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Nachkauf-Marketing

Es entspricht der Managementphilosophie des Marketing, dass die Probleme, Wünsche und Bedürfnisse aktueller und potentieller Kunden am Anfang aller Überlegungen stehen. Gleichermaßen überrascht es jedoch, dass insbesondere im Bereich des Konsumgütermarketing der Kundenzufriedenheit nach einem Kauf vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit in Theorie und Praxis gewidmet wird.



Die zunehmende Homogenität der Produkte in Leistung, Qualität und Design, Lebensdauer und Preis in Verbindung mit einer steigenden Serviceorientierung der Konsumenten führt in vielen Angebotsbereichen dazu, dass aus der Perspektive des Kunden die Gestaltung der Nachkaufphase ein wichtiges Differenzierungskriterium darstellt. Umfassende und zuverlässige Serviceleistungen, die Berücksichtigung spezieller Kundenwünsche sowie die Erhöhung des Verbrauchsnutzens der Produkte dienen der Profilierung und Schaffung von Wettbewerbsvorteilen. Darüber hinaus kann die sorgfältige Gestaltung der Nachkaufphase dazu beitragen, den durch den Wettbewerbsdruck stark eingeschränkten preispolitischen Spielraum bei Produkten zu erhöhen, denn der Marktwert der Hauptleistung steigt mit der Güte seiner Zusatzleistungen.



Die Erhaltung und Steigerung der Kundenzufriedenheit und damit die langfristige Kundenbindung stellen in zunehmend engeren Märkten mit differenzierten Kundenansprüchen zentrale Herausforderungen an das Marketing dar. Ist die Gewinnung von Neukunden auch weiterhin von hoher Bedeutung, wird es immer wichtiger, bestehende Kunden zu halten und diese in ihrem Ertragspotential für das Unternehmen zu steigern. Der Ertragswert eines Kunden ist bei ausschließlicher Betrachtung des Erstkaufs nur relativ gering. Sein Ertragspotential kann erst durch langfristige Kundenbindung ausgeschöpft werden. Findet darüber hinaus die Tatsache Berücksichtigung, dass die Kosten der Neukundenakquisition im Schnitt etwa das Fünffache jener Kosten betragen, die für die Pflege von Altkunden aufzubringen sind, wird die Bedeutung der Nachkaufphase und damit eines eigenständigen Nachkauf-Marketing besonders deutlich.



Die Konsumentenzufriedenheit gibt die Übereinstimmung zwischen den subjektiven Erwartungen und der tatsächlich erlebten Motivbefriedigung bei Produkten oder Dienstleistungen wieder. Für die Marketingtreibenden sind vor allem die Konsequenzen von Bedeutung, die die Konsumenten aufgrund ihrer subjektiv wahrgenommenen Übereinstimmung bzw. Dispariät zwischen Erwartungen und tatsächlich Erreichtem ziehen. Im Falle einer hohen Konsumentenzufriedenheit ist die Grundlage für eine Kundenbindung bzw. Kundentreue an die Marke oder die Unternehmung gegeben. Im Falle einer Unzufriedenheit von Konsumenten bestehen zwei Möglichkeiten der nicht erlebten Bedürfnisbefriedigung. Die Konsumenten können beispielsweise zur Konkurrenz (still) abwandern (Unvoiced Complaints) und/oder ihren Widerspruch über die nicht erlebte Bedürfnisbefriedigung gegenüber den Marktbeteiligten oder anderen Personen und Institutionen zum Ausdruck bringen (z. B. durch Beschwerden).



In diesem Kontext werden die Ziele des Nachkauf-Marketing besonders deutlich: Eine hohe Nachkauf- und Beschwerdezufriedenheit in Verbindung mit hoher Kundenloyalität und positiver Mund-zu-Mund-Kommunikation im Sinne psycho-graphischer Ziele, aus der die ökonomischen Ziele hohe Folge-und Wiederkaufraten und die maximale Ausschöpfung des Kundenertragspotentials resultieren. In diesen Zielen spiegelt sich auch die inhaltliche Nähe des Nachkauf-Marketing zu den Konzepten des Relationship Marketing bzw. des Beziehungsmanagement und des Retention Marketing wider.



Eine zentrale Aufgabe des Nachkauf-Marketing besteht demzufolge darin, eine adäquate Informationsbasis zu schaffen, die einen effizienten Einsatz des Marketinginstrumentariums garantiert. Hierzu ist eine sorgfältige Analyse des Nachkaufverhal-tens der Konsumenten und eine Bewertung des bestehenden Kundenstammes erforderlich. Insbesondere eine nachkaufori-entierte Marktsegmentierung, die geographische (z. B. Größe der Städte), demographische (z. B. Einkommen und Alter) sowie psychographische Kriterien (z. B. Erwartungen, Einstellungen und Nutzungsverhalten der Konsumenten) beinhaltet, liefert wichtige Grundlagen für eine zielgruppenspezifische Marktbearbeitung in der Nachkaufphase.



Für die Gestaltung des Nachkauf-Marketing-Mix sind die Instrumente von besonderer Bedeutung, deren Wirkung sich in der Nachkaufphase entfaltet. Hier kommen insbesondere der Nachkaufservice, das Beschwerdemanagement sowie die Nach-kaufkommunikation und der Bereich der Redistribution in Betracht ( 19).



Der Nachkaufservice ist Bestandteil der unternehmerischen Kundendienstpolitik. Die Ausgestaltung hat in Abhängigkeit des Ertragspotentials und des Servicebedarfs der Kundensegmente zu erfolgen. Wird eine Unterscheidung in Muß-Leistungen (z. B. Garantieleistungen), in Soll-Leistungen (z. B. Reparaturen) und Kann-Leistungen (z. B. Wartungsverträge) vorgenommen, bieten insbesondere Kann-Leistungen - i. S. von relevantem Zusatznutzen - Profilierungsmöglichkeiten gegenüber Wettbewerbern.



Ein zentraler Bestimmungsfaktor der Kundenzufriedenheit ist das Auftreten von Kundenproblemen und die Beschwerdeführung von Konsumenten. Häufig stellen die an ein Unternehmen gerichteten Beschwerden nur die „ Spitze eines Eisberges “ dar. Durch eine positive Einschätzung von Beschwerdeinformationen sowie die systematische Sammlung und Auswertung von Kundenproblemen besteht einerseits die Möglichkeit, Informationsvorteile ( i.S.v. Frühwarnsignalen) zu erzielen und andererseits die Kundenbindung durch Schaffung von Beschwerdezufriedenheit zu erhöhen.



Der Nachkaufkommunikation kommt die Aufgabe zu, etwaig bestehende Nachkaufdissonanzen abzubauen und die Versorgung mit nutzungserleichternden Informationen zu gewährleisten. Auch hier gilt es, das Instrumentarium den segmentspezifischen Bedürfnissen entsprechend zu gestalten und den Aufbau langfristiger Kundenbeziehungen, insbesondere durch den Einsatz interaktiver Kommunikationsmedien (z. B. Service 130), sicherzustellen.



Das steigende Umweltbewußtsein der Nachfrager und der zunehmende Druck externer Anspruchsgruppen (z. B. Gesetzgeber) führt dazu, dass sich die Unternehmen verstärkt mit den Aspekten der Redistribution auseinandersetzen. Besonders bei den ökologieorientierten Konsumenten bieten Kann-Leistungen in diesem Bereich Profilierungsmöglichkeiten gegenüber den Wettbewerbern.



Im Bereich der Kontrahierungspolitik ist insbesondere die Gestaltung der Konditionen für das Nachkauf-Marketing von Bedeutung. Geeignete Instrumente sind z. B. der Probekauf, kundenindividuelle Finanzierungsmöglichkeiten sowie freiwillige Garantien und Treue-Rabatte.



Zur Koordination der Analyse und Gestaltung der Hersteller-Kunden-Beziehung in der Nachkaufphase ist der Aufbau und die kontinuierliche Pflege einer Datenbank mit den kundenrelevanten Informationen sinnvoll (Databasemanagement). In diesem Zusammenhang stellt beispielsweise die Kundenkarte eine geeignete Informationsquelle dar, da sie die Daten über das individuelle Kaufverhalten der Konsumenten speichert. Darüber hinaus ist auch die Einrichtung einer Beschwerde- bzw. Verbraucherabteilung in Erwägung zu ziehen, da diese für einen interaktiven Kontakt mit dem Kunden sehr förderlich ist.



Das Nachkauf-Marketing ist somit ein wichtiger Bestandteil einer unternehmensübergreifenden Marketingkonzeption durch dessen gezielten Einsatz eine hohe Kundenbindung erreicht und somit die Wettbewerbsfähigkeit einer Unternehmung langfristig abgesichert werden kann.


 

 


 

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