A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
wirtschaftslexikon wirtschaftslexikon
 
Wirtschaftslexikon Wirtschaftslexikon

 

wirtschaftslexikon online lexikon wirtschaftslexikon
   
 
     
wirtschaftslexikon    
   
    betriebswirtschaft
     
 
x

Relationship-Marketing

Konzepte des Relationship-Marketing gewinnen in zunehmendem Maße an Bedeutung, und insbesondere in der amerikanischen Diskussion beflügelt Relationship-Marketing Wissenschaft und Praxis dazu, von einem Paradigmawechsel im Marketing zu sprechen. Gegner hingegen sehen in diesem Konzept lediglich alten Wein in neuen Schläuchen.



Relationship-Marketing wird im weitesten Sinne als Partnerschaft oder strategische Kooperation mit allen internen und externen Anspruchsgruppen gekennzeichnet. Der Begriff des Relationship-Marketing weist damit eine hohe Ähnlichkeit mit dem deutschen Begriff „ Beziehungsmanagement “ auf. Im Rahmen eines Beziehungsmanagement wird versucht, durch eine sorgfältige Analyse der Beziehungsstrukturen, -profile und -Perspektiven mit verschiedensten Partnern eines Unternehmens eine strategisch orientierte, auf spezifische Beziehungsziele hin ausgerichtete „ Außenpolitik “ zu entwerfen, die u. U. sogar spezifische Wettbewerbsvorteile durch größere Nähe zu diesen Partnern und Teilnahme am Netzwerk aller Partner verschafft.



Konzepte des Relationship-Marketing schärfen somit die Aufmerksamkeit für die langfristige Gestaltung der Beziehungen eines Unternehmens zu seinen Kunden sowie allen anderen Anspruchsgruppen. Eigentlich wird hiermit eine originäre Aufgabe des Marketing angesprochen, denn zumindest die Hersteller-Kundenbeziehung ist der Kern aller Marketingaktivitäten. Was ist also das Besondere am Relationship-Marketing? Drei Besonderheiten lassen sich mit der Beantwortung der folgenden Fragen hervorheben: Welche Unternehmen sehen heute im Relationship-Marketing neue Erfolgschancen? Welcher Partner steht im Relationship-Marketing im Mittelpunkt der Betrachtungen? Wie werden Konzepte des Relationship-Marketing im Entscheidungsprozeß des Marketing berücksichtigt?



Relationship-Marketing bildet bereits seit mehreren Jahrzehnten zumindest implizit den Gegenstand von Forschung und Praxis im Dienstleistungsbereich, Investitionsgütermarketing und vertikalen Marketing. Die Integration des Kunden als sog. externen Faktor bei der Dienstleistungserstellung oder bei der Auftragserstellung eines Anlagengutes erfordert im Vergleich zum Massenguthersteller eine ausführliche Analyse und Gestaltung der Hersteller-Kundenbeziehung. In klassischen Massenmärkten wurde dieser Aspekt vernachlässigt. Hier glaubten Unternehmen, über ihre „ Markenpersönlichkeiten “ zum Konsumenten eine dauerhafte Beziehung geschaffen zu haben. Phänomene der zunehmenden Markenerosion und des Markenwechsels zeigen jedoch, dass die Hersteller-Kundenbindung über die klassische Markenpolitik nicht mehr gehalten werden kann. Darüber hinaus zeigen sich in vielen Märkten Sättigungstendenzen mit einem ausgeschöpften Potential an Erstkäufern. Die Bindung und Pflege bestehender Kunden erlangt somit im Relationship-Marketing besondere Bedeutung und erweist sich auch nach empirischen Studien ökonomisch effizienter als das aggressive Abwerben von Kunden der Konkurrenz. Somit scheint es verständlich, dass Relationship-Marketing aus Effizienzbetrachtungen heraus bei jenen Unternehmen heute in der Diskussion ist, die sich bisher einem anonymen und wachsenden Massenmarkt gegenübersahen.



Eine weitere Besonderheit des Relationship-Marketing ist hervorzuheben, wenn man der Frage nachgeht, welche Partner letztendlich betrachtet werden. In seiner breitesten Fassung schließt der Begriff des Relationship-Marketing alle Personen und Institutionen im externen sowie internen Umfeld eines Unternehmens mit ein. In Abhängigkeit der betrachteten Beziehungen lassen sich hierbei vertikale (z. B. Hersteller-Handel, Hersteller-Konsument), horizontale (Hersteuer-Wettbewerb) und laterale (z. B. Unternehmung-Behörden) Beziehungsfelder unterscheiden. Im engeren Sinne stellen Ansätze des Relationship-Marketing die vertikalen Beziehungen zum Abnehmer in den Vordergrund. Letztendlich wird eine Wettbewerbsprofilierung über eine langfristige Kundenbindung zu erreichen versucht, die ein hohes Maß an Kundenzufriedenheit und -vertrauen voraussetzt. Insgesamt bietet die Betrachtung vertikaler Beziehungsfelder im Relationship-Marketing keine neue Perspektive. Sie ist dem Marketing seit jeher vertraut. Lediglich der Aspekt der „ Langfristigkeit “ einer Beziehung erfährt eine besondere Betonung und schärft die Aufmerksamkeit für die konsequente Verfolgung von Kundenbindungszielen.



Mit Rückgriff auf die weite Fassung des Relationship-Marketing bilden laterale Beziehungsfelder neue Herausforderungen für das Marketing. In der Vergangenheit führte die Betonung der Beziehungen zu kommerziellen Transaktionspartnern (Handel, Kunden) zu einer „ Marketing Myopia “ , in der Techniken im Umgang mit kritischen Anspruchsgruppen außerhalb des bisher betrachteten Transaktionsfeldes im Instru-mente-Mix der Öffentlichkeitsarbeit verkümmerten. In vielen Industriebereichen wird immer deutlicher erkennbar, dass vielfach nur durch ein proaktives Beziehungsmanagement insbesondere zu kritischen Anspruchsgruppen die Position in der Gesellschaft und im Markt behauptet werden kann. In diesen Bereichen gilt es, neue Konzepte und Gestaltungsempfehlungen zu entwickeln. Beispielsweise stellt sich die Frage, ob das Marketing für Risiko-Dialoge verantwortlich ist und mit welchen weiteren Techniken dauerhafte Beziehungen zu allen Anspruchsgruppen außerhalb der kommerziellen Transaktionsfelder sicherzustellen sind.



Besonderheiten des Relationship-Marketing werden weiter in der Systematik deutlich, mit der der Entscheidungsprozeß im Marketing auf das Beziehungsmanagement ausgerichtet wird. Philip Kotler sieht die Notwendigkeit, in allen Stufen eines Marketingentscheidungsprozesses die Perspektive des Beziehungsmanagement einzubeziehen. Bereits im Rahmen der Situationsund Wettbewerbsanalyse ist der „ Level of Partnership “ des eigenen Unternehmens und der der Wettbewerber genau zu analysieren, um Vorgaben für das Relationship-Marketing zu entwickeln.



Bei der strategischen Ausrichtung im Marketing ist festzulegen, für welche Zielgruppen welche Intensitätsstufe des Beziehungsmanagement einzusetzen ist. In der Hersteller-Kunde-Beziehung differenziert Kotler beispielsweise zwischen: 1. Bare Bones (basic transactions), 2. reactive (call me if you need me), 3. accountable (I am calling to see if the product is okay) und 4. proactive (I can enhance the use of the product) strategies. In Abhängigkeit des angestrebten Partnership-Level gilt es, die einzelnen Marketinginstrumente zu prüfen, inwieweit sie geeignet sind, ein reaktives oder proaktives Beziehungsmanagement sicherzustellen. Insbesondere durch die Einbeziehung neuer Kommunikationstechnologien und Formen des Database-Marketing werden auch auf Massenmärkten Basistransaktionen zunehmend zu interaktiven Beziehungen ausgebaut.



In einer zusammenfassenden Würdigung ist festzustellen, dass das Konzept des Relationship-Marketing Hilfestellungen für die konsequente Ausrichtung von Marketingentscheidung an langfristigen Beziehungen zum Kunden und zu Anspruchsgruppen gibt. Hierbei kann zum Teil auf Erkenntnisse des Beziehungsmanagement im Investitions-, Dienstleistungs- und vertikalen Marketing zurückgegriffen werden. Einen Paradigmawechsel scheint das Relationship-Marketing allerdings nicht anzukündigen.


 

 


 

<< vorhergehender Begriff
nächster Begriff >>
Rekursionsprinzip
 
relativ inferiores Gut