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Konstruktion


Inhaltsübersicht
I. Begriff und Bedeutung der Konstruktion
II. Struktur der Konstruktion
III. Individuelles Problemlösen beim Konstruieren
IV. Konstruktionsmanagement
V. Kostengünstig konstruieren

I. Begriff und Bedeutung der Konstruktion


1. Begriff Konstruktion


Der Begriff Konstruktion wird in der Technik sowohl für die Dokumentation eines Produkts (Maschine, Gerät, Apparat) benutzt als auch organisatorisch für eine Konstruktionsabteilung bzw. Gruppe. Der Begriff Entwicklung wird oft synonym dazu verwendet, manchmal aber auch bewusst übergreifend insofern, als Musterbau und Versuch ebenfalls darunter subsumiert werden. Auch das Projektieren und die Angebotserstellung werden als Teil des Konstruierens aufgefasst. Konstruieren ist eine Ingenieurtätigkeit, die insb. ausgehend von Kundenforderungen versucht, ein technisches Objekt durch gedankliche Realisierung auf die zzt. bestmögliche Art und Weise zu erfüllen. Sie nutzt die Erkenntnisse und Gesetze der Naturwissenschaft und Technik und stellt die Lösung in eindeutiger, realisierbarer Form als Produktdokumentation dar.
Sie ist, wie Abb. 1 zeigt, bezogen auf den gesamten Produkterstellungsprozess, die Vorlaufphase für die späteren Lebensphasen eines Produktes, wie z.B. die Teilefertigung, Montage, Nutzung, Instandhaltung und die Entsorgung. Dabei werden die Eigenschaften, die in den nachfolgenden Phasen relevant werden, zum großen Teil vorab definiert. Daraus ergibt sich –  bei zunehmender Vielfalt der Anforderungen und der Produktkomplexität  – die Notwendigkeit der engen Zusammenarbeit der entsprechenden Fachleute und Spezialisten im Team. Es kommt dabei darauf an, das Wissen aus späteren Produktlebensphasen – ausgehend von ähnlichen Vorläuferprodukten – so in die frühe Produktdefinition zu konzentrieren, dass Fehler, die später zu teuren Änderungen führen, möglichst vermieden werden (»make right things right in the first time«).
Konstruktion
Abb. 1: Produkterstellung im Lebenslauf eines Produktes

2. Die Bedeutung der Konstruktion


Aus der erwähnten Vorwegnahme der Produkt- und Prozesseigenschaften in der Konstruktionsphase ergibt sich ihre Bedeutung: 60 bis 80% der Produktkosten, der Produktqualität und der zeitlichen Abläufe werden in ihr festgelegt. Notwendige Änderungen sind anfangs schnell und kostengünstig durchführbar, im Gegensatz zu späteren Änderungen in der Teilefertigung, Montage oder gar während der Nutzung (Rückrufaktionen!). Die Änderungskosten erhöhen sich in diesen Lebensphasen jeweils um einen Faktor von rund zehn (»rule of ten«).
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Abb. 2: Kostenfestlegung und Kostenentstehung in den Unternehmensbereichen (Beispiel Serienfertigung)
Am Beispiel der Kosten geht aus Abb. 2 hervor, dass Selbstkosten vor allem in der Produktion und Materialwirtschaft  entstehen und verrechnet werden, während in der Konstruktion selbst noch vergleichsweise wenig Kosten anfallen. Ganz im Gegensatz dazu legt die Konstruktion aber rund 70% der Kosten fest – zusammen mit der Produktionsvorbereitung sogar rund 90%. Es wäre also völlig verfehlt, in der Konstruktion dadurch Kosten zu senken, indem beim Personal nach Menge und Qualifikation gespart wird. Dadurch würde der Zeitdruck, der zu Fehlern und nicht optimalen Produkten führt, nur noch verstärkt (Ehrlenspiel, K. 1994).
Die Zukunft des Unternehmens wird wesentlich durch den Kundennutzen seiner Produkte entschieden. Dieser entsteht durch multidisziplinäre Zusammenarbeit aller Produktverantwortlichen in der Konstruktionsphase – und nicht nur durch die Konstruktionsabteilung allein.

3. Bewusste Betonung früher Phasen


In Abb. 3 sind die Gesamtkosten (Life Cycle Costs) eines Produktes über den Phasen des Lebenslaufs aufgetragen.
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Abb. 3: Kosten- und Zeiteffekte der Intensivierung früher Phasen des Produkt-Lebenszyklus
Durch das meist unabgestimmte, sequenzielle Vorgehen der konventionellen Produkterstellung entstehen zu teure, nicht optimale Produkte. Eine erhebliche Zeit- wie Kostenverringerung ist bei integrierter, multidisziplinärer Produkterstellung im Team möglich. Dabei wird gerade in den ersten Phasen der Entwicklung und Konstruktion nach der Devise gearbeitet »Lieber höhere Entwicklungskosten als längere Entwicklungszeit«. Es lohnt sich erfahrungsgemäß, hier die besten Personen und Hilfsmittel zu konzentrieren. Nur so kann das »Dilemma der Konstruktion« verringert werden, das Abb. 4 zeigt: Am Anfang der Konstruktion ist der Freiheitsgrad zur Festlegung der Produkteigenschaften am größten, die Kenntnis der sich später ergebenden Produkteigenschaften aber am geringsten (Ehrlenspiel, K. 2003).
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Abb. 4: Dilemma der Konstruktion

II. Struktur der Konstruktion


Um die Vielfalt konstruktiver Aufgaben und Abläufe besser beherrschen zu können, ist es zweckmäßig, Konstruktionsphasen und -arten zu unterscheiden und diese durch einen Vorgehensplan zu strukturieren. Dies ist eine Aufgabe der Konstruktionsmethodik. Eine weitere Strukturierung kann durch die gegenseitige (hierarchische) Abhängigkeit der Erzeugnisse erfolgen (Erzeugnisgliederung).

1.  Konstruktionsphasen

a) Klären der Aufgabenstellung


I.A. ist die vom Auftraggeber gestellte Aufgabe nicht hinreichend klar. Erfahrungsgemäß sind unklare oder unvollständige Aufgabenstellungen der häufigste Grund für nachträgliche kostspielige und zeitaufwendige Änderungen (Ehrlenspiel, K. 1994). Es ist also zweckmäßig und eine der Grundforderungen der Konstruktionsmethodik, eine von der Konstruktion erarbeitete insb. marktkonforme Anforderungsliste zu erstellen, die ein Kostenziel für am Markt realisierbare Preise vorgibt. Dabei wird zwischen Forderungen (auch Mindestforderungen) und Wünschen unterschieden. Forderungen müssen erfüllt werden, nicht erfüllte Forderungen führen zum Ausscheiden von Lösungsvarianten. Wünsche können erfüllt werden. Die Anforderungsliste kann anhand von Merkmalen einer Leitlinie aufgestellt werden: Geometrie, Kinematik, Kräfte, Energie, Stoff, Signal, Sicherheit, Ergonomie, Fertigung, Montage, Transport, Gebrauch, Instandhaltung, Entsorgung, Qualität, Kosten, Termin (Pahl, G./Beitz, W./Feldhusen, J. et al. 2005). Anforderungen sind auch deshalb so wichtig, weil aus ihnen Bewertungskriterien für die Auswahl von Lösungsvarianten abgeleitet werden.
Anforderungen haben bei der Methode QFD insofern eine besondere Bedeutung, als sie mit Produkt- und Produktionsmerkmalen verknüpft und gewichtet werden. Damit können die Unternehmensressourcen auf die Erfüllung besonders wichtiger Kundenforderungen konzentriert werden. Das ist allerdings nur dann möglich, wenn die Produktmerkmale infolge ähnlicher Produktvorläufer bekannt sind.
Parallel zur Aufgabenklärung muss eine Termin- und Kapazitätsplanung vorgenommen werden.

b) Konzipieren


Konzipieren ist der Teil des Konstruierens, in dem ausgehend von den Anforderungen die prinzipielle Lösung (Konzept) erarbeitet wird. Dazu werden zweckmäßig folgende Arbeitsschritte eingehalten.
Zunächst wird die Aufgabe abstrahiert in einer Gesamtfunktion entsprechend den Ein- und Ausgängen einer »Black Box«. Dies dient zum Auflösen von Vorurteilen und Vorfixierungen und dazu, das Wesentliche der Aufgabe hervortreten zu lassen. Bei einer Drehmaschine wäre das z.B. »Rundmaterial spanend formen«. Abstraktion macht frei für das Auffinden einer Lösungsvielfalt. Die Gesamtfunktion wird sodann in Teilfunktionen unterteilt, die z.B. den Energie-, Stoff- oder Signalfluss verkörpern. Bei einer Drehmaschine sind es anfänglich noch sehr pauschale Teilfunktionen, z.B. folgende: antreiben, Späne erzeugen, Späne abführen, steuern. Damit kann bei weiterer Detaillierung eine Funktionsstruktur aufgestellt werden, die bereits ein erstes Lösungsmuster darstellt. Bei umfangreichen Aufgaben können Teilfunktionen ferner bestimmten Arbeitsgruppen zugewiesen werden, die sich natürlich gegenseitig laufend abstimmen müssen.
Im nächsten Arbeitsschritt werden alternative Prinziplösungen für die einzelnen Teilfunktionen gesucht. Diese können, ausgehend von physikalischen Effekten, aus Konstruktionskatalogen oder von ähnlichen bekannten Produkten entwickelt werden (Koller, R. 1994; Rodenacker, W. G. 1984; Roth, K. H. 1994). Natürlich können Teilfunktionen auch mit am Markt angebotenen Funktionsträgern direkt erfüllt werden. Die Lösungssuche kann unterstützt werden durch Kreativmethoden (z.B. Brainstorming, Methode 635, Synektik, Galeriemethode) oder durch diskursive Methoden (z.B. Ordnungsschemata, Wirkflächen- und Wirkbewegungsvariation). Im nächsten Arbeitsschritt werden geeignete Prinziplösungen ausgewählt und zu prinzipiellen Lösungen (Konzeptvarianten) kombiniert. Eine Hilfe zur Kombination ist der morphologische Kasten (Zwicky, F. 1971). Diese prinzipiellen Lösungen müssen zunächst noch durch skizzenhafte Studien, Überschlagsberechnungen, orientierende Versuche u.a. näher konkretisiert werden, damit sie mit einem Bewertungsverfahren umfassend beurteilt und ausgewählt werden können. Die Konzeptphase schließt mit einer begründeten Entscheidung für eine bestimmte prinzipielle Lösung (Konzept) ab, die zweckmäßig in einer Freigabebesprechung von einem multidisziplinären Kreis von Fachleuten getroffen wird, sofern nicht ohnehin in einem multidisziplinären Team gearbeitet wurde. Letzteres ist gerade für die Aufgabenklärung und das Konzipieren besonders fruchtbar.
Als Bewertungsmethode haben sich im Konstruktionsbereich besonders die technisch-wirtschaftliche Bewertung nach Kesselring (VDI, 1977) und die Nutzwertanalyse (Zangemeister, C. 1970) bewährt.

c) Entwerfen


Entwerfen ist der Teil des Konstruierens, der für eine prinzipielle Lösung (Konzept) die geometrisch-stoffliche Gestaltung so weit vornimmt, dass ein nachfolgendes Ausarbeiten zur Fertigungsreife eindeutig möglich ist. Zu Beginn des Entwerfens ist es zweckmäßig, sich über die gestaltbestimmenden Anforderungen klar zu werden und das Produkt in realisierbare Moduln bzw. in maßgebende und abhängige Funktionsträger zu gliedern (Baustruktur). Die maßgebenden Funktionsträger werden heute fast durchweg in CAD-Systemen vorgestaltet, wobei nach der Werkstoffwahl zunächst die Hauptmaße mithilfe von Auslegungsberechnungen festgelegt werden. Vorentwürfe werden dann unter Beachtung der Regeln z.B. zum festigkeits-, fertigungs-, montage-, ergonomie-, kosten- und entsorgungsgerechten Gestalten zu endgültigen Entwürfen weiterentwickelt. Die Vielfalt der Gesichtspunkte kann der einzelne gestaltende Konstrukteur wiederum nur in der multidisziplinären Auseinandersetzung ausgewogen berücksichtigen. Insb. beim Entwerfen muss eine konstruktionsbegleitende Kalkulation den Maßstab dafür liefern, ob man sich noch im Rahmen des vorgegebenen Kostenziels befindet (Target Costing). Nach der Kontrolle auf Fehler und Schwachstellen werden zusätzlich zu den Entwurfszeichnungen die vorläufigen Stücklisten, Fertigungs-, Montage- und z.B. Entsorgungsanweisungen erstellt. In einer multidisziplinären Freigabebesprechung (Meilenstein aus Terminsicht) werden eine Schlussprüfung vorgenommen und evtl. noch wichtige Anregungen gegeben.

d) Ausarbeiten


Ausarbeiten ist der Teil des Konstruierens, bei dem, ausgehend vom Entwurf, die Produktdokumentation (z.B. Gesamtzeichnung, Fertigungszeichnung, Stücklisten, Prüf-, Montage-, Transportvorschriften, Betriebs- und Instandhaltungsanweisungen) erstellt wird. Damit können die Materialbeschaffung und die Fertigungsvorbereitung erfolgen. Die Detailgestaltung und deren endgültige maßliche und normkonforme Festlegung wird vorgenommen. Wegen des hohen Anteils allerdings sehr arbeitsintensiver Routinevorgänge kann mancher Arbeitsgang formalisiert und dem automatisierten rechnergestützten Konstruieren übertragen werden.

e) Vorgehensplan


Die oben beschriebenen Konstruktionsphasen werden bei einer Neukonstruktion alle sequenziell – allerdings mit Iterationen – durchlaufen. Die sieben dabei wichtigsten Arbeitsschritte sind in Abb. 5, linke Reihe, entsprechend der Richtlinie VDI 2221 (VDI, 1993), ausgehend von der Aufgabenstellung und der daraus entwickelten Anforderungsliste, bis zum Abschluss durch die Produktdokumentation wiedergegeben.
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Abb. 5: Generelles Vorgehen beim Entwickeln und Konstruieren gem. Richtlinie VDI 2221 (VDI, 1993)
Ein derartiger Vorgehensplan stellt einen organisatorischen Leitfaden dar, der sowohl bei Einzel- wie bei Gruppenarbeit den Ablauf der Konstruktionsarbeit gliedert und planbar macht. In der Praxis ist der Ablauf der Konstruktionsarbeit bisher meist nur bei komplexen Produkten und in größeren Unternehmen explizit durch Vorgehenspläne strukturiert. In Anbetracht der weit verbreiteten Defizite bezüglich Zielklarheit, Terminplanung und Koordination von Gruppen (Ehrlenspiel, K. 1994) wäre ein allerdings angepasster Vorgehensplan auch in mittleren und kleinen Unternehmen nützlich.
Ein Vorgehensplan muss also produkt- und unternehmensspezifisch angepasst werden. Je nach auftretenden Konstruktionsarten wird er ohnehin nur teilweise durchlaufen.

2. Konstruktionsarten


Die Konstruktionsart gibt an, mit welcher Bearbeitungstiefe ein Produkt oder eine Baugruppe konstruktiv zu bearbeiten ist. Werden alle o.g. Konstruktionsphasen durchlaufen, so handelt es sich um die eher seltener vorkommende Neukonstruktion. Es wird dabei also eine neue prinzipielle Lösung (Konzept) gesucht und weiter bearbeitet. Ist das Konzept bekannt und wird nur das Entwerfen und Ausarbeiten durchlaufen, so spricht man von der Anpassungskonstruktion. Dabei wird die Gestalt an eine veränderte Aufgabenstellung angepasst. Wesentlich ist, dass das Klären der Aufgabenstellung (Anforderungsliste!) nicht vernachlässigt wird. Das gilt auch für die dritte Konstruktionsart, die Variantenkonstruktion. Hierbei wird auch der Entwurf im Wesentlichen beibehalten. Es werden vorrangig Maßänderungen vorwiegend zur Erfüllung nur quantitativ veränderter Kundenforderungen vorgenommen. Diese Konstruktionsart eignet sich besonders zum automatischen Konstruieren (Weinbrenner, V. 1993). Unter die Variantenkonstruktion fällt auch die Anwendung der Baureihen und Baukästen, während deren Entwicklung eher zur Anpassungskonstruktion zu zählen ist. Eine klare Trennung ist bei komplexen Produkten schwierig, da Teilumfänge in allen drei Konstruktionsarten vorkommen können.

III. Individuelles Problemlösen beim Konstruieren


1. Was ist ein Problem?


Konstruieren ist eine Mischung aus problemlösenden Denkvorgängen und Handlungen sowie aus Routinehandlungen. Probleme ergeben sich meist aus neuen zu lösenden Situationen. Das können konstruktive Sachprobleme (z.B. Verkleinerung einer an sich bekannten Baugruppe auf die Hälfte), aber auch z.B. Kosten- oder Organisationsprobleme sein.
Ein Problem liegt vor, wenn man ein Ziel erreichen will, jedoch nicht weiß, wie es erreicht werden kann (Unklarheit der Mittel) oder nicht genau weiß, wie das Ziel aussieht (Unklarheit des Ziels). Eine Routinehandlung dagegen ist dadurch gekennzeichnet, dass Mittel- und Zielklarheit vorhanden oder leicht zu erreichen sind. Die Konstruktionsmethodik oder, weiter gefasst, eine Produkterstellungsmethodik (Ehrlenspiel, K. 2003) beruht u.a. auf Angaben zum problemlösenden Denken, die sich insb. aus der Eigenart unseres Gedächtnisses ergeben.

2. Aufbau des Gedächtnisses


Die Forschung zum Aufbau des Gedächtnisses schreitet rasch voran; eine allg. anerkannte Theorie gibt es noch nicht. Eine weit verbreitete Modellvorstellung spricht von einem sensorischen Speicher, der die Vielfalt der Eingangssignale sortiert und nur wichtige speichert und weitergibt. Das Kurzzeitgedächtnis hat die Funktion eines relativ zum Langzeitgedächtnis stark begrenzten Speichers, und zwar eines Arbeitsspeichers. Dieser kann nur mit ca. sieben Denkeinheiten (»chunks«) tätig werden. Sind Denkvorgänge umfangreicher, muss Information z.B. – schriftlich oder skizzierend – ausgelagert und es muss »methodisch gearbeitet« werden, schrittweise und/oder nach Heuristiken wie: »Das Wichtigste zuerst«; »Pendeln zwischen Abstraktion und Konkretisierung«; »Pendeln zwischen dem Ganzen und dem Detail«; »Iteration zwischen Analyse und Synthese«. So ist manches uns selbstverständliche Denken und Arbeiten eine Art »Naturmethodik«, und wir können, wenn wir erfolgreich arbeiten, nicht anders als methodisch arbeiten.

3. Regelkreisartiges Problemlösen


Insb. das unbewusste Denken wird durch das TOTE(Test-Operate-Test-Exit)-Schema gesteuert, einen Regelkreis, der durch die Abfolge von »Test«-Phasen (Analyse) und »Operate«-Phasen (Synthese) geprägt ist. Aus diesem lässt sich der Problemlösungszyklus der Systemtechnik (Daenzer, W. F. 1999) oder der in Abb. 6 dargestellte Vorgehenszyklus ableiten, der bewusstes problemlösendes Denken unterstützt. Er besteht aus drei Grundschritten, die weiter unterteilt werden können: Aufgabe/Problem klären, Lösungen suchen und Lösung auswählen. Je nach Ergebnis sind Rücksprünge zu vorherigen Schritten nötig (Iteration).
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Abb. 6: Aus dem Problemlösungszyklus der Systemtechnik abgeleiteter Vorgehenszyklus für die Systemsynthese (Lösungssuche)
Ersetzt man den Begriff Lösung durch Hypothese, so ist der Vorgehenszyklus nicht nur für Synthese-Probleme (Lösung gesucht), sondern auch für Analyse-Probleme (Erkenntnis gesucht) verwendbar.
Der Vorgehenszyklus strukturiert nur das Vorgehen. Für konkrete Lösungen benötigt man zusätzliches Sachwissen und Methoden, die das Vorgehen unterstützen. Wenn die Aufgabe oder das Problem zu umfangreich wird, muss man – z.B. mit einem Vorgehensplan oder mit Methoden des Projektmanagements – weiter strukturieren. Der Vorgehenszyklus ist dann immer selbstähnlich in der Gesamtstruktur enthalten.

IV. Konstruktionsmanagement


Konstruktionsmanagement beinhaltet die Planung, Steuerung und Kontrolle des Konstruierens. Seine Wichtigkeit hat infolge der zunehmenden Bedeutung des Konstruierens und der Vermehrung des Mitteleinsatzes (CAD und CAE, Rapid Prototyping, Simulationen in der Produktion usw.) stark zugenommen (Derhake, T. 1994).
Die Effizienz der Konstruktionsarbeit wird neben Motivation und Qualifikation sehr durch den Einsatz

-

einer multidisziplinären Arbeitsmethodik,

-

eines Steuerungssystems für Termine, Projektkosten und Kapazitäten und

-

einer flexiblen Arbeitsorganisation


bestimmt.
Für die Arbeitsmethodik hat sich der in Abb. 5 dargestellte Vorgehensplan in Verbindung mit dem in Abb. 6 gezeigten Vorgehenszyklus bewährt. Darauf und auf eine Erzeugnisgliederung aufbauend können übersichtliche (PC-)Planungs- und Steuerungssysteme eingesetzt werden.

V. Kostengünstig konstruieren


Da sich weltweit der frühere Verkäufer- in einen Käufermarkt verändert hat, sind beim Konstruieren außer den – in Kap. II behandelten – Funktionen noch weitere kundenrelevante Eigenschaften wichtig geworden, wie z.B. hohe Qualität und geringe Kosten. Auch für die Erfüllung dieser Anforderungen empfiehlt sich eine multidisziplinäre Arbeitsweise in Teams. Es kommt darauf an, in frühen Phasen durch möglichst direkten Austausch jeweils relevanter Informationen spätere Nachbesserungen und Iterationen mit entsprechender Dokumentenflut und Terminverzögerungen zu vermeiden: »Von der arbeitsteiligen Teilnahmslosigkeit zur engagierten Gemeinschaft« (vgl. Abb. 7).
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Abb. 7: Von der arbeitsteiligen Teilnahmslosigkeit zur engagierten Gemeinschaft

1. Zielkostengesteuertes Konstruieren


Das eigentliche Ziel aller Tätigkeiten eines Unternehmens, auch der Konstruktion, ist die Sicherung des Gewinns. Dieser ergibt sich als Differenz zwischen Erlös und Kosten (und Kosteneinflussgrößen). Höhere Erlöse z.B. durch innovative Produkte, weniger Kosten durch Rationalisierung des Produkterstellungsprozesses und durch Verringerung der Produktkosten. Letzteres kann wieder auf zwei Wegen geschehen:

(a)

Verringerung der Produkt-Gesamtkosten (Life Cycle Costs) aus Sicht des Kunden; je nach Kostenstruktur (Abb. 8) kann eine Verringerung z.B. der Betriebskosten dabei viel mehr bringen als eine Verringerung des Produktpreises aufgrund geringer Herstellkosten.

(b)

Niedrighaltung der Herstellkosten von Anfang an; dabei wichtigste Maßnahme ist, entsprechend dem Ansatz des »Target Costing« (Ehrlenspiel, K./Seidenschwarz, W./Kiewert, A. 1994), ein Kostenziel aus dem Markt abzuleiten: »Wie viel darf das Produkt kosten?« lautet die zentrale Frage und nicht –  wie bisher weitgehend üblich – »Wie hoch sind die Kosten und damit der Angebotspreis des Produkts?« Dieses Ziel muss von der Geschäftsleitung vertreten und kontrolliert werden. Es muss auf Teilfunktionen oder Baugruppen aufgeteilt werden (Zielkostenspaltung) und für alle Abteilungen, insb. die Konstruktion, aber auch die Zulieferer maßgebend sein. Zur Zielerreichung müssen die im Folgenden behandelten Maßnahmen durchgeführt werden.


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Abb. 8: Struktur der Produkt-Gesamtkosten (Life Cycle Costs) für verschiedene Produkte

2. Konstruktionsbegleitende Information und Kalkulation


Entsprechend Abb. 9 links muss das sequenzielle Vorgehen – zunächst vollständiges Erstellen der Produktdokumentation in der Konstruktion, dann Weitergabe an die Fertigungsvorbereitung und Kalkulation zwecks Ermittlung der Fertigungstechnik und der Zeiten sowie Errechnung der Herstellkosten, schließlich (meist zu spät) Information der Konstruktion – aufgegeben werden. Dieser »lange Regelkreis« muss zugunsten eines »kurzen Regelkreises« mit direkter Kontaktnahme während des Konstruierens und mitlaufender Kalkulation verändert werden.
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Abb. 9: Kostenanalyse während der Konstruktion
Dafür gibt es außer der Teamarbeit in Simultaneous Engineering z.B. die institutionalisierte Fertigungs- und Kostenberatung durch die Fertigungsvorbereitung, die Kalkulation und den Einkauf (Ehrlenspiel, K./Kiewert, A./Lindemann, U. 2005) sowie die FMEA und die Wertanalyse. Es ist ferner vorteilhaft, wenn sämtliche Bauteile und Zukaufumfänge mit Arbeitsplan und Kosten bzw. Preisen aktuell vom Bildschirm abgerufen werden können. Suchsysteme für Wiederhol- und Ähnlichteile, die aus dem CAD (und CAE) heraus schnell und bildhaft arbeiten, sollten damit verbunden sein. Schließlich gibt es den »sehr kurzen Regelkreis« über die DV-Integration von CAD, Fertigungsplanerstellung, Zeit- und Kostenberechnung mit Rückmeldung auf den CAD-Bildschirm (Steiner, M./Schnitzlein, W./Ehrlenspiel, K. 1993).

3. Variantenmanagement


Eine der wesentlichen Ursachen zu hoher Kosten insb. im Gemeinkostenbereich ist die oft unkontrollierte Zunahme von Produktvarianten. Also Folge steigen Logistikkosten (und -leistungen) und Herstellkosten (»Losgröße 1«) an. Mittel zum Bedienen des Marktes mit nur den nötigen (und nicht den möglichen) Varianten sind z.B. VMEA (Schuh, G. 1989) und die systematische Produktstrukturierung, d.h. Teilefamilienbildung und die Einrichtung von Baureihen und Baukasten-Systemen (Pahl, G./Beitz, W./Feldhusen, J. et al. 2005; Ehrlenspiel, K./Kiewert, A./Lindemann, U. 2005).
Literatur:
Daenzer, W. F./Huber, F. : Systems Engineering, 10. A., Zürich 1999
Derhake, T. : »Effizientes Konstruktionsmanagement für neue Produkte«, Beitrag zur Erarbeitung einer Richtlinie VDI 2223 »Methodisches Gestalten«, Düsseldorf 1994
Ehrlenspiel, K. : Industrieprobleme in Entwicklung und Konstruktion sowie Folgerungen gemäß einer Umfrage, in: Konstruktion, 1994, S. 389 – 396
Ehrlenspiel, K. : Integrierte Produktentwicklung, 2. A., München 2003
Ehrlenspiel, K./Kiewert, A./Lindemann, U. : Kostengünstig Entwickeln und Konstruieren, 5. A., Berlin 2005
Ehrlenspiel, K./Seidenschwarz, W./Kiewert, A. : Target Costing, ein Rahmen für zielkostengesteuertes Konstruieren, in: Konstruktion, 1994, S. 245 – 254
Koller, R. : Konstruktionslehre für den Maschinenbau, 3. A., Berlin 1994
Pahl, G./Beitz, W./Feldhusen, J. : Konstruktionslehre, 6. A., Berlin 2005
Rodenacker, W. G. : Methodisches Konstruieren, 3. A., Berlin 1984
Roth, K. H. : Konstruieren mit Konstruktionskatalogen, 2. A., Berlin 1994
Schuh, G. : Gestaltung und Bewertung von Produktvarianten, Aachen 1989
Steiner, M./Schnitzlein, W./Ehrlenspiel, K. : Erfahrungen mit der Einführung wissensbasierter Erweiterungen eines CAD-Systems zur konstruktionsbegleitenden Kalkulation. VDI Berichte 1079, S. 33 – 57
VDI, : Richtlinie VDI 2225 Blatt 1 und 2: Technisch-wirtschaftliches Konstruieren, Berlin 1977
VDI, : Richtlinie VDI 2221: Methodik zum Entwickeln und Konstruieren technischer Systeme und Produkte, Berlin 1993
Weinbrenner, V. : Produktlogik als Hilfsmittel zum Automatisieren von Varianten- und Anpassungskonstruktionen, München 1993
Zangemeister, C. : Nutzwertanalyse in der Systemtechnik, München 1970
Zwicky, F. : Entdecken, Erfinden, Forschen im Morphologischen Weltbild, München et al. 1971

 

 


 

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