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Markenpolitik

i. e. S. beschäftigt sich mit dem Aufbau und der Pflege von Produktangeboten als Mar­kenartikel. Sie stellt ein zentrales Element des Marketing dar, da es sich häufig zeigt, dass die Marken eines Unternehmens vom Kunden als Synonym für die Leistungsfähigkeit der gesamten Unternehmung betrachtet werden. Als Markenpolitik i. w. S. können die mit der Markierung von Produkten (Namen, Sym­bole, Zeichen) verbundenen Maßnahmen verstanden werden. I. d. S. läßt sich jedes un­ternehmerische Produkt- oder Leistungsan­gebot als Marke verstehen, das aus bestellpo- litischen und rechtlichen Gründen mit einem Markennamen versehen ist. ii. Die Gründe für den zeit- und kostenaufwen­digen Aufbau (im Konsumgütersektor ist mit zweistelligen Millionenbeträgen und mehreren Jahren zu rechnen) und die Pflege von Markenartikeln sind vielfältig. Der Mar­kenartikel soll es seinem Anbieter erleich­tern, eine gegenüber der Konkurrenz heraus­ragende Marktstellung zu erreichen (Differenzierungsziel; Wettbewerbsstra­tegie). Das eigene Produktangebot läßt sich damit gegenüber unternehmensfremden Of­ferten besser abgrenzen, um etwa Ausstrah­lungseffekte der eigenen Produktwerbung auf den Absatz ähnlicher Konkurrenzpro­dukte zu vermeiden. Auch der Händler ist - falls er nicht eigene Handelsmarken anbietet - an Herstellermarken interessiert, da durch intensive (Hersteller-) Werbung bereits Nachfrage geschaffen wurde, die Produkte quasi „vorverkauft“ sind. Ziel der Marken­politik ist es, dem Markenartikel einen echten Leistungsvorteil zu verschaffen, eine Ver­trauensbeziehung zwischen Hersteller und Verbraucher aufzubauen und auch zu pfle­gen. Im Rahmen der Markenpolitik gilt es weiterhin, eine Markenpersönlichkeit zu formen, diese zu positionieren (Positio­nierung), entsprechende Zielgruppen zu seg­mentieren (Marktsegmentierung) und die Marke im Bewusstsein dieser Zielgruppen zu verankern. Dies wird insb. dann erreicht werden können, wenn es dem Marketing gelingt, emotionale Konsumentenbedürf­nisse anzusprechen und die angestrebte Po­sitionierung der Marke durch klassische Konditionierung und emotionale Pro­duktdifferenzierung zu festigen. Mittels der mehrdimensionalen Einstellungsmessung lassen sich anschließend Kontrollinformationen dafür gewinnen, ob die erwünschte Einstellungsänderung im Wahrnehmungs- raum der Konsumenten erreicht wurde. Wichtige operative Ziele der Markenpolitik sind die Markenbekanntheit bzw. Ver­kehrsgeltung und Markentreue. In Zeiten allgemeiner Bedarfsdeckung und Marktsättigung gewinnen solche Marken an Bedeutung, denen es gelingt, eine Verbin­dung zum Lebensstil bestimmter Zielgrup­pen herzustellen (Medienstil). In diesem Zusammenhang ist auf Phänomene wie den demonstrativen Konsum hinzuweisen, der die Intentionen einer Markierung erheblich unterstützen kann, wenn etwa in der Wer­bung auf eine soziale Auffälligkeit des Mar­kenkonsums abgestellt wird und prestige­trächtige Symbole Verwendung finden (Veblen-Effekt). Der Aufbau und die Pfle­ge von Markenartikeln sowie die damit ver­bundenen markenpolitischen Maßnahmen sind in den letzten Jahren für viele Anbieter zu einem zentralen Ziel ihres Marktauftritts geworden. Die Suche nach Individualität ei­ner Marke (brandidentity) bestimmt insb. in gesättigten Märkten vor dem Hintergrund der Gefährdung durch me-too-Produkte (Plagiate) den Einsatz des gesamten Mar­ketinginstrumentariums. In diesem Zusam­menhang sind Prinzipien der Marken technik entwickelt worden, die u. a. wahrnehmungs­psychologischen Erkenntnissen bei der Ge­staltung des Markenzeichens, der Verpackung, der Werbung usw. Rechnung tragen. Aus Erfahrungen der Praxis hat sich gezeigt, dass als wesentlicher Bestandteil einer erfolg­reichen Markenpolitik, unabhängig von ei­ner als selbstverständlich vorausgesetzten Fortentwicklung und lfd. Anpassung an ge­änderte Konsumentenbedürfnisse, eine ge­wisse Kontinuität im Marktauftreten vor­handen sein sollte. Den markenpolitischen Schwerpunkt in der Marktbearbeitung bildet neben der Gestaltung der Marke selbst (Qualität, Markenname, Produktde­sign, Verpackung, Image) die Publi­kumswerbung (Werbung), die durch viel­fältige Aktivitäten der Verkaufsförde­rung, des Sponsoring und Product Placement sowie des Merchandising flan­kiert wird. Die Anpassung an veränderte Umweltbedingungen erfordert dabei immer wieder Modifikationen im Erscheinungsbild der Marke (z.B. umweltfreundlichere Ver­packung) oder gar einen gänzlichen Re­launch. Während noch bis in die 50 er Jahre hinein die Marken der Konsumgüterhersteller domi­nierten, haben sich die Techniken der Mar­kenpolitik inzwischen auch auf den Dienst- leistungs- und Investitionsgüterbereich ausgedehnt. Daneben bemüht sich auch der Handel aus macht- und profilierungstechm- schen Gründen um den Aufbau von Han­delsmarken. Ihren Ausdruck findet die Markenpolitik in der Ausgestaltung der verschiedenen Mar­kenstrategien. Insb. auf Massenmärkten sind unterschiedliche Strategien des Aufbaus und der Pflege von Marken zu beobachten. Häufig angewandte Markenstrategien sind Einzelmarkenstrategien, Markenfamilien- strategiem, Dachmarkenstrategien sowie Mehrmarkenstrategien. Einzelmarken- oder SolitärmarkenStrategien zielen darauf ab, dass für einzelne Pro­dukte auch einzelne, unterschiedliche Mar­ken entwickelt und im Markt durchgesetzt werden. Die Einzelmarkenstrategie ist damit verbunden, dass die Herkunft des einzelnen Erzeugnisses nicht werblich herausgestellt wird, dem Konsumenten oft sogar verborgen bleibt. Die Konsumenten erfahren nicht, dass die unterschiedlichen Markenartikel von ei­nem einzigen Anbieter stammen (klassisches Beispiel: Procter & Gamble). Die Bedingun­gen bzw. Voraussetzungen für einen Her­steller, einen Teil seiner Produkte wie bei der Dachmarkenstrategie offen unter seinem Namen zu führen und bei einem anderen Teil hinter seine Einzelmarken zu treten, werden durch den Markt, das Unternehmen selbst und die von ihm gewählte Marketingstrate­gie bestimmt. Darüber hinaus können etwa im Zuge von Unternehmensübernahmen be­kannte Marken unter ein neues Firmendach geraten, die sich aus sortimentspolitischen Erwägungen nur schwer in das dort bereits bestehende Sortiment eingliedern lassen. Es kann daher geboten sein, diese Marken ei­genständig zu führen. Darüber hinaus kön­nen mit Einzelmarkenstrategien eventuelle negative Ausstrahlungseffekte vermieden werden. Auch eine mangelnde Tragfähigkeit eines Stammproduktes für einen Marken- bzw. Imagetransfer oder heterogener wer­dende Sortimente können Anlässe für eine solche Strategie darstellen. Als Kritikpunkte können der hohe Zeit- und Kostenaufwand zum Aufbau der verschiedenen Marken ge­nanntwerden. Markenfamilienstrategien stellen eine ein­heitliche Markenbezeichnung in den Vor­dergrund einer Produktgruppe („Produktli­nie“), unter der dann verschiedene Einzel­produkte angeboten werden (Beispiele: Nivea, Tesa, Audi). Die einzelnen Produkte profitieren vom Image der gesamten Mar­kenfamilie (Markentransfer) und ermögli­chen so eine kostengünstige Ausweitung („ line extension “) bzw. Anpassung des Sorti­ments. Vor allem im Bereich der Körperpfle­ge und Kosmetik ist diese Markenstrategie häufig zu beobachten. Dachmarkenstrategien verbinden den Fir­mennamen mit sämtlichen angebotenen Pro­dukten. Der Unternehmensname gilt als Dachmarke, selbst dann, wenn sehr unter­schiedliche Leistungsangebote im Markt vertreten sind (Beispiele: Siemens, Yamaha, Camel). Es wird mittels Kompetenzübertra­gung versucht, das Image (Vertrauen), das sich ein Produkt beim Konsumenten erwer­ben konnte, auf neue Sortimentsbereiche auszudehnen. Als klassische Dachmarke kann die Marke Dr. August Oetker bezeich­net werden, die sich als gemeinsames Mar­kendach über eine größere Zahl von Einzel­marken erstreckt. Die Dachmarkenstrategie ermöglicht Synergieeffekte, z.B. in der Zu­sammenarbeit mit Handelspartnern und v. a. in der Kommunikation mit dem Verbrau­cher. In jüngster Zeit wird dieser Effekt durch verstärkten Gebrauch von Marken­lizenzen wirtschaftlich gezielt genutzt. Z. T. werden dazu, z.B. via Fernsehserien, mar­kenfähige Figuren mit hohem Aufwand auf­gebaut und anschließend ausschließlich oder überwiegend im Wege der Vergabe von Mar­kenlizenzen vermarktet. Im Zusammenhang mit Dachmarken spielt also der Marken­transfer eine besondere Rolle, d. h. die Über­tragung des positiven Markenimages eines Produktes auf Produkte anderer Leistungs­bereiche, um Vertrauensvorschüsse nutzbar zu machen. Es besteht allerdings auch die Gefahr des Transfers eines negativen Images. Ist der neue Sortimentsbereich in der Anmu­tung der Verbraucher zu weit von der Dach­marke entfernt, wird oft auch mit Submarken gearbeitet. Mit Mehrmarkenstrategien (Multimarken- Strategien) strebt ein Anbieter an, unter­schiedliche Marken zu entwickeln, die sich gleichzeitig an ähnliche Marktsegmente rich­ten. Sie sind v. a. in stark gesättigten Märkten zu beobachten (z. B. Waschmittel- und Ziga­rettenmarkt). Mehrmarkenstrategien sind mit einem hohen Aufwand verbunden, da sämtliche Marken selbständig vermarktet werden müssen. Selbst wenn dabei die Ge­fahr der Substitution innerhalb des eigenen Sortiments besteht („Kannibalisierungsef- fekt“), soll durch mehrere auf den Massen­markt gerichtete Marken eine höhere Markt- ausschöpfung durch das Unternehmen erreicht werden. Negative Ausstrahlungsef­fekte, etwa ausgelöst durch „flops“, können dadurch vermieden werden. 

Literatur:  Meffert, H.; Brubn, M., Markenstrate­gien im Wettbewerb, Wiesbaden 1984. Bureau,]., Brand Management, London 1981.

 

 


 

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