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Einkommensverteilungstheorie

Die E. untersucht die Bestimmungsgründe der Verteilung des Volkseinkommens oder von Teilen des Volkseinkommens auf Produktionsfaktoren , auf Personen und Personengruppen, auf Institutionen, Sektoren oder Regionen (funktionelle, personelle , institutionelle, sektorale und regionale Einkommensverteilung). Im Vordergrund stehen die Probleme der funktionellen, der personellen und der Querverteilung des Volkseinkommens.
1. Theorien der funktionellen Einkommensverteilung untersuchen die Determinanten der Aufteilung des Produktionsergebnisses auf die an der Herstellung beteiligten Produktionsfaktoren. Im Vordergrund stehen Zwei-Faktor-Ansätze, in denen die Aufteilung des Volkseinkommens auf die beiden Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital untersucht wird. Der Anteil des Faktors Arbeit am Volkseinkommen ist die Lohn -, der des Faktors Kapital die Gewinnquote . Lohn- und Gewinneinkommen (einschließlich Zinseinkommen) (Einkommen) schöpfen das Volkseinkommen aus; die Summe aus Lohn- und Gewinnquote ist gleich eins. Die drei Hauptrichtungen der E. lassen sich danach unterscheiden, wie die für die marktwirtschaftlichen Industrieländer Westeuropas und Nordamerikas nachgewiesene langfristige Konstanz der funktionellen Einkommensquoten erklärt wird. Die neoklassische E., die Grenzproduktivitätstheorie , rückt die Angebots-, die Produktionsbedingungen, die keynesianische Einkommensverteilungstheorie die Nachfrage-, die Konsum- und Investitionsbedingungen und die Macht- und Monopolgradtheorie eine oligopolistische oder monopolistische Verfassung der Güter - und Arbeitsmärkte in den Vordergrund. Die neoklassische E. bestimmt die funktionellen Einkommensquoten unter der Annahme, auf Güter- und Arbeitsmärkten herrsche vollständige Konkurrenz. Die Unternehmungen (Betrieb, I.) maximieren den Gewinn , wenn sie den Einsatz jedes Produktionsfaktors bis zu dem Punkt ausdehnen, in dem zusätzlicher Aufwand und zusätzlicher Ertrag übereinstimmen. Im Gewinnmaximum (Gewinnmaximierung) ist darum einerseits der reale Lohnsatz gleich der Grenzproduktivität (Ertrag) der Arbeit, andererseits der reale Zinssatz gleich der Grenzproduktivität des Kapitals. Eine relative Verteuerung des Arbeits-, relative Verbilligung des Kapitaleinsatzes veranlaßt die Unternehmungen, das Verhältnis von Kapital- und Arbeitseinsatz, die  Kapitalintensität , bis zu dem Punkt zu erhöhen, in dem wiederum die realen Faktorpreise mit den Grenzproduktivitäten übereinstimmen. Die historische Konstanz der Lohn- und Gewinnquote beruht nach neoklassischer Erklärung darauf, daß Erhöhungen der Reallöhne, die nachhaltig das Wachstum der Arbeitsproduktivität überschreiten, die Erhöhung der Kapitalintensität beschleunigen, so daß die Zahl der Arbeitsplätze langsamer wächst als die der Arbeitskräfte. Wachsende Arbeitslosigkeit bewirkt dann, daß die Reallöhne langsamer steigen als die Arbeitsproduktivität, und dies impliziert, daß die zunächst gestiegene Lohnquote wieder sinkt. Umgekehrt, wenn Erhöhungen der Reallöhne, die nachhaltig das Wachstum der Arbeitsproduktivität unterschreiten, die Erhöhung der Kapitalintensität verlangsamen, wächst die Zahl der Arbeitsplätze schneller als die der Arbeitskräfte. Wachsender Arbeitskräftemangel bewirkt dann, daß die Reallöhne schneller steigen als die Arbeitsproduktivität, und dies impliziert, daß die zunächst gesunkene Lohnquote wieder steigt. Die keynesianische E. geht davon aus, daß die Übereinstimmung der Wachstumsraten von Arbeitskräfte- und Arbeitsplätzezahl bei gegebener Kapitalproduktivität eine bestimmte Höhe der gesamtwirtschaftlichen Investitionsquote und diese wiederum eine bestimmte Höhe der funktionellen Einkommensquoten erfordert. Die Höhe von Löhnen und Gewinnen beeinflußt in dieser Sicht sowohl die Verfügbarkeit von Investitionsmitteln wie den Investitionswillen der Unternehmungen. Ist die Lohnquote zu hoch, so ist die gesamtwirtschaftliche Investitionsquote zu niedrig, und die Zahl der Arbeitsplätze wächst mit einer zu niedrigen Rate. Ist umgekehrt die Lohnquote zu niedrig, so ist die gesamtwirtschaftliche Investitionsquote zu hoch, und die Zahl der Arbeitsplätze wächst mit einer zu hohen Rate. Eine im Verhältnis zur gegebenen Wachstumsrate der Arbeitskräftezahl zu niedrige Wachstumsrate der Arbeitsplätzezahl läßt unter Konkurrenzbedingungen die Reallöhne im Verhältnis zur Arbeitsproduktivität und damit die Lohnquote sinken. Dies wiederum führt über eine Erhöhung der Investitionsquote zur Angleichung der Wachstumsraten von Arbeitsplätze- und Arbeitskräftezahl. Umgekehrt läßt eine im Verhältnis zur gegebenen Wachstumsrate der Arbeitskräftezahl zu hohe Wachstumsrate der Arbeitsplätzezahl unter Konkurrenzbedingungen die Reallöhne im Verhältnis zur Arbeitsproduktivität und damit die Lohnquote steigen. Dies wiederum führt über eine Senkung der Investitionsquote zur Angleichung der Wachstumsraten von Arbeitsplätze- und Arbeitskräftezahl.Die verschiedenen Versionen der Macht- und Monopolgradtheorie der Verteilung gehen davon aus, daß in der wirtschaftlichen Wirklichkeit unvollständige Konkurrenz herrscht. Darum wurde die Grenzproduktivitätstheorie von einigen Autoren in der Weise modifiziert, daß die Annahme polypolistischer durch die oligopolistischer und monopolistischer Marktformen ersetzt ist. In diesen Modellen der modifizierten Grenzproduktivitätstheorie stimmen die realen Faktorpreise nur in Grenzfällen mit den Grenzproduktivitäten überein. Die relative Abweichung der realen Faktorpreise von den partiellen Grenzproduktivitäten wird mitunter als Monopolgrad bezeichnet. Der Monopolgrad in diesem Sinn nennt also die Abweichung der funktionellen Verteilung von jener, die sich unter sonst gleichen Voraussetzungen bei vollständiger Konkurrenz ergeben hätte. Als Monopolgradtheorie der Verteilung bezeichnet man freilich nicht diese modifizierte Grenzproduktivitätstheorie, sondern die von marxistischen und einigen nicht-marxistischen Autoren vertretene Konzeption, wonach die funktionellen Einkommensquoten die relative Macht der sozialen Klassen der Lohn- und Gewinnbezieher spiegeln. Als Monopolgrad wird dabei das Verhältnis von Gewinn- und Lohneinkommen, von Gewinn- und Lohnquote bezeichnet. Die relative Macht der Gewinnbezieher manifestiert sich in dieser Sicht in ihrem Vermögen, höhere oder niedrigere Gewinnzuschläge auf die Lohnkosten zu erheben. Damit ist im Grunde als Datum genommen, was die E. erst erklären soll: die Höhe der funktionellen Einkommensquoten. Einige Autoren haben darum versucht, die Monopolgradkonzeption mit der keynesianischen Verteilungstheorie zu verknüpfen.
2. Theorien der personellen Verteilung untersuchen die Höhe und Streuung der individuellen Einkommen. Dabei wird gegebenenfalls auch die Quer- und die Umverteilung von Einkommensteilen erfaßt, die Tatsache also, daß einzelne Personen oder Personengruppen sowohl Lohn- als auch Gewinneinkommen beziehen (Querverteilung) und daß die Verteilung der verfügbaren Einkommen (Sekundärverteilung , Einkommen) aufgrund von staatlicher und privater Umverteilung von der durch den Markt bestimmten (Primärverteilung) abweicht. Die personelle Einkommensverteilung weist erhebliche Unterschiede in den individuellen Einkommen aus (Lorenz-Kurve). Verschiedene Ansätze versuchen, diese Ungleichheit der individuellen Einkommen zu erklären. Die am häufigsten genannten Gründe sind:
(1) Die Ungleichheit der Einzeleinkommen spiegelt ungleiche Einkommenserzielungschancen; die Ungleichheit der Lohneinkommen wird auf die Unterschiede in der angeborenen und erworbenen Arbeitsqualifikation, die der Gewinn- und Zinseinkommen auf die Unterschiede in der Höhe des geerbten und erworbenen Vermögens zurückgeführt.
(2) Die Ungleichheit der Einzeleinkommen ist Ergebnis von Unterschieden in der individuellen Verwertung der gegebenen Einkommenserzielungschancen. Diese Ansätze zu einer Theorie der personellen Einkommensverteilung sind allesamt unbefriedigend, weil die personelle Verteilung unter der Annahme einer gegebenen funktionellen Einkommensverteilung analysiert wird. Darum versuchen die neueren Querverteilungsmodelle die Interdependenz von funktioneller und personeller Einkommensverteilung zu erklären. Diese Ansätze vermitteln im Vergleich zu den älteren Längsverteilungsmodellen, in denen die funktionellen Größen der Lohn- und Gewinneinkommen mit den personellen Größen der Lohn- und Gewinnempfänger deckungsgleich sind, wichtige Einsichten in die Beziehungen zwischen funktioneller und personeller Verteilung.

Literatur: H. Bartmann, Verteilungstheorie. München 1981. B. Külp, Verteilungstheorie. Stuttgart 1974. G. Schmitt-Rink, Verteilungstheorie. Tübingen-Düsseldorf 1978.

 

 


 

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