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Derivate


Inhaltsübersicht
I. Grundlagen
II. Typen von Derivaten
III. Einsatzbereiche von Derivaten
IV. Abbildung von Derivaten in der Bilanz

I. Grundlagen


Derivate (synonym Termingeschäfte) sind abgeleitete Wertpapiere, d.h. sie beziehen ihren Wert aus einer Zahlung, die an eine oder mehrere zugrunde liegende, meist ökonomische, Größen (Underlying) gekoppelt ist. Diese können Aktien- oder Anleihekurse, Zinssätze, Indizes, Devisenkurse, Preise von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Rohstoffen, Ausfallwahrscheinlichkeiten von Unternehmen oder auch Credit Spreads, d.h. die Renditedifferenzen zwischen ausfallriskanten und sicheren Anleihen, sein. In jüngster Zeit wurden auch zunehmend so genannte Wetterderivate (auf Temperaturen oder Niederschlagsmengen), Stromderivate (auf Strompreise) und Volatilitätsderivate (auf die Schwankungsbreite der Renditen des Underlyings) in den Handel eingeführt. Details zu den aktuell gehandelten Derivaten sowie Informationen zu Handelsvolumina und ähnlichen Größen findet man z.B. auf www.eurexchange.com für die EUREX oder für den Over-the-Counter-Markt auch bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (www.bis.org).
Charakteristisch für ein Derivat ist das zeitliche Auseinanderfallen des Geschäftsabschlusses (im Sinne des Abschlusses eines bilateralen Vertrags) und der Erfüllung durch Lieferung des Underlyings gegen die vereinbarte Bezahlung. Ferner ist bei manchen Derivaten die Erfüllung von der Ausübung eines Wahlrechts einer der beiden Parteien abhängig. Ist die Erfüllung des Geschäfts abhängig bzw. unabhängig von einem solchen Wahlrecht, spricht man von einem bedingten bzw. unbedingten Termingeschäft. Beispiele für unbedingte Termingeschäfte sind Forwards, Futures und Swaps, während Optionen als wichtigste bedingte Termingeschäfte anzusehen sind. Es ist bei Derivaten nicht unbedingt erforderlich, dass bei Erfüllung tatsächlich das Gut (z.B. eine Aktie) physisch geliefert wird (Physical Delivery). Alternativ dazu ist auch ein Barausgleich (Cash Settlement) möglich. Hier wird statt der Lieferung der Ware gegen Bezahlung der Unterschiedsbetrag zwischen den Ansprüchen der beiden Vertragsparteien in bar gezahlt. Eine mangelhafte Liquidität des Underlyings im Liefertermin kann beim Cash Settlement im Gegensatz zur Physical Delivery kaum zu Verzerrungen des Marktgeschehens führen. Eine ausführliche Darstellung dieser Grundlagen sowie vertiefende Ausführungen zu den folgenden Themen findet man z.B. bei Hull, John C. 2005.

II. Typen von Derivaten


1. Unbedingte Terminkontrakte: Forwards, Futures, Swaps


Ein Forward ist die bindende Vereinbarung zwischen zwei Parteien über die zukünftige Lieferung eines Gutes zu einem heute festgelegten Preis, dem so genannten Forward-Preis. Die Partei, die am Liefertermin die Ware erhält, wird auch als Long bezeichnet, die Gegenseite entsprechend als Short. Die Long-Seite macht also beim Forward einen Gewinn, wenn der Wert des zu liefernden Gutes am Liefertermin über dem Forward-Preis liegt, und umgekehrt. Die Short-Partei dagegen profitiert von einem niedrigen Wert des Gutes am Liefertermin. Forwards weisen also symmetrische Zahlungsprofile auf, d.h. sowohl die Long- als auch die Short-Partei können am Liefertermin Gewinn oder Verlust machen. Bei Forwards findet das Settlement erst am Ende der Laufzeit statt. Haben sich bis dahin große Verluste bei einer der beiden Parteien akkumuliert, z.B. bei der Short-Partei aufgrund stark gestiegener Kurse des Underlyings, kann dies zu deren Ausfall führen, sodass für die andere Partei der entsprechende Gewinn verloren geht. Dies führte dazu, dass die ursprünglich bilateral gehandelten Forwards stärker standardisiert und zum Handel an Börsen eingeführt wurden. Diese Kontrakte werden als Futures bezeichnet. Der wesentliche Unterschied zu Forwards ist das tägliche Settlement der Futures, d.h. die börsentägliche Abrechnung von Gewinnen und Verlusten über das Marginkonto. Sinkt dieses unter einen vorgegebenen Mindeststand, erhält der Inhaber die Aufforderung zum Nachschuss. Kann er dieser nicht nachkommen, wird seine Position geschlossen. Die Gegenseite des Kontrakts ist davon nicht betroffen, da die Börse in die Position eintritt. Das bei Forwards bestehende Ausfallrisiko ist damit erheblich gemindert.
Ein Swap ist eine bindende bilaterale Vereinbarung über den Tausch von Zahlungsströmen. Das einfachste Beispiel für einen Swap ist der Tausch von festen gegen variable Zinszahlungen auf einen bestimmten Nennwert. Aus der Sicht der Festzahlerseite spricht man von einem Payer Swap, während aus der Sicht der variabel zahlenden Partei ein Receiver Swap vorliegt. Die variable Zahlung wird dabei an einen Referenzzins wie z.B. Libor gekoppelt. Bei Abschluss eines Swaps ist dann der entsprechende Festzins zu vereinbaren. Während der Laufzeit des Kontrakts findet dann zu den so genannten Reset Dates eine Anpassung des variablen Zinssatzes statt. Auf der Basis dieses neuen Zinssatzes erfolgt dann eine Ausgleichszahlung zwischen den Parteien, deren Richtung vom Verhältnis des variablen und des festen Zinssatzes abhängt.
Unbedingte Terminkontrakte sind meist so konstruiert, dass bei Vertragsabschluss keine Zahlungen zwischen den Vertragsparteien erfolgen, der Kontraktwert also null ist. Dies wird durch die geeignete Wahl des Forward- oder Futurespreises bzw. durch Festlegung des entsprechenden Festzinssatzes bei einem Swap erreicht. Der Wert eines solchen Terminkontrakts muss jedoch in der Zukunft nicht null bleiben, sondern kann je nach Wertentwicklung des Underlyings positiv oder negativ werden (vgl. Hull, John C. 2005).

2. Bedingte Terminkontrakte

a) Standardoptionen


Man unterscheidet grundsätzlich zwischen einer Kaufoption (engl. Call) und einer Verkaufsoption (engl. Put). Der Inhaber einer Kaufoption hat das Recht, nicht jedoch die Pflicht, das Underlying zu einem bestimmten Festpreis, dem so genannten Basispreis, zu bestimmten Terminen während der Optionsfrist zu kaufen. Kann dieses Recht jederzeit ausgeübt werden, nennt man die Option amerikanisch, falls es nur am Ende der Optionsfrist ausgeübt werden kann, europäisch. Der Inhaber einer Verkaufsoption hat das Recht, das Underlying zum Basispreis zu verkaufen, wobei man wieder zwischen amerikanischem und europäischem Optionstyp unterscheidet. Im Gegensatz zu Forwards und Futures wird grundsätzlich der Inhaber des Optionsrechts als Long-Partei bezeichnet, d.h. der Inhaber einer Kaufoption ist einen Call long, während der Inhaber einer Verkaufsoption einen Put long ist. Entsprechend ist der Verkäufer (Stillhalter) in beiden Fällen die Option short.
Aufgrund des Wahlrechts der Long-Partei weisen Optionen asymmetrische Zahlungsprofile auf. Das Optionsrecht wird nur dann ausgeübt, wenn dem Inhaber dadurch wirtschaftliche Vorteile erwachsen. Die Auszahlung einer europäischen Kaufoption im Fälligkeitstermin ist z.B. gleich dem Maximum aus zum einen der Differenz zwischen dem Wert des Underlyings und dem Basispreis und zum anderen null. Dies bedeutet, dass die Short-Partei nach dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses keine Zahlungen mehr erhalten kann. Die einzige Möglichkeit zur Kompensation der Short-Seite ist daher die Zahlung einer Prämie bei Vertragsabschluss. Die Bestimmung dieser Prämie in Abhängigkeit von bestimmten Charakteristika der betrachteten Option und des Underlyings ist Gegenstand der Optionspreistheorie. Die Asymmetrie des Auszahlungsprofils einer Option ist der wesentliche Grund dafür, dass Optionen auf stärker schwankende Underlyings teurer sind als solche auf weniger volatile. Der Inhaber kann von für ihn günstigen Kursschwankungen profitieren, ohne im anderen Fall Nachteile zu erleiden.
Weitere wichtige Einflussfaktoren für den Wert einer Option sind der gegenwärtige Wert des Underlyings, der Basispreis und die Restlaufzeit. Ceteris paribus steigt ein Call im Wert bei einer Wertsteigerung des Underlyings, während der Put billiger wird. Ein höherer Basispreis reduziert den Wert eines Calls und steigert den Putpreis. In den meisten Szenarien führt eine höhere Laufzeit zu höheren Werten sowohl für Puts als auch für Calls. Als grundlegend für die moderne Optionspreistheorie gilt das Black-Scholes-Modell (Black, Fischer/Scholes, Myron 1973), das später verallgemeinert (vgl. z.B. Merton, Robert C. 1976 und Heston, Steve 1993) und auch didaktisch zugänglicher dargestellt wurde (vgl. Cox, John C./Ross, Stephen A./Rubinstein, Mark 1979). Ein Überblick findet sich wiederum bei Hull, John C. 2005.
Eine wichtige, in allen Modellen gültige Relation zwischen den Preisen von europäischen Kauf- und Verkaufsoptionen ist die Put-Call-Parität (Stoll, Hans R. 1969), nach der eine Position aus Underlying und Put ökonomisch zu einer Position aus Call und Bargeld in Höhe des Barwertes des Basispreises äquivalent ist. Diese Gleichung erlaubt z.B. die synthetische Herstellung einer Verkaufsoption aus Aktie, Call und Cash, was die Grundlage von Arbitragestrategien darstellt (siehe unten).

b) Exotische Optionen


Exotische Optionen weisen komplexere Auszahlungsprofile auf als die oben beschriebenen Standardderivate. Eine solche exotische Produkteigenschaft ist z.B. die Pfadabhängigkeit der Auszahlung einer Option. Während die Auszahlung einer Standardoption nur vom Wert des Underlyings im Ausübungszeitpunkt abhängt, ist bei einer pfadabhängigen Option die (teilweise oder gesamte) Folge der Werte des Underlyings bis zum Fälligkeitszeitpunkt relevant. Bei einer Barrier-Option wird beispielsweise eine kritische Grenze (Barrier) für den Wert des Underlyings festgelegt, bei deren Über- oder Unterschreitung während der Optionsfrist ein bestimmtes Ereignis ausgelöst wird. Bei einer Knock-In-Option wird das Optionsrecht in diesem Fall überhaupt erst begründet, während es bei einer Knock-Out-Option erlischt. Tritt das Ereignis bei einer Überschreitung der kritischen Grenze ein, handelt es sich um eine Up-Barrier, andernfalls um eine Down-Barrier. Kombiniert man diese Spezifikationen mit einer Standardoption, so erhält man beispielsweise einen Down-and-Out-Call, bei dem das Kaufoptionsrecht erlischt, wenn der Wert des Underlyings zu irgendeinem Zeitpunkt die Down-Barrier unterschreitet. Bei einem Up-and-In-Put würde das Optionsrecht überhaupt erst entstehen, wenn der Wert des Underlyings während der Laufzeit die Up-Barrier überschreitet. Ein weiteres Beispiel für Kontrakte mit pfadabhängiger Auszahlung stellen so genannte asiatische Optionen dar, deren Auszahlung vom Durchschnitt der Kurse des Underlyings während der Optionsfrist abhängt. Noch ein exotisches Element kann bei Optionen dadurch entstehen, dass sie von mehreren Underlyings abhängen. Im einfachsten Fall ist das Underlying dann ein Portfolio, z.B. von verschiedenen Aktien, und die Auszahlung der Option hängt vom Wert des Portfolios ab (Basket-Option). Andere Optionen mit mehreren Underlyings weisen Auszahlungsprofile auf, die z.B. vom Minimum oder Maximum der Werte der einzelnen Underlyings im Fälligkeitszeitpunkt der Option abhängen (Rainbow-Optionen).

c) Strukturierte Produkte


Strukturierte Finanzprodukte, insbesondere so genannte Zertifikate, sind vor allem in Deutschland bei Privatanlegern sehr populär. Sie stellen meist Kombinationen aus einer Aktienanlage oder einem festverzinslichen Investment und Optionen dar. Ein Discountzertifikat beispielsweise gewährt dem Käufer einen „ Discount “ auf den gegenwärtigen Aktienkurs. Im Gegenzug kann der Käufer jedoch nicht voll an Wertsteigerungen der Aktie partizipieren, da ab einer bestimmten Höchstgrenze für den Aktienkurs nur noch diese Höchstgrenze, nicht jedoch der Aktienkurs gezahlt wird. Es handelt sich bei einem Discountzertifikat um eine Kombination aus Aktie und Call short (oder alternativ um eine festverzinsliche Anlage und einen Put short). Der Anleger verkauft also implizit eine Option an den Emittenten des Zertifikats und finanziert so den Discount. Eine Aktienanleihe ist eine Anleihe, die während der Laufzeit (meist relativ hohe) Kuponzahlungen garantiert, bei der jedoch der Rückzahlungsbetrag vom Wert der zugrunde liegenden Aktie abhängt. Üblicherweise erfolgt die Rückzahlung zum Nominalwert, wenn die Aktie am Fälligkeitstermin der Anleihe über einem gewissen Wert notiert, andernfalls erhält der Investor die Aktie (bzw. eine gewisse vorab spezifizierte Anzahl von Aktien). Auch hier hat der Investor dem Emittenten implizit einen Put verkauft, da der Emittent von fallenden Kursen der Aktie profitiert. Ein typisches Turbo-Zertifikat schließlich beinhaltet eine Barrier-Option, sodass der Kontrakt bei Erreichen der Grenze erlischt. Als Informationsquelle sei aufgrund der raschen Veränderungen in diesem Marktsegment in erster Linie auf das Internet verwiesen.

III. Einsatzbereiche von Derivaten


1. Hedging


Unter Hedging versteht man die systematische Kombination von negativ korrelierten Finanztiteln zum Zwecke der Risikoreduktion. Der Risikobegriff kann dabei sowohl symmetrisch als auch asymmetrisch verstanden werden, d.h. Hedging kann sowohl die Reduktion der Schwankung (Volatilität) einer Position als auch die Verminderung des (asymmetrischen) Verlustrisikos zum Ziel haben. Im Falle der völligen Elimination jeglichen Risikos spricht man von einem perfekten Hedge.
Will man bei einer gegebenen Long-Position im Underlying (z.B. in einer Aktie) das Risiko von positiven und negativen Wertschwankungen hedgen, können hierzu Forwards verwendet werden. Die Kombination aus dem Underlying und dem Forward short führt dazu, dass das Underlying synthetisch auf Termin zu einem bereits heute feststehenden Preis verkauft wird. Daraus resultiert ein sicherer zukünftiger Wert der Gesamtposition. Analog kann der Einstandspreis für einen zukünftigen Erwerb des Underlyings bereits heute durch eine Long-Position im Forward festgeschrieben werden. Da bei Abschluss eines Forwards keine Zahlungen fließen und keine Prämie zu entrichten ist, ist dieser Hedge kostengünstig. Er weist jedoch den Nachteil auf, dass im Falle der Kombination aus Underlying long und Forward short der Investor zwar gegen Kursverluste abgesichert ist, aber gleichzeitig auch nicht an Kursteigerungen partizipieren kann.
Eine Long-Position im Underlying kann auch durch den Kauf einer Put-Option gegen Kursverluste abgesichert werden, ohne dass die Partizipation an Kurssteigerungen verloren geht. Bei fallenden Kursen des Underlyings erhält der Investor aus dem Put eine Ausgleichszahlung zur Minderung bzw. Deckung der Verluste, bei steigenden Kursen wird der Put nicht ausgeübt, es ist jedoch auch keine Zahlung erforderlich. Diese Hedge-Variante ist nicht kostenlos, da die Optionsprämie zu zahlen ist, welche ökonomisch betrachtet den Preis für den Erhalt der Partizipationsmöglichkeit bei steigenden Kursen des Underlyings darstellt.
Im Gegensatz zu dem beschriebenen Mikro-Hedge, bei dem im Prinzip jeder einzelnen Underlying-Position ein Derivat gegenüber gestellt wird, werden Derivate beim Makro-Hedge eingesetzt, um eine bestimmte Risikoart für ein ganzes Portfolio, im Extremfall für das gesamte Unternehmen, zielgerichtet zu steuern. So kann z.B. mit Hilfe eines Aktienindexfutures das Aktienrisiko im Kontext eines breit diversifizierten Portfolios aus verschiedenen Finanztiteln (z.B. Aktien, Anleihen, Commodities) gesteuert werden, ohne dass für jede Einzelposition ein Hedge konstruiert wird. Beim Makro-Hedge verbleibt durch die meist imperfekte Übereinstimmung von Portfolio und Underlying das Basisrisiko, d.h. ein perfekter Hedge ist in den meisten Fällen nicht möglich.

2. Spekulation


Derivate eignen sich aufgrund ihres meist geringeren Kapitaleinsatzes sehr gut für spekulative Zwecke, da im positiven Fall der Ertrag je eingesetzter Einheit Kapital sehr hoch werden kann. Allerdings tritt diese Hebelwirkung natürlich auch im Verlustfall auf.
Eine Forward Long-Position stellt eine Spekulation auf steigende Kurse des Underlyings am Liefertermin dar. Analog würde man mit einer Short-Position im Forward auf fallende Kurse setzen. Der zentrale Vorteil der Spekulation mit Forwards ist die große Hebelwirkung, da praktisch kein Kapital im Kontrakt gebunden ist. Der Forward weist jedoch andererseits unbeschränkte Haftung auf, d.h. für den Investor können in der Zukunft noch Zahlungsverpflichtungen entstehen, während bei einem direkten Erwerb des Underlyings keine weiteren zukünftigen Auszahlungen mehr anfallen. Für Futures gelten prinzipiell die gleichen Aussagen.
Der Erwerb einer Kaufoption stellt ähnlich wie ein Forward long eine Spekulation auf steigende Kurse dar, ist allerdings mit Kosten in Höhe der Optionsprämie verbunden. Dafür entfällt das Risiko zukünftiger Zahlungsverpflichtungen. Analog kann ein Put verwendet werden, um auf fallende Kurse zu spekulieren. Ein Call short kann ferner als Wette auf fallende Kurse aufgefasst werden, da der Optionsverkäufer zu Beginn die Prämie erhält und im Falle nicht oder nur wenig steigender Kurse keine zukünftige Zahlung leisten muss. Analog repräsentiert der Verkauf einer Put-Option eine Spekulation auf steigende Kurse.

3. Arbitrage


Eine Arbitragemöglichkeit liegt vor, wenn ein Portfolio ohne Kapitaleinsatz und ohne Risiko positive Rückflüsse für den Investor erbringt. Im Kontext von Derivaten ist eine solche Arbitragemöglichkeit gegeben, wenn ein Derivat relativ zum Underlying oder anderen Finanztiteln falsch bewertet ist. Im Falle einer Überbewertung würde ein Investor das Derivat verkaufen und die exakte Hedgeposition kaufen. Ihm verbleibt im Kaufzeitpunkt die Preisdifferenz, während in der Zukunft kein Risiko besteht, da sich die Zahlung des Derivats und diejenige des Hedgeportfolios annahmegemäß exakt ausgleichen. Bei einer Unterbewertung des Derivats ist entsprechend umgekehrt zu verfahren. Arbitragestrategien mit Optionen können z.B. auf der Put-Call-Parität basieren, sodass Fehlbewertungen von Put-Optionen mittels Portfolios aus Call, Aktie und risikoloser Anlage oder Kreditaufnahme ausgenutzt werden können. Ferner kann eine Fehlbewertung einer Option mittels eines so genannten Delta-Hedges in eine Arbitragemöglichkeit umgesetzt werden. Dabei wird gegen je eine Option eine bestimmte Anzahl von Einheiten des Underlyings, gegeben durch das Delta der Option, gehalten, sodass die Gesamtposition stets risikolos ist. Das Problem bei dieser Strategie ist, dass sich das Delta mit der Zeit und sich verändernden Kursen des Underlyings selbst ändert, die Hedge-Position also im allgemeinen Fall ständig anzupassen ist. Ferner hängt das Delta vom verwendeten Modell ab, sodass hier auch die Entscheidung für ein falsches Modell zu erheblichen Verlusten führen kann.

IV. Abbildung von Derivaten in der Bilanz


Das HGB enthält keine spezifischen Vorschriften für die bilanzielle Erfassung von Derivaten. Vielmehr sind allgemeine Rechnungslegungsgrundsätze wie Vollständigkeit heranzuziehen. Derivate gelten im Regelfall als schwebende Geschäfte und sind bis zur Fälligkeit (bzw. bei Optionen bis zur Ausübung) grundsätzlich – mit Ausnahmen gezahlter und erhaltener Optionsprämien – nicht bilanzierungsfähig. Erst bei Erfüllung bzw. Barausgleich am Fälligkeitstermin kommt es zu einem Ausweis des Ergebnisses des Kontrakts in der GuV. Es ist jedoch zu jedem Bilanzstichtag bis zur Fälligkeit zu überprüfen, ob der aktuelle Marktwert des Kontrakts negativ ist, da in diesem Fall nach § 249 Abs. 1 S. 1 HGB eine Drohverlustrückstellung zu bilden ist. Werden Derivate für Sicherungsgeschäfte, d.h. zum Hedging, verwendet, können unter bestimmten Bedingungen Bewertungseinheiten gebildet werden, in denen der Erfolg des Grundgeschäfts mit demjenigen des Derivats verrechnet wird.
Im Rahmen der International Financial Reporting Standards (IFRS) wird die Erfassung von Derivaten hauptsächlich im Standard IAS 39 behandelt. Derivate sind demnach explizit in der Bilanz zu erfassen. Insbesondere werden neben nicht realisierten Verlusten auch eben solche Gewinne bilanziell ausgewiesen. Das Hedge-Accounting ist der Bilanzierung von Bewertungseinheiten nach HGB ähnlich. Die IAS unterscheiden u.a. zwischen Fair-Value-Hedges, bei denen der Wert eines Finanztitels durch ein Derivat abgesichert wird, und einem Cash-Flow-Hedge, bei dem das Risiko zukünftiger Zahlungsstromschwankungen mit Hilfe von Derivaten gesteuert werden soll. Eine Übersicht über die bilanzielle Behandlung von Derivaten im Rahmen verschiedener Rechnungslegungssysteme findet sich in Hayn, Sven/Waldersee, Georg Graf 2004.
Literatur:
Black, Fischer/Scholes, Myron : The Pricing of Options and Corporate Liabilities, in: Journal of Political Economy, Jg. 81, 1973, S. 637 – 654
Cox, John C./Ross, Stephen A./Rubinstein, Mark : Option Pricing: A Simplified Approach, in: Journal of Financial Economics, Jg. 7, 1979, S. 229 – 263
Hayn, Sven/Waldersee, Georg Graf : IFRS/US-GAAP / HGB im Vergleich, 5. A., Stuttgart 2004
Heston, Steve : A Closed-Form Solution for Options with Stochastic Volatility with Applications to Bond and Currency Options, in: Review of Financial Studies, Jg. 6, 1993, S. 327 – 344
Hull, John C. : Options, Futures, and Other Derivatives, 6. A., Upper Saddle River 2005
Merton, Robert C. : Option Pricing when the Underlying Stock Returns are Discontinuous, in: Jornal of Financial Economics, Jg. 5, 1976, S. 125 – 144
Stoll, Hans R. : The Relationship Between Put and Call Option Prices, in: Journal of Finance, Jg. 31, 1969, S. 319 – 332

 

 


 

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