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Kooperation


Inhaltsübersicht
I. Begriff und Arten der Kooperation
II. Wirtschaftliche Bedeutung und Kooperationsfelder
III. Volkswirtschaftliche und wettbewerbspolitische Bewertung

I. Begriff und Arten der Kooperation


1. Definition


Zum Kooperationsbegriff gibt es eine Vielzahl von Definitionen. Das Problem seiner Bestimmung hängt mit dem sowohl prozessualen als auch institutionalen Charakter der Kooperation zusammen. Unter Berücksichtigung beider Elemente kann man Kooperation als eine Organisationsform definieren, die der Zusammenarbeit zwischen am Wirtschaftsleben beteiligten Personen oder Institutionen dient. Kooperation bedeutet somit mehr als die bloße Koordination oder Harmonisierung wirtschaftlicher Vorgänge. Da sie dem Prinzip der Arbeitsteilung folgt, geht sie darüber hinaus (Schwarz, P. 1979).
Unter Kooperation im engeren Sinne wird die auf freiwilliger Basis beruhende vertraglich geregelte Zusammenarbeit rechtlich und wirtschaftlich selbstständiger Unternehmen zum Zwecke der Steigerung ihrer Leistungsfähigkeit verstanden. Institutionell gesehen stellen die Einkaufszusammenschlüsse des Handels und Handwerks ihre wichtigste Erscheinungsform dar.

2. Kooperation und Konzentration


Bei der Kooperation liegt immer zugleich eine Form des Unternehmenszusammenschlusses vor. Dies trifft auch auf die Konzentration zu. Damit stellt sich das Problem, beide Arten des Unternehmenszusammenschlusses voneinander abzugrenzen. Um konzentrative Zusammenschlüsse handelt es sich dann, wenn eine Verschmelzung beabsichtigt ist (Fusion, Beteiligung), während bei kooperativen Zusammenschlüssen die Selbstständigkeit der beteiligten Unternehmen erhalten werden soll.
Beiden Begriffen ist gemein, dass sie sowohl einen Zustand als auch einen Prozess beschreiben. Ihr Prozesscharakter, in welchem sich die Dynamik der Wettbewerbsentwicklung widerspiegelt, macht eine Unterscheidung schwierig. Wurde in der wettbewerbspolitischen Diskussion der Nachkriegszeit eher die Gegensätzlichkeit von Kooperation und Konzentration betont, wird heute deutlicher der Zusammenhang zwischen beiden gesehen. Auch in kooperativen Systemen kann es nämlich zu konzentrativen Tendenzen kommen (Einkaufspoolung). Umgekehrt bedienen sich häufig konzentrierte Unternehmen kooperativer Elemente als zusätzlicher Marktstrategie, so etwa bei der Internationalisierung oder wenn es darum geht, eine schnelle Betriebstypenmultiplikation zu erreichen. Die Schwierigkeit, konzentrative und kooperative Vorgänge klar voneinander zu trennen, hat letztlich damit zu tun, dass Kooperation immer den Verzicht der Kooperationspartner auf eigene Handlungsalternativen bedeutet, deren Durchführung der gemeinsamen Institution übertragen werden. Hierdurch sollen Synergien erzeugt werden. Dies schließt aber ein, dass Kooperation, zumindest potenziell, zugleich konzentrativ wirkt.

3. Kooperationsarten


Kooperationen gibt es in allen Wirtschaftszweigen. Entsprechend vielgestaltig sind ihre Erscheinungsformen. Eine einheitliche, alle diese Erscheinungsformen und -typen beschreibende Systematik fehlt. Eine grobe Klassifizierung kann wie folgt vorgenommen werden.

a) Nach Wirtschaftsstufen


Kooperationen, bei denen die beteiligten Unternehmen auf derselben Wirtschaftsstufe zusammenarbeiten, bilden horizontale Zusammenschlüsse. Hierunter fallen Einkaufsgemeinschaften des Einzelhandels oder des Großhandels. Dasselbe gilt, wenn sich an der Kooperation Handwerkbetriebe oder Dienstleistungsunternehmen, wie neuerdings in der Touristik (Reisebüros), beteiligen.
Eine vertikale Kooperation liegt vor, wenn die Kooperationspartner verschiedenen Wirtschaftsstufen angehören. Hierzu zählt etwa die freiwillige Kette, bei der ein oder mehrere Großhändler als Kooperationszentrale fungieren, mit der die Einzelhändler durch schuldrechtliche Verträge verbunden sind. Modelle vertikaler Kooperation stellen auch die in den letzten Jahren entstandenen Mittelstandskreise dar, die von Markenartikelherstellern gegründet wurden. Sie dienen in der Regel der Absicherung ihres selektiven Vertriebssystems und erweitern das Kooperationsangebot über die reine Vertriebsvereinbarung hinaus.
In der Praxis durchmischen sich häufig horizontale und vertikale Elemente in ein und derselben Kooperation. Von gemischt vertikal/horizontaler Kooperation kann gesprochen werden, wenn mehrere Großhandlungen auf horizontaler Ebene zusammenarbeiten, zugleich aber auch Partner aus dem Einzelhandel in das Kooperationsgeschehen integriert werden, die wiederum unter sich eine horizontale Gruppe bilden. Zu einer Vertikalisierung kann es auch dadurch kommen, dass eine an sich horizontale Einkaufsgemeinschaft des Einzelhandels über das normale Kooperationsprogramm hinaus Franchise-Linien anbietet.
Gehören die Kooperationspartner sowohl verschiedenen wirtschaftlichen Stufen als auch verschiedenen Wirtschaftszweigen an, ist eine konglomerate Kooperation gegeben. Hierfür bieten solche Kooperationen Beispiele, in denen sowohl Einzelhandels- als auch Handwerksbetriebe oder Großhandelsunternehmen und gastronomische Betriebe zusammenarbeiten.

b) Nach Tätigkeiten


Kooperation kann sich grundsätzlich auf alle betrieblichen Funktionen erstrecken. Gleichwohl wird die Zusammenarbeit häufig auf Teilbereiche beschränkt. Erschöpft sich der Zweck der Kooperation in der Erfüllung nur eines betrieblichen Gegenstandes, ist eine monofunktionale Kooperation gegeben, so, wenn Einzelhändler gemeinschaftlich werben oder gemeinsam ein Parkhaus betreiben.
Erstrecken sich die Kooperationsaktivitäten gleichzeitig auf mehrere Aufgaben, handelt es sich um eine polyfunktionale Kooperation. Vom Vorliegen einer solchen Kooperation kann man dann ausgehen, wenn sie der Profilierung einzelner Produktgruppen oder Spezialsortimente dient. Es können hierbei aber auch ganz unterschiedliche betriebliche Funktionen kombiniert werden, z.B. Marketing- und Sortimentsfunktionen mit Dienstleistungs- und Beschaffungsfunktionen.
Hochentwickelte Kooperationen zielen auf eine totale Funktionserfüllung. In der Kooperationspraxis hat sich für sie der Begriff des »Full-Service-Verbundes« eingebürgert.

c) Nach Organisationsformen


Unterschieden werden können zunächst ein- und mehrstufige Kooperationen. Zur Bildung mehrstufiger Kooperationen kam es vor allem im Handwerk. In diesem Wirtschaftszweig wurden bereits kurz nach der Wende zum 20. Jh. Zentralgenossenschaften ins Leben gerufen. Sie fassten jeweils Einzelgenossenschaften einer Branche zusammen, um den Großbezug und damit eine weitere Verbesserung der Einkaufsmöglichkeiten zu erreichen. Als erste Organisation dieser Art wurde 1901 der Zentralverband der Schuhmacher-Rohstoffgenossenschaften gegründet.
Auch das Bäckerhandwerk schuf zentrale Organisationen und errichtete 1909 die Bäckerzentrale Rheinland. In der Bundesrepublik Deutschland bestehen gegenwärtig vier Zentralgenossenschaften auf Landesebene und als überregionale Spitze die BÄKO-Bundeszentrale Deutscher Bäcker- und Konditorengenossenschaften eG (gegr. 1950). Die BÄKO-Organisation stellt somit ein vierstufiges System dar, bestehend aus den beteiligten Bäcker- und Konditorenbetrieben, den lokalen Genossenschaften, den vier Landeszentralen, der Bundeszentrale.
Im Fleischergewerbe arbeitet die Zentralgenossenschaft des Fleischergewerbes (ZENTRAG, gegr. 1957) als dreistufige Organisation, der nahezu 100 regionale Genossenschaften angehören. Die großen Gruppen des Lebensmittelhandels EDEKA und REWE stellen ebenfalls dreistufige Kooperationssysteme dar, die sich aus Zentralorganisationen, regionalen Einheiten und den Einzelhändlern auf der untersten Stufe zusammensetzen. Die REWE ist in den letzten Jahren allerdings den Weg der Integration ihrer Regionalstufe in die Zentralstufe gegangen, sodass die Dreistufigkeit mehr und mehr zugunsten der Zweistufigkeit aufgegeben wurde.
Die Bildung mehrstufiger Kooperationen wurde auch im Wege der Internationalisierung des Handels gefördert. Im Zuge der Bildung des EG-Binnenmarktes kam es zur Gründung zahlreicher supranationaler Kooperationen. An ihnen sind jeweils nationale Kooperationen beteiligt (z.B. Europäische Möbelunion, Intersport International, Expert International, Euro-Materiaux usw.).
Organisatorische Unterschiede bestehen auch hinsichtlich der Rechtsformen. Kooperationen in der Rechtsform der Genossenschaft werden gemeinhin als gewerbliche Warengenossenschaften bezeichnet. Ihnen stehen die Kooperationen nicht genossenschaftlicher Rechtsformen gegenüber. Als Rechtskleid werden alle gesellschaftsrechtlichen Möglichkeiten genutzt. So sind Kooperationen als Aktiengesellschaften tätig (häufig nach Umwandlung früherer Genossenschaften) oder als GmbHs, wobei die Rechtsform der GmbH & Co. KG überwiegt.
Die unterschiedlichen Rechtsformen haben auf die Grundorientierung der Kooperationen kaum ausschlaggebende Bedeutung in dem Sinne, dass eine Rechtsform (außer bei der Genossenschaft) zwangsläufig mit einer bestimmten Gruppenphilosophie einhergehen müsste. So arbeitet die überwiegende Zahl der GmbH & Co. KGs durchaus nach genossenschaftlichen Förderprinzipien. Wichtiger ist die Unterscheidung, ob bei einer Kooperation Identität der Träger (Kapitalgeber) und Kunden gegeben ist. Bei Genossenschaften und der überwiegenden Anzahl der Kooperationen anderer Rechtsformen liegt diese vor. In den letzten Jahren kam es jedoch verstärkt zu Kooperationsgründungen in der Form, dass Kapitalgeber und Kunden nicht identisch sind. Die Kunden sind in diesen Fällen durch schuldrechtliche Kooperationsvereinbarungen mit der Kooperationszentrale verbunden (und nicht gesellschaftsrechtlich an der Kooperation beteiligt).
Bei vielen Kooperationen besteht ein Rechtsformenmix. Das Zurückgreifen auf unterschiedliche Rechtsformen hat seine Ursache in der Differenzierung der Dienstleistungsangebote. Sie werden jeweils in eigene Profit-Center zusammengefasst und häufig als Tochterunternehmen in einer anderen Rechtsform (z.B. GmbH) als die Muttergesellschaft (z.B. Genossenschaft) geführt. Kennzeichnend für diese Organisationsform ist die Aufteilung und Zuordnung der Mitgliedsunternehmen in Betriebstypengesellschaften, die als Tochterunternehmen der Kooperationszentrale errichtet werden. In diesen Fällen werden diejenigen Dienstleistungen, die allen Mitgliedsunternehmen zur Verfügung stehen (z.B. Zentralregulierung), auf die Zentrale übertragen, die hierdurch die Funktion einer Holding erhält.

II. Wirtschaftliche Bedeutung und Kooperationsfelder


Die Tätigkeitsfelder und das Wettbewerbsverhalten der Kooperationen unterlagen im Laufe ihrer Geschichte vielfachen Wandlungen. Eine grundsätzliche Umorientierung von einer eher defensiven zu einer offensiven und innovativen Marktbearbeitung erfolgte in den 1960er-Jahren, ausgelöst durch den zunehmenden Wettbewerbsdruck auf die kleinen und mittleren Betriebe.
In diese Zeit fiel das Wachstum der Verbrauchermärkte, Discounter und anderer großflächiger Vertriebsformen. Diese Entwicklung führte nicht nur zu einer Funktionsausweitung bei vielen Verbundgruppen, sondern auch zur Gründung zahlreicher neuer Kooperationen, z.B. im Möbelhandel und in der Konsumelektronik.
Nach und nach wurden nahezu alle Branchen des Handels vom Kooperationsgeschehen erfasst. Ein wesentlicher Impuls hierfür war u.a. die Entstehung der Fachmärkte in den 1980er-Jahren. Auch sie brachten den traditionellen Fachhandel in Bedrängnis, der er durch die Gründung von Kooperationen und auch einen weiteren Funktionsausbau der vorhandenen Kooperationen begegnete.
Heute sind etwa 700 Verbundgruppen des Handwerks, Einzel- und Großhandels sowie des Dienstleistungsbereiches im Markt tätig. Die Anzahl der in ihnen organisierten Mitgliedsunternehmen dürfte bei etwa 180 000 liegen. Nach Schätzungen des ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung sind rund 65% aller Einzelhandelsunternehmen von mehr als 300 000 Euro Jahresumsatz Mitglieder in einer Kooperation.
Die Tätigkeitsfelder der Kooperationen erstrecken sich auf jede nur denkbare unternehmerische Funktion. Die von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung her gesehen wichtigste Aufgabenstellung liegt im gemeinsamen Einkauf. Er bildet die Ausgangslage und auch die eigentliche Aufgabe der ersten Kooperationen des Handels und Handwerks. Da die Großunternehmen wegen ihrer höheren Nachfragevolumina günstigere Konditionen von ihren Lieferanten erhielten und sie diese auch wegen sonstiger Kostenvorteile an den Verbraucher weitergeben konnten, versuchte der selbstständige kleine und mittlere Handel, durch Mengenbündelung einen Nachteilsausgleich herbeizuführen. An dieser Grundfunktion hat sich bei den Verbundgruppen des Handels und Handwerks bis heute nichts geändert. Es sind aber im Laufe der Zeit weitere Aufgaben hinzugekommen. Eine wesentliche Ausweitung der Kooperationsfelder vollzog sich in den 1960er-Jahren durch eine konsequente Marketingorientierung der Verbundgruppen. Mit ihr wurde zum einen ein einheitliches Auftreten der Gruppe im Markt angestrebt, zum anderen aber die Strategie verfolgt, die Mitglieder im Hinblick auf ihre Marktposition vor Ort zu unterstützen. Insgesamt führte die Absatzorientierung der Verbundgruppen dazu, dass sie sich von ausschließlich horizontal orientierten Funktionskooperationen zu horizontal/vertikalen Systemkooperationen wandelten. Sie folgten damit dem insgesamt stärkeren Systembezug des Wettbewerbsverhaltens im Handel.
Parallel hierzu führte die Funktionsausweitung zur Bereitstellung zusätzlicher warenunabhängiger Dienstleistungen für die Mitgliedsunternehmen der Kooperationen. Unterstützungsleistungen bei Finanzierungs- und Investitionsvorhaben, vielfältige Aus- und Weiterbildungsprogramme sowie Beratungsangebote unterschiedlichster Art zielen auf eine Verbesserung der Führungs- und Entscheidungsqualität der Kooperationspartner.
Neuerdings widmen sich die Kooperationen zunehmend dem Aufbau von Warenwirtschaftssystemen und der Vernetzung von Kooperationspartnern und Kooperationszentrale. In einem weiteren Schritt sollen die Vertragslieferanten der Kooperationen in den Informationsverbund miteinbezogen werden.
Alles in allem bestehen bei den Verbundgruppen des Handels und Handwerks folgende Tätigkeitsschwerpunkte.

1. Warenbereich


Im Hinblick auf die Warenversorgung der Kooperationspartner ist das Eigen- und Fremdgeschäft der Kooperationszentrale zu unterscheiden. Beim Eigengeschäft wird die Kooperationszentrale auf eigene Rechnung und im eigenen Namen tätig. Hierunter fällt vor allem das Lagergeschäft. Wird es ausgeübt, erfüllt die Kooperationszentrale die Funktion des Großhandels. Auch das Streckengeschäft wird in der Form des Eigengeschäftes durchgeführt. Bei ihm berührt die Ware nicht das Lager der Kooperationszentrale, sondern wird direkt vom Hersteller an den Kooperationspartner gesandt.
Vermittlungs- oder Agenturgeschäfte liegen dann vor, wenn die Zentrale mit den Herstellern Rahmenabkommen über die Bezugskonditionen für die Kooperationspartner vereinbart und die Aufträge an diese vermittelt. Der Kaufvertrag kommt dann durch Annahme der Angebote durch die Kooperationspartner zustande.
Diese Vermittlungsgeschäfte werden in der Regel auf der Grundlage der Zentralregulierung durchgeführt. Sie beinhaltet die Verpflichtung der Kooperationszentrale gegenüber den Vertragslieferanten, deren Forderungen an die Kooperationspartner zu begleichen. Häufig übernimmt die Zentrale zusätzlich eine Ausfallbürgschaft oder selbstschuldnerische Bürgschaft in Form des Delcredere.

2. Marketingbereich


Mit der zentralen Entwicklung und dem gemeinschaftlichen Einsatz absatzpolitischer Instrumente zielen die Verbundgruppen darauf ab, einen höheren Wirkungsgrad im Markt zu erreichen. Die konsequente Absatzorientierung ist zugleich der bedeutsamste Indikator für den Umstrukturierungsprozess der Verbundgruppen. Im Kern zielen alle diese Maßnahmen auf eine eindeutigere Marktprofilierung der Mitgliedsunternehmen ab. Wesentliche Instrumente dieses Gruppenmarketing sind etwa die Durchführung von Gemeinschaftswerbungen oder Imagekampagnen, die Entwicklung spezieller Verkaufsförderungsmaßnahmen sowie Sortimentsstrategien und Betriebstypenprogramme. Ein immer wichtiger werdendes Element stellt hierbei die Entwicklung gruppeneigener Handelsmarken dar. Eine wesentliche strategische Änderung der Marketingkonzeptionen liegt in ihrer zunehmenden Differenzierung im Hinblick auf unterschiedliche Mitgliedsgruppen und Marktsegmente. Hierdurch sollen zusätzliche Kooperations- und Marktpotenziale erschlossen werden. Diese unterschiedlichen Marketingleistungen korrespondieren häufig mit abgestuften Bindungs- und Verpflichtungsgraden gegenüber der Kooperationszentrale. Manche komplexen Verbundgruppen verfügen häufig nicht mehr nur über einen Mitgliederstatus, sondern gestalten diesen differenziert.

3. Servicebereich


Zu den klassischen warenunabhängigen Dienstleistungen der Verbundgruppen gehören zunächst diejenigen, die dem betriebswirtschaftlichen Bereich zugeordnet werden können. Die meisten Verbundgruppen führen eigene Betriebsvergleiche durch, bieten Kosten- und Rentabilitätsüberwachung an, stellen betriebswirtschaftliche Beratungen zur Verfügung, sorgen für Ladenbauberatungen, betreiben Marktforschungsanalysen, geben Hilfe im Rechnungswesen oder veranstalten Erfahrungsaustauschgespräche und Unternehmertagungen.
Innerhalb dieser Dienstleistungen hat der Bereich der Aus- und Weiterbildung an Bedeutung gewonnen. Als außerordentlich wichtig erweisen sich auch Maßnahmen zur Standort- und Nachfolgesicherung. Sie reichen von der Beratung in Finanzierungsfragen bis hin zu Hilfen bei der Investitionsfinanzierung oder der Übernahme von Standorten durch eigene Beteiligungsgesellschaften.

III. Volkswirtschaftliche und wettbewerbspolitische Bewertung


Die Wettbewerbspolitik erkennt an, dass die Kooperationen einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Handels- und Handwerksbetriebe leisten. Das wettbewerbspolitische Leitbild der Kooperationen ist von der Vorstellung geprägt, dass sie dazu beitragen, den strukturellen Nachteil kleiner und mittlerer Unternehmen gegenüber den Großbetriebsformen auszugleichen. Auch wird gesehen, dass die Kooperation ein Gegengewicht zur Konzentration darstellt. Ganz überwiegend werden Kooperationen dann wettbewerbspolitisch positiv beurteilt, wenn an ihnen kleine und mittlere Unternehmen beteiligt sind, sie zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der Kooperationspartner beitragen und der Wettbewerb auf den betroffenen Märkten nicht nachhaltig beeinträchtigt wird.
Umstritten ist die Frage, ob und in welchem Umfang auch größere Unternehmen in Kooperationen mitwirken dürfen. Der neu eingeführte § 5c GWB schließt die Beteiligung einzelner größerer Unternehmen an Kooperationen nicht aus, wenn die Beteiligung der großen Unternehmen im Einzelfall dazu dient, die Wettbewerbsfähigkeit der kleinen und mittleren Unternehmen zu verbessern. Allerdings ist die Mitgliedschaft von Unternehmen, die auf dem jeweiligen Markt zur Spitzengruppe gehören, ausgeschlossen.
Die zunehmende Integration der Kooperationspartner in die Verbundgruppen durch die Verlagerung einzelbetrieblicher Funktionen hat die Frage nach den wettbewerbspolitisch und kartellrechtlich vertretbaren Grenzen der Kooperation aufgeworfen. Nicht immer war die Umstrukturierung der Verbundgruppen von defensiven in offensive Systeme vom Wohlwollen der Wettbewerbspolitiker begleitet. Sie befürchteten einen Bruch mit der ursprünglichen genossenschaftlichen Zielsetzung oder die Entwicklung hin zu filial- und konzernähnlichen Strukturen. Deutlich kam diese Besorgnis bei der Diskussion um den neuen § 5c GWB zum Ausdruck. Der Gesetzgeber errichtete dadurch eine Schranke, dass er nur solche Kooperationen vom Kartellverbot ausnahm, die keine Bezugsverpflichtungen vereinbaren. Der zunehmende Systemwettbewerb und die Herausbildung straffer Absatzorganisationen auf der Grundlage neuer Formen des Kontraktmarketing machen es aber erforderlich, dass die Verbundgruppen denselben Bewegungsspielraum im Wettbewerb haben, wie die mit ihnen konkurrierenden Systeme.
Schließlich werden hin und wieder unter volkswirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten Fragen nach den vertretbaren Grenzen der Kooperation gestellt. Nicht zu leugnen ist, dass Verbundgruppen in gewissem Umfang zur Entstehung von Nachfragemacht beitragen. Kritisch wird auch die zunehmende Zentralisierung der Beschaffungs- und Marketingentscheidungen gesehen. Auch auf die Gefahr der Sortimentsverarmung in einzelnen Branchen durch die Vereinheitlichung von Sortimentsstrukturen wird hingewiesen. Diskussionswürdig sind sicher auch Probleme, die mit einem möglichen Verlust an Unabhängigkeit und Selbstständigkeit der Kooperationspartner verbunden sein können. Bei allen diesen möglichen Nachteilen überwiegt jedoch eindeutig sowohl der wettbewerbspolitische als auch der volkswirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Gesamtnutzen der Kooperation.
Literatur:
Batzer, E./Lachner, J./Meyerhöfer, W. : Die handels- und wettbewerbspolitische Bedeutung der Kooperationen des Konsumgüterhandels, ifo-Studien zu Handels- und Dienstleistungsfragen 36/I-III, München 1989
Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr, : Kooperation und Wettbewerb, München 1992
Beuthien, V./Schwarz, G. C. : Kooperationsgruppen des Handels und Franchisesysteme in Europa aus der Sicht des EG-Wettbewerbsrechts, Göttingen 1993
Dülfer, E. : Betriebswirtschaftslehre der Kooperative, Göttingen 1984
Grafe, C. : Handelsmarken von Einkaufsvereinigungen des Einzelhandels, Köln 1991
Homringhausen, F. H. : Wettbewerbswirkungen genossenschaftlicher Einkaufszusammenschlüsse, Göttingen 1980
Kuhn, G. : Entwicklung und Probleme der Kooperation im Handel, Göttingen 1977
Olesch, G. : Die Kooperationen des Handels, Thesen zur Situation und Entwicklung der Verbundgruppen, Köln 1991
Schenk, H. -O. : Marktwirtschaftslehre des Handels, Wiesbaden 1991
Schwarz, P. : Morphologie von Kooperationen und Verbänden, Tübingen 1979
Tietz, B. : Alternative Entscheidungskonzepte in Verbundgruppen, Schriftenreihe des Zentralverbandes Gewerblicher Verbundgruppen e.V., ZGV – Nr. 1, Bonn 1993
Zentes, J. : Strategische Partnerschaften im Handel, Stuttgart 1992

 

 


 

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