A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
wirtschaftslexikon wirtschaftslexikon
 
Wirtschaftslexikon Wirtschaftslexikon

 

wirtschaftslexikon online lexikon wirtschaftslexikon
   
 
     
wirtschaftslexikon    
   
    betriebswirtschaft
     
 
x

Design


Inhaltsübersicht
I. Zur Terminologie
II. Marketing und Design
III. Designzwecke
IV. Designprägnanzen
V. Designentscheidungen

I. Zur Terminologie


Kommt ein Begriff in Mode, wollen sich meist viele mit ihm schmücken. Ein ursprünglich in Fachkreisen durchaus verständlicher Begriff verliert durch Popularisierung an Trennschärfe. Fokussiert auf Formgebungs- oder Formgestaltungsüberlegungen hat man sich im 20. Jahrhundert, beginnend mit dem Werkbund über das Bauhaus nach dem Ersten und dann nach dem Zweiten Weltkrieg über die Ulmer Hochschule für Gestaltung, mit ästhetisch-funktionalen Gestaltungsfragen professionell befasst. Auch heute noch heißt die deutsche Designrepräsentanz »Rat für Formgebung«. Nicht unähnlich dem Wandel vom Absatz- zum Marketing-Begriff tauchte dann in der Mitte der 1960er-Jahre zunehmend der Designbegriff auf. Er dominiert heute, er hat den Formgestaltungsbegriff fast verdrängt.
Auch der Gestaltungsinhalt hat sich erweitert. Ausgehend von der Möbelgestaltung dominierte fast 40 Jahre die Interieurgestaltung. Auch hier wieder der Marketing-Disziplin ähnlich, weitete sich wegen des Erfolges das Tätigkeitsgebiet aus. Im technischen Design werden nicht nur Maschinen und Werkzeuge, sondern ganze Verkehrssysteme gestaltet. Grafiker nennen sich Grafikdesigner – heute spricht man auch von Kommunikationsdesignern. Aus den Überlegungen zur Corporate Identity erwuchs das Corporate Design als der visuelle Auftritt des Unternehmens. Seit einigen Jahren begegnet man dem Begriff Publicdesign als dem Bereich, der die Stadtarchitektur durch die Gestaltung öffentlicher Räume (z.B. Straßenbahnhaltestellen, Verkehrsleitsysteme) abrundet. Daraus resultieren heute vorrangig folgende Tätigkeitsschwerpunkte (Abb. 1).
Design
Abb. 1: Tätigkeitsschwerpunkte des Design
Das Produktdesign konzentriert sich auf die körperhafte, dreidimensionale Gestaltung serieller Erzeugnisse. Dazu gehört auch das Mode- und Schmuckdesign. Produktdesign ist Teil der Produktgestaltung, deren andere Aufgaben von den Funktionsbereichen Konstruktion, Forschung und Entwicklung usw. wahrgenommen werden. Die Tätigkeitsgrenzen sind fließend. Die Pointierung in Kerngestaltung (Technik) und Hüllengestaltung (Design) trifft nur partiell zu. Der Autokonstrukteur konzentriert sich auf Motor- und Fahrgestellentwurf, der Designer auf Karosserie- und Interieurgestaltung. Bei der Gestaltung eines Schreibtischstuhles ist das nicht mehr ganz so sauber zu trennen. Die Aufgabengebiete vernetzen sich zunehmend. Als kennzeichnendes Merkmal bleibt übrig, dass der Designer sich vorrangig mit der Schnittstelle Produkt – Mensch befasst. Das führt zur Fokussierung auf wahrnehmungsbezogene und produktumgangsbezogene Gestaltungsüberlegungen. Daraus leiten sich die ästhetische und die pragmatische Dimension (Gebrauchstauglichkeit) des Produktdesign ab. Es erweist sich als zweckmäßig, eine sozial-semantische (symbolische) Dimension hinzuzufügen, um die soziale Ausdruckskomponente zu erfassen, denn das Produktdesign sagt etwas über die Produktbesitzer aus. Diese drei Dimensionen bilden einen Raum, in dem die verschiedenen Designprägnanzen (Designstilrichtungen) positioniert werden können. Darauf konzentrieren sich die folgenden Überlegungen.
Die erwähnten Tätigkeitsfelder sind vielfältig miteinander verflochten. Grafikdesign erstreckt sich nicht nur auf Briefbogen- und Plakatgestaltung; in der Verpackungsgestaltung oder genereller in der Oberflächengestaltung (z.B. Bedienungsfeldgestaltung) wird der Zusammenhang zum Produktdesign offenkundig. Im Publicdesign wird mit Produkten gearbeitet, deren Auswahl und Anordnung z.B. eine stadtspezifische Klammer bilden. Unternehmen wie Wilkhahn bemühen sich um eine enge ideelle Verbindung von Produkt- und Corporate Design.

II. Marketing und Design


Zumindest andeutungsweise muss geklärt werden, warum man sich im Marketing mit Designfragen befasst. Aus einer Vielzahl von Gründen seien die folgenden herausgegriffen:

-

Im Mittelpunkt der Corporate Identity kann als Grundorientierung, als grundlegende Leitmaxime unternehmerischen Handelns Designorientierung stehen. Dafür gibt es viele Beispiele (Erco, Lamy, FSB, Braun, Cor, Cassina, Artemide, Flos usw.). Welche Designorientierung das auch immer sein mag, die Überlegungen zur Produktgestaltung, in den meisten Fällen auch der daraus folgenden Werbegestaltung, haben dem zu folgen. Ein von diesem »Tugendpfad« abweichender Produktmanager mag die Konfrontation lieben, er wird verlieren.

-

In den meisten Fällen ist der Begründungszusammenhang allerdings nicht so eindeutig. Hilfreich für die weitere Analyse kann die Produktzielbestimmung sein. Einige Produktziele gibt Abb. 2 wieder. Neben dem designorientierten Produktziel – hier wird die Verbindung von Corporate Identity mit der Formalzielgestaltung offenkundig – können auch andere Ziele designrelevant sein. So kann man billige Massenprodukte durch modisches Design attraktiv gestalten (»Swatcherisierung«), bei soliden Produkten sind bekannte Designlösungen denkbar, exklusive Spitzenprodukte sind im Luxusdesign üblich, für intelligente Spitzenprodukte eignen sich technische Designvarianten. Gängige Standardprodukte, gekennzeichnet durch geringe Marktlebensdauer und keine Produktpflege, eignen sich weniger. Bei Pionierprodukten kann man, um den Gewöhnungsbedarf in überschaubaren Grenzen zu halten, bekannte Designlösungen wählen.

Design

Abb. 2: Ausgewählte Produktziele (Quelle: Koppelmann, U. 1992, S. 194)

-

Im Strategiekontext wird die Designnotwendigkeit wieder offenkundiger. In Wettbewerbswirtschaften dominiert das Profilierungsgebot. Ein Unternehmen ist nur überlebensfähig mit Leistungen, die vom Käufer wahrgenommen werden, die ihm wichtig sind, die vorteilhaft gegenüber den Konkurrenzangeboten erscheinen und die der Käufer dem Unternehmen wieder zuordnet. Die Vorteilhaftigkeit kann mehrere inhaltliche Facetten aufweisen (Abb. 3). Neben der »Swatcherisierungsstrategie« interessiert vor allem die ästhetische Faszination. In gesättigten Volkswirtschaften bedarf es häufig kräftiger Impulse, um ältere Modelle gegen neue auszutauschen. Design kann durch seine ästhetische Faszination dazu beitragen.

Design

Abb. 3: Inhalte von Profilierungsstrategien (Quelle: in Anlehnung an Koppelmann, U. 1992)

-

Neben der inhaltlichen Begründung sei noch die Prozessnotwendigkeit betont (Abb. 4).


Design
Abb. 4: Planungsprozess
Aus dem Briefing erwächst zwar auch das Werbekonzept, wichtiger ist jedoch das allem Weiteren zugrunde liegende Produktkonzept, die Produktgestaltung. Das Produkt als Fokus des Marketing-Mix wird vom Produktmanager eher planerisch begleitet und vom Designer/Konstrukteur gestaltet (Realisationsanalyse). Um eine marktgerechte Lösung sicherzustellen, muss der Produktmanager ein Grundverständnis über die Designarbeit haben, ansonsten liefe er Gefahr, dass seine Kontrollaussagen als Laienurteile beiseite geschoben werden könnten.

III. Designzwecke


Obwohl bereits einige Designzwecke angedeutet wurden, soll der Frage nach dem »Wozu« gesondert nachgegangen werden. Dem wettbewerbsbezogenen Profilierungszweck kann man den programmbezogenen Differenzierungszweck an die Seite stellen. Durch unterschiedliche Designprägnanzen (Designstile) kann man auf verschiedene Geschmackspräferenzen der Kunden Bezug nehmen, also verschiedene Gestaltungsschwerpunkte wählen. Damit ist zwangsläufig der Zweck Anspruchsbefriedigung verbunden. Dort, wo Design zum PR-Thema oder zum Schaufensterausstellungsstück vorkommt – das gilt für einige Memphis-Entwürfe – , hat es seinen Zweck, Käuferansprüche zu befriedigen, offensichtlich kaum erfüllt.
Design ist gleichzeitig ein Thema der Alltagskultur. Für die Alltagskultur interessiert sich das Feuilleton. Durch geschickte Publizitätsarbeit kann es gelingen, die kostengünstige Multiplikatorenfunktion des Feuilleton wirksam, da glaubwürdig, zu nutzen. Beide Zwecke zusammen führen zum Prämierungszweck. An verschiedenen Stellen in Deutschland, in Europa und auch weltweit wird Design prämiert. Prämiertes Design hat bessere Startbedingungen, allerdings keine Erfolgsgarantie, denn prämiert wird nach disziplininhärenten Kriterien, nicht nach Kundenkriterien. Prämierungen sind damit in Grenzen planbar, insbesondere wenn man die Besetzung der Jury kennt.
Neben den eher externen Zweckrichtungen sind auch interne Wirkungen zu beachten. Engagement für das Arbeitsgebiet kann auch vom Tätigkeitsinhalt mitgeprägt werden. Identifikation und Motivation für die Arbeit in einem designorientierten Unternehmen können deutlich über dem Branchendurchschnitt liegen.

IV. Designprägnanzen


Um dem aus der Gestaltpsychologie bekannten Figur-Grund-Prinzip zu entsprechen, lebt das Produktdesign von jeweils in sich geschlossenen »Andersartigkeiten«. Zur Positionierung sei auf die erwähnten Dimensionen Ästhetik, Pragmatik und soziale Semantik zurückgegriffen (Abb. 5).
Design
Abb. 5: Positionierung von Designprägnanzen (Quelle: in Anlehnung an Koppelmann, U. 1992)
Bis Mitte der 1970er-Jahre herrschte eine relative Entwicklungsruhe. Der auf Bauhaus-Überlegungen zurückgehende und in der Ulmer Hochschule für Gestaltung geförderte ästhetische Funktionalismus dominierte. Auf das Notwendige reduzierte Formen (»weniger ist mehr«), zweckmäßige Materialien, unbunte Farben sprechen eher kognitive denn emotionale Schichten im Menschen an. Diese zurückhaltende, unterkühlte Gestaltung entspricht dem Prägnanzprinzip der Gestaltpsychologie. Das scheint gleichzeitig die Grundlage für manchen noch heute erhältlichen Klassiker zu sein. Das Unternehmen Braun AG hat sich dieser stark zeitinvarianten Designprägnanz verschrieben. Der von Sullivan bekannte Satz »form follows function« steht im Mittelpunkt der Gestaltung. Eine hohe Gebrauchstauglichkeit sowie eine zurückhaltende, wohltuende Ästhetik sind kennzeichnend.
Dann, zuerst zögerlich, jetzt fast sprudelnd, wagten sich neue Designprägnanzen auf den Markt. Ausgehend von dem in den USA beheimateten Unternehmen Knoll International, das die Designentwicklung der 1940er- bis späten 1960er-Jahre wesentlich geprägt hat, entwickelte sich eine technisch dominierte Designvariante. Der Technizismus entspringt einem dem ästhetischen Funktionalismus ähnlichen Denken. Neu ist die Faszination der Technik. Die Stahl-Glas-Konstruktionen von Bahnhöfen und Galerien im letzten Jahrhundert sowie das Centre Pompidou als heutige Variante standen Pate. Technisch und damit kühl wirkende Materialien (Stahl, Aluminium, Glas), aus der Technik bekannte Formparameter (z.B. Verstrebungen, Lamellierungen, Baukastenprinzipien) und technische Farben (vor allem Grautöne) herrschen vor. Neben hoher Gebrauchstauglichkeit steht gleichrangig die Lust an der technischen Ästhetik. Der Produktbesitzer demonstriert seine Begeisterung für technische Lösungen. Nahezu gegenläufig ist die Entwicklung des Ästhetizismus. Hier legt man nicht offen, warum etwas wie funktioniert. Man erfreut sich der ebenmäßigen, geschlossenen, durch keine Griffe usw. gestörten Form. Das um der ästhetischen Proportionen willen Verhüllende wird bevorzugt (»form hides function«). Bang & Olufsen-Unterhaltungselektronik, Gaggenau-Kühlschränke, grifflose Küchenschränke mögen als Beispiele genügen. Die Gebrauchstauglichkeit tritt deutlich hinter die Ästhetik zurück. Man ist auch durchaus bereit, seine ästhetische Sensibilität zu offenbaren.
Ende der 1970er-Jahre wurde dann ausgehend von der tiefe Spuren hinterlassenden Memphis-Bewegung in Italien alles infrage gestellt. Die Lust am»Andersgestalten« ohne Rücksicht auf die Gebrauchstauglichkeit führte zu Designskulpturen. Die vorher als Gebrauchstauglichkeit definierte Pragmatik oder die funktionale Dimension wurden von den Memphisprotagonisten umdefiniert zur Lust- oder Spaßfunktion. Die Provokation gegen die »Langeweile« des ästhetischen Funktionalismus war den an dem Bauhausgedanken durchaus geschulten italienischen Designarchitekten wichtiger als alles andere. Eben nicht funktionale Formen, bewusste Materialverfremdungen, bunte Farben wurden bevorzugt. Noch heute begegnen uns Ausläufer dieser Designwelle (»form follows fun«).
Wieder näher an der Architekturentwicklung liegt dann die Designrichtung der Postmoderne. Hier wird mit historischen Stilbezügen (Kapitelle, Säulen, Friese, Giebel) gearbeitet. Die historisierende Hüllenverfremdung konzentriert sich stark auf Formaccessoires. Die Postmoderne spielt heute keine große Rolle mehr.
Ähnlich der Postmoderne kann man auch den Dekonstruktivismus auf Architekturentwicklungen zurückführen. Das Aufbrechen vorhandener Körper sowie Gestaltungslösungen, die durch Auflösung der Senkrechten und Waagerechten einen leichten, unseren Sehgewohnheiten trotzenden Eindruck hinterlassen, obwohl höchst artifiziell gestaltet, kennzeichnen diesen Stil.
Strittig ist die Frage, ob man von Luxusdesign sprechen kann. Besonders wertvolle Produktgestaltung hängt vom Material, von der Formgebung sowie von der Verarbeitung ab. Dem passen sich Farb- und Oberflächengestaltung an. Luxusdesign hat eher traditionelle Bezüge. Firmen wie Cartier, Dupont, Louis Vuitton, Hermes gelten als Protagonisten dieses Stiltypes. Nahe an dieser durch traditionelle Hochwertigkeit gekennzeichneten Designrichtung liegt das Countrydesign. Eine regionale Formensprache wird aufgegriffen und artifiziell in gemütlich, »heimelig« wirkende Gestaltungslösungen umgesetzt. Produkte der Firmen Marktex oder Lambrecht zählen zu dieser Richtung.
Das Memphisdesign als bewusster Kontrapunkt zum ästhetischen Funktionalismus leitet über zu anderen expressiven Designprägnanzen. Dem eher klassischen ästhetischen Funktionalismus kann man die Richtung des Neobarock mit seiner rauschenden Formensprache gegenüberstellen. Auf dem Stuhl Leonora von Sipek kann man auch noch sitzen. Man sieht ihm auch an, dass es sich um einen Stuhl handelt, aber man ist überrascht, welcher Formenaufwand möglich ist. Neben dem Neobarock hat sich eine weitere überraschende Stilrichtung, die des Organicdesign, herausgebildet. Starck wählt bspw. das Hornelement aus, um es zur Grundlage der Leuchtengestaltung zu machen. Auch hier ist die Gestaltungssemantik wichtiger als die Gestaltungspragmatik. In diese Richtung werden sich wahrscheinlich weitere Designprägnanzen entwickeln.
Ebenfalls eine neue Richtung könnte das Archetypdesign werden. Design muss nicht immer elitär und damit für die oberen Zielgruppenschichten gestaltet sein. Zunehmend gehen Unternehmen dazu über, auch etwas für den Mainstream, für den MoR-Bereich (middle of the road) zu tun. Im Mittelpunkt steht das Bemühen, durch nichts aufzufallen. Semantik, Pragmatik und Ästhetik orientieren sich an den einfachen, als Bilder gespeicherten Urtypen von Produkten (Gladbach, M. 1994).
Diese Momentaufnahme bedarf der ständigen Aktualisierung. Vor einer Neuaufnahme in den Stilkatalog sollte die jetzige oder morgige Marktbedeutung geprüft werden, um Typexoten zu vermeiden.

V. Designentscheidungen


Aus dem großen Spektrum relevanter Entscheidungen seien einige bedeutsame herausgegriffen:

1. Design für wen?


Nimmt man die Kundenbezogenheit des Marketing-Gedankens ernst, dann muss geprüft werden, für welche Zielgruppe sich welche Designrichtung eignet. Daher kann es nicht entscheidend sein, wenn Designer meinen, die eine oder andere Designrichtung sei »out«; denn dann müsste die immer noch erfolgreichste Richtung »ästhetischer Funktionalismus« seit mindestens 25 Jahren vom Markt verschwunden sein.
Grundlage der folgenden Zuordnung muss ein Marktsegmentierungsmodell sein, das nicht nur eine praktikable Marktsegmenterfassung zulässt, sondern auch über den Datenfundus eine datengestützte Stilzuordnung nahe legt. Dazu wird das Sinus-Milieu-Konzept (Abb. 6) gewählt (Augstein, R. 1993; Becker, U./Becker, H./Ruhland, W. 1992; Burda, /Sinus, 1989). Dieses Modell wird ständig aktualisiert, die neueste Version (2005) findet sich im Internet (sinus sociovision, 2005).
Design
Abb. 6: Die sozialen Milieus in Westdeutschland: Soziale Stellung und Grundorientierung (Quelle: in Anlehnung an Augstein [Augstein, R. 1993])
Neben einer repräsentativen, in kurzen Abständen wiederholten Befragung wurde auch die Alltagskultur zielgruppenspezifisch fotografisch erhoben. Der Inhaltsvergleich führt dann zu obiger Zuordnung (Abb. 7). Das traditionelle und traditionslose Arbeitermilieu bilden augenblicklich noch kein Zielpublikum für Desingprodukte. Deutlich wird aus dieser Übersicht, dass der ästhetische Funktionalismus am weitesten verbreitet ist und dass das technokratisch-liberale Milieu das breiteste Designinteresse besitzt. Diese Zielgruppe bildet den Kernmarkt für Designprodukte.
Design
Abb. 7: Zuordnung von Designprägnanzen zu Milieus
Antworten auf die Frage »Was für wen?« können auch mit anderen Marktsegmentierungskonzepten (z.B. Einstellungskonzepten) gefunden werden. Sie können auch zur Vertiefung des Milieukonzepts herangezogen werden.

2. Designerauswahlentscheidungen


In vielen Fällen muss sich der Produktmanager um Designervorschläge kümmern, manchmal sogar die Auswahl treffen.
Die Frage »eigene oder fremde Designer?« wird unterschiedlich gelöst. Konzentriert man sich auf eine Designrichtung, erscheint der »Hausdesigner« vernünftig. Wählt man dagegen die Strategie des Designpluralismus (z.B. Flos, Cassina, Rosenthal, Alessi), dann bieten sich fremde Designer geradezu an, sodass sich die eigene Arbeit auf die Designkoordination beschränkt.
Die Alternative »bekannte oder unbekannte Designer?« wird bei den stark designorientierten Unternehmen mehrheitlich zugunsten der großen Namen entschieden. Dies geht auf eine Tradition der Firma Knoll International zurück. Die Imagepartizipation ist dann wechselseitig. Die Durchsetzung junger Designer wird damit erschwert. Und wenn mehrere Designer zur Auswahl stehen? In dieser Entscheidungssituation hilft das vorangestellte Konzept. Es spricht einiges dafür, prägnanztypisch Designer auszuwählen. Einen Designer, der bisher vorrangig Luxusdesign entworfen hat, mit einem Konzept für ein Technizismusmodell zu beauftragen, birgt offenkundig große Risiken.

3. Designstrategien


Eine strategische Alternative lautet »Monoprägnanz – Polyprägnanz«. Wie schon angedeutet, hat sich die Firma Braun für nur einen Prägnanztyp, den ästhetischen Funktionalismus, entschieden. Diese Entscheidung ermöglicht eine gut konturierte Zuordnung des Produktauftritts auf dem Markt. Entscheidet man sich für die Strategie der Stilvielfalt, dann wird der Auftritt diffuser, weil abstrakter. Das Verbindende ist dann das Gestaltungsniveau und vielleicht noch die Stilaktualität. Der Vorteil liegt in einer besseren Risikoverteilung durch Designpluralität.
Eine andere Entscheidungsalternative liegt in der Wahl zwischen modischem Kurzfristdesign (»Swatcherismus«) und der Longlifestrategie. Die meisten designorientierten Anbieter wählen die Longlifestrategie. Dass die Kurzfriststrategie auch sehr erfolgreich sein kann, beweist Swatch; in diesem Unternehmen wird durch Deklination vorrangig der Oberflächenparameter jeweils halbjährig eine umfangreiche Kollektion erstellt. Schöpferische Pausen sind bei dieser Strategie nicht möglich. Auch die anderen Moderisiken sind evident.

4. Designprognose


Die schwierigste Frage richtet sich auf zukünftige Designentwicklungen. Für ein Unternehmen, das mehrere Designstile pflegt und den Avantgardeanspruch erhebt, haben Antworten auf diese Frage grundlegende Bedeutung. Bisher wird das Prognoseproblem meist faktisch gelöst. Unternehmen entscheiden sich für einen Designer, der durch avantgardistische Entwürfe aufgefallen ist. Und man extrapoliert bisheriges Verhalten in zukünftige Wirkung; die intellektuelle Basis ist damit eher bescheiden. Zumindest zwei methodische Lösungswege bieten sich an: Der historisch-hermeneutische Weg verspricht Erkenntnisse über Gestaltungszyklen in der Vergangenheit. So zeigt uns die Architekturgeschichte Formpräferenzen im Zeitablauf. Für dieses Jahrhundert hat Abshof mehrere gleich bleibende Formzyklen in der Damenmode nachgewiesen. Wegen des Wahrnehmungscharakters des Design und des der Wahrnehmung zugrunde liegenden Mutations-(Abwechslungs-)Bedürfnisses verspricht die Analogie nutzbare Prognoseergebnisse (Abshof, I. 1992).
Der andere Weg setzt nicht bei der Gestaltung, sondern bei der Wirkung an. Es sind Prognosen über zukünftige Käuferansprüche vonnöten. Wird demnächst das Prosaische, das Märchenhafte, das Heimelige aufblühen? Über das, was morgen sein könnte, kann man mit Fachleuten gemeinsam durch Nutzung der verschiedenen Kreativitätstechniken (z.B. Delphitechnik, Szenario-Methoden) nachdenken.
Literatur:
Abshof, I. : Modetrends Deutscher Mode, Köln 1992
Augstein, R. : SPIEGEL-Dokumentation: Auto, Verkehr und Umwelt, Hamburg 1993
Becker, U./Becker, H./Ruhland, W. : Zwischen Angst und Aufbruch, Düsseldorf et al. 1992
Burda, /Sinus, : Wohnwelten in Deutschland, 2. A., Heidelberg et al. 1989
Gladbach, M. : Archetypen von Produkten, Köln 1994
Koppelmann, U. : Design und Marketing – Kunst contra Kommerz oder sich ergänzende Disziplinen?, in: DBW, 1988, S. 299 – 309
Koppelmann, U. : Produktmarketing, 4. A., Heidelberg et al. 1992
Leitherer, E. : Design, betriebswirtschaftliche Aspekte, in: HWB, Bd. 1, hrsg. v. Wittmann, W./Kern, W./Köhler, R. et al., 5. A., Stuttgart 1993, Sp.753 – 764
sinus sociovision, : Informationen zu den Sinus-Milieus 2005 (http://www.sinus-sociovision.de/Download/informationen%20012005.pdf)

 

 


 

<< vorhergehender Begriff
nächster Begriff >>
derivatives Geld
 
Deskriptive Statistik