Liabilities
Inhaltsübersicht
I. Überblick
II. Definitionen nach US-GAAP und IFRS
III. Abgrenzung zu anderen Bilanzposten
IV. Ausweis in der Bilanz und Anhangsangaben
V. Prüfung der Liabilities
I. Überblick
Liabilities sind ein Kernelement des JA in der US- und IFRS-Rechnungslegung (the elements of financial statements, SFAC 6, IASB F 47 ff.). Sie werden häufig mit „ Schulden “ , „ Verbindlichkeiten “ oder „ Passiva “ übersetzt. Liabilities bilden zusammen mit dem Eigenkapital (equity) die Passivseite der Bilanz. Sie umfassen daher im Gegensatz zu den Verbindlichkeiten im deutschen Bilanzrecht auch die ungewissen Verbindlichkeiten (Rückstellungen) und die passiven Rechnungsabgrenzungsposten. Der Begriff der Schulden als Oberbegriff für Rückstellungen und Verbindlichkeiten kommt dem liability-Begriff am nächsten, selbst wenn darunter auch Posten fallen, die nach deutschem Verständnis als Rechnungsabgrenzungen auszuweisen sind. Andererseits zählen Aufwandsrückstellungen, denen im Allgemeinen lediglich Innenverpflichtungen zugrunde liegen, nach deutschem Verständnis zu den Schulden, während liabilities nach US-GAAP und International Financial Reporting Standards (IFRS) eine Verpflichtung gegenüber Dritten voraussetzen. Im Folgenden werden die Definitionen der liabilities in den Rechnungslegungsvorschriften des Financial Accounting Standards Board (FASB) und des International Accounting Standards Board (IASB) dargestellt.
1. Liabilities nach US-GAAP a) Definition
In der US-Rechnungslegung sind liabilities im Framework als gegenwärtige Verpflichtungen des Unternehmens definiert, die auf Ereignissen in der Vergangenheit beruhen und zu einem Abfluss von Ressourcen führen werden:
„ Liabilities are probable future sacrifices of economic benefits arising from present obligations of a particular entity to transfer assets or provide services to other entities in the future as a result of past transactions or events “ (SFAC 6.35).
Zur Konkretisierung dieser allgemeinen Definition werden weiterhin drei zentrale Eigenschaften (essential characteristics) bilanzieller liabilities genannt:
1) „ ? it embodies a present duty or responsibility to one or more other entities that entails settlement by probable future transfer or use of assets at a specified or determinable date, on occurence of a specified event, or on demand
2) the duty or responsibility obligates a particular entity, leaving it little or no discretion to avoid the future sacrifice, and
3) the transaction or other event obligating the entity has already happened “ (SFAC 5.36). b) Die Voraussetzungen im Einzelnen (1) Gegenwärtige Verpflichtung
Elementare Voraussetzung einer liability ist das Vorliegen einer Verpflichtung am Bilanzstichtag. Der Begriff der Verpflichtung (obligation) geht dabei über rechtliche Verpflichtungen hinaus und soll in seiner allgemeinen Bedeutung verstanden werden. Hierzu gehören neben zivil- und öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen auch solche, die rein faktischer Natur sind (equitable und constructive obligations) (SFAC 6.35, Fußn. 22). Als liabilities werden grundsätzlich nur Verpflichtungen gegenüber Dritten (to one or more other entities) verstanden. Eine Ausnahme gestattet in bestimmten Fällen APB Opinion No. 30.15 i.V.m. EITF-Issue 94-3. Danach ist eine Rückstellung für absehbare Aufwendungen zu bilden, die aus einer definitiv beschlossenen und konkret geplanten Veräußerung oder Aufgabe eines Unternehmenssegments resultieren (Restrukturierungsrückstellungen). Dies kann dazu führen, dass ausnahmsweise eine liability auf Basis einer Innenverpflichtung auszuweisen ist, wenn bei beschlossener Restrukturierung noch keine Verpflichtung gegenüber Dritten vorliegt, sondern lediglich eine innerbetriebliche Notwendigkeit. (2) Verursachung in der Vergangenheit
Der Bilanzierungszeitpunkt von liabilities richtet sich nach der wirtschaftlichen Verursachung. Dieses Kriterium wird dahingehend verstanden, dass die der Verbindlichkeit zugrunde liegende Verpflichtung das Ergebnis von Transaktionen oder Ereignissen in der Vergangenheit sein muss (trigger event approach). Welches Ereignis als das verpflichtungsbegründende Ereignis angesehen werden kann, ist nicht immer eindeutig zu beantworten. Einigkeit besteht allerdings darüber, dass es nicht auf die rechtliche Entstehung der Verpflichtung, etwa durch einen Vertragsabschluss, ankommen kann, sondern von einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise (substance over form) auszugehen ist (Roese, 1999; KPMG, 1999). (3) Wahrscheinlicher Ressourcenabfluss
Weitere Voraussetzung für die Bilanzierung einer liability ist, dass die Erfüllung der Verpflichtung voraussichtlich zu einem Abfluss von Ressourcen führen wird. Dieser Ressourcenabfluss manifestiert sich in der Übertragung oder dem Verbrauch von Assets. Der Begriff „ wahrscheinlich “ (probable) soll in seiner herkömmlichen Bedeutung verstanden werden und nicht „ in a specific accounting or technical sense “ (SFAC 6.35, Fußnote 21). Diese Klarstellung dient der Abgrenzung zu dem in SFAS No. 5 verwendeten Begriff „ probable “ , der als Kriterium zur Bilanzierung von Erfolgsunsicherheiten dient. Empirische Untersuchungen zeigen, dass an die Wahrscheinlichkeit in den USA relativ hohe Anforderungen gestellt werden und die Grenzwahrscheinlichkeiten im Durchschnitt bei etwa 70% liegen (Hayn, /Pilhofer, 1998).
2. Liabilities nach IFRS a) Definition
Ähnlich wie in den USA sind die liabilities in der IFRS-Rechnungslegung als einer der elementaren Bilanzposten im Framework als Verpflichtungen am Bilanzstichtag definiert, denen ein Ereignis in der Vergangenheit zugrunde liegt und deren Erfüllung zu einem Ressourcenabfluss führen wird:
„ A liability is a present obligation of the enterprise arising from past events, the settlement of which is expected to result in an outflow from the enterprise of resources embodying economic benefits “ (F 49 (b)).
Das IASC konkretisiert die Voraussetzungen für eine liability des Weiteren wie folgt:
„ An essential characteristic of a liability is that the enterprise has a present obligation. An obligation is a duty or responsibility to act or perform in a certain way “ (F 60).
„ The settlement of a present obligation usually involves the enterprise giving up resources embodying economic benefits in order to satisfy the claim of the other party “ (F 62). b) Die Voraussetzungen im Einzelnen (1) Gegenwärtige Verpflichtung
Auch in der IFRS-Rechnungslegung kann eine Verpflichtung rechtlicher (legal) oder faktischer (constructive) Natur vorliegen. Eine rechtliche Verpflichtung ergibt sich zumeist aus einem Vertrag oder aus gesetzlichen Vorschriften. Eine faktische Verpflichtung liegt vor, wenn das Unternehmen durch eine bestimmte Verhaltensweise signalisiert hat, dass es die Verpflichtung begleichen wird (IAS 37.10). Wie in den USA umfassen liabilities nach IFRS nur Verpflichtungen gegenüber Dritten (claim of the other party), obgleich eine konsequente Anwendung des matching principle eigentlich die Bildung von Aufwandsrückstellungen gebieten würde (Kupsch, 2000). Die Anwendung des matching concept darf aber nicht dazu führen, dass in der Bilanz Posten ausgewiesen werden, die nicht die Definitionen von Assets oder liabilities erfüllen. Wie in den USA sind bei Restrukturierungsverpflichtungen Konstellationen denkbar, in denen eine Rückstellungsbildung nur aufgrund innerbetrieblicher Notwendigkeiten vorzunehmen ist, was der grundsätzlichen liability-Konzeption widerspricht (Moxter, 1999). (2) Wirtschaftliche Verursachung in der Vergangenheit
Die Verpflichtung muss vor dem Bilanzstichtag wirtschaftlich verursacht sein. Eine wirtschaftliche Verursachung liegt im Allgemeinen vor, wenn das sog. verpflichtende Ereignis (obligating event) eingetreten ist. Dieses führt dazu, dass bei dem Unternehmen eine rechtliche oder faktische Verpflichtung entsteht und das Unternehmen keine realistische Alternative zur Begleichung der Verpflichtung hat (IAS 37.10). Dies ist nur dann der Fall, wenn die Verpflichtung rechtlich einklagbar ist oder aus faktischen Gründen durchgesetzt werden kann (IAS 37.17). Eine Verursachung in der Vergangenheit impliziert auch ein Bestehen der Verpflichtung unabhängig von künftigen Handlungen des Unternehmens (IAS 37.19). So führt bspw. die Entscheidung zu einer Kreditaufnahme noch nicht zur Passivierung einer Schuld; erst die tatsächliche Kreditaufnahme ist das verpflichtende Ereignis. (3) Wahrscheinlicher Ressourcenabfluss
Auch die IFRS-Rechnungslegung lässt im Vergleich zum deutschen Bilanzrecht mit dem Kriterium des Ressourcenabflusses eine stärkere Cash-Flow-Orientierung erkennen. Der wahrscheinliche Abfluss von Ressourcen, die einen wirtschaftlichen Nutzen für das Unternehmen verkörpern, ist daher eine Voraussetzung für die Bilanzierung einer liability. Der zukünftige Ressourcenabfluss kann erfolgen durch Abfluss liquider Mittel, Erbringung einer Leistung, Ersatz der Verpflichtung durch eine andere Verpflichtung, Umwandlung der Verpflichtung in Eigenkapital oder Übergabe anderer Vermögensgegenstände (F 62). Das Kriterium „ probable “ wird dabei im Sinne einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 50% verstanden, d.h. ein Ressourcenabfluss muss wahrscheinlicher sein als der Nicht-Abfluss ( „ more likely than not “ ) (IAS 37.23). Diese „ Wahrscheinlichkeitshürde “ wurde in der Literatur im Hinblick auf die Informationsfunktion scharf kritisiert (Haaker, 2005a; Haaker, 2005b). Inzwischen plant der IASB aber im Rahmen eines Änderungsentwurfs zum IAS 37 die Abschaffung des Wahrscheinlichkeitskriteriums als Ansatzbedingung (Haaker, 2005b).
3. Zusammenfassung
Zusammenfassend lassen sich aus den allgemeinen Definitionen der liabilities und den grundlegenden Charakteristika nach US-GAAP und IFRS folgende Voraussetzungen nennen:
- | Leistungspflicht (present obligation) | - | wirtschaftliche Verursachung in der Vergangenheit (result of past transactions or events/arising from past events) | - | Außenverpflichtung (to other entities/claim of the other party) | - | wirtschaftliche Belastung (future sacrifices/outflow of resources) (Roese, 1999). |
Darüber hinaus müssen in beiden Normsystemen die allgemeinen Ansatzkriterien (recognition criteria) erfüllt werden, insbes. also auch die Bewertbarkeit (measurability) des Postens (Roese, 1999).
III. Abgrenzung zu anderen Bilanzposten
1. Rückstellungen
In der Rechnungslegung nach IFRS und US-GAAP sind die ungewissen Verbindlichkeiten Bestandteil der liabilities. Die oben beschriebenen Definitionen umfassen dementsprechend bestands- und betragsunsichere Schulden. In der IFRS-Rechnungslegung sind provisions innerhalb der liabilities gesondert auszuweisen. Dabei ist eine provision definiert als „ liability of uncertain timing or amount “ , also als ein Schuldposten, dessen Höhe und/oder Fälligkeit ungewiss sind. Diese Abgrenzung ähnelt der Unterscheidung von Verbindlichkeiten und Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten im deutschen Bilanzrecht. Hier wird meistens von Ungewissheit über die Höhe und/oder das Be- bzw. Entstehen der Verpflichtung gesprochen (ADS, 1995). Die Ungewissheit über die Fälligkeit ist nach deutschem Bilanzrechtsverständnis kein Grund, eine Rückstellung anstelle einer Verbindlichkeit zu passivieren. Der wesentliche Unterschied in der Abgrenzung zu den Rückstellungen besteht darin, dass nach internationalem Bilanzverständnis ungewisse Verbindlichkeiten Bestandteil der allgemeinen Schulden sind, während in Deutschland explizit zwischen Rückstellungen (Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften; Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten) und Verbindlichkeiten unterschieden wird.
2. Haftungsverhältnisse
IAS 37 regelt neben der Bilanzierung von provisions auch die Behandlung von Eventualverpflichtungen (contingent liabilities) (Contingencies; Haftungsverhältnisse). Eventualverpflichtungen sind definiert als mögliche, aber nicht wahrscheinliche, Verpflichtungen des Unternehmens oder als gegenwärtige Verpflichtungen, die nicht ausgewiesen werden, weil entweder der Ressourcenabfluss nicht wahrscheinlich ist oder die Höhe der Verpflichtung nicht zuverlässig bestimmt werden kann (IAS 37.13). Für contingent liabilities sind bestimmte Angabepflichten in den Notes vorgesehen, eine bilanzielle Berücksichtigung hingegen nicht (IAS 37.27 ff.). Die Pflicht zu Anhangsangaben entfällt, wenn der Abfluss von Ressourcen sehr unwahrscheinlich (remote) ist. Eventualverpflichtungen lassen sich von liabilities so abgrenzen, dass eine der Voraussetzungen der liability im Allgemeinen nicht gegeben ist: Entweder fehlt es an der Leistungspflicht, der wirtschaftlichen Belastung oder an der Bewertbarkeit.
3. Verbindlichkeiten
Als Voraussetzungen einer Verbindlichkeit nach HGB werden im Allgemeinen die Erzwingbarkeit der Leistung, die eindeutige Quantifizierbarkeit und das Vorliegen einer wirtschaftlichen Belastung genannt (Hüttemann, 1976). Der wesentliche Unterschied zwischen Verbindlichkeiten und liabilities liegt allerdings in der Abgrenzung zu ungewissen Verbindlichkeiten. Die weiten liability-Definitionen des FASB und des IASB umfassen auch ihrer Höhe und dem Grunde nach ungewisse Verbindlichkeiten, die nach HGB als Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten auszuweisen sind. Insofern zählen Rückstellungen (provisions, contingent liabilities, accrued liabilities, accruals) zu den liabilities, während Rückstellungen nach HGB kein Bestandteil der Verbindlichkeiten sind. Ähnlich verhält es sich mit den Rechnungsabgrenzungsposten. Während diese nach HGB als gesonderter Bilanzposten neben Rückstellungen und Verbindlichkeiten treten, werden sie nach US-GAAP und IFRS den liabilities zugeordnet.
4. Rechnungsabgrenzungsposten
Die weite Abgrenzung der liabilities führt dazu, dass hierunter auch solche Posten fallen, die nach deutschem Verständnis als passive Rechnungsabgrenzungen auszuweisen sind (Roese, 1999). Die Passivseite der US- und der IFRS-Bilanz besteht dementsprechend nur aus Eigenkapital (equity) und Schulden (liabilities). Nach deutschem Recht hingegen sind passive Rechnungsabgrenzungsposten nicht den Schulden zuzuordnen, da sie keine wirtschaftliche Belastung des Unternehmens darstellen.
In den USA sind in diesem Zusammenhang insbes. die deferred credits als Bestandteil der liabilities zu nennen. Diese haben die Aufgabe, im Voraus vereinnahmte Erträge abzugrenzen, z.B. erhaltene Anzahlungen als transitorische Rechnungsabgrenzungen i.S.v. § 250 II HGB. Darüber hinaus werden auch Latente Steuern (deferred taxes) und Unterdeckungen bei Pensionsverpflichtungen (deferred pension cost) als deferred credits erfasst (Wangemann, 1997). Diese deferred credits sind stark vom matching principle geprägt.
IV. Ausweis in der Bilanz und Anhangsangaben
1. US-GAAP
Grundsätzlich kennen die US-GAAP keine verbindliche Bilanzgliederung, jedoch verlangen sie eine Trennung von kurz- und langfristigen Bilanzposten (ARB 43 ch. 3A, par. 1). Ein gesonderter Ausweis als current liability ist geboten, wenn eine Begleichung durch current assets angenommen werden kann. Insbes. zählen dazu also liabilities, die innerhalb von 12 Monaten nach dem Bilanzstichtag fällig sind. (ARB 43, ch. 3A, par. 7) Ein gesonderter Ausweis von Verbindlichkeiten und Rückstellungen wird aber nicht gefordert (Roese, 1999). Die Securities and Exchange Commission (SEC) fordert darüber hinaus zahlreiche zusätzliche Informationen für die bei ihr eingereichten Jahresabschlüsse. Demnach sind Verbindlichkeiten gegenüber Banken und anderen Finanzinstituten, kurzfristige Schuldverschreibungen, Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen und Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen gesondert auszuweisen. Ferner sind sämtliche Posten gesondert anzugeben, die mehr als fünf Prozent der gesamten current liabilities ausmachen. Ähnliches gilt nach den Vorschriften der SEC auch für langfristige Verbindlichkeiten.
APB Opinion No. 22 verlangt die Erläuterung wesentlicher Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden im Anhang, u.a. die Anwendung der allgemeinen Vorschriften und Prinzipien sowie branchenspezifischer Methoden, der grundlegenden Methoden der Aufwands- und Ertragsrealisation und der Ausübung von Wahlrechten. Zusätzlich sind Änderungen der angewandten Methoden sowie Schätzungen und deren quantitative Auswirkungen anzugeben. Innerhalb der liabilities bestehen besonders umfangreiche Angabepflichten im Zusammenhang mit pension liabilities, contingencies und environmental liabilities.
2. IFRS
Beim Ausweis von liabilities wird in der IFRS-Bilanz ebenfalls zwischen kurz- und langfristigen Posten differenziert, wobei solche als kurzfristig gelten, die auf Abruf oder innerhalb eines Jahres fällig werden (KPMG, 1999). Für die Bilanz gibt IAS 1 eine Mindestgliederung vor, die zu erweitern ist, wenn dies ein anderer IAS verlangt oder der besseren Darstellung dient (IAS 1.68). Dabei werden folgende Gliederungspunkte genannt:
Der Anhang ist Pflichtbestandteil eines Abschlusses nach IFRS (IAS 1.8) und umfasst grundsätzlich folgende Angaben:
- | Informationen über die Grundlagen der Erstellung des JA und die angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden; | - | Informationen, die von einzelnen IFRS verlangt werden und nicht bereits an anderer Stelle des JA veröffentlicht werden; | - | zusätzliche Informationen, die im Hinblick auf die Fair presentation erforderlich sind. |
Ähnlich wie in den USA bestehen umfassende Berichterstattungspflichten im Bereich der tax liabilities, pension liabilities und der provisions.
V. Prüfung der Liabilities
Die Pr von liabilities umfasst nach deutschem Verständnis primär die Pr von Rückstellungen und Verbindlichkeiten. Im Rahmen der Verbindlichkeiten sind Nachweisprüfungen vorzunehmen, um festzustellen, ob alle entstandenen Verbindlichkeiten erfasst wurden und ob alle erfassten Verbindlichkeiten bereits entstanden sind. Im letzten Fall ist zur Beurteilung jeweils auf das sog. obligating event abzustellen. Dabei können durch die Pr des internen Kontrollsystems Nachweisprüfungen eingeschränkt und die Stichprobengrößen (ISA 530) entsprechend angepasst werden. Eine wichtige Prüfungshandlung im Rahmen der Nachweisprüfung stellt die Einholung von Saldenbestätigungen (ISA 501) dar.
Die Pr der Rückstellungen hat von einer Inventur der Risiken auszugehen, um die vollständige Erfassung der Risiken zu gewährleisten. In diesem Rahmen ist bspw. auch zu prüfen, ob Risiken aus drohenden und schwebenden Rechtsstreitigkeiten zutreffend berücksichtigt worden sind. Dazu kann es notwendig sein, mit den Anwälten des Unternehmens in Kontakt zu treten (ISA 501). Teilweise wird sich der Prüfer auf die Ergebnisse Dritter stützen, z.B. im Bereich der Pensionsverpflichtungen durch Berücksichtigung von versicherungsmathematischen Gutachten (Grundsätze über die Verwertung von Untersuchungsergebnissen Dritter, ISA 600, 610, 620). Hauptschwierigkeit der Pr ist, dass Rückstellungen häufig auf Schätzungen beruhen (ISA 540). Die quantitative Benennung von Eintrittswahrscheinlichkeiten stellt daher das primäre Problem dar (Haaker, 2005b, S. 52 f.).
Literatur:
ADS, : Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, Kommentar, bearb. v. Forster, K.-H./Goerdeler, R./Lanfermann, J. et al., 6. A., Stuttgart ab 1995
Haaker, A. : Das Wahrscheinlichkeitsproblem bei der Rückstellungsbilanzierung nach IAS 37 und IFRS 3, in: KoR 2005a, S. 8 – 15
Haaker, : Änderungen bei der Wahrscheinlichkeitsberücksichtigung bei der Rückstellungsbilanzierung nach ED IAS 37, in: PiR 2005b, S. 51 – 56
Hayn, S./Pilhofer, J. : Die neuen Rückstellungsregeln des IASC im Vergleich zu den korrespondierenden Regeln der US-GAAP, in: DStR 1998, S. 1729 – 1732 und S. 1765 – 1772
Hüttemann, U. : Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Verbindlichkeiten, 2. A., Düsseldorf 1976
KPMG, : International Accounting Standards, Stuttgart 1999
Kupsch, P. : Ansatz und Bewertung von Rückstellungen im amerikanischen Jahresabschluß – eine vergleichende Betrachtung aus deutscher Sicht, in: US-amerikanische Rechnungslegung, hrsg. v. Ballwieser, W., 4. A., Stuttgart 2000, S. 115 – 138
Moxter, A. : Rückstellungen nach IAS: Abweichungen zum geltenden deutschen Bilanzrecht, in: BB 1999, S. 519 – 525
Roese, B. : Bilanzielle Verbindlichkeiten nach HGB und US-GAAP, Wiesbaden 1999
Wangemann, B. : Die Berücksichtigung ungewisser Verpflichtungen innerhalb der US-amerikanischen Rechnungslegung, in: WPg 1997, S. 194 – 200
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