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Product Placement


Inhaltsübersicht
I. Begriffliche Grundlagen und gegenwärtige Bedeutung
II. Rahmenbedingungen
III. Werbewirkung und Erfolgsmessung
IV. Anwendungsempfehlungen und Zukunftsaspekte

I. Begriffliche Grundlagen und gegenwärtige Bedeutung


Product Placement ist eine Kommunikationsmaßnahme, bei der ein Produkt oder ein anderes Leistungsangebot in die Handlung eines Kinofilms, eines Rundfunkprogramms oder einer anderen medialen Darbietung integriert wird. Vom rein dramaturgisch bedingten Requisiteneinsatz hebt sich Product Placement durch die werbliche Intention, die jedoch vom Empfänger nicht durchschaut werden soll, und die Kooperation zwischen Produzent und werbendem Unternehmen ab. Als Replacement bezeichnet man die Verhinderung einer Platzierung, um eine befürchtete negative Werbewirkung zu vermeiden.
Product Placement wird in den USA seit den 1920er-Jahren zunächst vereinzelt, seit den 1980er-Jahren verstärkt und in letzter Zeit massiv eingesetzt. So hat das Marktforschungsinstitut Nielsen Media für das erste Quartal 2005 in den Top-10-TV-Programmen 12.867 Product Placements gezählt. Im Vergleich dazu wird diese Kommunikationsform in Deutschland immer noch selten eingesetzt. Neben Markenprodukten und Dienstleistungen aus dem Konsumgüterbereich erfolgt auch die Platzierung geografischer Regionen (Tourismuswerbung), spezieller Themen oder unmarkierter Produkte. Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf Placements in Kinospielfilmen bzw. Fernsehprogrammen, da diesen die weitaus größte Bedeutung zukommt. Product Placements können in unterschiedlichen Erscheinungsformen auftreten, die sich wie in Abb. 1 klassifizieren lassen.
Product Placement
Abb. 1: Erscheinungsformen des Product Placements
Verlässliche Zahlen über das Marktvolumen des Product Placements liegen nur in geringem Umfang vor. Laut einer Studie des Forschungsinstituts PQ Media betrugen die Ausgaben in den USA im Jahr 2004 3,46 Mrd. Dollar, davon entfielen 54% auf Fernsehprogramme und 36% auf Kinofilme. Mit durchschnittlichen jährlichen Steigerungen von über 16% sind die Ausgaben in den USA von 1999 bis 2004 im Vergleich zur klassischen Werbung sehr stark gestiegen. In Deutschland werden nach Schätzungen jährlich über 500 Mio. Euro für Product Placement aufgewendet.
Innerhalb der Kommunikationspolitik wird Product Placement zumeist dem Marketing-Instrument Werbung zugeordnet, z.T. auch als Public Relations- oder sog. Publicity-Maßnahme eingestuft. Da einer (i.w.S.) finanziellen Zuwendung eine kommunikative Gegenleistung folgt, kann Product Placement als eine Spezialform des Sponsoring aufgefasst werden, obwohl im Gegensatz zum klassischen Sponsoring die werbliche Absicht nicht offen zutage tritt. Mit dem Hinweis, bei Product Placement handele es sich um einen notwendigen Requisiteneinsatz, versuchen einige Autoren Product Placement von Schleichwerbung abzugrenzen und damit seine vermeintliche Rechtmäßigkeit zu begründen. Geht man allerdings von der weit verbreiteten Definition aus, nach der Schleichwerbung durch die mangelnde Transparenz der werblichen Intention charakterisiert ist, muss Product Placement als eine Form der Schleichwerbung eingestuft werden. Sofern mit dem Begriff Schleichwerbung die Mediennutzung für werbliche Zwecke ohne Entgelt kennzeichnet wird, stellen zumindest die Platzierungen Schleichwerbung dar, für die lediglich der Produzent und nicht das übertragende Medium Zuwendungen erhält.

II. Rahmenbedingungen


1. Rechtliche Grenzen


Für das Product Placement in Rundfunkprogrammen ergeben sich in Deutschland Grenzen vor allem aus medienrechtlichen Vorschriften. So schreibt der Staatsvertrag für den Rundfunk eine Kennzeichnung der Werbung sowie ihre deutliche Trennung vom übrigen Programm vor und verbietet eine Beeinflussung des Programmteils durch Werbung. Auch die Regelungen über Block- und Unterbrecherwerbung sowie zeitliche Werbebeschränkungen gelten für Product Placements. Aus diesen Vorschriften ergibt sich die rechtliche Unzulässigkeit aller dramaturgisch nicht notwendigen Platzierungen. Selbst bei einem künstlerisch notwendigen Requisiteneinsatz wird nur die leihweise Überlassung von Produkten ohne jede Bedingung als im Einzelfall vertretbar angesehen. Zur Beseitigung von Rechtsunsicherheiten und zur Schaffung gleicher rechtlicher Bedingungen innerhalb der EU ist im Rahmen der Revision der EU-Richtlinie „ Fernsehen ohne Grenzen “ eine Legalisierung des Product Placements geplant.
Zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Placements in anderen Medien kann insb. das Wettbewerbsrecht herangezogen werden. Sofern kein Hinweis auf die Annahme von Werbegeldern erfolgt, lässt sich die Sittenwidrigkeit von Platzierungen mit der Täuschung der Zuschauer über die werbliche Zielsetzung begründen. Bisher ist es nur in wenigen Fällen zur gerichtlichen Durchsetzung von Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen gekommen. Trotzdem sind mit der rechtlichen Unzulässigkeit Risiken verbunden, da sie die gerichtliche Durchsetzung von Product-Placement-Verträgen verhindern kann.

2. Elemente des Product-Placement-Marktes


Als Anbieter von Product Placements sind alle potenziellen Film- oder Fernsehproduzenten anzusehen. Die Kooperation zwischen nachfragenden Unternehmen und Anbietern erfolgt zumeist nicht direkt, sondern über Agenturen. Neben klassischen Werbeagenturen und Sonderabteilungen der Produktionsgesellschaften treten vor allem Spezialagenturen als Mittler auf. Während in Deutschland hauptsächlich Platzierungen in einzelnen Produktionen auf Provisionsbasis vermittelt werden, betreiben in den USA viele Agenturen ein Warenlager, aus dem die Produzenten Produkte ausleihen können. In diesem Fall wird ein fixer Betrag für eine bestimmte Mindestpräsenz eines Produkts in verschiedenen Produktionen verlangt.

3. Kosten und Reichweiten


Die Kosten von Product Placements hängen von der Programmkategorie, den Darstellern, der voraussichtlichen Reichweite, der Sendezeit und der Dauer der Platzierung ab, wobei objektive Kriterien für eine Preisbemessung fehlen. Neben finanziellen Zuwendungen an die Produktionsgesellschaft, der Provision für die Agentur bzw. der Pauschale an den Warehousevermittler kann auch die Zurverfügungstellung von Produkten oder Dienstleistungen Kosten verursachen. Es liegen nur wenige verlässliche Zahlen über die Kosten vor. Die Angaben schwanken zwischen 5.000 Euro für Platzierungen in deutschen Fernsehserien bis zu 35 Mio. Dollar für Placements in publikumsstarken Kinofilmen.
Ein entscheidender Vorteil des Product Placements ist in den potenziell sehr hohen Reichweiten zu sehen. So haben die quotenstärksten deutschen Fernsehspielfilme bzw. Fernsehserien über 11 Mio. bzw. bis zu 8 Mio. Zuschauer. Bei Kinofilmen erreicht allerdings ein Großteil der Produktionen weniger als 50.000 Zuschauer und nur in Ausnahmefällen werden bei deutschen Produktionen 3 Mio. und bei internationalen 10 Mio. Zuschauer überschritten. Diese zuschauerstarken Produktionen haben, bedingt durch Zweitauswertungen, zumeist noch höhere Bruttoreichweiten.
Durch Product Placements können Zielgruppen anvisiert werden, die bedingt durch ihre negative Werbeeinstellung oder aufgrund von Werbebeschränkungen sonst nicht erreichbar sind. Allerdings ist nur selten mit einer Übereinstimmung zwischen Zielgruppe und Nutzerkreis zu rechnen, sodass oft hohe Streuverluste entstehen. Weiterhin sind die Reichweiten insb. bei Kinofilmen ex ante kaum zuverlässig zu schätzen. Selbst bei Fernsehserien mit relativ stabilen Zuschauerzahlen können außergewöhnliche Konkurrenzprogramme zu Reichweiteneinbrüchen führen. Da deshalb die Berechnung des Tausenderpreises Probleme bereitet, die Platzierungen sich in ihrer Art und Dauer stark unterscheiden und Mehrfachkontakte nicht abschätzbar sind, ist ein Wirtschaftlichkeitsvergleich mit anderen kommunikativen Maßnahmen kaum möglich.

III. Werbewirkung und Erfolgsmessung


1. Mögliche Wirkungen des Product Placement


Prinzipiell liegen gute Voraussetzungen für eine der klassischen Werbung  überlegene Wirkung von Product Placements vor: Wegen der Einbindung in das Programm besteht keine Zapping-Gefahr, die Aktivierung der Empfänger ist infolge des größeren Programminteresses und speziell in spannenden Handlungssequenzen erheblich höher als bei reinen Werbesendungen, die Präsentation des Produkts erfolgt in einem weitgehend konkurrenzlosen Umfeld, und aufgrund der Täuschung der Zuschauer über die werbliche Intention entstehen kaum Reaktanzprobleme.
Die bisher vorliegenden wissenschaftlichen Analysen der psychischen Wirkungsprozesse beim Product Placement zeigen jedoch, dass die Platzierungen sich in ihren Wirkungen sehr stark unterscheiden können. So hängt es neben dem Produktinvolvement des Empfängers in hohem Maße vom Grad der Programmintegration der Platzierung ab, inwieweit sich die höhere Aktivierung in placementgerichteter Aufmerksamkeit niederschlägt. Während bei Creative Placements i.A. von einer hohen placementgerichteten Aufmerksamkeit ausgegangen werden kann, muss bei On-Set-Placements damit gerechnet werden, dass ihnen nur geringe Aufmerksamkeit entgegengebracht wird und sie nicht ausreichend beachtet werden.
Häufig wird unterstellt, Product Placement sei zur Vermittlung emotionaler Erlebniswerte gut geeignet, sofern das Produkt in einer passenden Handlungssequenz platziert werde. Dabei wir jedoch nicht beachtet, dass eine emotionale Konditionierung i.A. nur mit Wiederholungskontakten zu erreichen ist. Bei Einzelproduktionen werden die geeigneten Szenen dazu zumeist nicht ausreichen, oder es ist wegen der auffallenden Häufigkeit der Platzierung mit Reaktanzreaktionen zu rechnen. Die Schaffung eines emotionalen Erlebnisprofils dürfte daher vornehmlich mit regelmäßigen Placements in Fernsehserien möglich sein.
Inwieweit mit Product Placements eine Veränderung der kognitiven Einstellungskomponente bewirkt werden kann, hängt stark von der Leitbildeignung des Darstellers ab, in dessen Umfeld das Produkt platziert wird. Nur bekannte Darsteller mit einer hohen Beliebtheit können sog. Identifikationsprozesse auslösen. Dabei ändert der Zuschauer seine Produkteinstellung, um dem Leitbild ähnlich zu sein. Da Product Placements gut dazu geeignet sind, Produkteigenschaften zu veranschaulichen, kann es auch zu sog. Internalisierungsprozessen kommen. Bei der Internalisierung ergibt sich eine Einstellungsänderung aufgrund der kognitiven Einsicht in die Vorteilhaftigkeit des Produkts. Eine derartige Internalisierung wird durch eine hohe Glaubwürdigkeit des Kommunikators erleichtert. Diese hängt von der dem Schauspieler zugeschriebenen Produktkompetenz und seiner Vertrauenswürdigkeit ab. Sofern bei einer zu massiven Platzierung die Beeinflussungsabsicht deutlich wird, wirkt sich dies negativ auf die Vertrauenswürdigkeit aus und behindert einen Beeinflussungserfolg. Zu beachten ist weiterhin, dass das Leitbildpotenzial eines Darstellers nicht nur von seinen individuellen, sondern auch von den rollenspezifischen Eigenschaften bestimmt wird.
Voraussetzung für einen Beeinflussungserfolg sowohl durch emotionale Konditionierung als auch durch Identifikation bzw. Internalisierung ist die Wahrnehmung einer engen Verbindung zwischen Darsteller und Produkt, die nur bei Creative Placements gegeben ist. Bei On-Set-Placements wird sich die Werbewirkung deshalb selbst bei einer ausreichenden Beachtung des Produkts in den meisten Fällen auf eine Erhöhung des Bekanntheitsgrads beschränken.

2. Probleme der Wirkungskontrolle


Bisher liegen nur wenige empirische Untersuchungen mit zum Teil erheblichen methodischen Mängeln zur Wirkung von Product Placements vor. Die geringe Zahl an Wirkungsmessungen ist auf verschiedene Probleme bei der Wirkungskontrolle von Product Placements zurückzuführen: Mit apparativen Verfahren wie der Blickregistrierung oder der Hautwiderstandsmessung können zwar die placementgerichtete Aufmerksamkeit und die ausgelösten Emotionen erfasst werden. Es besteht jedoch die Gefahr, dass die Versuchspersonen aufgrund der künstlichen Untersuchungssituation die Beeinflussungsabsicht durchschauen und dadurch die Ergebnisse verfälscht werden. Bei der Erfassung von Werbewirkungskriterien durch Befragung kommen zur Sensibilisierungsgefahr noch erhebliche Zurechnungsprobleme, da Product Placement selten als einzige Kommunikationsmaßnahme eingesetzt wird. Deshalb sind aufwändige Untersuchungsdesigns notwendig. Wegen der großen Unterschiede zwischen den einzelnen Platzierungsmöglichkeiten sind Untersuchungsergebnisse zudem allenfalls bei Fernsehserien übertragbar, sodass sie zur Verbesserung zukünftiger Placemententscheidungen kaum beitragen. Da keine Pretests möglich sind, können Platzierungen auch nicht vor ihrem Einsatz optimiert werden. In jüngster Zeit haben verschiedene Medienforschungsunternehmen Evaluierungsverfahren für Product Placements entwickelt, sodass mit einer Zunahme empirischer Ergebnisse zu rechnen ist.

IV. Anwendungsempfehlungen und Zukunftsaspekte


Product Placement ist in erster Linie als Ergänzung zu klassischen Kommunikationsmaßnahmen einsetzbar und erfordert eine systematische Planung. Es bedarf einer eindeutigen Festlegung der Werbeziele und einer eingehenden Analyse von Drehbüchern und Darstellern, um das richtige Projekt und die passenden Handlungssequenzen zu finden. Da On-Set-Placements in den meisten Fällen nur geringe Wirkungen auslösen, müssen klare Absprachen mit dem Produzenten über die kreative Anbindung an einen Darsteller getroffen werden. Weiterhin ist der Zahlungsmodus festzulegen, und es sind die rechtlichen Risiken abzuwägen.
Die zukünftige Entwicklung des Product Placements ist nur schwer abzuschätzen. Einerseits lassen der steigende Medienkonsum, das geringe Werbemittelinvolvement der Zuschauer, die Verteuerung der klassischen Rundfunkwerbung infolge zunehmender Zuschauerfragmentisierung und verschärfte Werbebeschränkungen eine Zunahme erwarten. Andererseits gibt es viele Aspekte, die zumindest in Deutschland eher Zurückhaltung gegenüber dieser Kommunikationsmaßnahme erfordern. So sind gravierende Nachteile des Product Placements in den rechtlichen Risiken, den eingeschränkten Planungs- und Kontrollmöglichkeiten, der nur unzureichend nachgewiesenen Wirksamkeit, dem geringen Angebot an inländischen Platzierungsmöglichkeiten und den erheblichen Timingproblemen insb. bei ausländischen Platzierungen zu sehen. Infolge massiver, unrealistischer Platzierungen und der öffentlichen Diskussion ist zudem eine steigende Sensibilisierung der Zuschauer zu erwarten.
Literatur:
Bente, K. : Product Placement, Wiesbaden 1990
Hauffe, H.-K. : Product Placement Monitor 2004, Nürtinger Hochschulschriften Nr. 22, Nürtingen/Geislingen 2004
PQ Media, : Product Placement Spending in Media 2005: www.pqmedia.com/product-placement-spending-in-media.html
Rössler, P./Bacher, J. : Transcultural Effects of Product Placement in Movies. A comparison of Placement Impact in Germany and the USA, in: Zeitschrift für Medienpsychologie, Nr. 3/2002, S. 98 – 108
Schultze, R. D. : Product Placement im Spielfilm, München 2001
Woelke, J. : Die Wirkung von Product Placement im Vergleich zu „ herkömmlicher “ Fernsehwerbung, in: Fernsehwerbung. Theoretische Analysen und empirische Befunde, hrsg. v. Friedrichsen, M./Jenzowski, S., Opladen 1999, S. 167 – 197

 

 


 

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