Netzplantechnik
Gegenstand der N. ist die Entwicklung von Modellen und die Anwendung von Verfahren zur Planung , Steuerung und Überwachung von Forschungs-/Entwicklungs- und Realisierungsprojekten sowie organisatorischen Aufgaben in Wirtschaft , Verwaltung und an Hochschulen (z.B. Entwicklung eines Flugsimulators, Bau eines Passagierschiffes, Einführung eines neuen Studienganges). Die N. ist im Prinzip sehr einfach: Das Projekt wird in elementare Einheiten (Vorgänge, Ereignisse ...) zerlegt. Zwischen den Vorgängen bestehen Anordnungsbeziehungen (Vorgänger-Nachfolger-Beziehungen). Vorgänge und Anordnugsbeziehungen werden graphisch (Graphentheorie) in Form eines Netzplanes dargestellt. Der Netzplan ist als Modell des Projektablaufes Informationsbasis für alle Projektbeteiligten (Projektmanagement, Spezialisten, ausführende Stellen). Zur Vermeidung von Kommunikationsstörungen müssen gewisse Begriffe bekannt und verbindlich sein. Einige dieser Begriffe sind in DIN 69900 normiert. Beispiele sind: Ein Vorgang ist ein zeiterforderndes Geschehen mit definiertem Anfang und Ende. Ein Ereignis ist ein definierter Zustand im Projektablauf.
1. Modelle. Die folgenden speziellen Netzpläne werden unterschieden (aus einem allgemeinen Ablaufgraphen herleitbar): Vorgangsknotennetzpläne entstehen, wenn man die Vorgänge durch Knoten darstellt. Die "Metra Potential Methode" (MPM) arbeitet in der ursprünglichen Konzeption mit Vorgangsknotennetzplänen. Vorgangspfeilnetzpläne entstehen, wenn man die Vorgänge durch Pfeile darstellt. In der ursprünglichen Version verwendet die "Critical Path Method" Vorgangspfeilnetzpläne. (Ereignisse lassen sich bei Vorgangsknoten- und Vorgangspfeilnetzplänen z.B. aus Beginn oder Ende von Vorgängen herleiten.) Ereignisknotennetzpläne entstehen, wenn man lediglich die Ereignisse eines Projektes erfaßt und als Knoten darstellt. (Vorgänge lassen sich als Übergänge zwischen den Ereignissen bestimmen.) Die "Program Evaluation and Review Technique" (PERT) arbeitet in der Originalversion nur mit Ereignisknotennetzplänen. (Ereignispfeilnetzpläne finden keine Verwendung, da die Darstellung eines Ereignisses d. h. eines Zustandes als Pfeil wenig Sinn ergibt.) Sind Vorgangsdauern und Vorgangsfolgen mit Sicherheit bekannt, so spricht man von deterministischer N. Häufig besteht jedoch nicht nur Unsicherheit über die Vorgangsdauern, sondern auch darüber, ob einzelne Vorgänge überhaupt durchgeführt werden sollen. Für Netzpläne mit stochastischer Vorgangsfolge wurde die "Graphical Evaluation and Review Technique" (GERT) entwickelt.
2. Ziele. Die Strukturplanung dient zum Herausarbeiten der Ablaufstruktur eines Projektes. Dies geschieht im wesentlichen durch Zerlegung des Projektes in Vorgänge und/od. Ereignisse. Daraus werden durch Berücksichtigung organisatorischer und technologischer Anordnungsbeziehungen die unmittelbaren Vorgänger oder Nachfolger von Vorgängen und/od. Ereignissen abgeleitet. Im Rahmen der Zeitplanung berechnet man (aufbauend auf dem Strukturplan) frühest- und spätestmögliche Anfangs- und Endzeitpunkte aller Vorgänge bzw. Ereignisse und ihre Pufferzeiten (zeitliche Verschiebungsmöglichkeiten). Vorgänge bzw. Ereignisse mit der Pufferzeit Null bezeichnet man als kritisch, da ihre Verschiebung zu einer Verlängerung des Projektes führt. Die kritischen Vorgänge bzw. die kritischen Ereignisse legen mindestens einen kritischen Pfad zwischen Projektbeginn und Projektende fest. Die Kapazitätsplanung baut auf Struktur- und Zeitplanung auf. Sie kommt dann zum Einsatz, wenn Personal und/od. Maschinen nicht in ausreichender Quantität zur Verfügung stehen. Zum Ausgleich zwischen Bedarf und Angebot versucht man zunächst, die Vorgänge bzw. Ereignisse im Rahmen ihrer Pufferzeiten zu verschieben. Reicht das zur Anpassung an die verfügbaren Ressourcen nicht aus, so schafft man durch Verschieben des Projektendes solange zusätzliche Pufferzeiten, bis Kapazitätsbedarf und Kapazitätsangebot einander auf der Zeitachse entsprechen. Die Kostenplanung baut ebenfalls auf Struktur- und Zeitplanung auf. Bewertet man die Vorgangsdauern mit den zugehörigen Kosten , so eröffnen sich Möglichkeiten zur Kostenanalyse und -kontrolle. Alternative Einsatzmöglichkeiten der Ressourcen vorausgesetzt, kann man bei nicht beschränkten und bei beschränkten Kapazitäten die kostenminimale Projektdauer bestimmen.
3. Verfahren. Die skizzierten Planungsprobleme lassen sich als gemischt-ganzzahlige Optimierungsprobleme formulieren. Zu deren Lösung wurden im Operations Research exakte und heuristische Verfahren entwickelt. Die exakten Verfahren bestimmen die optimale Lösung. Wg. hoher Rechenzeit- und Speicherplatzanforderungen sind sie i.d.R. nur für kleinere Probleme geeignet. Die exakten Verfahren sind zumeist Branch-and-Bound-Verfahren (Branching = Verzweigen in Teilprobleme, Bounding = Ermittlung von Schranken für Zielfunktionswerte). Die heuristischen Verfahren bestimmen näherungsweise optimale Lösungen. Sie verwenden zumeist Prioritätsregeln; diese wählen unter mehreren gleichzeitig durchführbaren Vorgängen denjenigen aus, der das günstigste Gesamtergebnis erwarten läßt. Mit ihrer Hilfe sind "große" praktische Probleme lösbar.
4. Vorteile. Die N. bietet dem Anwender eine ganze Reihe von Vorteilen: - Klare Gliederung der Projektstruktur durch Zwang zur Systematik - Transparenz und Überschaubarkeit des Projektablaufes - Versachlichung der Diskussion - Abwägen der Einflußgrößen Zeit, Kapazitäten und Kosten - Möglichkeit des Einsatzes der Datenverarbeitung - Zeitgemäßes Informationsmedium für alle Projektbeteiligten - Frühzeitiges Erkennen von Planabweichungen - Rechtzeitiges Planen von Gegenmaßnahmen
5. Software . - OPTIMA/1100 von Sperry Univac - SINET von Siemens - CPM, MPM und PERT von Hewlett Packard - CPM und PERT von Honeywell Bull - PROJACS und PMSIV von IBM
Literatur: W. Domschke/A. Drexl, Einführung in Operations Research. Heidelberg-Berlin 1990. H. Groh/R. W. Gutsch (Hrsg.), Netzplantechnik Eine Anleitung zum Projektmanagement für Studium und Praxis.
3. neubearbeitete A., Düsseldorf/Landsberg 1982. W. Küpper/K. Lüder/L. Streitferdt, Netzplantechnik, Physica-Verlag, Würzburg/Wien 1975. J. Schwarze, Netzplantheorie. Herne/Berlin 1983.
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