Lizenzpolitik
Die Lizenzpolitik betrifft die langfristigen Ziele, Prinzipien und Strategien der Lizenzvergabe und -nahme (Lizenz). Ziele der Lizenzvergabe sind:
- die Erschließung neuer Märkte bei begrenzten finanziellen Ressourcen,
- die Senkung von Transportkosten bei großer geographischer Distanz,
- die Realisierung relativ niedriger Produktionskosten,
- die Sicherung eines kundennahen Service bei relativ niedrigen Servicekosten,
- die Überwindung von Kapazitätsengpässen und eigener Know-how-Defizite in Forschung und Entwicklung, Fertigung und Marketing,
- die Erschließung von Marktnischen,
- die Überwindung von Schutzzöllen, Einfuhrsperren, Devisentransferregelungen, Local Content-Vorschriften oder technischen Normen,
- die Unterbindung von Konkurrenzerfindungen,
- die Umgehung wettbewerbsrechtlicher Marktanteilsbegrenzungen,
- die Senkung des Auslandsinvestitionsrisikos,
- die Förderung des Absatzes komplementärer Produkte,
- die Erzielung von Einnahmen durch Lizenzgebühren,
- die schnellere Amortisation von FuE- Aufwendungen,
- die Verlagerung der Gewinnentstehung in Konzernen sowie die Ermöglichung von Gegenlizenzen.
Motive für die Ablehnung einer Lizenzvergabe sind die eingeengten eigenen Verwertungsmöglichkeiten des technischen Wissens, die Gefährdung des eigenen Erfinder-Image, die Konkurrenzsituation nach Ablauf des Lizenzvertrags, konfliktäre Marketingziele, mangelhafte Qualifikation sowie ein schlechtes Image des Lizenznachfragers. Analog sind z. B. Ziele der Lizenznahme der totale oder partielle Ersatz eigener FuE, die Erschließung eines neuen Marktes mit neuen Produkten, die weitere Wachstumssicherung, die Risikostreuung, schnellerer Marktzugang, die Überwindung fremder technischer Schutzrechte und die Vermeidung von Umgehungsentwicklungen mit dem Risiko von rechtlichen Auseinandersetzungen.
Dem Lizenzgeber stehen folgende Strategien zur Verfügung:
1. Die Technologie wird im eigenen Unternehmen genutzt und nicht lizenziert,
2. die Technologie wird vom Unternehmen genutzt und lizenziert und
3. die Technologie wird nur lizenziert. Aufgrund der begrenzten Lebensdauer technischen Wissens ist die optimale Nutzung dieses Wissens zeitlich begrenzt.
Die Strategie der ausschließlichen Lizenzierung eignet sich v. a. für sog. Spin-off-Erfindungen, d. h. meist zufälligen Forschungsergebnissen, die außerhalb der eigenen unternehmenspolitischen Zielsetzungen liegen oder aus fertigungs- oder vertriebstechnischen Gründen nicht selbst vermarktet werden können. In der Praxis werden die Patente eines Unternehmens zu mehr als 40% eigen- betrieblich genutzt, aber nur zu ca.5% ausschließlich oder zusätzlich lizenziert. Eine Lizenzvergabe ist schon in der Entwicklungs- und Erprobungsphase einer Technologie möglich. Das Unternehmen spart damit die Aufwendungen, die bei der Entwicklung bis zur Produktion oder Marktreife anfallen, muss sich aber auch mit entsprechend niedrigeren Lizenzgebühren begnügen. Der überwiegende Teil der Lizenzangebote in der Praxis bezieht sich auf technisches Wissen, das sich im Stadium der Marktreife befindet. Zielgruppen der Lizenzvergabe sind i.d. R. solche Nachfrager, die über die für eine erfolgreiche Vermarktung notwendigen Kenntnisse und Potentiale verfügen. Weitere für die Segmentierung möglicher Lizenznehmer relevante Kriterien sind die Unternehmensgröße, die kapitalmäßige Verbundenheit, die FuE-Tätigkeit und die wettbewerbliche Position. Die aus einer Vergabe resultierende Konkurrenz ist eines der wichtigsten Kriterien, das zur Ablehnung einer Lizenznachfrage führt. Die Planung, Durchführung und Kontrolle der Lizenzpolitik erfordert entsprechende organisatorische Voraussetzungen. Abhängig von der Unternehmensgröße, dem Umfang lizenzpolitischer Aktivitäten und anderen unternehmensspezifischen Faktoren wird die Lizenzpolitik eigenen und fremden Aktionsträgern (z.B. Patentanwälten, Maklern, Lizenzagenturen) zugeordnet. Eine eigene Lizenzabteilung kann direkt der Geschäftsleitung unterstellt, einer Marketing-, FuE- oder Rechts- oder Patentabteilung angegliedert sein. Letzteres birgt die Gefahr einer im wesentlichen nur auf Beilegung von Schutzrechtsstreitigkeiten gerichteten Lizenzpolitik in sich.
Literatur: Mittag, H., Technologiemarketing. Die Vermarktung von industriellem Wissen unter besonderer Berücksichtigung von Lizenzen, Bochum 1985. Rohe, Ch., Technologietransfer und Industrielizenzen, Berlin 1980.
|