhängigkeit vom Wachstum. Einige Klassiker betrachten dagegen die Profitrate als Markteinkommen, das im Wachstumsprozeß infolge des Wettbewerbs sinkt. Am Ende des prästationären Wachstumsprozesses sinken die Profitrate und die das Subsistenzniveau der Arbeiter übersteigende Produktion so weit ab, daß die Kapitalakkumulation aufhört,
(8)                                
Klassische Wachstumstheorie

Folglich stagniert der Arbeitskräftebestand,
(9)    
Klassische Wachstumstheorie

für
Klassische Wachstumstheorie

Das Wachstum der Volkswirtschaft (Wirtschaft) hat in Abhängigkeit von der Einkommensverteilung zwangsläufig den klassischen stationären Endzustand erreicht, (10)  
Klassische Wachstumstheorie

für
Klassische Wachstumstheorie


1. 2. In der K. modifizieren das technische Wissen und der institutionelle Rahmen  die Produktionsfunktion. Es gelten (11)                                Y = f(B, L, K, F+) (12)                               
Klassische Wachstumstheorie

(13)  
Klassische Wachstumstheorie


Klassische Wachstumstheorie


2. Einzelne Klassiker variieren das Grundmodell der K.:
2. 1. Adam Smith (1723-1790) betont neben dem Einfluß der klassischen Produktionsfaktoren auf das Wachstum die besondere Bedeutung des institutionellen Rahmens. Er unterstellt indirekt, daß die Verfügbarkeit des Bodens begrenzt ist. Abnehmende Grenzerträge werden jedoch nicht angenommen. Die Veränderung der Arbeits(einsatz)nachfrage wird von einem Lohnfonds bestimmt, der von der Kapitalakkumulation und dem Produktionswachstum abhängig ist. Langfristig folgt das Arbeitsangebot dieser Arbeitsnachfrage. Dabei wird die Veränderung des Arbeitsangebots mittels des generativen Verhaltens der Bevölkerung von der Differenz zwischen einem Subsistenzlohnsatz (zu dem das Arbeitsangebot unverändert bliebe) in Höhe des physischen Existenzminimums und dem tatsächlichen Marktlohnsatz bewirkt. Bei Smith steigt die Kapitalakkumulation mit fallender Profitrate, weil die Rentiers so ihren gewohnten Lebensstandard aufrecht erhalten wollen. Die Profitrate fällt bei Kapitalakkumulation, weil der Wettbewerb der Kapitalisten die Lohnsätze erhöht und die Profitrate drückt und weil bei einem größeren Kapitalstock geringer profitable Investitionschancen bestehen. Die Folge ist ein kumulativer Prozeß des wirtschaftlichen Wachstums und der sinkenden Profitrate, der abrupt abbricht, wenn die Profitrate auf die Höhe der Risikoprämie abgesunken ist. Smith ist optimistisch, daß das Wachstum und die Veränderungen des institutionellen Rahmens (Gewerbefreiheit, Freihandel u.a.) zu einer vermehrten Arbeitsteilung mit steigenden Skalenerträgen führen und den Fall der Profitrate verzögern. Dadurch wird ein Wachstum auf lange Sicht möglich.
2. 2. David Ricardo (17721823) nimmt neben den klassischen Produktionsfaktoren den technischen Fortschritt in die Produktionsfunktion auf. Wenn zum Unterhalt einer wachsenden Bevölkerung eine intensive od./und extensive Bewirtschaftung der begrenzten Bodenfläche notwendig wird, sinken die Grenzerträge der Produktionsfaktoren. Langfristig wird das Arbeitsangebot durch die von der Kapitalakkumulation abhängige Arbeitsnachfrage determiniert. Dabei bestimmt die Differenz zwischen einem natürlichen Lohnsatz (zu dem das Arbeitsangebot unverändert bliebe) in Höhe einer historisch veränderlichen Größe oberhalb des physischen Existenzminimums und dem tatsächlichen Marktlohnsatz aufgrund des generativen Verhaltens der Bevölkerung die Veränderung des Arbeitsangebots. Ricardo zufolge sinkt die Kapitalakkumulation bei fallender Profitrate. Kurzfristig fällt die Profitrate, wenn bei Kapitalakkumulation der Wettbewerb um die Arbeitskräfte den Marktlohnsatz zu Lasten der Profitrate über den natürlichen Lohnsatz anhebt. Die Kapitalakkumulation wird vorübergehend vermindert. Sobald das Arbeitsangebot sich mittels des generativen Verhaltens der Bevölkerung an die Arbeitsnachfrage anpaßt, sinkt der Marktlohnsatz auf den natürlichen Lohnsatz ab, die Profitrate steigt wieder und die Kapitalakkumulation wird vermehrt. Da langfristig eine steigende Bevölkerungszahl die intensive od./und extensive Bodenbewirtschaftung bei reduzierten Grenzerträgen notwendig macht, müssen zu deren Unterhalt fortlaufend der Lohnanteil am Grenzprodukt bzw. der nominale Lohnsatz erhöht und der Profitanteil zwangsläufig gesenkt werden, und die Profitrate fällt. Kapitalakkumulation und Wachstum werden allmählich abnehmen und im stationären Endzustand ganz aufhören. Nach Ricardo verzögert der technische Fortschritt den stationären Endzustand nur, weil seine Wirkungen, die das Sinken der Grenzerträge in der Industrie kompensieren, durch die dominierenden Wirkungen sinkender Grenzerträge in der Landwirtschaft im langfristigen Wachstum überwogen werden.
2. 3.Thomas Robert Malthus (1766-1834), der in wesentlichen Elementen mit Ricardo übereinstimmt, ergänzt die K. durch eine das Arbeitsangebot spezifizierende Bevölkerungstheorie, nach der die Bevölkerungszahl bei ungehinderter Vermehrung in geometrischer Reihe wachsen würde; die Nahrungsmittelproduktion kann eher in arithmetischer Reihe zunehmen. Menschliches Elend reduziert den Bevölkerungsdruck auf die Möglichkeiten zur Ernährung. Malthus bereichert ferner die K. durch eine Analyse der Wirkung des Anpassungsverhaltens bei kurzfristigen Gleichgewichtsstörungen auf den stationären Endzustand. Wg. des starren Arbeitsangebots führt eine Zunahme der Arbeitsnachfrage kurzfristig zu höheren Lohnsätzen bzw. zu niedrigeren Profitraten und beendet die Kapitalakkumulation. Zwei Anpassungen sind verhaltensbedingt möglich: Höhere Lohnsätze können das Arbeitsangebot unverändert lassen oder sogar reduzieren, und die Profitrate verharrt auf dem niedrigen Niveau ohne Kapitalakkumulation. Die Volkswirtschaft tritt vorzeitig in einen stationären Endzustand ein. Die höheren Lohnsätze können aber auch zu einer Bevölkerungszunahme bzw. Familienvergrößerungen führen, die daraus ernährt werden müssen. Sobald das Bevölkerungswachstum das Arbeitsangebot vergrößert, müssen die Lohnsätze vorübergehend unter das Existenzminimum der Familien sinken können, damit durch das Steigen der Profitrate eine neue Kapitalakkumulation initiiert wird. Sonst gerät die Volkswirtschaft ebenfalls vorzeitig in einen stationären Endzustand.
2. 4.John Stuart Mill (1806-1873) verbindet in der K. den sozio-kulturellen Rahmen (Erziehung, Wirtschaftsgesinnung u.a.) mit den rein ökonomischen Faktoren des Wachstums. Mehr als andere Klassiker weist er auch auf die Erhöhung der Profitrate und die Verschiebung des stationären Endzustandes durch Emigration und Kapitalexport und durch den Import billiger Nahrungsmittel hin. Den historischen Ablauf des Wachstums beschreibt Mill in einer Stufentheorie mit fünf Entwicklungsstufen von der Jagd über die Viehzucht bis zum Ackerbau, der schließlich mit Gewerbe und Handel verbunden wird.

Literatur: I. Adelman, Theories of Economic Growth and Development. Stanford 1961. B. F. Hoselitz (Ed.), Theories of Economic Growth. New York, London 1960 (mehrere Beiträge).

 

 


 

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