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Nachfragetheorie des Haushalts

Die Theorie des Haushalts geht der Frage nach, wie sich der private Haushalt (Haushalt) als Anbieter von Faktorleistungen und als Nachfrager nach Gütern und Dienstleistungen auf der Basis des Preissystems in das arbeitsteilige Wirtschaftssystem einfügt. Nun hängen zwar Angebot und Nachfrage des Haushalts eng miteinander zusammen, weil die Nutzenposition (Nutzen) des Haushalts  sieht man vom Vermögen ab  letztlich von der Aufteilung der verfügbaren Zeit auf Arbeitszeit (zwecks Einkommens- und damit Gütererwerbs) und Freizeit abhängt, doch wird die Faktorangebotstheorie meist getrennt behandelt. Methodisch hat dies zur Konsequenz, daß man in der N. für die betrachtete Periode von einem bereits determinierten Einkommen ausgeht. Bei der Analyse der Güternachfrage setzt man darüber hinaus meist eine gegebene Konsumsumme voraus, womit die Höhe der Sparsumme bereits festliegt, d.h. der Plan der intertemporalen Konsumoptimierung (Sparen, Vermögensaufbau in Form langlebiger Konsumgüter (Gut), (permanentes Einkommen) wird  u. zw. in Abstimmung mit der zeitlichen Struktur des Faktorangebotes  als schon fertiggestellt angesehen. Hat der Haushalt die Konsumsumme cH festgelegt und die Marktpreise p1, p2, ..., pn der in seinen Begehrskreis fallenden Güter q1, q2, ..., qn ermittelt, so kann er unter Berücksichtigung seiner Präferenzen den optimalen Konsumplan für die laufende Periode aufstellen. Da es hierbei um eine Analyse der kurzen Frist geht, wird die Präferenzstrukturdargestellt durch ein Indifferenzkurvensystem als gegeben angenommen. Handelt der Haushalt nun als Mengenanpasser ,d.h., betrachtet er die Güterpreise als Daten , so wird das Haushaltsgleichgewicht genau dann realisiert, wenn die Grenzrate der Substitution
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 zwischen zwei Gütern i und j mit dem Preisverhältnis
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 dieser Güter übereinstimmt, oder was auf das gleiche hinausläuft - wenn  
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 gilt, wobei U = F (q1, g2, ..., qi, ..., gj, ..., gn) die Nutzenfunktion darstellt.                                                                                                
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Letztere Bedingung ist gleichbedeutend mit:                       
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   d.h., die Grenznutzen des Geldes müssen im Sinne des
2. Gossenschen Gesetzes (Grenznutzenanalyse) ausgeglichen sein. In Fig. 1 ist der Sachverhalt für n = 2 Güter graphisch dargestellt. Dem Haushaltsgleichgewicht entspricht der Tangentialpunkt 
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  von Bilanzgerade g sie resultiert aus der Restriktion cH = p1q1 + p2q2 für den Fall, daß die Konsumsumme cH voll verausgabt wird  und der am weitesten vom Koordinatenursprung entfernt liegenden, jedoch gerade noch realisierbaren Indifferenzkurve. Mit
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  und 
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  ist die Güternachfrage des Haushalts bestimmt. Steigt oder fällt nun ceteris paribus (ceteris paribus-Klausel) die Konsumsumme cH (z.B. infolge einer Einkommensänderung), so verschiebt sich die Bilanzgerade parallel nach außen oder innen, und es resultieren andere Haushaltsgleichgewichte. Die Verbindungslinie dieser Optimalpunkte bezeichnet man als  Einkommen-Konsum-Kurve . Sie gibt Auskunft darüber, wie die Nachfragestruktur des Haushalts auf Einkommensvariationen reagiert.                        
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In Fig. 2 ist unterstellt, daß die mengenmäßige Nachfrage nach beiden Gütern zunimmt, wenn das Einkommen (bzw. die Konsumsumme) steigt, d.h., die  Einkommenselastizität         
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ist für beide Güter positiv. Man spricht von superioren Gütern (Gut),  wenn            
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 von relativ inferioren Gütern (Gut), falls            
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 absolut inferioren Gütern , wenn            
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gilt. Im letzteren Fall ergibt sich ein absoluter Rückgang der nachgefragten Menge bei steigendem Einkommen. Ändert sich ceteris paribus ein Güterpreis (und damit die Preisrelation), so dreht sich die Bilanzgerade  in Fig. 3 sind Variationen von p1 bei Konstanz von p2 dargestellt , und es entstehen ebenfalls neue Haushaltsoptima, deren Verbindungslinie man als  Preis-Konsum-Kurve   bezeichnet. Im Falle der Fig. 3 kann aus dieser Kurve abgelesen werden, daß die mengenmäßige Nachfrage q1 steigt, wenn der Preis p1 sinkt (Pfeilrichtung). Man spricht in diesem Falle von einer normalen Reaktion, weil eine "normale", d.h., von links nach rechts fallende, individuelle Nachfragefunktion resultiert (Fig. 4).                        
Nachfragetheorie des Haushalts

                       
Nachfragetheorie des Haushalts

Allgemein versteht man unter einer Nachfragefunktion eine funktionale Beziehung zwischen dem Preis eines Gutes und der Menge, die zu diesem Preis nachgefragt wird. Aus der individuellen Nachfragefunktion kann also abgelesen werden, wie der Haushalt auf Preisänderungen reagiert. Durch Aggregation der individuellen Nachfragefunktionen verschiedener Haushalte läßt sich dann die Funktion der Marktnachfrage gewinnen, die das Verhalten der Nachfragerschaft auf einem bestimmten Gütermarkt widerspiegelt. Mit Hilfe dieses analytischen Instruments läßt sich dann die Preisbildung erklären (Markttheorie). Der durch eine Preissenkung (Preiserhöhung) ausgelöste Übergang vom alten zum neuen Haushaltsoptimum kann als Konsequenz zweier Effekte gedeutet werden. Der Substitutionseffekt besagt, daß das relativ verbilligte (verteuerte) gegenüber dem relativ verteuerten (verbilligten) Gut verstärkt nachgefragt wird; er tritt bei "normalen", d.h. gegenüber dem Koordinatenursprung konvexen, Indifferenzkurven immer auf. (Bei strikt komplementären Gütern (Gut), also im Falle "rechtwinkliger" Indifferenzkurven  ist dieser Effekt per definitionem gleich Null). Der Einkommenseffekt hingegen umschreibt den Sachverhalt, daß eine Preissenkung (Preiserhöhung) real ganz ähnlich wirkt wie eine Erhöhung (Senkung) des Nominaleinkommens (Einkommen). Aufgrund dieses Effektes kann es folglich zur Mehrnachfrage (Mindernachfrage) auch bei denjenigen Gütern kommen, deren Preise sich nicht verändert haben. In diesem "Normalfall" verstärkt der Einkommenseffekt den Substitutionseffekt bei dem Gut, dessen Preis gesenkt (erhöht) worden ist, während er bei den übrigen Gütern dem Substitutionseffekt entgegenwirkt. Ob die Gesamtentwicklung positiv oder negativ ausfällt, hängt bei den letzteren Gütern somit von der relativen Stärke beider Effekte ab. In Fig. 3 ist unterstellt, daß der Einkommenseffekt des Gutes q2 den Substitutionseffekt überkompensiert, weil trotz Preissenkung (Preissteigerung) beim Gut 1 die nachgefragte Menge q2 steigt (sinkt). Kommen allerdings absolut inferiore Güter ins Spiel, so wechselt der Einkommenseffekt in bezug auf diese seine Wirkungsrichtung: Tritt eine Preissenkung (Preiserhöhung) bei dem absolut inferioren Gut selbst ein, so wirken nun Substitutions- und Einkommenseffekt in unterschiedlicher Richtung; überwiegt der letztere, kommt es zur anomalen Reaktion in der individuellen Nachfragefunktion, d.h., trotz sinkenden Preises nimmt die nachgefragte Menge ab (gestrichelte Linien in Fig. 3 und 4). Diese Konstellation ist als Giffen-Fall bekannt. Ergibt sich die Preissenkung (Preiserhöhung) hingegen bei einem anderen Gut, so wirken bei dem absolut inferioren Gut Einkommens- und Substitutionseffekt in die gleiche Richtung. In der N. werden schließlich Effekte analysiert, die auf Interaktionsprozessen zwischen den Nachfragern beruhen: So werden manche Güter erst gekauft, weil andere sie auch kaufen (Mitläufereffekt), bzw. nicht mehr gekauft, gerade weil andere sie kaufen (Snobeffekt), bzw. wird ein Gut gerade deshalb gekauft, weil es  wie im Falle des Vebleneffektes zu einem hohen Preis angeboten wird (Geltungskonsum). Neuere Ansätze der N. betonen die aktive Rolle des Haushalts als "Produzent": So wähle er nicht schlicht Güter aus, sondern kombiniere relevante Gütereigenschaften bzw. bringe als zusätzlichen "Produktionsfaktor" die für den Konsum von Gütern notwendige Konsumtionszeit ein, so daß der Nutzen von ihm erst "produziert" werde.

Literatur: U. Fehl/P. Oberender, Grundlagen der Mikroökonomie.
5. A., München 1992. W. Hoyer/R. Rettig, Grundlagen der mikroökonomischen Theorie.
2. A., Düsseldorf 1984. A. Woll, Allgemeine Volkswirtschaftslehre.
9. A., München 1987.

 

 


 

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