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Beobachtung

In der Wirtschaftssoziologie: [1] allgemein: mehr oder weniger gezielte Wahrnehmung von Sachverhalten und Vorgängen. In diesem Sinn kann systematisierte Beobachtung als Bezeichnung für alle Arten empirischer Forschung dienen.



[2] In Absetzung zu experimentellen Vorgehensweisen werden als Beobachtung auch nur solche Erhebungsverfahren bezeichnet, bei denen sich der Forscher gegenüber seinem Untersuchungsgegenstand rein passiv registrierend verhält.



[3] a) Beobachtung wird im Kontext soziologisch-systemtheoretischer Argumentationen a) als Operation verstanden, die auf der Grundlage einer Unterscheidung eine Bezeichnung setzt und damit Information erzeugt. Beobachtung erzeugt nach dieser Definition eine Zwei-Seiten-Form, die dem Mechanismus der Überschussproduktion und Selektion folgt, weil sie immer nur die eine Seite einer Unterscheidung bezeichnen kann, andererseits aber beide Seiten gleichzeitig gegeben sind. Welche Unterscheidung von einem beobachtenden System verwendet wird, ist dabei vom System abhängig. b) B.en sind immer Operationen empirischer Systeme. Soziale Systeme sind in diesem Sinne beobachtungsfähig, wenn sie Unterscheidungen verwenden, wobei schon bei basalen Operationen der Kommunikation B.en (anhand der Differenz Information/Mitteilung) konstitutiv sind. c) B.en sind für sich selbst nicht beobachtbar, sondern nur durch eine andere B., die eine erste Beobachtung von etwas unterscheiden kann. Dies leistet eine Beobachtung zweiter Ordnung (B. der B.).




ist die zielgerichtete Erfassung von sinnlich wahrnehmbaren Sachverhalten im Augenblick ihres Auf-tretens durch Personen und/oder technische Hilfsmittel. Gegenstände der Beobachtung in der   Markt-forschung sind Bestände (z.B. Absatzmengen), Verhaltensweisen (z.B. Kauf oder Nichtkauf) und Ei-genschaften (z.B. äusserlich wahrnehmbare Eigenschaften von Konsumenten). Siehe auch   Marktfor-schungsmethoden (mit Literaturangaben).

Erhebungsmethode der Primärforschung zur planmäßigen Erfassung (Registrierung) wahrnehmbarer Sachverhalte oder Vorgänge durch Personen bzw. Geräte. Der Vorzug ei­niger Beobachtungsmethoden gegenüber der Befragung von Personen besteht da­rin, dass man nicht auf die Mitarbeit der Aus­kunftspersonen angewiesen ist. Daneben las­sen sich durch Einsatz technischer Geräte bestimmte Sachverhalte mit größerer Genau­igkeit erfassen (z.B. Registrierung von Abverkäufen durch Scanner, Blick­registrierung bei Betrachtung von Werbe­anzeigen, apparative Zuschauerforschung wie Telerim etc.). Beobachtungsmethoden werden anhand des Standardisierungsgrades, nach dem Bewusst­seinsgrad des Beobachteten, nach der Teil­nahme des Beobachters und der Beobach­tungsform untergliedert. Der Standardisierungsgrad von Beobach­tungen reicht von den Extremen der völlig standardisierten bis zur nichtstandardisier- ten Beobachtung. Im einen Falle liegt ein prä­zises Beobachtungsschema vor, in dem alle Beobachtungskategorien aufgeführt sind. Erfaßt werden nur Sachverhalte, die in die angegebenen Beobachtungskategorien fal­len. Diese Beobachtungsform eignet sich nur für relativ einheitliche, leicht überschaubare Vorgänge, schränkt aber andererseits den Beobachtereinfluß bei der Erfassung und Kodierung der relevanten Tatbestände ein. Demgegenüber eignet sich die nichtstandar- disierte Beobachtung für komplexere The­men und für Themen, über die noch wenig bekannt ist. Hinsichtlich des Bewusstseinsgrades der Be­obachteten lassen sich folgende Fälle unter­scheiden: Bei offener Beobachtung kennt der Beobachtete den Untersuchungszweck, die von ihm zu erledigende Aufgabe und er weiß, dass er beobachtet wird. Bei nichtdurch- schaubarer Beobachtung ist der beobachte­ten Person das Untersuchungsziel nicht be­kannt, bei quasibiotischer Beobachtung ist nur noch die Rolle als Versuchsperson be­kannt und bei biotischer (verdeckter) Beob­achtung herrscht völlige Unkenntnis über Ziel, Aufgabe und Tatbestand der Beobach-tung. Mit Partizipationsgrad wird die Teilnahme oder Nichtteilnahme des Beobachters am be­obachteten Feld umschrieben. Bei teilneh­mender Beobachtung greift der Forscher ak­tiv in das Geschehen ein, z. B. wenn er als Kunde im Geschäft auftritt, um das Beratungs- und Empfehlungsverhalten des Ver­kaufspersonals zu ermitteln (Testkauf). Bei nichtteilnehmender Beobachtung bleibt der Beobachter in räumlicher und personeller Distanz (z.B. Beobachtung des Leseverhal­tens in Zeitschriften oder der Kundenwande- rung in Geschäften durch verdeckte Video­kameras). Die teilnehmende Beobachtung ist wegen ihrer hohen Kosten und des großen Zeitaufwands nur in beschränktem Umfang in den Frühphasen von Forschungsvorhaben einsetzbar, wenn es um die Gewinnung er­ster Hypothesen geht. Die nichtteilnehmen­de Beobachtung wiederum erlaubt nur die Erfassung einfacher Sachverhalte. Neben der visuellen Beobachtung durch Per­sonen gibt es vielfältige Formen der apparati­ven Beobachtung, sei es durch Tonband-, Film- oder Videoaufzeichnungen, durch Au­genkameras zur Blickregistrierung, durch das Psychogalvanometer zur Hautwider- standsmessung, zur Messung der elektro- dermalen Reaktion oder durch das Elek- troencephalogramm zur Messung von Hirnströmen etc. Die letztgenannten For­men dienen v. a. der Messung der verschie­densten Kommunikationswirkungen von Werbespots, Werbeanzeigen, Produktver­packungen und ähnlichem. Größere Bedeu­tung haben zudem die Erfassung der Einkäu­fe von Haushalten bzw. der Abverkäufe von Handelsgeschäften durch Scannerkassen (Behavior Scan, Telerim), die automa­tische Registrierung des Fernsehverhaltens sowie die Inventur der Lagerbestände in Handelspanels (Mobile Datenerfas­sung). Den o.g. Vorteilen der Beobachtung stehen jedoch Nachteile gegenüber, die das Einsatz­spektrum einengen: Insb. komplexere psy­chische Zustände (z. B. Motive, Einstellun­gen, Informationsverarbeitung) sind einer Beobachtung unzugänglich. Desweiteren treten bestimmte Sachverhalte nur in großen Zeitabständen auf, so dass die Erhebungsdau­er sehr lang wird. Darüber hinaus treten er­hebliche Repräsentanzprobleme bei be­stimmten Fragestellungen auf (z. B. kleine Stichproben bei Laborversuchen, unter­schiedliche Kundengruppen bei Beobach­tungen in Geschäften je nach Wochentag und Zeit) und schließlich liegt mitunter ein gro­ßer, die Reliabilität negativ beeinflussender Beobachtungseinfluß vor, wenn es sich um teilnehmende Beobachtung handelt (Be­obachtungseffekt) bzw. wenn bei persönli­cher Beobachtung bestimmte Sachverhalte selektiv wahrgenommen werden (Beob­achtereinfluß). Letztendlich bestimmen die Forschungsfra­ge und die Art der zu erhebenden Daten, ob die Beobachtung zum Zuge kommt und wel­che Beobachtungsmethode vorzuziehen ist. Abgesehen von der Marktforschung im Handel, von Produkt- und Werbetests sowie der Werbeträgerforschung kommt der Beobachtung meist eher subsidiäre Be­deutung zu, zumal sie auch eine Reihe ethi­scher Fragen aufwirft (Marketing-Ethik).

Literatur:  Böhler, H., Marktforschung, 2. Aufl., Stuttgart u. a. 1992, S. 92-96. Hüttner, M., Grund­züge der Marktforschung, 4. Aufl., Berlin, New York 1989, S. 115-122.

 

 


 

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