Vergleichende Werbung
ist eine auf den Konkurrenten bzw. seine Produkte oder Dienstleistungen Bezug nehmende Werbung. Im Wettbewerbsrecht werden drei Formen der vergleichenden Werbung (v. W.) unterschieden: Persönliche v. W. liegt vor, wenn ein Werbetreibender den Absatz seiner Produkte dadurch fördern will, dass er in negativer Weise auf persönliche Eigenschaften oder Verhältnisse des Konkurrenten hinweist (z.B. Vorstrafen, schlechte Finanzsituation). Anlebnendev. W. nimmt in positiver Weise auf Waren oder Dienstfeistungen des Wettbewerbers Bezug, um deren guten Ruf für das eigene Angebot auszunutzen. Kritisierende v. W. stellt das eigene Angebot in der Weise heraus, dass ein namentlich genannter Wettbewerber bzw. Elemente seines Angebots (Preis, Qualitätsmerkmale) als negativer Vergleichsmaßstab dienen und insofern in den Augen der Kunden herabgesetzt werden. Die persönlich vergleichende sowie die anlehnende v.W. gelten i.d.R. als wettbewerbswidrig, unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt (§ 1UWG). Im Vordergrund des Interesses steht allerdings die kritisierende v.W. (v.W. i.e.S.), deren wettbewerbsrechtliche Beurteilung differenzierter ausfällt. Gemäß der Rechtsprechung des Reichsgerichts, die lange Zeit vom Bundesgerichtshof geteilt wurde, galt kritisierende v.W. früher grundsätzlich als unlauter, als Verstoß gegen die guten Sitten, und ihre Zulässigkeit wurde auf eng umrisse- ne Ausnahmetatbestände beschränkt. Inzwischen ist ein Wandel in der Rechtsprechung festzustellen. Ein grundsätzliches Verbot vergleichender Werbung besteht nicht. Sie ist gestattet, wenn die vergleichenden Angaben wahr sind, im Einzelfall ein hinreichender Anlaß für die Bezugnahme auf das Produkt eines Mitbewerbers besteht und sich die kritischen Behauptungen nach Art und Maß in den Grenzen des Erforderlichen halten, insb. sachlich gehalten sind und eine unnötige Herabsetzung des Wettb ewerb ers vermeid en. Inwiefern diese Voraussetzungen vorliegen, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen Wettbewerbssituation und unter Abwägung der unterschiedlichen Interessen zu entscheiden. Darüber hinaus behalten die von der Rechtsprechung entwickelten Fallgruppen für Formen wettbewerbsrechtlich unbedenklicher v. W. ihre Bedeutung. Dazu gehören: der Abwehrvergleich, der notwendig und geeignet ist, einen nach Form oder Inhalt rechtswidrigen Angriff eines Mitbewerbers abzuwehren, der Fortschrittsvergleich, der technischen Fortschritt verdeutlicht, der auf eine andere Weise nicht darstellbar ist, der Systemvergleich, bei dem technische oder wirtschaftliche Systeme in ihren Vor- bzw. Nachteilen ohne Bezugnahme auf bestimmte Wettbewerber gegenübergestellt werden (z.B. Barverkauf versus Inanspruchnahme eines Teilzahlungskredits) und der Auskunftsvergleich, der auf ausdrückliches Verlangen der Kunden in sachlicher Weise erfolgt. Über die Wirkungen einer vergleichenden Werbung auf den Wettbewerbsprozeß bestehen kontroverse Ansichten. Verbraucherorganisationen erwarten mit einer Zunahme wahrheitsgemäßer vergleichender Produktinformationen eine Erhöhung der Markttransparenz und damit eine Intensivierung des Wettbewerbs. Sie fordern daher eine weitere Liberalisierung entsprechend der US- amerikanischen bzw. britischen Handhabung. In der werbetreibenden Wirtschaft und Werbewirtschaft gibt es keine einheitliche Meinung; es dominieren aber die Stimmen, die einer weiteren Liberalisierung kritisch gegenüberstehen. Es werden Gefahren darin gesehen, dass: die Verbraucher verwirrt werden, da die Vergleiche i.d.R. nicht objektiv durchgeführt und präsentiert werden, unvollständig sind und nur Zusammenstellungen interessengeleitet ausgewählter Informationen darstellen, die Werbeadressaten damit überfordert sind, die widersprüchlichen negativen Informationen über Produkte, Leistungen und Unternehmen zu verarbeiten, sich herabsetzende Informationen generell negativ auf Glaubwürdigkeit und Ansehen von Werbung und Wirtschaft auswirken können und finanzstarke Großunternehmen durch v.W. bevorzugt werden angesichts ihres überlegenen Potentials, produkt- und kommunikationspolitisch auf Kritik zu reagieren. Es liegt im Bereich der Marketingwissenschaft eine Vielzahl empirischer Studien zur relativen Effizienz der v.W. vor. Die Ergebnisse sind allerdings nicht einheitlich und lassen wegen der Unterschiedlichkeit zugrundegelegter Wirkkriterien und abweichender methodischer Vorgehensweisen keine verallgemeinerbaren Schlußfolgerungen zu.
Literatur: Baumbach, A.; Hefermehl, W., Wettbewerbsrecht, 15. Aufl., München 1988. Braun, K., Vergleichende Werbung, in: Markenartikel, 45. Jg. (1983), Nr. 11, S.552-564. Mayer, H.; Schmitt, R.; Völker, R., Zur Effizienz vergleichender Werbung, in: Jahrbuch der Absatz- und Verbrauchsforschung, 28.Jg. (1982), S.335-359. Zentes, ]., Vergleichende Werbung, in: Kaiser, A. (Hrsg.), Werbung. Theorie und Praxis werblicher Beeinflussung, München 1980, S. 52-64.
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