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Zahlungsbilanz

Gegenüberstellung der Zahlungen, die eine Volkswirtschaft in einer Zeitperiode an das Ausland leistet, und der Zahlungen, die sie vom Ausland empfängt. Sie wird in folgende Teilbilanzen gegliedert:

- Leistungsbilanz: Umfaßt den Import und Export von Waren (Handelsbilanz) und Dienstleistungen (Dienstleistungsbilanz) sowie die sog. unentgeltlichen Übertragungen (Übertragungsbilanz).

- Kapitalbilanz: Gegenüberstellung der Kapitaleinfuhr und Kapitalausfuhr.

- Devisenbilanz: Gibt die Veränderungen der Währungsreserven an.





1. Als Z. eines Landes bezeichnet man ein (Konten-)System zur Verbuchung aller in einem bestimmten Zeitraum angefallenen ökonomischen Transaktionen zwischen in- und ausländischen Wirtschaftssubjekten . Leistungen und Gegenleistungen werden dabei  je nach ihrem ökonomischen Charakter  zunächst auf entsprechenden Teilbilanzen verbucht, die dann zur Z. zusammengefaßt werden: Aus der Handelsbilanz als der wertmäßigen Gegenüberstellung von Warenein- und -ausfuhr ergibt sich durch Zusammenfassung mit der analog definierten Dienstleistungsbilanz die Leistungsbilanz i.e.S. bzw.  nach Einbeziehung der (monetären oder realen) unentgeltlichen Übertragungen zwischen In- und Ausländern  die Leistungsbilanz i.w.S. (= Bilanz der laufenden Posten). Änderungen bei den Auslandsforderungen und -verbindlichkeiten ("Kapitalex- bzw. importe") werden in der Kapitalbilanz (genauer: Bilanz des Kapitalverkehrs) erfaßt, die entweder als Kapitalbilanz i.e.S. oder  bei Einbeziehung des durch die "offiziellen" Gold- und Devisenbestände der Währungsbehörden repräsentierten Saldos der liquiden Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausland ("Gold- u. Devisenbilanz ")  als Kapitalbilanz i.w.S. definiert werden kann. Daneben wird unter dem Aspekt der Fristigkeit zwischen einer lang- und einer kurzfristigen Kapitalbilanz unterschieden, die im Bedarfsfall nach weiteren ökonomischen oder institutionellen Kriterien gegliedert werden können.
2. Bei der Verbuchung einzelner Transaktionen innerhalb dieses Systems von Teilbilanzen werden Vorgänge, die einen Zahlungszustrom (-abfluß) bewirken oder  wie im Fall der unentgeltlichen Lieferungen  zumindest bewirken könnten, als Credit- (Debet-) Posten ausgewiesen, wobei sich aber  anders als in der betriebswirtschaftlichen Buchführung  die doppelte Verbuchung jeder Transaktion erst aus der Erfassung von Leistung und Gegenleistung und nicht aus dem Prinzip von Buchung und Gegenbuchung ergibt. Aus diesem Prinzip der selbständigen Erfassung von Leistung und Gegenleistung folgt, daß jede außenwirtschaftliche Transaktion grundsätzlich mit einer Debet- und einer Credit-Buchung in der Z. erscheint, wobei aber Bestandsveränderungen  wie das Beispiel der Gold- u. Devisenbilanz zeigt gegebenenfalls auch als negativer Buchungsposten auf der "anderen" Seite der Bilanz erfaßt werden können: Warenimporte gegen Bezahlung in ausländischer Währung haben beispielsweise in der Handelsbilanz ("Warenimport") und in der Gold- und Devisenbilanz ("Abnahme des Devisenbestandes") Debet- Buchungen mit entgegengesetzten Vorzeichen zur Folge, während die Schenkung von Waren im Rahmen der Entwicklungshilfe auf der Credit-Seite der Handelsbilanz und Debet-Seite der Bilanz der unentgeltlichen Übertragungen zu verbuchen ist. Sämtliche Handels- und Übertragungsvorgänge berühren, sofern sie nicht als realwirtschaftliche Tauschakte vollzogen werden, grundsätzlich sowohl die Leistungs- als auch die Kapitalbilanz (i.w.S.), wobei zur Wahrung des Prinzips der dopelten Verbuchung die Übertragungsbilanz innerhalb dieses Systems dazu dient, die fiktive Gegenleistung für eine (reale oder monetäre) unentgeltliche Übertragung verbuchen zu können. Hier offenbart sich die Tatsache, daß sowohl Leistungen als auch Gegenleistungen letztlich nur in realer Form, d.h. durch Waren oder Dienstleistungen erbracht werden können. Finanzielle Leistungen sind dagegen stets nur vorläufiger Natur, indem sie (später zu realisierende) Ansprüche auf reale Leistungen begründen, die definitionsgemäß in der Kapitalbilanz zu verbuchen sind.
3. Wenn auch die Z. eines Landes somit theoretisch stets ausgeglichen ist, so ist in der Praxis dennoch ein sog. " Restposten " ("errors and omissions") zum buchungstechnischen Ausgleich der Z. erforderlich. Hierfür sind vor allem statistische Ermittlungsfehler und institutionell bedingte Schwierigkeiten bei der periodengerechten und/od. vollständigen Erfassung einzelner Vorgänge verantwortlich. Fallen beispielsweise bei einzelnen Transaktionen Leistung und Gegenleistung in verschiedene Erfassungszeiträume, so ist der automatische buchungstechnische Ausgleich der Z. nicht mehr gewährleistet, doch ist andererseits angesichts der Möglichkeit von sich ganz oder teilweise kompensierenden Ermittlungsfehlern die Höhe des Restpostens kein sicheres Indiz für die Genauigkeit der Z.-statistik. Immerhin sind aber auffällige Schwankungen des Restpostens als möglicher Hinweis auf Veränderungen der terms of payment aufschlußreich. Institutionelle Aspekte des internationalen Währungssystems finden ihren Niederschlag im " Ausgleichsposten zur Auslandsposition der Deutschen Bundesbank ", der die Erfassung aller nicht aus dem Leistungs- und Kapitalverkehr resultierenden Veränderungen in Umfang und Wert der "offiziellen" Gold- und Devisenreserven (Zuteilung von Sonderziehungsrechten des Internationalen Währungsfonds , Neubewertung der Währungsreserven nach Auf - od. Abwertung) zum Ziel hat.
4. Vor dem Hintergrund des grundsätzlichen buchungstechnischen Ausgleichs der Z. kann der Begriff des Z. (un)gleichgewichts nicht auf den Saldo der Z. selbst, sondern nur auf den Saldo einer oder mehrerer (zusammengefaßter) Teilbilanzen abzielen. Sieht man einmal von der gelegentlichen Verwechslung von Handels- und Zahlungsbilanz ab, so steht hier meist die in der Gold- und Devisenbilanz erfaßte Zu- oder Abnahme der offiziellen Währungsreserven im Vordergrund, und das Z.-gleichgewicht erweist sich insoweit als Gleichgewicht eines von Stabilisierungsinterventionen (Intervention) freien Devisenmarktes . Kritisch wird hier jedoch eingewandt, daß beispielsweise verzinsliche Einlagen der Notenbank bei ausländischen Banken in neuerer Zeit immer häufiger an die Stelle von Devisenzuflüssen treten und daß Devisenabflüsse im Gefolge einer internationalen Kreditgewährung der heimischen Notenbank in ihrer ökonomischen Bedeutung nicht mit Devisenverlusten aus Leistungsbilanzdefiziten gleichzusetzen sind. Die Bilanz der offiziellen Ausgleichsoperationen geht daher über die Gold- u. Devisenbilanz hinaus und stellt den Saldo aller Transaktionen der nationalen Währungsbehörden als Indikator des Z.-gleichgewichts in den Vordergrund. Nachdem aber auch die im Privaten Sektor vorhandenen (und in der Gold- u. Devisenbilanz somit nicht ausgewiesenen) liquiden Auslandsforderungen und -verbindlichkeiten den außenwirtschaftlichen Liquiditätsstatus eines Landes bestimmen, wird vielfach auch die Liquiditätsbilanz (= Zusammenfassung von Leistungsbilanz i.w.S., langfristiger Kapitalbilanz und kurzfristigem Kapitalverkehr der Privaten Nichtbanken) als Orientierungsgröße vorgeschlagen. Bei beiden Z.-konzeptionen, aber auch bei der auf die strukturell angelegten Außenwirtschaftsbeziehungen gerichteten " Grundbilanz " und der vom Internationalen Währungsfonds vorgeschlagenen Unterscheidung zwischen autonomen und (von der Lage der Z.) induzierten Transaktionen zeigt sich freilich nicht selten die Unzuverlässigkeit einer ökonomisch-inhaltlichen Interpretation formaler Unterscheidungskriterien. Diese lassen nämlich den ökonomischen Charakter eines außenwirtschaftlichen Vorgangs nicht immer zutreffend erkennen und bewirken so u.U. genau jene verfälschte Beurteilung der außenwirtschaftlichen Situation, die den Anlaß zu einer Neuorientierung der (Un)Gleichgewichtskonzeptionen liefert.
5. Eine kreislauftheoretische Darstellung einzelner Teilbilanzen der Z. macht deutlich, weshalb der Begriff des Z.-(un)gleichgewichts trotz definitorischer Schwierigkeiten bei der theoretischen Analyse und der wirtschaftspolitischen Beurteilung außenwirtschaftlicher Verflechtungen eine zentrale Rolle spielt. Zum einen liefert die Erweiterung der für eine geschlossene Volkswirtschaft gültigen Volkseinkommensgleichung Y = C + I um den Saldo aus Exporten (X) und Importen (Im) wichtige Rückschlüsse auf die Voraussetzungen und Konsequenzen eines überschüssigen oder defizitären Außenhandels: Eine Verminderung der heimischen Absorption A (= C + I) erweist sich angesichts der Beziehung Y - A = X - Im als unerläßliche Voraussetzung des Abbaus von Importüberschüssen und handelsbedingten Z.-defiziten. Zugleich findet das Prinzip des gegenseitigen Ausgleichs aller Teilbilanzen seine Entsprechung in der kreislauftheoretischen Erkenntnis, daß dem Saldo des Außenhandels (X - Im) eine entsprechende (positive oder negative) Differenz von inländischer Ersparnis und Investition entspricht, die als "net foreign investment" im Saldo der Kapitalbilanz (i.w.S.) ihren Ausdruck findet. Die (positive oder negative) Geldvermögensbildung einer offenen Volkswirtschaft  so lautet die Schlußfolgerung  wird vom Saldo der Kapitalbilanz beschrieben und bildet das wertmäßige Äquivalent für die durch Handelsbeziehungen begründeten Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausland. Zum anderen läßt die Volkseinkommensgleichung Y = C + I + X - Im die Bedeutung des Außenbeitrags (X - Im) für die Entstehung und Entwicklung des Sozialprodukts deutlich zutage treten und macht auf diese Weise die Verflechtung zwischen außen- und binnenwirtschaftlicher Entwicklung deutlich.

Literatur: H. Adebahr, Währungstheorie und Währungspolitik. Berlin 1978. E. Bechler, Geld und Währung. München 1981. K. Rose, Theorie der Außenwirtschaft,
8. A., München 1981.

 

 


 

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