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International Standards on Auditing (ISA)


Inhaltsübersicht
I. Entstehung und Zielsetzung
II. Verfahren der Entwicklung von Standards
III. System der ISA
IV. Funktion, Bindungswirkung, Akzeptanz der ISA
V. Verbindliche Annahme von ISA durch die Europäische Union
VI. Bisherige Implementierung in entsprechenden deutschen Grundsätzen

I. Entstehung und Zielsetzung


Nach Gründung der International Federation of Accountants (IFAC) im Jahre 1977 wurde 1978 ein Fachausschuss der IFAC, das International Auditing Practices Committee (IAPC), errichtet, das im Jahre 1979 zunächst mit der Herausgabe von International Auditing Guidelines (IAG) begann. Eine Überarbeitung der Guidelines (Leitsätze) sowie ihre Umbenennung in International Standards on Auditing (ISA) erfolgte im Rahmen des sog. Codification-Project, das im Jahre 1994 abgeschlossen wurde.
Im Jahre 2002 wurde der bisherige ständige Fachausschuss IAPC in ein in der Öffentlichkeit stärker wahrnehmbares, unabhängiges Standardsetzungsgremium transformiert, das sog. International Auditing and Assurance Standards Board (IAASB). Dieses soll eigenständig und im öffentlichen Interesse Prüfungsgrundsätze entwickeln, die weltweit Anwendung finden können. Die vom IAASB zu verabschiedenden Prüfungsgrundsätze umfassen die eigentlichen Prüfungsstandards ISA sowie ergänzende Stellungnahmen, die International Audit Practice Statements (IAPS), sowie Standards zu anderen Arten von Zusicherungsleistungen (assurance services). Die Zielsetzung und Funktionsweise des IAASB werden seit 2003 in einer besonderen Satzung (interim terms of reference) festgelegt.
Das IAASB besteht derzeit (März 2006) aus 18 Mitgliedern, die vom IFAC Board ernannt werden. Von den 18 Personen sind 10 Personen aus verschiedenen Mitgliedsorganisationen der IFAC benannt worden. Weitere 3 Personen stammen nicht aus dem Prüferberuf. Die übrigen 5 Mitglieder repräsentieren international tätige Prüfungsgesellschaften.
Zur Wahrung des öffentlichen Interesses bei der Standardsetzung wurde im Februar 2005 ein Aufsichtsgremium geschaffen, das Public Interest Oversight Board (PIOB). Die Mitglieder des PIOB werden durch internationale Organisationen (IOSCO, Basel Committee, IAIS, Worldbank, FSF) benannt. Die Europäische Kommission entsendet zwei Beobachter in das PIOB. Das PIOB muss auch der Benennung von neuen IAASB Mitgliedern zustimmen. Es beaufsichtigt weiterhin die Standardsetzungsaktivitäten von IFAC im Bereich der Ethik und Ausbildung.
Weiterhin wird das IAASB in seiner Themenauswahl, Prioritätensetzung, zeitlichen Terminierung sowie bei der Behandlung fachlicher Fragen von der IAASB Consultative Advisory Group (CAG) unterstützt, die sich aus Vertretern der Nutzer und der Ersteller von Finanzinformationen sowie Regulatoren und anderen interessierten Parteien zusammensetzt.
Schließlich werden von verschiedenen Organisationen Beobachter zu den Sitzungen des IAASB entsandt. Derzeitige Beobachter stellen die US-amerikanische Prüferaufsicht PCAOB, die japanische Wertpapieraufsichtsbehörde FSA sowie die Consultative Advisory Group (CAG).

II. Verfahren der Entwicklung von Standards


Das IAASB entwickelt die einzelnen Prüfungsstandards in einem so genannten „ Due Process “ , d.h. in einem festgelegten Verfahren, bei dem die interessierte Öffentlichkeit in ausreichendem Maße Gelegenheit erhalten soll, zu den Entwürfen Stellung zu nehmen. Die Einbeziehung der Öffentlichkeit dient v.a. dem Zweck, deren Akzeptanz sicherzustellen. Die Vorgehensweise im IAASB sieht im Einzelnen folgende Schritte vor:

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Auswahl eines Themas;

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Einrichtung einer Projektgruppe für dieses Thema;

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Erarbeitung eines Entwurfs in der Projektgruppe;

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Beratung des Entwurfs in einer öffentlichen Sitzung des IAASB;

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Veröffentlichung eines Diskussionsentwurfs (exposure draft) mit einer Stellungnahmefrist von mindestens 90 Tagen;

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Beratung der eingegangenen Stellungnahmen in einer Sitzung des IAASB;

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Erarbeitung eines revidierten Diskussionsentwurfs; u.U. erneute Veröffentlichung eines Diskussionsentwurfs bei signifikanten Änderungen;

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Verabschiedung und Veröffentlichung als Standard, wenn mindestens zwei Drittel der IAASB Mitglieder zustimmen.


Dieses Verfahren gilt gleichermaßen für die Entwicklung von ergänzenden Stellungnahmen (IAPS).

III. System der ISA; Clarity Project


Die ISA sind in acht Klassen (Themenbereiche) gegliedert, während die ergänzenden Stellungnahmen (IAPS) in einer zehnten Klasse chronologisch zusammengefasst sind. Die derzeit (Januar 2006) bestehenden ISA und IAPS gliedern sich danach wie folgt:
International Standards on Auditing (ISA)
International Standards on Auditing (ISA)
International Standards on Auditing (ISA)
Die ISA der Themenbereiche 200 bis 700 gelten für die Jahresabschluss- und Konzernabschlussprüfung, wobei die Themenbereiche 200 bis 600 die Grundsätze der Prüfungsdurchführung beinhalten und der Themenbereich 700 die Grundsätze der Berichterstattung über das Prüfungsergebnis. Für spezielle Sonderprüfungen sind die ISA des Themenbereichs 800 relevant. Neben den ISA und IAPS verabschiedet das IAASB noch separate Standards zur internen Qualitätssicherung (ISQC), zu Related Services (ISRS), zu Review Engagements (ISRE) sowie zu Assurance Engagements (ISAE).
Die durch Fettdruck in den einzelnen ISA gekennzeichneten Grundsätze und wesentlichen Verfahren (bold lettering) haben grundsätzlich keinen höheren Verbindlichkeitsgrad als die dazugehörigen Anleitungen in Form von erläuternden oder sonstigen Materialien (grey lettering). Soweit für Prüfungen im öffentlichen Sektor Besonderheiten gelten, werden diese jeweils am Ende eines ISA dargestellt. Diese Darstellung wird vom Public Sector Committee der IFAC erarbeitet.
Bedeutende inhaltliche Änderungen haben sich in vergangenen Jahren im Bereich des in den ISA festgelegten Prüfungsansatzes ( „ Audit Risk Model “ ) sowie bei den Pflichten des Abschlussprüfers zur Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten bei der Abschlussprüfung (ISA 240) vollzogen.
Von besonderer Bedeutung für die zukünftige Entwicklung der ISA ist das „ Clarity Project “ des IAASB, das im Jahre 2003 angestoßen wurde. Im Rahmen dieses „ Clarity Project “ soll die Klarheit und Struktur der ISA weiter verbessert werden, jedoch ist mit seinem Abschluss nicht vor dem Jahre 2009 zu rechnen. Im September 2004 hat das IAASB hierzu erstmalig Konsultationspapiere sowie einen Entwurf (exposure draft) veröffentlicht. Die eingegangenen Kommentare wurden bei der IAASB-Sitzung im Juni 2005 erörtert. Danach sollen die ISA auf Zielsetzungen basieren, die Abschlussprüfer mit klareren Pflichten konfrontieren, die ISA sprachlich eindeutiger fassen sowie die Struktur der ISA verständlicher machen. Zwischenzeitlich (Stand: März 2006) hat das IAASB vier überarbeitete ISA (ISA 240, 300, 315, 300) als Diskussionsentwürfe veröffentlicht. Ein weiterer Diskussionsentwurf für einen neuen ISA (ISA 550) ist ebenfalls im neuen Format veröffentlicht worden.

IV. Funktion, Bindungswirkung, Akzeptanz der ISA


Die Funktion international anerkannter Prüfungsgrundsätze steht im Zusammenhang mit der zunehmenden Globalisierung der Wirtschaft, insbes. der fortschreitenden Internationalisierung der Kapitalmärkte. International tätige Netzwerke von Prüfungsgesellschaften stehen insoweit vor der Notwendigkeit, im Rahmen ihrer gegenseitigen Kooperation gemeinsame Prüfungsansätze auf einem qualitativ hohen Niveau zu haben. International tätige Unternehmen, insbes. solche, die die internationalen Kapitalmärkte in Anspruch nehmen, wenden nicht nur international anerkannte Rechnungslegungsgrundsätze an, sondern sind ebenfalls daran interessiert, nach international anerkannten Prüfungsgrundsätzen geprüft zu werden, um hierdurch die Glaubwürdigkeit und die Akzeptanz der von ihnen bereitgestellten Rechnungslegungsinformationen zu erhöhen. Die Funktion der ISA ergibt sich somit aus den Anforderungen für eine verbesserte Funktionsfähigkeit der internationalen Kapitalmärkte.
Das IAASB wird inzwischen weltweit als standard setting body für internationale Prüfungsgrundsätze anerkannt. Da IFAC jedoch eine private Einrichtung ist, kann sie zunächst nur ihre Mitgliedsorganisationen verpflichten, die ISA in ihrem Land zu implementieren, soweit dem nicht nationale gesetzliche Vorschriften entgegenstehen. Somit entfalten die ISA im Allgemeinen keine unmittelbare rechtliche Bindungswirkung für Berufsangehörige.
Für die Akzeptanz und Umsetzung der ISA ist die Zusammenarbeit mit der internationalen Organisation der Börsenaufsichtsbehörden IOSCO sowie mit der Worldbank und der Europäischen Kommission von besonderer Bedeutung. Die IOSCO ist daran interessiert, dass die Rechnungslegung von Unternehmen, die an den internationalen Kapitalmärkten agieren, nach den ISA geprüft werden, sofern diese Standards bestimmte Voraussetzungen der IOSCO (insbes. Durchsetzbarkeit der ISA) erfüllen. Nach einer Prüfung der ISA, die zum Teil bereits erfolgt ist, und dem Abschluss des „ Clarity Project “ könnte die IOSCO ihren Mitgliedsorganisationen die Billigung der ISA empfehlen. Die Worldbank ist daran interessiert, ISA in den Schwellenländern zu implementieren.

V. Verbindliche Annahme von ISA durch die Europäische Union


Die Europäische Kommission hatte bereits in einer Mitteilung aus dem Jahre 2003 angekündigt, dass zukünftig alle gesetzlichen Abschlussprüfungen nach ISA durchgeführt werden sollen.
Nach dem Inkrafttreten einer neuen EU-Prüferrichtlinie im Frühjahr 2006 können die ISA – ähnlich wie die internationalen Rechnungslegungsgrundsätze (IFRS) – zukünftig im Rahmen eines Anerkennungsverfahrens (Endorsement) auf EU-Ebene für die direkte Anwendung in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten verbindlich gemacht werden. Bei diesem Anerkennungsverfahren handelt es sich um eine Komitologiemaßnahme hinsichtlich der Annahme der einzelnen ISA. Mit einer formellen verbindlichen Annahme der ISA durch die EU ist aber nicht vor Abschluss des „ Clarity Project “ , voraussichtlich im Jahre 2009, zu rechnen.
Zu den „ International Standards on Auditing “ , die Gegenstand einer verpflichtenden Annahme durch die EU sein könnten, zählen neben den ISA selbst auch dazugehörige IAPS (International Audit Practice Statements) sowie sonstige Standards, sofern die IAPS oder sonstigen Standards für die Abschlussprüfung relevant sind. Die Relevanz bzw. die Notwendigkeit der Annahme der IAPS bzw. anderer Standards wird sicherlich auch von dem Ausgang des „ Clarity Project “ abhängen.
Nationale Unterschiede in der gesetzlichen Abgrenzung des Umfanges der Abschlussprüfung werden es trotz vorangetriebener Harmonisierung durch die Anwendung einheitlicher ISA weiterhin notwendig machen, bestimmte Prüfungsanforderungen auf Ebene der einzelnen EU-Mitgliedstaaten zu regeln. Hierzu sieht die EU-Prüferrichtlinie vor, dass die EU-Mitgliedstaaten zur Berücksichtigung des jeweiligen gesetzlichen Umfanges der Abschlussprüfung zusätzliche Prüfungsanforderungen stellen dürfen; ebenso sollen die EU-Mitgliedstaaten zu diesem Zwecke in außergewöhnlichen Fällen bestimmte Teile der ISA von der Anwendung ausschließen können ( „ carve-outs “ ). Solche Abweichungen von den ISA müssen durch die entsprechenden EU-Mitgliedstaaten in einem Zeitraum von sechs Monaten vor der gesetzlichen Verabschiedung gegenüber der Europäischen Kommission angezeigt werden.
In der EU-Prüferrichtlinie werden besondere, über die ISA hinausgehende Anforderungen an die Prüfung von Konzernabschlüssen gestellt. Demnach muss ein Konzernabschlussprüfer die Gesamtverantwortung für den Konzernabschluss übernehmen und besondere Dokumentationspflichten beachten. Weiterhin räumt die Richtlinie der Europäischen Kommission ebenfalls die Möglichkeit ein, im Rahmen eines abgeleiteten Rechtsaktes einen einheitlichen Bestätigungsvermerk für nach IFRS aufgestellte Abschlüsse festzulegen. Dies gilt jedoch nur, sofern die Europäische Kommission keinen entsprechenden ISA (z.B. ISA 700) im Zusammenhang mit der Anerkennung von internationalen Prüfungsgrundsätzen verabschiedet hat.
Im Nachgang zur neuen EU-Prüferrichtlinie hat die Europäische Kommission im Dezember 2005 eine neue EU-Gruppe der Prüferaufsichten (EGAOB) geschaffen. Das EGAOB hat eine Untergruppe (ISA subgroup) eingerichtet, die die Europäische Kommission hinsichtlich des »Clarity Project« sowie der Abgabe von Stellungnahmen zu ISA-Diskussionsentwürfen fachlich berät. Ob diese Gruppe auch eine Rolle bei fachlichen Beratungen hinsichtlich der verbindlichen Annahme von ISA spielen wird, ist noch ungeklärt.

VI. Bisherige Implementierung in entsprechenden deutschen Grundsätzen


Im Unterschied zu den ISA wurden die deutschen Prüfungsgrundsätze lange Zeit überwiegend in Form von allgemeinen Normen (Fachgutachten) formuliert, wobei den Berufsangehörigen ganz bewusst die Auslegung und weitere Ausfüllung überlassen wurde. Seit dem Jahre 1998 ist das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) dazu übergegangen, die Prüfungsgrundsätze in Form von Prüfungsstandards (IDW PS) und Prüfungshinweisen (IDW PH) zu verlautbaren. Diese lehnen sich in ihrer Systematik als auch in der Struktur und Ausführlichkeit stark an die ISA an. Bei jedem Prüfungsstandard wird gesondert aufgezeigt, inwieweit z.B. aufgrund rechtlicher Normen Unterschiede zu den ISA bestehen. Dieser grundsätzliche Umstellungsprozess ist mittlerweile abgeschlossen, und insgesamt entsprechen somit deutsche Prüfungsstandards in sehr hohem Maße den ISA.
Im Vorgriff auf die europäische Entwicklung hat das IDW zunächst begonnen, direkte Übersetzungen von Prüfungsstandards (z.B. E-IPS 240) zu betreiben. Diese Aktivitäten wurden im Hinblick auf das „ Clarity Project “ jedoch wieder zurückgestellt. Die WPK, die in der Vergangenheit ISA direkt übersetzte, hat die Übersetzungstätigkeit vollständig eingestellt.
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Böcking, H.-J./Orth, C./Brinkmann, R. : Die Anwendung der International Standards on Auditing (ISA) im Rahmen der handelsrechtlichen Konzernabschlußprüfung und deren Berücksichtigung im Bestätigungsvermerk, in: WPg 2000, S. 216 – 234
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Lanfermann, G. : Modernisierte EU-Richtlinie zur gesetzlichen Abschlussprüfung, in: DB 2005, S. 2645 – 2650
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Ruhnke, K. : Bedeutung internationaler Prüfungsnormen auf nationaler Ebene, in: DB 1999, S. 237 – 244
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Schindler, J./Gärtner, M. : Verantwortung des Abschlussprüfers zur Berücksichtigung von Verstößen (fraud) im Rahmen der Abschlussprüfung – Eine Einführung in ISA 240 (rev.), WPg 2004, S. 1233 – 1246
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WPK, : International Standards on Auditing (ISA), Internationale Prüfungsgrundsätze, autorisierte Übersetzung der Verlautbarungen der IFAC, Stand Juni 2002, Stuttgart 2002

 

 


 

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