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Kontrolle


Inhaltsübersicht
I. Kontrolle als Managementfunktion
II. Formen der Kontrolle
III. Strategische Kontrolle
IV. Verhaltenswirkungen der Kontrolle

I. Kontrolle als Managementfunktion


1.  „ Kontrolle “ , „ Revision “ , „ Controlling


Definitionen des Begriffs „ Kontrolle “ weisen in der Betriebswirtschaftslehre eine große Ähnlichkeit auf und umfassen regelmäßig den Vergleich zweier Größen sowie die Analyse auftretender Abweichungen (s. Hahn, Dietger 1999, S. 892; Schweitzer, Marcell 2001, S. 73). Da eine solche Definition die später ebenfalls thematisierte soziale sowie die strategische Kontrolle unbeachtet lässt, gilt hier die folgende Erweiterung: Kontrolle steht zum Ersten für einen systematischen, informationsverarbeitenden Prozess, der eine zu prüfende Größe anhand einer Maßstabsgröße bewertet, zum Zweiten für ähnlich wirkende, jedoch nicht formalisierbare Phänomene sowie zum Dritten für eine in Teilen ungerichtete Analyse der Voraussetzungen von Plangrößen.
Nicht betrachtet werden Kontrollen, die durch eine interne oder externe Revision erfolgen (s. dazu Brink, Hans-Josef 1992, Sp. 1143 f.; Küpper, Hans-Ulrich 1994, S. 938 f.). Zwar bestehen zumindest strukturelle Ähnlichkeiten, jedoch sind Revisionen nicht in den Prozess der Leistungserstellung eingebunden. Deren Ausgangspunkte stellen vielmehr zum einen rechtliche Erfordernisse und zum anderen Entscheidungen zur regelmäßigen oder fallweisen Prüfung der Ordnungsmäßigkeit unternehmensinterner Abläufe dar. Zudem sind Revisionen organisatorisch nicht einzelnen Führungskräften, sondern regelmäßig einer Zentralstelle zugeordnet.
Eine Abgrenzung von „ Kontrolle “ gegenüber „ Controlling “ gelingt ebenfalls v.a. durch eine institutionelle Betrachtung. Demnach kann Controlling als Koordination des gesamten Führungssystems oder als Disziplin, die sich mit der Koordination von Managementfunktionen befasst, verstanden werden und reicht damit deutlich über Kontrolle hinaus (s. Küpper, Hans-Ulrich 1994, S. 937 f.).

2. Planung und Kontrolle als Zwillingsfunktionen


Das skizzierte Verständnis weist darauf hin, dass Kontrolle einen gegenüber anderen Managementfunktionen wie Planung, Führung oder Organisation gleichwertigen Rang einnimmt. Besonders bedeutsam ist dabei der äußerst enge Bezug zur strategischen und operativen Unternehmensplanung, auf deren Größen sich Kontrollen zum großen Teil beziehen (s. etwa Franken, Rolf/Frese, Erich 1989, Sp. 888 f.; Küpper, Hans-Ulrich 1994, S. 937; Schweitzer, Marcell 2001, S. 72). Mithin können Planung und Kontrolle als „ Zwillingsfunktionen “ eingestuft werden.
An diesem grundlegenden Zusammenhang ändert auch die Tatsache nichts, dass die vorgeschlagene Definition Kontrollformen umfasst, die nicht direkt an Planungsergebnissen oder deren Vorstufen anknüpfen. Ein zumindest indirekter Planungsbezug besteht dennoch zum einen durch die Unterstützung der Planungsumsetzung und zum anderen durch die Ausrichtung auf übergeordnete Unternehmensziele. Es kann deshalb ohne weiteres am Wild\'schen Diktum festgehalten werden, dass Planung ohne Kontrolle sinnlos, Kontrolle ohne Planung dagegen unmöglich ist (s. Wild, Jürgen 1974, S. 44). Somit schafft die Gestaltung der Planung in weiten Teilen die Voraussetzungen für Kontrollen und determiniert zugleich auch deren möglichen Detaillierungsgrad.

3. Kontrollfunktionen, -objekte und -träger


Die Funktionen von Kontrolle erschließen sich aus der Tatsache, dass Handeln in Unternehmen Unsicherheit ausgesetzt ist. Regelmäßige Kontrollen schaffen in solchen Situationen die Voraussetzungen dafür, dass eine plankonforme Umsetzung unterschiedlicher Entscheidungen möglich wird (s. Schweitzer, Marcell 2001, S. 72). In diesem Sinne soll Kontrolle dazu beitragen, das Handeln von Mitarbeitern in Einklang mit den Unternehmenszielen zu bringen (s. Snell, Scott A. 1992, S. 293).
Die damit angesprochene grundlegende Aufgabe der Unterstützung des Leistungserstellungsprozesses führt zu mindestens drei Kontrollfunktionen: Zum Ersten betrifft die Implementierungsfunktion die Einhaltung bspw. von vorgesehenen Maßnahmen oder Terminen und sichert Planungen ab. Die Tragweite dieser Funktion wird umso deutlicher, bedenkt man, dass trotz ihrer offensichtlichen Bedeutung selbst eine solche „ implementierende “ Kontrolle sowohl auf der Seite der zu Kontrollierenden als auch der Kontrollierenden regelmäßig eine negative Konnotation besitzt. Zum Zweiten soll die Analyse- und Beurteilungsfunktion fundierte Hinweise auf Änderungsnotwendigkeiten bei laufenden Planungen und zugleich Erfahrungswerte für künftige Planungen liefern. Zum Dritten ist die Dokumentationsfunktion nicht nur teilweise rechtlich gefordert, sondern schafft sowohl in inhaltlicher als auch in prozessualer Hinsicht Ansatzpunkte für neue Planungen.
Die Ausübung dieser Kontrollfunktionen setzt eine Festlegung von Kontrollobjekten voraus. Gemeint sind solche Ziele, Aufgaben oder Handlungen, die Plankonkretisierungen darstellen. Hinzu kommen die in der Planung als relevant eingestuften und einbezogenen Rahmenbedingungen sowie darüber hinausreichende Prämissen. Diese hierarchische Differenzierung der Kontrollobjekte nach ihrer Stellung im Rahmen eines systematischen Planungsprozesses kann durch eine materielle Differenzierung in Mengen-, Wert- oder soziale Größen ergänzt werden (s. Küpper, Hans-Ulrich 1994, S. 940).
Aufbauend auf den Funktionen lassen sich die Träger der Kontrolle eingrenzen. Die bei vielen unternehmenspolitischen Fragen kaum voneinander trennbaren Managementfunktionen erfordern, dass die normsetzenden Instanzen zugleich auch die Kontrollträger sind und damit nicht nur die Planung, sondern auch deren Umsetzung verantworten. Neben der damit angesprochenen Fremdkontrolle spielt in vielen Bereichen auch die sog. Selbstkontrolle eine wesentliche Rolle. Unterschiede bestehen dabei weniger im Einsatz der einzelnen Kontrollformen, sondern eher auf der später diskutierten Ebene von Verhaltenswirkungen.

II. Formen der Kontrolle


1. Übersicht


Kontrolle kann prinzipiell in unterschiedlichen Formen erfolgen. Auch wenn die beiden nachfolgend vorgestellten Systematiken nicht völlig überschneidungsfrei sind, bieten sie vertiefende Einblicke in die Ansatzpunkte sowie die Anwendungsmöglichkeiten von Kontrollen.
Zum einen führt eine Systematisierung anhand der Soll-, Wird- und Ist-Größen von Plänen zur hier sog. „ planbezogenen Kontrollformen-Systematik “ . Es handelt sich dabei um die in Lehrbüchern üblicherweise dargestellten Kontrollformen. Diese unterstreichen die Beschreibung von Planung und Kontrolle als Zwillingsfunktionen. Zum anderen folgt aus einer Verlagerung der Perspektive auf die Implementierung von Plänen die hier sog. „ kontingenzbezogene Kontrollformen-Systematik “ . Diese überschneidet sich teilweise mit den planbezogenen Kontrollformen, ermöglicht jedoch auch die Einbeziehung jener Voraussetzungen, die Kontrolle reduzieren können und gibt Hinweise auf die Anwendungsbedingungen unterschiedlicher Kontrollformen.
Diese Zweiteilung stellt keine sich ausschließenden Kontrollformen vor, sondern rückt lediglich jeweils andere Charakteristika in den Mittelpunkt. Darüber hinaus könnte man auch bestimmte Organisationsstrukturen, z.B. Profit-Center, oder Überlegungen zu einer Vertrauensorganisation (s. Walgenbach, Peter 2000) als Kontrollformen verstehen; dies ginge jedoch über das skizzierte Verständnis von Kontrolle hinaus und wird im Folgenden nicht näher betrachtet.

2. Planbezogene Kontrollformen-Systematik


Ausgehend von der Überlegung, dass Planungen entweder auf ein erwartetes Ergebnis oder auf Größen, die dessen Erreichung determinieren, gerichtet sein können, resultiert die planbezogene Kontrollformen-Systematik. Die Plangrößen werden dabei in Beziehung zu unterschiedlichen Vergleichsgrößen gebracht, die neben erwarteten Ergebnissen sowie determinierenden Zwischengrößen auch Soll-Größen umfassen und somit zusätzlich eine Abstimmung von Plänen integrieren. Zu beachten ist, dass Plangrößen neben Norm- auch Prognosecharakter haben können (s. Abb. 1).
Kontrolle
Abb. 1: Planbezogene Kontrollformen-Systematik (nach Schweitzer, Marcell 2001, S. 73)
Die in der Abbildung erfassten Kontrollformen sind in der Literatur breit diskutiert und weitgehend selbsterklärend. Einige wesentliche Punkte werden im Folgenden angesprochen (s. Schweitzer, Marcell 2001, S. 73 ff.).
Die Sollausprägungen von Plänen, d.h. unmittelbar zu erreichende (Zwischen-)Ergebnisse oder durchzuführende Handlungen, können jeweils mit anderen Soll-, eingetretenen Wird- oder realisierten Ist-Größen verglichen werden. Eine Zielkontrolle überprüft in der Regel vor der Planrealisation verschiedene Planziele (Soll-Größen) auf ihre Verträglichkeit. Eine Planfortschrittskontrolle vergleicht während der Planperiode aufgrund erster gewonnener Erfahrungen das vorgegebene Ziel mit Wirkungsprognosen (Wird-Größen) der späteren Zielerreichung. Erforderlich ist, dass ein bestimmter Plan in einzelne Planabschnitte aufgelöst wurde, die Wirkungsprognosen über die zu erwartende Planrealisierung zulassen. Ergebniskontrollen, die häufig als primäre Kontrollform eingestuft werden, setzen an, wenn Pläne realisiert wurden bzw. darauf gerichtete Bemühungen stattfanden.
Die damit erfassten Soll-Ausprägungen von Plänen basieren ihrerseits auf theoretischen Vorentscheidungen oder Annahmen. Diese Annahmen finden sich in den Wird-Größen einer Planung wieder und bedürfen ebenfalls einer systematischen Überprüfung. Eine Prognosekontrolle dient der Konsistenzprüfung erwarteter Größen und analysiert die Wirkungen mehrerer Alternativen. Eine Prämissenkontrolle richtet sich auf jene Annahmen, die einem Plan zugrunde lagen und die zu unterschiedlichen Umsetzungszeitpunkten einem Vergleich mit der Realität zugänglich werden.
Mit dieser Aufstellung zu überprüfender Relationen sind zugleich die Ansatzpunkte für Abweichungsanalysen sowie die sich daran anschließenden Anpassungsmaßnahmen angesprochen (s. weiterführend Küpper, Hans-Ulrich 1994, S. 944 – 947).

3. Kontingenzbezogene Kontrollformen-Systematik


Als „ kontingenzbezogene Kontrollformen-Systematik “ lässt sich jene Herangehensweise bezeichnen, die nicht die Planung selbst, sondern die Bedingungen der Anwendung von Kontrollformen in den Mittelpunkt rückt. Sie führt zu Einblicken in die situative, relative Vorteilhaftigkeit der Kontrollformen. Im Vordergrund stehen dabei jene Kontrollformen, die einen unmittelbaren Einfluss auf die Leistungserstellung haben. Dazu gehören zunächst die bereits genannten Handlungs- und Ergebniskontrollen. Darüber hinaus existieren weitere, bislang nicht thematisierte Kontrollformen, die unmittelbar unter speziellen Bedingungen auf die Leistungserstellung einwirken. Demgegenüber kommt Ziel-, Prognose- sowie Prämissenkontrollen eine eher vorgelagerte oder unterstützende Wirkung zu, sodass sie keiner solchen kontingenzbezogenen Analyse bedürfen.
Handlungskontrollen richten sich unmittelbar auf einzelne Mitarbeiter, indem Führungskräfte die Ressourcentransformation mehr oder weniger laufend hinsichtlich der erwarteten Erfolgswirkungen analysieren (s. ähnlich Snell, Scott A. 1992, S. 295). Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist eine fundierte Kenntnis der zugrunde liegenden Ursache/Wirkungs-Beziehungen; unweigerlich bestehen dabei die später noch thematisierten Auswirkungen auf die betriebliche Leistungsbeurteilung. Ergebniskontrollen verlagern die Verantwortung für die Handlungen auf die Ebene der Handlungsträger, indem keine handlungsbezogenen Zwischenschritte erarbeitet bzw. vorgegeben werden, sondern ein meist quantifiziertes Ergebnis im Mittelpunkt steht. Einher gehen damit Freiheiten bei der Mittelwahl sowie eine größere Verantwortung für das eigene Handeln, was eine Anknüpfung von ergebnisabhängigen Anreizsystemen ermöglicht. „ Input-Kontrollen “ lassen sich planungs- und ressourcenbezogen unterscheiden. Ersteres ist die gängige Sichtweise und führt zu den angesprochenen Prämissenkontrollen (s. Abb. 1). Auf der Ebene der einzusetzenden Human-Ressourcen gelangt man jedoch zu einer weiteren Sichtweise von Kontrollen, die in der Literatur seit einiger Zeit unter den Stichworten „ clan control “ (Ouchi, William G. 1979, S. 836 f.), „ Standardisierung von Qualifikationen “ (Mintzberg, Henry 1992, S. 23) oder „ socialization control “ (Govindarajan, Vijay/Fisher, Joseph 1990, S. 281 f.) diskutiert wird und über die Vermittlung von Werten oder auch über Gruppendruck funktioniert. Sowohl in der planungs- als auch der ressourcenbezogenen Sicht schafft „ Input-Kontrolle “ damit die Voraussetzungen für eine zielgerichtete Umsetzung von Planungen.
Sowohl die Ergebnisse von Planungen selbst als auch deren zugrunde liegenden Ursache/Wirkungs-Beziehungen können entweder einen hohen oder einen niedrigen Präzisierungsgrad aufweisen. Dementsprechend lässt sich die relative Vorteilhaftigkeit der unterschiedlichen Kontrollformen begründen. Die folgende, wiederum selbsterklärende Abbildung 2 skizziert die Zusammenhänge.
Kontrolle
Abb. 2: Kontingenzbezogene Kontrollformen-Systematik (s. Ouchi, William G. 1979, S. 843; Govindarajan, Vijay/Fisher, Joseph 1990, S. 261)

III. Strategische Kontrolle


1. Formen strategischer Kontrolle


Seit etwa Ende der 1980er-Jahre wird in der betriebswirtschaftlichen Literatur die sog. strategische Kontrolle diskutiert. Eine gegenüber den bislang beschriebenen Kontrollformen separate Darstellung liegt nahe, da sich zum einen die Kontrollobjekte sowie die darauf gerichteten konzeptionellen Überlegungen unterscheiden. Zum anderen existieren etliche auf strategische Kontrolle gerichtete Studien, sodass man von einer eigenen Forschungsströmung sprechen kann (s. dazu auch ausführlich Sjurts, Insa 1995, S. 289 – 297). Kennzeichnend ist der Versuch, Unsicherheit in das strategische Management zu integrieren, was eine über einzelne Plangrößen hinausreichende Analyse erfordert. Es lassen sich drei Forschungsrichtungen differenzieren, die zumindest teilweise unterschiedliche Formen strategischer Kontrolle darstellen (s. ähnlich Band, David C./Scanlan, Gerald 1995, S. 105 – 108 oder Lorange, Peter 1993). Die Unterschiede bestehen v.a. hinsichtlich der theoretischen Fundierung sowie dem zugrunde gelegten Strategieverständnis.
Zum Ersten findet sich eine von stark anwendungsorientierten Autoren vorgetragene Sichtweise, nach der strategische Kontrolle als zirkulärer, plandeterminierter Prozess skizziert wird (s. bspw. Harrison, E. Frank 1991, S. 81 f.; Asch, David 1992, S. 106 f.; Pearce, John A./Robinson, Richard B. 2000, S. 442 – 445). Strategische Kontrolle ist dabei in ein geschlossenes lineares Feedback-System eingebunden, das die Strategieimplementierung sichern soll. Eine Strategie wird mithin als ein weitgehend planbares Maßnahmenbündel verstanden, das sich in messbare Zwischenergebnisse aufspalten lässt und das unterschiedlich intensiver Kontrollhandlungen durch die oberste Hierarchieebene bedarf. Die Attraktivität dieser Sichtweise besteht darin, dass sich vergleichsweise einfach implementierbare Maßnahmen ableiten lassen. Dem steht jedoch die Schwierigkeit einer teilweisen konzeptionellen Vernachlässigung von Unsicherheit bei der strategischen Planung gegenüber. Somit stehen die nachfolgend angesprochenen Argumente für eine strategische Kontrolle konzeptionell nicht im Vordergrund und sind allenfalls ansatzweise integriert.
Zum Zweiten stellen Schreyögg und Steinmann (Schreyögg, Georg/Steinmann, Horst 1987, S. 94 – 99) diesem klassischen Feedback-Zyklus eine Sichtweise gegenüber, die explizit Unsicherheit, begrenzte Rationalität und Komplexität berücksichtigt. Entsprechend bestehe die primäre Funktion strategischer Kontrolle darin, die Vorgehensweise bei der Planung selbst, die zugrunde gelegten Annahmen sowie die resultierenden Zielsetzungen einer kontinuierlichen Suche nach Kritik auszusetzen. Strategische Kontrolle kann aus dieser Perspektive als Erlaubnis oder sogar als Aufforderung zur unternehmensinternen Suche nach Dissens verstanden werden. Die drei Bestandteile Prämissen- und Implementierungskontrolle sowie strategische Überwachung sollen bewirken, dass die verantwortlichen Führungskräfte der Interpretation und Bewertung des kontinuierlichen Informationsflusses eine ungleich größere Bedeutung beimessen, als bei der klassischen Konzeption von strategischer Kontrolle als Feedback-Zyklus. Den Kern bildet die strategische Überwachung, die neu auftretende und in die Planungen nicht einbezogene kritische Ereignisse frühzeitig offenbaren soll. Mit dieser Konzeption verliert strategische Kontrolle die Rolle als Schlussglied des Managementprozesses. Durch die auch zeitliche Gleichstellung mit der Planung selbst werde die strategische Kontrolle zu einem eigenständigen Steuerungspotenzial für die erfolgreiche Unternehmensentwicklung (s. auch Bea, Franz X./Haas, Jürgen 2001, S. 217). Darauf aufbauend führt Preble (Preble, John F. 1992, S. 402 – 405) ergänzend eine sog. „ special alert control “ ein, die v.a. den Umgang mit auswirkungsintensiven Ereignissen mit geringer Eintrittswahrscheinlichkeit systematisch fundieren soll.
Zum Dritten lassen sich unter dem Stichwort „ focused alignment approach “ Studien zusammenfassen, die eine Anpassung von Kontrollen mit unterschiedlichen kritischen Ressourcen untersuchen (s. etwa Bungay, Stephen/Goold, Michael 1991, S. 34; Simons, Robert 1991, S. 60 f.; Muralidharan, Raman/Hamilton, Robert D. 1999, S. 358 f.). Sie betonen das komplexe Gefüge zwischen strategischer Kontrolle und anderen organisatorischen Regelungen und Ressourcen. Damit handelt es sich weniger um eine eigenständige konzeptionelle Gestaltung von strategischer Kontrolle, sondern eher um deren umfassende Analyse und Einordnung.

2. Theoretische und praktische Bedeutung


Eine Zusammenschau der vorgetragenen Sichtweisen macht deutlich, dass strategische Kontrolle ein in Teilen unscharfes Konzept ist, da nicht wie im Rahmen der strategischen Planung detaillierte Instrumente oder Abläufe existieren und auch kaum beschreibbar sein können. Dies begründet sich darin, dass strategische Kontrolle nicht in Größen der strategischen Planung ihre Kontrollobjekte findet, sondern auf die Früherkennung grundlegender Veränderungen zielt. Die dafür erforderliche Offenheit kann nur schwer detailliert konzeptionell erfasst werden.
Zur strategischen Kontrolle finden sich etliche empirische Studien, die einen Einblick in die praktische Bedeutung geben. In diesem Zusammenhang sprachen schon vor einiger Zeit Goold und Quinn (Goold, Michael/Quinn, John J. 1990, S. 47) in einer Meta-Studie von einer paradoxen Situation: Strategischer Kontrolle komme in der betrieblichen Praxis keine wesentliche Bedeutung zu, was angesichts der unbestreitbaren Bedeutung erstaunen müsse. Einige Ursachen dafür wurden analysiert: Die wesentlichen Schwierigkeiten lägen in der Integration von Unsicherheit, der Definition strategischer Ziele mit einer Motivationswirkung, in der Sicherstellung, dass ein System der strategischen Kontrolle assistiere und nicht die Beurteilungen von Führungskräften ersetze, sowie in der Gewährleistung, dass ein Kontrollsystem sich nicht nachteilig auf das Vertrauen und die Zusammenarbeit zwischen Hierarchieebenen auswirke (s. Goold, Michael/Quinn, John J. 1990, S. 54). Unterstützt wird diese Einschätzung bspw. von Simons (Simons, Robert 1998, S. 91), der betont, dass sich Führungskräfte weniger auf analytische und formalisierte, sondern vielmehr auf interaktive Kontrollen richteten.
Gegenüber dem hier nur angedeuteten Stand der empirischen Forschung haben sich in den letzten Jahren keine wesentlichen Veränderungen ergeben. Allerdings muss diese paradoxe Situation insofern relativiert werden, als sich ihre Begründungen nur auf zwei der von Schreyögg und Steinmann (Schreyögg, Georg/Steinmann, Horst 1987, S. 96) differenzierten Bestandteile richten. So erscheinen v.a. die angeführten Schwierigkeiten einer Umsetzung der strategischen Prämissen- und Implementierungskontrolle als plausibel, während sich die strategische Überwachung relativ leicht institutionalisieren lässt und somit eine größere praktische Bedeutung nahe liegt. Eine Institutionalisierung als Stab oder als eigenständige Abteilung ist aufgrund der inhaltlichen Besonderheiten allerdings kaum hinreichend für die Erreichung ihrer Funktionen.

IV. Verhaltenswirkungen der Kontrolle


1. Überblick


Wirkungen auf das Verhalten von Mitarbeitern bestehen v.a. durch Fremdkontrolle und sind weitgehend unabhängig von der gewählten Kontrollform. Derartige Wirkungen nehmen in der Literatur einen vergleichsweise geringen Stellenwert ein und werden v.a. im Zusammenhang mit der Implementierung von Planung und Kontrolle diskutiert (zu einem Überblick s. etwa Küpper, Hans-Ulrich 1994, S. 950 – 959; Pfohl, Hans-Christian/Stölzle, Wolfgang 1997, S. 189 – 268). Regelmäßig stehen dabei Wirkungen im Vordergrund, die unmittelbar aus der Gestaltung des Kontrollsystems folgen und sich v.a. durch Motivations- und Führungstheorien fundieren lassen. Dies erfasst jedoch nur einen Teil möglicher Ursachen für Verhaltenswirkungen. So resultieren diese bereits allein aus der potenziellen Verwendung von Kontrollergebnissen, was die enge Verbindung mit der betrieblichen Leistungsbeurteilung anspricht. Aus dieser Perspektive stellt sich die Ursache/Wirkungs-Beziehung für Verhaltenswirkungen als weniger eindeutig und konzeptionell nur schwer integrierbar dar. Entsprechend geht es im Folgenden nicht um eine bloße Nennung denkbarer Folgen aus der Durchführung von Kontrollen, vielmehr wird versucht, einen Einblick in das Zustandekommen sowie die Tragweite von Verhaltenswirkungen zu geben.
Trotz der damit angesprochenen Grenzen stellen diese Ausführungen keine grundsätzliche Relativierung von Planungs- und Kontrollformen dar. Jedoch wird deutlich, auf welche Weise und in welcher Intensität Kontrollen Verhaltenswirkungen hervorrufen können, die sich nachteilig auf die Unternehmensziele auswirken.

2. Wirkungen aus der Gestaltung des Kontrollsystems


Jede Durchführung einer Kontrolle erfordert vielschichtige ablauforganisatorische Regelungen. Hierin konkretisieren sich Denkmuster über die Anwendungsmöglichkeiten unterschiedlicher Kontrollformen, die je nach Passung zu den Vorstellungen der zu kontrollierenden Mitarbeiter verschieden starke Verhaltenswirkungen auslösen.
Die für Planungs- und damit auch für Kontrollsysteme erforderlichen ablauforganisatorischen Regelungen lassen sich nach Wild (Wild, Jürgen 1974, S. 157 – 165) differenzieren. Dies führt zu Entscheidungen über den Dokumentations-, Vollständigkeits-, Detaillierungs-, Differenzierungs-, Flexibilitäts- sowie Planabstimmungsgrad. Führt man sich vor Augen, dass im Zusammenhang mit Kontrollen mehrheitlich v.a. Standardisierung und Formalisierung als erstrebenswerte Zustände betont werden, so offenbart sich bei einzelnen der zu treffenden ablauforganisatorischen Regelungen ein gegenüber motivationstheoretischen Forschungen deutliches Spannungsfeld. Mithin darf diese Auflistung nicht so verstanden werden, dass ein je hoher Ausprägungsgrad zu besonders guten Kontrollergebnissen führt. Vielmehr knüpft an dieser Stelle das Kontrollsystem an den organisationstheoretischen Vorstellungen der Entscheidungsträger an und weist entsprechend eine spezifische Passung zu den betrieblichen Gegebenheiten und den betroffenen Mitarbeitern auf. Dieser Zusammenhang verdeutlicht, dass mögliche Dysfunktionen von Kontrollen, die mitunter ausschließlich auf motivationstheoretischer Ebene angesiedelt werden, aus zumindest in Teilen nicht tragfähigen Interpretationen über die zu lösende Problemstellung, die vorhandenen Mitarbeiterkompetenzen oder die Unternehmenskultur folgen.
Darüber hinaus besteht speziell bei der strategischen Kontrolle die Schwierigkeit, dass diese mit Regelbefolgung und Routinedurchbrechung letztendlich zwei sich widersprechende Vorgaben macht. Verhaltenswirkungen setzen damit nicht nur an Motiven an, sondern hängen auch von der wahrgenommenen relativen Bedeutung der einzelnen Vorgaben ab. Dieser in der Literatur als „ Dilemma der strategischen Kontrolle “ diskutierte Zusammenhang (s. Sjurts, Insa 1995, S. 265; Kirsch, Werner 1997, S. 69) ist konstitutiv für strategische Kontrolle.
Aus dieser verhaltenswissenschaftlichen Perspektive kann es damit nicht das Ziel sein, eine zeitlich überdauernde ideale Regelungsstruktur für Kontrollen zu suchen. Vielmehr tritt an dieser Stelle die führungstheoretische Tragweite der Gestaltung eines Kontrollsystems in den Vordergrund.

3. Wirkungen aus der potenziellen Verwendung von Kontrollergebnissen


Unabhängig von der Wahl einer Kontrollform sowie der Gestaltung eines Kontrollsystems resultieren Verhaltenswirkungen allein aus der Tatsache, dass Kontrollen durchgeführt werden. Dies hängt mit der Erwartungshaltung der Individuen einer Leistungsgesellschaft zusammen und wird durch die allgegenwärtige Betonung des Leistungsprinzips unterstützt. Da Fremdkontrollen in vielen Fällen nicht oder nur schwer von individuellen Leistungen trennbar sind, besteht mithin die teilweise unbewusste Erwartungshaltung, dass sich Kontrollergebnisse maßgeblich in der betrieblichen Leistungsbeurteilung niederschlagen (s. dazu Fallgatter, Michael J. 1999).
Angesichts der weitgreifenden Institutionalisierung des Leistungsprinzips liegt sogar die Vermutung nahe, dass selbst eine ausdrückliche Trennung zwischen Kontrollergebnissen und einer – meist jährlichen – Leistungsbeurteilung diesen Zusammenhang nicht aufzuheben vermag. So dürfte allein die potenzielle Verwendung von Kontrollergebnissen in den meisten Situationen von den betroffenen Mitarbeitern unter dem Fokus der betrieblichen Leistungsbeurteilung gesehen werden. Dies führt zu der Folgerung, dass vielfältige mikropolitische Aktivitäten jegliche Kontrollen und dabei v.a. die Bereitstellung darauf bezogener Informationen prägen werden. Dieser Befund wird auch durch den Forschungsstand zu betrieblichen Leistungsbeurteilungen untermauert. Demnach sollen diese als methodische Hilfsmittel die Leistung von Mitarbeitern strukturiert erfassen und einer Auswertung zugänglich machen (s. ausführlich Becker, Fred G. 2003). Die Diskussion konvergiert hierbei hinsichtlich sog. prinzipieller Grenzen, bspw. Kriterienwahl oder kognitive Gegebenheiten, die es verhindern, Leistung abbildhaft zu erfassen (s. Fallgatter, Michael J. 1999, S. 84 f.). Damit sind durch persönliche Zielsetzungen oder auch unzureichende persönliche Kompetenzen hervorgerufene Kontrollbeeinflussungen kaum zu vermeiden, vielfach nicht aufzudecken und prägen damit jegliche Planungs- und Kontrollprozesse.
Die damit in ihrer ganzen Breite umrissenen Verhaltenswirkungen ergänzen die bei der Diskussion der unterschiedlichen Kontrollformen herrschende betriebswirtschaftlich-rationale Perspektive um verhaltenswissenschaftliche Argumente. Der enge Zusammenhang von Planung und Kontrolle untermauert zusätzlich die Notwendigkeit, Verhaltenswirkungen mit in das Zentrum jeglicher Kontrollüberlegungen zu rücken.
Literatur:
Asch, David : Strategic Control, in: LRP, Jg. 25, 1992, S. 105 – 110
Band, David C./Scanlan, Gerald : Strategic Control through Core Competencies, in: LRP, Jg. 28, 1995, S. 102 – 114
Bea, Franz X./Haas, Jürgen : Strategisches Management, 3. A., Stuttgart 2001
Becker, Fred G. : Grundlagen betrieblicher Leistungsbeurteilungen, 4. A., Stuttgart 2003
Brink, Hans-Josef : Kontrolle, Organisation der, in: HWO, hrsg. v. Frese, Erich, 3. A., Stuttgart 1992, Sp. 1143 – 1151
Bungay, Stephen/Goold, Michael : Creating a Strategic Control System, in: LRP, Jg. 24, 1991, S. 32 – 39
Fallgatter, Michael J. : Leistungsbeurteilungstheorie und -praxis, in: ZfP, Jg. 13, 1999, S. 82 – 100
Franken, Rolf/Frese, Erich : Kontrolle und Planung, in: HWPlan, hrsg. v. Szyperski, Norbert, Stuttgart 1989, Sp. 888 – 898
Goold, Michael/Quinn, John J. : The Paradox of Strategic Controls, in: SMJ, Jg. 11, 1990, S. 43 – 57
Govindarajan, Vijay/Fisher, Joseph : Strategy, Control Systems, and Resource Sharing, in: AMJ, Jg. 33, 1990, S. 259 – 285
Hahn, Dietger : Strategische Kontrolle, in: Strategische Unternehmungsplanung, strategische Unternehmungsführung, hrsg. v. Hahn, Dietger/Taylor, Bernard, 8. A., Heidelberg 1999, S. 892 – 906
Harrison, E. Frank : Strategic Control at the CEO Level, in: LRP, Jg. 24, 1991, S. 78 – 87
Kirsch, Werner : Strategisches Management, München 1997
Küpper, Hans-Ulrich : Industrielles Controlling, in: Industriebetriebslehre, hrsg. v. Schweitzer, Marcell, 2. A., München 1994, S. 849 – 959
Lorange, Peter : Monitoring Strategic Progress and ad hoc Strategy Modification, in: Strategic Planning and Control, hrsg. v. Lorange, Peter, Cambridge MA et al. 1993, S. 142 – 185
Mintzberg, Henry : Die Mintzberg-Struktur, Landsberg/Lech 1992
Muralidharan, Raman/Hamilton, Robert D. : Aligning Multinational Control Systems, in: LRP, Jg. 32, 1999, S. 352 – 361
Ouchi, William G. : A Conceptual Framework for the Design of Organization Control Mechanisms, in: Man.Sc, Jg. 25, 1979, S. 833 – 848
Pearce, John A./Robinson, Richard B. : Strategic Management, 7. A., Boston et al. 2000
Pfohl, Hans-Christian/Stölzle, Wolfgang : Planung und Kontrolle, 2. A., München 1997
Preble, John F. : Towards a Comprehensive System of Strategic Control, in: JMan.Stud., Jg. 29, 1992, S. 391 – 409
Schreyögg, Georg/Steinmann, Horst : Strategic Control, in: AMR, Jg. 12, 1987, S. 91 – 103
Schweitzer, Marcell : Planung und Steuerung, in: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Bd. 2: Führung, hrsg. v. Bea, Franz X./Dichtl, Erwin/Schweitzer, Marcell, 8. A., Stuttgart 2001, S. 16 – 126
Simons, Robert : Levers of Control, 5. A., Boston 1998
Simons, Robert : Strategic Orientation and Top Management Attention to Control Systems, in: SMJ, Jg. 12, 1991, S. 49 – 62
Sjurts, Insa : Kontrolle, Controlling und Unternehmensführung, Wiesbaden 1995
Snell, Scott A. : Control Theory in Strategic Human Resource Management, in: AMJ, Jg. 35, 1992, S. 292 – 327
Walgenbach, Peter : Das Konzept der Vertrauensorganisation, in: DBW, Jg. 60, 2000, S. 707 – 720
Wild, Jürgen : Grundlagen der Unternehmungsplanung, Reinbek 1974

 

 


 

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