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Marketing-Mix


Inhaltsübersicht
I. Begriff des Marketing-Mix
II. Ansätze zur Strukturierung des Marketing-Mix
III. Interdependenzen im Marketing-Mix
IV. Problematik der Bestimmung des Marketing-Mix

I. Begriff des Marketing-Mix


Der Erstgebrauch des Terminus »Marketing-Mix« wird i.A. Borden zugeschrieben (Becker, J. 1988). Die Wortschöpfung Bordens bringt in prägnanter Weise zum Ausdruck, dass die Marketing-Maßnahmen einer Unternehmung im Absatzmarkt synergistische Effekte erzeugen und deshalb als interdependentes Maßnahmenpaket, als Ganzheit (und nicht etwa als Summe unabhängiger Einzelaktivitäten) zu interpretieren und zu gestalten sind. Die dem angelsächsischen Wort inhärente Anschaulichkeit hat sicherlich mit dazu beigetragen, dass der Begriff im deutschsprachigen Raum von der Marketing-Praxis relativ rasch aufgegriffen wurde und auch in die Fachsprache Eingang fand. Dort wird das Marketing-Mix der Unternehmung zumeist umschrieben als »die von einem Unternehmen zu einem bestimmten Zeitpunkt eingesetzte (nicht notwendigerweise optimale) Kombination seiner absatzpolitischen Instrumente« (Topritzhofer, E. 1974, Sp. 1247).
In den Darstellungen des Marketing-Mix dominieren Instrumente, die sich (als Informationen, Produkte oder Dienstleistungen) in unmittelbarer Weise an die für die Unternehmung wichtigen Marktteilnehmer (Produktverwender, Zwischenhandel, Beeinflusser etc.) richten und diese in ihrem marktrelevanten Verhalten beeinflussen sollen (Hill, W./Rieser, I. 1990; Kotler, P./Bliemel, F. W. 1992). Zur Abgrenzung von diesen »außengerichteten« Instrumenten werden die im Innenbereich des Marketing zur Sicherung einer optimalen Planung und Realisierung des Marketing-Mix eingesetzten Hilfsmittel der Marketing-Führung und der Marketing-Information zuweilen als Instrumente der Marketing-Infrastruktur bezeichnet (Kühn, R. 1984; Weinhold-Stünzi, H. 1988).

II. Ansätze zur Strukturierung des Marketing-Mix


1. Der Gegenstand


Die zielorientierte Gestaltung des Marketing-Mix setzt die Kenntnis der verfügbaren Instrumente, ihrer Einsatzbedingungen und Wirkungsweisen voraus. Die Marketing-Literatur bietet deshalb eine Reihe von Instrumentenkatalogen, die mithilfe verschiedener Ordnungskriterien strukturiert werden. Grundsätzlich lassen sich zwei Gruppen von Strukturierungsvorschlägen unterscheiden: am Typ des instrumentalen Handlungsparameters orientierte Ansätze und Klassifikationen mithilfe zusätzlicher, meist wirkungsbezogener Kriterien.

2. Handlungsparameterorientierte Strukturierungsansätze


Die in der Literatur dominierenden Strukturierungen des Marketing-Mix fassen Einzelinstrumente zu Gruppen zusammen, die schwergewichtig die Gestaltung des gleichen Handlungsparameters (etwa der Angebotsleistung, der Kommunikation, des Vertriebs, des Entgeltes) zum Gegenstand haben. Diese »klassischen« Strukturierungsansätze führen im Allgemeinen zu drei bis fünf Instrumentengruppen, die häufig auch als Submixe bezeichnet werden (Meffert, H. 1986; Becker, J. 1988); Abb. 1 zeigt eines der gebräuchlichsten Gliederungsschemata dieser Art.
Marketing-Mix
Abb. 1: Eine Möglichkeit zur Strukturierung des Marketing-Mix (Quelle: Topritzhofer, E. 1974, Sp. 1247 – 1248)

3. Strukturierung mithilfe zusätzlicher Kriterien


Die üblichen, am Typ des Handlungsparameters orientierten Klassifikationen bieten zwar begriffslogisch befriedigende Einteilungen der Instrumente des Marketing-Mix, enthalten jedoch keine weiteren Anhaltspunkte zur Bewältigung der Gestaltungsproblematik. Diesem Mangel versuchen verschiedene Autoren dadurch zu begegnen, dass sie – vorwiegend ergänzend zu den »klassischen« Submix-Gliederungen – zusätzliche, primär wirkungsbezogene Kriterien zur Strukturierung der im Marketing-Mix zusammengefassten Maßnahmen vorschlagen. So lassen sich Marketing-Instrumente gemäß van Waterschoot und van den Bulte nach ihrem zeitlichen Wirkungshorizont gruppieren, indem ausgehend von den »four P\'s« zwischen lang- und kurzfristig wirkenden Instrumenten unterschieden wird (van Waterschoot, W. van/van den Bulte, C. van den 1992).
Eine weitere Möglichkeit besteht in der Klassifikation nach dem strategischen Wirkungsspektrum, wobei neben vier Submixes zusätzlich zwischen strategischen und taktischen Komponenten der einzelnen Marketing-Instrumente differenziert wird (Meffert, H. 1986). Noch konkreter an Wirkungsdifferenzen orientiert sich Tietz, der unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf das Markenimage Imagestrukturvariablen und Imageablaufvariablen unterscheidet (Tietz, B. 1993). In eine andere Richtung weist der Vorschlag zur Unterteilung des Marketing-Mix in wenigstens zwei zielgruppenorientierte »Teilmixe«, den »Teilmix Produktverwender« und den »Teilmix Handel« (Kühn, R. 1984).

III. Interdependenzen im Marketing-Mix


Die Ansätze zur Strukturierung der Marketing-Instrumente lassen Fragen nach dem Zusammenwirken der Instrumente weitgehend unberücksichtigt. Zwischen den einzelnen Marketing-Instrumenten bestehen aber sowohl sachliche wie auch zeitliche Interdependenzen, die insbesondere im Rahmen der Bestimmung des optimalen Marketing-Mix (vgl. Abschnitt IV.) beachtet werden müssen (Meffert, H. 1986). Sachliche Interdependenzen liegen vor, wenn der Einsatz des einen Instruments vom Einsatz anderer Instrumente abhängt bzw. andere Instrumente beeinflusst (z.B. Synergieeffekte). Zeitliche Interdependenzen entstehen, wenn die Wirkung eines Instrumentes in zeitlich nachgelagerte Perioden hineinreicht oder erst mit einem »time lag« eintritt und auf diese Weise eine Wirkungsüberlagerung von zeitlich gestaffelten Maßnahmen stattfindet.
Erstaunlicherweise behandeln nur wenige Beiträge intensiver diese kritische Dimension des Kombinations- bzw. Allokationsproblems absatzpolitischer Instrumente (Becker, J. 1988). Vorgeschlagen werden einerseits Modelle zur Feststellung und Beschreibung der Interdependenzen (Beyeler, L. 1964; Schweiger, G. 1974; Linssen, H. 1975), andererseits Ansätze, die versuchen, das Zusammenwirken der Instrumente im Marketing-Mix in die Strukturierungsmodelle einzubeziehen. Letztere gewichten die Marketing-Instrumente resp. Instrumentendimensionen nach ihrer Bedeutung für den Absatzerfolg und lösen damit letztendlich die Interdependenzen teilweise auf (Kühn, R. 1984; Varadarajan, P. R. 1985; Haedrich, G./Gussek, F./Tomczak, T. 1990).
Zur Lösung des Interdependenzen-Problems mittels einer wirkungsbezogenen Gewichtung der Marketing-Instrumente wird z.B. vorgeschlagen, vier Kategorien von Instrumenten bzw. Instrumentendimensionen zu unterscheiden: dominierende Instrumente, Standardinstrumente, komplementäre und marginale Instrumente (Kühn, R. 1985).
Diese Kategorien lassen sich nicht definitiv den einzelnen absatzpolitischen Instrumenten zuordnen. Welches Instrument in einer bestimmten Situation z.B. als »dominierend« oder als »marginal« anzusehen ist, wechselt von Markt zu Markt, von Marktsegment zu Marktsegment und auch im Zeitablauf. Für den Absatzerfolg ausschlaggebend sind insbesondere die dominierenden und die Standardinstrumente, allerdings in unterschiedlicher Art und Weise. Die dominierenden Instrumente sind verantwortlich für die Motivation der Käufer, das angebotene Produkt den Konkurrenz- oder Substitutions-Konkurrenzprodukten vorzuziehen. Entscheide über dominierende Instrumente enthalten demgemäß wesentliche Freiheitsgrade und fordern hohe finanzielle und arbeitsmäßige »Investitionen«. Demgegenüber enthalten Standardinstrumente im Normalfall keine Freiheitsgrade, sondern sie sind einem durch die Marktsituation oder durch technische Faktoren bestimmten Standard anzupassen. Ihre Bedeutung liegt darin, dass ein Nichterreichen des Standards zu Misserfolgen führt, während ein Übertreffen entweder nicht möglich ist oder von den Marktpartnern nicht honoriert wird. Zwischen den beiden Instrumentenkategorien besteht ein fließender Übergang.

IV. Problematik der Bestimmung des Marketing-Mix


1. Schwierigkeiten der Gestaltung eines optimalen Marketing-Mix


Das Problem der Bestimmung des Marketing-Mix wird in der Marketing-Literatur im Allgemeinen als Optimierungsproblem aufgefasst (Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H. 1994). Aus der Menge möglicher Alternativen ist derjenige Mix auszuwählen, dessen Konsequenzen gemessen an einem vorgegebenen Formalziel (z.B. der Gewinnmaximierung) optimal erscheinen, oder präziser, dessen in Werten der Zielvariablen definiertes »Gesamtergebnis weder durch die Umgestaltung eines Marketing-Instrumentes, die Hinzunahme eines bisher nicht eingesetzten Gestaltungsfaktors noch durch andere Strategien verbessert werden kann« (Poth, L. G. 1986, S. 110). Angesichts der Vielzahl von Marketing-Instrumenten und ihrer mannigfachen Differenzierungs- und Modifikationsmöglichkeiten handelt es sich bei der Bestimmung des Marketing-Mix um ein äußerst komplexes, schlecht strukturiertes Entscheidungsproblem.
Vorschläge zur Lösung dieses Problems müssen sich mit einer Anzahl grundsätzlicher Schwierigkeiten auseinander setzen (Dichtl, E. 1967; Meffert, H. 1986):

1.

Die Bestimmung des Marketing-Mix beinhaltet eine sehr große Zahl von verschiedenartigen Entscheidungsvariablen (Submixe, Einzelinstrumente, separat zu behandelnde Dimensionen und Elemente dieser Instrumente usw.), die schließlich in konkreten Maßnahmenpaketen zu kombinieren sind. Dies führt dazu, dass bei Berücksichtigung aller Variablen eine a priori mengenmäßig nicht mehr fassbare Zahl möglicher Marketing-Mixe zur Beurteilung existiert.

2.

Das Auftreten von sachlichen und zeitlichen Interdependenzen zwischen den Marketing-Instrumenten (vgl. Abschnitt III) führt dazu, dass die Gesamtwirkung des Marketing-Mix nicht als Summe der Wirkung der im Mix enthaltenen Einzelmaßnahmen aufgefasst und ermittelt werden kann. Es entsteht hieraus die Notwendigkeit, alle Elemente des Mix simultan zu beurteilen und zu bestimmen.

3.

Da Maßnahmen des Marketing-Mix sich in erster Linie an autonom handelnde Personen bzw. Personengruppen richten, beinhaltet die Prognose der damit verbundenen Konsequenzen immer Verhaltensschätzungen, die mit großer Unsicherheit behaftet sind.

4.

Zusätzliche praktische Erschwernisse ergeben sich aus den für die bwl. Entscheidungssituation typischen Zeit- und Ressourcenbeschränkungen (z.B. beschränkte finanzielle Mittel, beschränkte personelle Kapazitäten, Zeitknappheit bei der Entscheidfindung).


2. Vorschläge der Literatur zur Bestimmung des Marketing-Mix


Ein Blick in die Literatur zeigt, dass sich im Prinzip zwei Gruppen von Lösungsvorschlägen zur Bestimmung des Marketing-Mix unterscheiden lassen: die Anwendung von analytischen Verfahren und die Konstruktion von Planungsverfahren (Köhler, R. 1977).

a) Bestimmung des Marketing-Mix mithilfe von analytischen Verfahren


Analytische Verfahren versuchen, auf formalem Weg den optimalen oder wenigstens den gewisse Begrenzungsziele erfüllenden Marketing-Mix entweder durch Methoden der Marginalanalyse oder mittels Verfahren der mathematischen Programmierung zu bestimmen.

b) Methoden der Marginalanalyse


Marginalanalytische Ansätze bauen auf der mikroökonomischen Theorie der Unternehmung auf. Ausgehend von der Gewinnmaximierung als Zielsetzung resp. Entscheidungskriterium werden die Wirkungen des Marketing-Mix in Form von Absatz- und Kostenfunktionen abgebildet, die eine Anwendung der zentralen analytischen Hilfsmittel der Marginalanalyse (Differenzialrechnung) erlauben.
Der wohl am häufigsten zitierte Ansatz stammt von Dorfman und Steiner (Dorfman, R./Steiner, P. O. 1954). Die beiden Autoren gehen von folgenden Prämissen aus:

1.

Die infrage stehende Unternehmung will ihren Gewinn durch Einsatz des Marketing-Mix maximieren.

2.

Hierzu stehen ihr drei Marketing-Instrumente – der Preis, die Produktqualität und die Werbung – zur Verfügung, die quantifiziert und stetig variiert werden können. Insbesondere ist auch die Produktqualität auf einer Ratioskala messbar; sie wird durch einen Indexwert definiert, der zwischen null und eins liegt.

3.

Sachliche und zeitliche Wirkungsinterdependenzen der Instrumente des Marketing-Mix existieren nicht oder müssen nicht berücksichtigt werden.

4.

Der Umsatz der Unternehmung wird durch den angebotspolitischen Instrumenteneinsatz der Konkurrenz nicht (oder zumindest nicht fühlbar) beeinflusst. Die Unternehmung kann sich als Angebots-Monopolist verhalten.


Das Dorfman-Steiner-Theorem besagt nun, dass das optimale Marketing-Mix einer Unternehmung, das den Preis, das Werbebudget und die Produktqualität als Aktionsparameter benutzt, dann erreicht ist, wenn »die Preiselastizität der Nachfrage, der Grenzertrag der Werbung und die mit dem Quotienten aus Preis und Durchschnittskosten multiplizierte Nachfrageelastizität in Bezug auf Qualitätsänderungen einander gleich sind« (Meffert, H. 1986, S. 529).
Im Laufe der Jahre wurde einerseits der Ansatz von Dorfman und Steiner weiterentwickelt, sodass die an dritter und vierter Stelle genannten Annahmen fallen gelassen werden konnten. Andererseits wurden weitere marginalanalytische Verfahren entwickelt wie z.B. die Bestimmung des optimalen Marketing-Mix mittels absatzorientierter Break-Even-Analysen (Bockholt, H. 1977).

c) Methoden der mathematischen Programmierung


Bei der Bestimmung des Marketing-Mix mithilfe der mathematischen Programmierung werden Ansätze der linearen Programmierung (Minimierung oder Maximierung einer stetigen linearen Zielfunktion), nicht linearen Programmierung (Zielfunktion und Nebenbedingungen sind nicht linear) und dynamischen Programmierung (Entscheidungsprozess wird in Prozessstufen zerlegt) verwendet (Kotler, P. 1971).
Zur Bestimmung des optimalen Marketing-Mix gilt es, ebenso wie bei der Marginalanalyse, eine Zielfunktion zu optimieren, wobei eine relativ große Anzahl von Nebenbedingungen berücksichtigt werden kann. Die Anwendungen der Methoden der mathematischen Programmierung sind ebenfalls an verschiedene, einschränkende Bedingungen geknüpft. Für die lineare Programmierung gilt z.B., dass

-

den Variablen der Zielfunktion (Ausprägungen der Marketing-Instrumente) Wirkungsbeiträge zurechenbar sein müssen,

-

die Wirkungsbeiträge der Variablen additiv, d.h. voneinander unabhängig, und

-

die zugrunde liegenden Funktionen linear sein müssen.


Heute existieren insbesondere für die Verfahren der linearen Programmierung, aber z.T. auch für die der nicht linearen und dynamischen Programmierung, ausgereifte Lösungsalgorithmen, die eine effiziente Optimumsbestimmung gestatten.

d) Würdigung der analytischen Verfahren


Analytische Verfahren zur Bestimmung des »gesamten« Marketing-Mix werden häufig als unzweckmäßig beurteilt, da sie im Allgemeinen auf stark vereinfachten Annahmen zur Problemsituation und insbesondere auf wenig realistischen Vorstellungen von den Fähigkeiten des Aktors zur Informationsbeschaffung basieren (Köhler, R. 1977; Topritzhofer, E. 1977; Meffert, H. 1986; Becker, J. 1988). Darüber hinaus bieten sie nur eine unvollständige, auf die quantitativen Dimensionen des Marketing-Mix beschränkte Lösung des aufgeworfenen Problems.
Der Anwendungsbereich der analytischen Verfahren ist deshalb stark eingeschränkt und reduziert sich nach Meinung verschiedener Autoren auf punktuelle Anwendungen zur Ergänzung der in Abschnitt IV.2.b. zu erörternden Planungsverfahren bzw. zur Lösung von Teilproblemen im Zusammenhang mit der Festlegung einzelner Instrumentendimensionen (Kühn, R. 1984; Meffert, H. 1986).

3. Bestimmung des Marketing-Mix durch Konstruktion von Planungsverfahren


In neuerer Zeit wird zur Lösung des Marketing-Mix-Problems die Konstruktion von Planungsverfahren vorgeschlagen. Diese Gruppe von Lösungsansätzen versucht durch eine bewusste Reduktion der Problemkomplexität und Verwendung systematischer problemvereinfachender Prinzipien (sog. heuristischer Prinzipien), den beschränkten Problemlösungskapazitäten des betrieblichen Aktors Rechnung zu tragen und dafür suboptimale Problemlösungen in Kauf zu nehmen (Meffert, H./Althans, J. 1982; Kühn, R. 1984; Scheuch, F. 1989).
Charakteristisch für solche Planungsverfahren ist, dass eine Beschränkung auf eine überschaubare Zahl von Alternativen angestrebt und das Gesamtproblem der Bestimmung des Marketing-Mix in sukzessiv zu bearbeitende Teilprobleme zerlegt wird. Zur Strukturierung der Teilproblemsequenz wird dabei häufig auf die der Planungsliteratur entstammende Idee der Unterscheidung strategischer und operativer Marketing-Entscheide sowie die insbesondere im Bereich des Strategischen Marketing herausgearbeiteten spezifischen Entscheidtatbestände, wie z.B. die Marktauswahl, die Marktsegmentierung, die Angebotspositionierung usw. zurückgegriffen.
Ein früher Vorschlag dieser Art stammt von Lipson, Darling und Reynolds, die zwei aufeinander aufbauende Planungsphasen unterscheiden (Lipson, H. A./Darling, J. R./Reynolds, F. D. 1970): In der ersten Phase ist eine (strategische) Grobplanung des Marketing-Mix mittels qualitativer Auswahlheuristiken vorzunehmen mit dem Ziel, die Zahl der möglichen alternativen Mixe auf ein überschaubares Maß zu reduzieren. In der zweiten Phase erfolgt eine produktorientierte Feinplanung des Marketing-Mix (operative Ebene) primär auf der Grundlage quantitativer Entscheidungsmodelle.
Dem Vorschlag von Lipson, Darling und Reynolds folgend zeigt sich in der neueren Literatur eine Tendenz zur differenzierteren Behandlung der Phase der strategischen Grobplanung. Man hofft, auf diese Weise konkretere Vorgaben für die operative Planung der Einzelinstrumente zu erhalten und damit den Abstimmungsprozess auf der operativen Ebene besser zu steuern.
Im Folgenden werden zwei Ansätze mit unterschiedlich konkretisierten Grobplanungsphasen überblicksartig vorgestellt.

4. Beckers Strategieraster als Ansatz zur Grobplanung des Marketing-Mix


Für Becker strukturieren Strategien den Handlungsrahmen, während das Marketing-Mix den eigentlichen Handlungsprozess festlegt und damit als »taktische« Komponente die operative Umsetzung der Strategie leitet (Becker, J. 1988). Die gewählte Strategie wird damit zum Rahmenplan für das Mix als Ganzes, der die Koordination der Entscheide zur Ausgestaltung der Einzelinstrumente und Instrumentendimensionen erleichtert und damit das Zusammenspiel der Einzelinstrumente im Mix steuert.
Grundlage für die Planung der Marketing-Strategie bildet das in Abb. 2 dargestellte Strategieraster als »Box« der strategischen Bauelemente.
Marketing-Mix
Abb. 2: Strategieebenen und -alternativen gemäß Becker (Quelle: Becker, J. 1988, S. 294)
Aus der Verbindung der Strategiealternaiven der verschiedenen Ebenen entstehen Strategieprofile bzw. Strategie-Chips als Ausdrücke der realisierten oder auch einer geplanten Strategie (in Abb. 2 durch Verbindung der Strategiealternativen angedeutet).
Den in Abhängigkeit von der Marktkonstellation gewählten Strategiekombinationen entsprechen Grundmuster des Marketing-Mix. Bei der Feinplanung der Einzelinstrumente und Instrumentendimensionen sind allerdings neben den strategiebedingten Differenzierungen auch branchenbedingte Differenzierungen und betriebstypologische Besonderheiten zu beachten. Die Koordination der Einzelinstrumente wird zudem durch Beachtung der funktionalen, zeitlichen und hierarchischen Beziehungen zwischen den Marketing-Instrumenten erleichtert resp. gefördert.

5. Das Marketing-Mix-Konzept als Ansatz zur Grobplanung des Marketing-Mix


Noch stärker an der Planungspraxis orientiert sich ein bewusst als heuristische Problemlösungssequenz bezeichnetes Verfahren, das gewisse strategische Entscheidtatbestände mit der Grobplanung des Marketing-Mix als Instrumentenpaket verbindet.
Durch eine Folge von Grundsatz- bzw. Rahmenentscheiden soll schrittweise der Alternativenraum zieladäquater Marketing-Mixe eingeengt werden, um zu einem Grobplan eines Erfolg versprechenden Marketing-Mix zu gelangen. Dieser Grobplan (Marketing-Mix-Konzept) soll als Rahmenvorgabe die operative Feinplanung der Einzelinstrumente steuern und damit koordinieren (Kühn, R. 1989). Abb. 3 zeigt die vorgeschlagene Entscheidsequenz.
Marketing-Mix
Abb. 3: Entscheidungssequenz zur Bestimmung des Marketing-Mix (Quelle: Kühn, R. 1989, S. 19 f.)
Zunächst werden schrittweise die Zielbereiche der Marketing-Maßnahmen konkretisiert (Entscheidungsgruppen 1, 4.1 und 4.3), um dann in mehreren Etappen die Marketing-Ziele zu spezifizieren (2, 3, 4.2 und 4.4). Hierauf aufbauend werden die Mittelverteilungen und Maßnahmenschwerpunkte des Marketing-Mix konkretisiert (Entscheidungsgruppen 4.5 und 5) und gewisse hieraus sich ergebende Folgeüberlegungen zur Marketing-Infrastruktur und zum Marketing-Grobbudget vorgenommen (Entscheidungsgruppen 6 und 7). Die Feinplanung der einzelnen Instrumente des Marketing-Mix wird auf diese Weise durch vielfältige qualitative und quantitative Vorgaben gesteuert und sollte demgemäß auch bei personell verschiedenen Planungsverantwortlichen zu weitgehend abgestimmten Gestaltungsentscheiden führen.

6. Würdigung der Planungsverfahren


Da analytische Lösungsmethoden allein nicht in der Lage sind, den optimalen Marketing-Mix zu bestimmen, scheint die Konstruktion von Planungsverfahren zumindest einen praktikablen Weg aufzuzeigen, um nicht vor dem Problem der Bestimmung des Marketing-Mix kapitulieren zu müssen.
Zwar können die Planungsverfahren voraussetzungsgemäß keine optimalen Lösungen des Marketing-Mix-Problems sicherstellen, sie bieten jedoch sinnvolle Vorgehensvorschläge, um Marktdaten und subjektive Erfahrungen gezielt für eine Vorauswahl eines situationsgerechten Marketing-Mix zu nutzen (Meffert, H. 1986).
Dass eine Ergänzung der Planungsüberlegungen durch gezielte Datenerhebungen und Tests die Qualität der Entscheide zur schrittweisen Bestimmung des Marketing-Mix wesentlich verbessern kann, erscheint wichtig, wenn die allen Planungsverfahren inhärente große Bedeutung des subjektiven Ermessens der Planer begrenzt werden soll.
Literatur:
Becker, J. : Marketing-Konzeption, 2. A., München 1988
Beyeler, L. : Grundlagen des kombinierten Einsatzes der Absatzmittel, Bern 1964
Bockholt, H. : Break-Even-Analyse und Gewinnplanung, München 1977
Dichtl, E. : Über Wesen und Struktur absatzpolitischer Entscheidungen, Berlin 1967
Dorfman, R./Steiner, P. O. : Optimal Advertising and Optimal Quality, in: AER, 1954, S. 826 – 836
Haedrich, G./Gussek, F./Tomczak, T. : Instrumentelle Strategiemodelle als Komponenten im Marketingplanungsprozeß, in: DBW, 1990, S. 205 – 222
Hill, W./Rieser, I. : Marketing-Management, Bern et al. 1990
Köhler, R. : Marketing-Entscheidungen als Anwendungsgebiet der quantitativen Planung, in: Entscheidungshilfen im Marketing, hrsg. v. Köhler, R./Zimmermann, H.-J., Stuttgart 1977
Kotler, P. : Marketing Decision Making, New York et al. 1971
Kotler, P./Bliemel, F. W. : Marketing-Management, 7. A., Stuttgart 1992
Kühn, R. : Heuristische Methoden zur Bestimmung des Marketing-Mix, in: Marktorientierte Unternehmensführung, hrsg. v. Mazanec, J./Scheuch, F., Wien 1984, S. 185 – 202
Kühn, R. : Marketing-Instrumente zwischen Selbstverständlichkeit und Wettbewerbsvorteil, in: Thexis, H. 4/1985, S. 16 – 21
Kühn, R. : Marketing-Mix, in: Marketing-Handbuch, hrsg. v. Poth, L. G., 2. A., Neuwied 1989, S. 1 – 40
Linssen, H. : Interdependenzen im absatzpolitischen Instrumentarium der Unternehmung, Berlin 1975
Lipson, H. A./Darling, J. R./Reynolds, F. D. : A Two-Phase Interaction Process for Marketing Model Construction, in: MSU Business Topics, 1970, S. 34 – 44
Meffert, H. : Marketing, 7. A., Wiesbaden 1986
Meffert, H./Althans, J. : Internationales Marketing, Stuttgart 1982
Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H. : Marketing, 17. A., Berlin 1994
Poth, L. G. : Marketing, 2. A., München 1986
Scheuch, E. : Marketing, 3. A., München 1989
Schweiger, G. : Die Absatzfunktion als Grundlage der Optimierung des Marketing-Mix, in: Der Markt, 1974, S. 29 – 38
Thummel, D. : Entwicklung einer Konzeption zur Bestimmung des langfristig-strategischen Marketing-Mix, Bern et al. 1972
Tietz, B. : Marketing, 3. A., Düsseldorf 1993
Topritzhofer, E. : »Marketing-Mix«, in: HWA, hrsg. v. Tietz, B., Stuttgart 1974, Sp.1247 – 1264
Topritzhofer, E. : Zur pragmatischen Brauchbarkeit marginal-analytischer Marketing-Mix-Modelle, in: Entscheidungshilfen im Marketing, hrsg. v. Köhler, R./Zimmermann, H. J., Stuttgart 1977
Varadarajan, P. R. : A Two-factor Classification of Competitive Strategy Variables, in: SMJ, 1985, S. 357 – 375
Waterschoot, W. van/Bulte, C. van den : The 4P Classification of the Marketing Mix Revisited, in: JM, 1992, S. 83 – 93
Weinhold-Stünzi, H. : Marketing in 20 Lektionen, 15. A., St. Gallen 1988

 

 


 

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