Preisstrategie
Eine Preisstrategie ist ein an den langfristigen Unternehmens- und Marketingzielen (z.B. Maximierung des Gewinnbarwerts über den Planungshorizont) ausgerichtetes Handlungskonzept im Bereich der Preispolitik, das die Festlegung der Preishöhe eines Produkts, deren (zeitliche) Veränderung sowie die Ausgestaltung von Preissystemen betrifft. Preisstrategien sind normative Empfehlungen auf Grundlage von Erfahrungswissen oder analytischen Überlegungen, um ein optimales Agieren eines Unternehmens in bestimmten Markt- und Wettbewerbskonstellationen im Bereich der Preissetzung zu gewährleisten. Zu den verschiedenen Preisstrategien siehe Preispolitik, Kapitel 3 (mit Literaturangaben)..
Strategisches Preismanagement als zunehmend wichtiger werdender Bereich der Preispolitik ist durch zwei Aspekte gekennzeichnet: zum einen durch eine klare Grundsatzentscheidung über die Preispositionierung des Produktes und zum anderen durch eine langfristige Betrachtung, die idealerweise alle Perioden des Planungszeitraumes einschließt. Bei der Entscheidung über die Preispositionierung ist zu berücksichtigen, dass der Kunde den Preis nicht isoliert sieht, sondern seine Kaufentscheidung typischerweise anhand einer Abwägung von Nutzen und Preis trifft. Ausgangspunkt der strategischen Preisentscheidung ist deshalb der vom Kunden wahrgenommene Nutzen. Hier gibt es zwei idealtypische Optionen: Das Unternehmen kann dem Kunden einen höheren wahrgenommenen Nutzen bieten, was mit Hilfe der unterschiedlichsten Marketing-Mix-Instrumente bzw. Wettbewerbsparameter zu realisieren ist. Dann wird sich am Markt auch ein höherer Preis durchsetzen lassen, d. h. die Kunden werden bereit sein, mehr zu zahlen als für Konkurrenzprodukte. Das Unternehmen bietet dem Kunden den gleichen wahrgenommenen Nutzen wie die Konkurrenz. Die Realisierung eines im Vergleich zur Konkurrenz höheren Preises ist dann jedoch illusorisch. Das Unternehmen befindet sich im harten Preiswettbewerb. Wettbewerbsvorteile können bei dieser Strategiealternative nur über eine günstigere Kostenposition geschaffenwerden. Die Auswahl von Zielsegmenten und die Positionierung im wettbewerblichen Umfeld können bei bewussterNutzungdieser Optionen sehr wirkungsvoll gesteuert werden. Darüber hinaus hat die der Preisstrategie zugrundeliegende langfristige Betrachtung konkrete Auswirkungen auf die Preisbestimmung in den einzelnen Perioden. Zielsetzung ist die langfristige Gewinnmaximierung über alle Perioden bzw. die Kapitalwertmaximierung. Bei der Preisfestsetzung für die einzelnen Perioden ist zu berücksichtigen, dass der Preis der aktuellen Periode auch die Absatz- und Kostengegebenheiten und damit die Preise in zukünftigen Perioden beeinflussen kann, über Rückkopplungen selbst aber wiederum von den Preisen der zukünftigen Periode abhängt. Die wichtigsten dieser periodenübergreifenden Determinanten sind: Lebenszyklus: Die Preiselastizität ändert sich im Verlauf des Lebenszyklus, was direkte Auswirkungen auf das optimale Preisniveau hat (Preisstrategie im Lebenszyklus). Darüber hinaus ist von Bedeutug, ob es sich um echte Innovationen oder Me-too-Produkte handelt. Für echte Innovationen bieten sich Skimming- und Penetrations-Strategie an. Bei Me-too-Produkten ist der Preisspielraum nach oben begrenzt. Es empfiehlt sich daher eine Form der Penetrations-Strategie. Kostendynamik: In vielen Industrien (z.B. Flugzeugbau, Elektronik) werden die zukünftigen Kosten indirekt über die erzielten Marktanteile und Absatzmengen mit beeinflußt. Bei der Existenz von Erfahrungskurven bewirken niedrige Preise durch die daraus resultierenden höheren Absatzmengen eine Kostensenkung, so dass sich insb. bei stark ausgeprägten Er- fahrungskurveneffekten eine aggressive Preisstrategie empfiehlt (Preisstrategie bei Erfahrungskurven). Wettbewerbsdynamik: Zahl, Verhalten und Struktur der Wettbewerber variieren im Laufe der Zeit. Dieser dynamische Effekt ist besonders in jenen Industrien ausgeprägt, in denen das Pionierunternehmen zunächst während eines gewissen Zeitraumes geschützt ist (z.B. durch Patente). Bei einem zu erwartenden Konkurrenzeintritt gibt es drei preisstrategische Optionen: die vorgezogene Preissenkung, die nachgezogene Preissenkung sowie die Preisbeißehaltung (konkurrenzorientierte Preisstrategie). Periodenübergreifende Preiswirkungen: Häufig wird der Absatz eines Produktes in einer bestimmten Periode nicht nur vom eigenen Produktpreis und dem Konkurrenzpreis, sondern auch von dem Preisniveau in den Vorperioden und den zukünftig zu erwartenden Preisen bestimmt. Diese über die aktuelle Periode hinausgehenden Preiswirkungen müssen bei der Preisfestlegung ins Kalkül gezogen werden. So führen ausgeprägte Carryover- Effekte z. B. zu einer Reduktion des strategisch-optimalen Preises. Je stärker die Carryover-Effekte sind, desto wichtiger ist es, schnellstmöglich viele Kunden zu gewinnen, und desto stärker liegt der strategisch-optimale Preis unter dem kurz- fristig-optimalen Preis. Ausgeprägte Carryover-Effekte wirken sich somit „preissenkend“ aus. Besonders wichtig sind Carryover-Effekte z. B. bei Arzneimitteln; die Verteilung von kostenlosen Ärztemustern ist dabei nichts anderes als eine „Nullpreis-Strategie“. Faktisch wird in erfahrungsabhängigen Goodwill der Ärzte investiert. Preisänderungswir- kungen können eine Skimming-Strategie begünstigen. Bei asymmetrisch oder nicht-proportionalenPreisänderungswir- kungen kann dagegen eine Pulsationsstrategie angezeigt sein. Vorsicht ist beim Vorliegen von Erwartungseffekten geboten. Hier können Preissenkungen im Ernstfall zu einem Absatzrückgang führen, weil die Kunden ihre Käufe aufschieben und auf weitere Preissenkungen warten. Aufgrund der genannten dynamischen Effekte darf die Preisstrategie nicht nur den Preis für die aktuelle Periode beinhalten, sondern sie muss darüber hinaus die Preise für alle folgenden Perioden umfassen. Streng genommen erfordert die strategische Preisoptimierung eine simultane Bestimmung der Preise aller Perioden des Planungszeitraumes. Eine verbindliche Preisfestlegung ist dabei allerdings nur für die aktuelle Periode notwendig, da nur dieser Preis unmittelbar realisiert wird. Man bezeichnet ihn als langfristig- oder strategisch-optimalen Preis. Die Preise der Folgeperioden sind zunächst nur Planwerte, die bei einem Abweichen der tatsächlichen von der erwarteten Entwicklung später korrigiert werden können. Sie müssen jedoch a priori in die strategische Preisentscheidung mit einbezogen werden. Um eine im exakten Sinne optimale Preis- strategic abzuleiten, sind Optimierungsverfahren wie dynamische oder nicht-lineare Programmierung oder kontrolltheoretische Methoden erforderlich. Unter Anwendungsaspekten haben diese Verfahren den Nachteil, relativ hohe Anforderungen an den Benutzer zu stellen. Einfacher, aber weniger zuverlässig sind Hilfsverfahren oder Faustregeln, in denen die dynamischen Zusammenhänge nur implizit berücksichtigt werden. Hierzu zählen z.B. die Skimming- und Penetrations-Strategie, aber auch eine Anpassungsstrategie in Form der Preisführerschaft. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, von dem etwas leichter zu berechnenden kurzfristig-optimalen oder statisch- optimalen Preis auszugehen. Die dynamischen und periodenübergreifenden Preiswirkungen kann man in etwa abschätzen, so dass sich der strategisch-optimale Preis in Anlehnung an den statisch-optima- len Preis angeben läßt.
Literatur: Diller, M., Preispolitik, 2. Aufl. Stuttgart u.a. 1991. Simon, H., Preismanagement, 2. Aufl., Wiesbaden 1991.
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