Werbung
Inhaltsübersicht
I. Wissenschaftliche Grundlagen: Werbeforschung
II. Funktionen der Werbung im Marketing-Mix
III. Institutionelle Bedingungen der Werbung
IV. Ziel- und Durchsetzungsstrategien der Werbung
V. Techniken und Wirkungen der Werbung
VI. Neuere Entwicklungen
I. Wissenschaftliche Grundlagen: Werbeforschung
(1) Arbeitsdefinition: Werbung lässt sich verstehen als versuchte Verhaltensbeeinflussung, die mittels bezahlter Kommunikationsmittel erfolgt, von einem erkennbaren Sender ausgeht und sich an ein breites Publikum richtet. Mit dieser Definition soll Werbung von der persönlichen Marktkommunikation und von Public Relations abgegrenzt werden.
Nach der Einteilung in kommerzielles und nicht kommerzielles Marketing kann man kommerzielle und nicht kommerzielle Werbung unterscheiden. Die kommerzielle Werbung richtet sich an Konsumenten (Konsumgüterwerbung) oder an Geschäftsleute (Business-to-Business-Werbung). Für die nicht kommerzielle Werbung gilt eine entsprechende Unterscheidung in Zielgruppen, die aus Konsumenten oder aus Geschäftsleuten und Organisationen bestehen.
(2) Die Werbeforschung hat sich vor allem mit der Konsumgüterwerbung beschäftigt. Wissenschaftlich ernst zu nehmende Fachbücher erschienen bereits in den ersten beiden Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts. Es handelt sich um werbepsychologisch ausgerichtete Werke wie Scott (Scott, W. D. 1908), Münsterberg (Münsterberg, H. 1912) und König (König, T. 1923). Aus diesen Arbeiten entwickelte sich die gegenwärtige Werbepsychologie (Mayer, H. 1993; Rosenstiel, L. v./Neumann, P. 1992).
Die wissenschaftlichen Arbeiten zur Werbung werden spätestens seit den 1990er-Jahren vor allem im Rahmen der verhaltenswissenschaftlichen Marketing-Forschung durchgeführt.
II. Funktionen der Werbung im Marketing-Mix
Die Werbung ist ein wesentlicher Teil der Kommunikationspolitik des Unternehmens, die ihrerseits zum Marketing-Mix gehört.
Die Marketing-Maßnahmen haben das langfristige Ziel, den Firmenwert oder den Markenwert zu erhalten und zu verstärken. Dazu tragen Produktpolitik und Kommunikationspolitik mehr bei als die anderen absatzpolitischen Instrumente.
Die relative Bedeutung dieser beiden absatzpolitischen Instrumente, die in enger Wechselwirkung stehen, hat sich in den letzten Jahren zugunsten der Kommunikationspolitik verschoben. Die wichtigste Ursache dafür ist die zunehmende Austauschbarkeit der Produkte und Dienstleistungen, die auf den etablierten und gesättigten Märkten angeboten werden: Wenn die sachliche und funktionale Qualität der angebotenen Güter mehr oder weniger austauschbar ist, dann wird die Differenzierung der Güter vor allem durch die Kommunikation erreicht (kommunikative Produktdifferenzierung). Das ist auch das Ergebnis einer Delphi-Studie über die Werbung im Markt von morgen (Kühn, R./Jucken, H. 1988).
Die Kommunikationspolitik bezieht sich auf den gesamten öffentlichen Auftritt eines Unternehmens. Hierzu gehören neben der Werbung noch Public Relations, Verkaufsförderung und Persönlicher Verkauf. I.S. zählt auch die Kommunikation dazu, die durch die anderen absatzpolitischen Instrumente verursacht wird, insbesondere die nonverbale Kommunikation durch Design und Ausstattung der Produkte (»symbolische Dimension der Produktgestaltung«; Koppelmann, U. 1992, S. 202).
Die Werbung bezieht sich entweder auf die angebotenen Produkte und Dienstleistungen (Produktwerbung) oder auf das gesamte Unternehmen (Unternehmenswerbung). Sie übernimmt dabei kurzfristige und langfristige Aufgaben:
Kurzfristig geht es im Allgemeinen darum, Angebote bekannt zu machen oder in die Wahrnehmung einer Situation durch die Konsumenten (z.B. im Krisenfall) einzugreifen.
Die langfristigen Aufgaben der Werbung bestehen in erster Linie in
- | Aktualisierung, | - | Profilierung. |
Aktualisierung bedeutet: Die Werbung soll dafür sorgen, dass Anbieter oder Angebote bei den Abnehmern so präsent sind, dass sie bei Kaufentscheidungen berücksichtigt werden. Die Aktualität ist eine notwendige, aber meistens keine hinreichende Bedingung für den Markterfolg.
Profilierung bedeutet: Die Werbung soll erreichen, dass ein Angebot so positioniert wird, dass bei den Abnehmern Präferenzen entstehen. Dazu müssen Unternehmen sowie Produkte und Dienstleistungen durch die Werbung so dargestellt werden, dass sie
1. | als attraktiv und | 2. | anders als die Konkurrenz wahrgenommen werden. |
Die Profilierung gilt im Allgemeinen als grundlegendes Werbeziel (Rothschild, M. L. 1987). Erst neuerdings wird auch die Aktualisierung als eigenständige langfristige Zielsetzung der Werbung für die Gewinnung von wenig involvierten Konsumenten akzeptiert (vgl. dazu IV.).
Aktualisierung und Profilierung sind also die langfristigen strategischen Kommunikationsziele der Werbung, von denen die einzelnen Beeinflussungsziele abgeleitet werden, die auf der operationalen Ebene der Werbung umzusetzen sind (siehe IV.).
Für die Werbung muss ein Budget bestimmt werden, das es ihr ermöglicht, diese Aufgaben wirksam umzusetzen.
III. Institutionelle Bedingungen der Werbung
Diese sind auf der einzelwirtschaftlichen Ebene des Unternehmens und im gesamtwirtschaftlichen Umfeld zu suchen.
(1) Bedingungen auf Unternehmensebene: Die Werbung gehört zum Tätigkeitsbereich des Kommunikationsmanagements, das sich um Führung und Organisation, Planung und Überwachung zu kümmern hat (Köhler, R. 1993).
Die Qualifikation und Organisation des Werbemanagements und das Zusammenspiel mit den Agenturen bestimmen weitgehend, wie effektiv die Werbung ihre Aufgaben bewältigt.
Das Werbemanagement ist manchmal zentralisiert, meistens aber dezentralisiert: In dezentralisierten Systemen übernimmt i.d.R. ein Produktmanager oder ein Markenmanager die Verantwortung für die Werbung für einzelne Produkte und Marken.
Ein gravierender und sehr verbreiteter Nachteil der dezentralen Organisation ist die mangelnde Kontinuität der Markenführung, die durch Personalwechsel im Management entsteht: Durch diesen Wechsel kommt es häufig zu inhaltlichen und formalen Brüchen in den Werbekampagnen, welche die langfristigen Imagewirkungen der Werbung beeinträchtigen. Vor- und Nachteile einer zentralen oder dezentralen Werbeorganisation werden im Einzelnen von Belch/Belch (Belch, G. E./Belch, M. A. 1990) zusammengestellt.
Für die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Werbeagenturen gibt es bewährte Interaktionsformen, in denen »Kontakter« eine wichtige Rolle spielen. Die Vorgaben des Unternehmens über Ziele und Gestaltung der Werbung erfolgen in einem Briefing, das zu 46% in schriftlicher und zu 80% in mündlicher Form erfolgt (Mehrfachnennungen waren bei dieser Ermittlung möglich). Es erfüllt seine Aufgaben, den Agenturen operationale Ziele vorzugeben und Konflikten zwischen Unternehmen und Agentur vorzubeugen, mangels Professionalität der Beteiligten in einer sehr unvollständigen Weise (Vilmar, A. 1992).
(2) Umfeld-Bedingungen: Als Erstes sind die Institutionen der Gesamtwirtschaft aufzuführen, welche die Werbung vertreten und reglementieren. Der ZAW (Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft, früher: Zentralausschuss der Werbewirtschaft) repräsentiert alle am Werbegeschäft Beteiligten. Dem ZAW gehören 39 Organisationen an, welche insb. die Unternehmen der Wirtschaft, die Agenturen und die Medien vertreten. Der ZAW ist ein »runder Tisch« für die Formulierung einer gemeinsamen Politik, die der Ausschuss in der Öffentlichkeit und als Lobbyist vertritt (ZAW, 1993a).
Der ZAW gründete 1972 den Deutschen Werberat, ein Organ der freiwilligen Selbstkontrolle der Werbewirtschaft, mit den Arbeitsfeldern: Behandlung von Beschwerden gegen unlautere und irreführende Werbung, Entwicklung von Verhaltensregeln und Öffentlichkeitsarbeit (ZAW, 1993b).
Die Interessen der Verbraucher gegenüber der Werbung werden im politischen Raum durch die Institutionen der Verbraucherpolitik wahrgenommen, die für Aufklärung und Schutz der Verbraucher sorgen:
Verbraucherpolitische Aufklärung und Beratung können als Korrektur einseitiger Einflüsse durch die kommerzielle Werbung aufgefasst werden. Der Verbraucherschutz wird vor allem durch die Beiträge der verbraucherpolitischen Organisationen zur Willensbildung des Gesetzgebers erreicht.
Die vom Gesetzgeber geschaffenen Rechtsnormen regeln vor allem den Werbewettbewerb der Unternehmen untereinander sowie die Beziehungen zwischen der Werbung und den betroffenen Verbrauchern. Eine vorrangige Rolle spielt das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).
Abschließend ist noch auf die informellen gesellschaftlichen Normen und Standards hinzuweisen, welche die privaten und öffentlichen Reaktionen der Bevölkerung auf die Werbung wesentlich mitbestimmen: Werbung, die gesellschaftliche Normen verletzt, kann Irritation und Reaktanz hervorrufen. Diese Werbewirkungen sind nicht nur als Alarmzeichen für die ethische Beurteilung der Werbung aufzufassen, sie können auch den Beeinflussungserfolg der Werbung erheblich beeinträchtigen.
IV. Ziel- und Durchsetzungsstrategien der Werbung
Unter Strategien werden langfristig angelegte, grundlegende Maßnahmen verstanden. Wir unterscheiden
1. | Strategien, die sich auf die operationalen Ziele der Werbung beziehen, und | 2. | solche, die sich auf die Durchsetzung der Werbung richten. |
(1) Zielstrategien: Operationale Ziele der Werbung richten sich stets auf die Beeinflussung des Verhaltens auf dem Markt. Ökonomische Ziele des Marketing – wie die Vergrößerung des Marktanteils – kommen als operationale Ziele nicht infrage, weil es im Allgemeinen keine kontrollierbaren Beziehungen zwischen den ökonomischen Zielgrößen und den Werbewirkungen gibt (Zurechenbarkeitsproblem; Steffenhagen, H. 1993).
Die entscheidenden Schritte der Zielformulierung bestehen also darin, aus den übergeordneten und vor allem ökonomisch orientierten Zielsetzungen des Marketing zunächst die Aufgaben der Werbung abzuleiten (siehe II.) und diese dann in operationale Zielvorgaben für die Verhaltensbeeinflussung zu transformieren. Diese Vorgaben betreffen im Wesentlichen:
(a) Wahrnehmungsbezogene Ziele: Typische Vorgaben sind »Erhöhe die aktive Markenbekanntheit um x%« oder »Sorge dafür, dass die Marke als aktuelles Angebot gesehen wird«. Die Werbung zielt in diesen Fällen darauf ab, dass Firma oder Marke in einer Kaufsituation als Alternativen wahrgenommen werden. Es handelt sich also um Ziele im Dienste der Aktualisierung. Zu diesem Zweck muss die Firma oder die Marke durch die Werbung so im Gedächtnis verankert werden, dass sie in einer Entscheidungssituation erinnert werden kann (aktive Bekanntheit) oder wiedererkannt werden kann (passive Bekanntheit).
Nach einem weitgehend akzeptierten Entscheidungsmodell reicht diese gedankliche Präsenz bei niedrigem Involvement bereits dafür aus, dass sich der Konsument für ein Angebot entscheidet. Wissen über die Eigenschaften des Produktes oder der Dienstleistung bzw. Präferenzen sind dann für den Kauf nicht erforderlich. Dieser Ansatz geht auf Ray/Sawyer/Rothschild (Ray, M. L./Sawyer, A. G./Rothschild, M. L. et al. 1973) zurück. Dabei kommt es auf die Kaufbedingungen an, ob aktive oder passive Firmen- oder Markenbekanntheit ausreichen (Rossiter, J. R./Percy, L. 1987).
(b) Einstellungsbezogene Ziele: Meistens kommt jedoch eine Kaufentscheidung nur dann zustande, wenn der Konsument mit einem Angebot Wissen oder emotionale Erlebnisse verbindet, die sich in einer mehr oder weniger positiven Einstellung niederschlagen (Kroeber-Riel, W. 1992). Die Werbung verfolgt deswegen am häufigsten das Ziel, die Einstellung der Empfänger bzw. das Image des Angebots zu verstärken oder zu verändern. Vorgaben dazu lauten z.B. »Vermittle für die Marke Frischeerlebnisse der Erlebnisform EF« oder »Informiere über die Produkteigenschaften E1 und E2«. Derartige Zielsetzungen dienen der vom Marketing angestrebten Profilierung des Angebotes.
(2) Durchsetzungsstrategien: Beeinflussungsziele der Werbung können auf unterschiedlichem Weg und mit unterschiedlicher Stärke erreicht werden. Das hängt von den ausgewählten Durchsetzungsstrategien ab. Die strategischen Überlegungen konzentrieren sich vor allem auf
(a) | Modalitätsstrategien, | (b) | Integrationsstrategien. |
(a) Modalitätsstrategien: Nach der Modalität der zur Vermittlung der Werbebotschaft benutzten Zeichen sind Beeinflussungsformen mittels sprachlicher, numerischer oder abstrakter Symbole von der Beeinflussung mittels konkreter Bilder zu unterscheiden. Die systematisch und strategisch angelegte Verwendung von konkreten Bildern für die Werbung wird in der Konsumentenforschung als »Imagerystrategie« bezeichnet (Kroeber-Riel, W. 1993a): Die bildliche Beeinflussungsstrategie spricht im Menschen ein anderes Gedächtnissystem an, und sie erzeugt völlig andere Wirkungen als die sprachlich formulierte Werbung.
(b) Integrationsstrategien: Bei der Darbietung von Werbebotschaften findet meistens ein häufiger Wechsel von Bild und Sprache statt.
Dieser Wechsel ist oft strategisch nicht durchdacht. Er ist nur zweckmäßig, wenn die Empfänger die verschiedenen Eindrücke, welche die Werbung hinterlässt, so verarbeiten können, dass ein klares Marken- oder Firmenimage entsteht. Das ist nicht der Fall, wenn die erzeugten Eindrücke inkonsistent und widersprüchlich, zu schwach und zu komplex sind.
Die Integrationsstrategien zielen darauf ab, die sprachlichen und bildlichen Werbebotschaften so aufeinander abzustimmen, dass der Eindruck, der durch einen Werbemittelkontakt entsteht, die Eindrücke verstärkt, die andere Kontakte hinterlassen. Eine besonders starke Integration wird erreicht, wenn man in allen Werbemitteln vom TV-Spot bis zur Anzeige kontinuierlich ein Schlüsselbild einsetzt – wie das Bild des Cowboys von Marlboro – und damit bei den Empfängern stets den gleichen bildlichen Eindruck hinterlässt. Auf diese Weise entstehen besonders wirksame Firmen- und Markenbilder.
Bei der Integration der Werbung sind mehrere Dimensionen zu beachten. Die Integration kann
- | formal, | - | inhaltlich, | - | zeitlich, | - | geografisch |
erfolgen. Die formale Integration dient der Aktualisierung von Marken oder dem Corporate Design eines Unternehmens. Sie trägt zur Positionierung einer Marke oder eines Unternehmens wenig bei. Um eine klare Positionierung durchzusetzen, müssen die Werbebotschaften inhaltlich integriert werden, d.h. die von der Werbung vermittelten sachlichen oder emotionalen Eindrücke müssen vereinheitlicht werden. Die zeitliche Integration zielt auf einen kontinuierlichen Auftritt ab, die geografische auf eine mehr oder weniger starke Globalisierung der Werbung.
Integrierte Werbung ist im Rahmen einer umfassenden Strategie zur Integration der gesamten Kommunikation des Unternehmens zu sehen (Köhler, R. 1993; Bruhn, M. 1992).
Die Ziel- und Durchsetzungsstrategien der Werbung bestimmen die Medienwahl, da jedes Medium unterschiedliche Beiträge zur Strategieverwirklichung leisten kann. So ist z.B. Hörfunk zur Verstärkung der Markenwahrnehmung, aber weniger zur Einstellungsbeeinflussung geeignet (Schenk, M./Donnerstag, J./Höflich, J. 1990; Brochard, B./Lendrevie, J. 1989). Die strategieabhängige Eignung der Medien ist eine grundlegende Bedingung für die Mediaselektion.
V. Techniken und Wirkungen der Werbung
Aus den Erkenntnissen der Kommunikationsforschung können sozialtechnische Regeln zur wirksamen Gestaltung der Werbung abgeleitet werden. Diese sollen dazu führen, dass die Beeinflussungsziele erreicht werden.
Die Sozialtechniken und ihre Wirkungen können demzufolge nach den Beeinflussungszielen gegliedert werden (siehe IV. (1)):
(1) Techniken und Wirkungen der Wahrnehmungsbeeinflussung: Damit sich Marke oder Firma so einprägen, dass sie in einer Entscheidungssituation als Alternative wahrgenommen werden, sind vor allem Techniken erforderlich, welche
- | die Empfänger aktivieren und | - | den Markennamen oder das Firmenzeichen im Gedächtnis verankern. |
Zur Aktivierung gibt es drei Techniken: Die Verwendung von
(a) | physisch-intensiven Reizen (»groß, laut, bunt«) sowie | (b) | emotionalen Reizen und | (c) | überraschenden Reizen. |
Die ausgelöste Aktivierung sorgt dafür, dass die Empfänger in Kontakt mit einem Werbemittel kommen; sie verstärkt zudem die Aufmerksamkeit, mit der die Werbebotschaft gelernt wird.
Zur Verankerung im Gedächtnis gibt es in erster Linie Regeln, die sich auf die einprägsame Gestaltung und die Frequenz der Werbung richten. Eine besonders erwähnenswerte Barriere für die einprägsame Gestaltung ist die sprachliche und bildliche Austauschbarkeit der Werbung.
Um den evaluativen Werbeerfolg zu messen, benutzt man Recall- und Recognition-Messungen.
(2) Techniken und Wirkungen der Einstellungsbeeinflussung: Einstellungen lassen sich durch sachliche Informationen und durch emotionale Erlebnisvermittlung verstärken oder ändern.
Die verschiedenen Techniken der informativen oder emotionalen Einstellungsbeeinflussung unterscheiden sich vor allem danach, wie stark das Involvement der Empfänger ist. Bei niedrigem Involvement kann die Beeinflussung auf peripherem Weg erfolgen, bei starkem Involvement auf zentralem Weg (ELM-Ansatz = elaboration likelihood model der Einstellungsbeeinflussung nach Petty, R. E./Cacioppo, J. T./Schumann, D. 1983; Petty, R. E./Cacioppo, J. T./Schumann, D. 1991).
Vereinfacht gesagt: Wenn die Empfänger wenig involviert sind, setzen sie sich gedanklich kaum mit der Werbebotschaft auseinander. Sie haben dann keine Anhaltspunkte zur Einschätzung einer Firma oder Marke. Deswegen orientieren sie sich an nebensächlichen Eindrücken, z.B. an der Person eines Präsenters oder am Gesamteindruck einer Anzeige. Der gefällige Eindruck, den die Anzeige macht, bestimmt dann vorrangig die Einstellung zur Firma oder Marke.
Folgerung: Für die wirksame Gestaltung von Werbemitteln sind an erster Stelle solche Sozialtechniken maßgebend, die sich auf die gefällige Gestaltung der Werbung beziehen. In der Werbewirkungsmessung wird deswegen die Ermittlung der Gefallenswirkungen zu einem wichtigen Maß, um Aufschluss über das Wirkungspotenzial der Werbung zu erhalten.
Dagegen sind bei hohem Involvement der Empfänger solche Sozialtechniken und Wirkungen zu beachten, die im Mittelpunkt der klassischen Werbeforschung standen; das sind das Verständnis sowie die weitere gedankliche Verarbeitung und Speicherung der in der Werbung dargebotenen Argumente.
VI. Neuere Entwicklungen
Die wichtigsten Veränderungen der Werbung gehen auf die Dynamik der Markt- und Kommunikationsbedingungen zurück (Kroeber-Riel, W. 1993b).
(1) Marktbedingungen: Die zunehmende Sättigung vieler Märkte mit Verdrängungswettbewerb und ausgereiften, weitgehend austauschbaren Produkten und Dienstleistungen hat folgende Konsequenzen:
(a) | Der Verdrängungswettbewerb führt zu einem verstärkten Werbewettbewerb. Um sich in diesem Wettbewerb besser durchsetzen zu können, müssen die Unternehmen nach sozialtechnischen Innovationen suchen. Die Benetton-Werbung der frühen 1990er-Jahre mit ihren auffallend realistischen, sozialkritischen Bildmotiven war ein vieldiskutiertes Beispiel dafür. Diese Entwicklung wird noch verstärkt durch den zunehmenden Wettbewerbsdruck, der von der internationalen Werbung ausgeht. | (b) | Bei weitgehend homogener Produktqualität wird die informative Werbung mehr oder weniger austauschbar. Für die Positionierung der Angebote wird deswegen in zunehmendem Maße die erlebnisbetonte Werbung eingesetzt, um so eine erlebnisbetonte Produktdifferenzierung zu erreichen. |
(2) Die Kommunikationsbedingungen werden vor allem durch die Informationsüberflutung und durch die davon abhängigen Veränderungen des Medienstils und der Mediennutzung gekennzeichnet.
Die wachsende Informationsüberflutung hat eine extrem flüchtige und selektive Aufnahme der Werbebotschaften und ein Nachlassen der Kontaktwirkungen zur Folge. Dadurch wird es immer schwieriger, das eigene Informationsangebot bzw. die eigene Werbebotschaft in der Informationsflut sichtbar zu machen und an die Empfänger zu bringen.
Die Werbung begegnet diesem Trend durch einen reizstärkeren Auftritt (der eine Aktivierungsspirale in Gang setzt) und durch neue Weg zum Publikum. Solche Wege sind u.a. das Product Placement, die verschiedenen Formen von Sponsoring und redaktionell aufgemachte Sendungen wie Glücksspiele (Kühn, R./Jucken, H. 1988).
Die Anpassung an die veränderten Markt- und Kommunikationsbedingungen ist eine wesentliche Voraussetzung für erfolgreiche Werbung. Sie setzt kommunikative Kompetenz in den Unternehmen voraus.
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