Erfolgsbeteiligung der Arbeitnehmer
Inhaltsübersicht
I. Status Quo der Erfolgsbeteiligung
II. Dimensionen der Erfolgsbeteiligung
III. Verwendung der Erfolgsanteile
IV. Ausblick
I. Status Quo der Erfolgsbeteiligung
In Literatur und Praxis werden unter Erfolgsbeteiligung alle Systeme verstanden, bei denen die Mitarbeiter zuzüglich zu bestehenden Lohn- und Gehaltsvereinbarungen eine erfolgsabhängige Zuwendung erhalten (Schneider, /Zander, 2001, S. 17 f.). Erfolgsbeteiligung ist somit ein Oberbegriff, der eine Vielzahl von Gestaltungsformen ermöglicht. In rechtlicher Hinsicht sind Erfolgsbeteiligungen der arbeitsrechtlichen Sphäre zuzuordnen mit der Folge, dass Erfolgsanteile der Mitarbeiter wie Lohn bzw. Gehalt behandelt werden, somit der Lohnsteuer und der Sozialversicherung unterliegen.
1. Motive
Die Einführung von Konzepten der Erfolgsbeteiligung erfolgt auf freiwilliger Basis. Dies stellt die Frage nach dem Warum. Die Motive zur Einführung einer Erfolgsbeteiligung haben sich seit den ersten Beteiligungsmodellen im 19. Jahrhundert immer wieder verändert (Gaugler, 1982) und sind auch in der Gegenwart unterschiedlich, sie reichen von der Gestaltung flexibler Entgeltkomponenten über soziale Zielsetzungen bis hin zur Schaffung leistungsorientierter Anreize. Das letztgenannte Motiv ist in der Praxis dominierend. Erfolgsbeteiligungssysteme sollen die Mitarbeiter motivieren und zu einer verstärkten Identifikation mit dem arbeitgebenden Unternehmen führen. Seit den achtziger Jahren werden die Auswirkungen von Beteiligungskonzepten auf Leistung und Produktivität untersucht, in erster Linie in den USA, in Großbritannien und Deutschland (Möller, 2001, S. 53 f.). Die überwiegende Zahl der einschlägigen Untersuchungen kommt dabei zu dem Ergebnis, dass Beteiligungsmodelle die Leistungsbereitschaft und die Motivation der Mitarbeiter signifikant beeinflussen können. Ob die gesetzten Ziele erreicht werden, hängt u.a. davon ab, in welchem Maße es gelingt, das sog. „ free-rider-Problem “ zu lösen. Damit ist gemeint, dass der einzelne Mitarbeiter den Nutzen seines verstärkten Arbeitseinsatzes mit seinen Arbeitskollegen teilen muss und er auch an dem durch seine gesteigerte Leistungserbringung verursachten Mehrerfolg nur anteilsmäßig partizipiert (Möller, 2001, S. 50).
Die historische Betrachtung der Beteiligung der Mitarbeiter am wirtschaftlichen Ergebnis des arbeitgebenden Unternehmens, die in den deutschsprachigen Ländern mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert beginnt (Gaugler, 1982), zeigt eine Blütezeit der Erfolgsbeteiligung zwischen den Jahren 1970 und 1980. In der Zeit ab 1983/84 ist ein deutlicher Einbruch festzustellen. Die Ursache dafür lag in gesetzgeberischen Maßnahmen, die Nachteile bei der Lohnsteuer und Sozialversicherung mit sich brachten. Erst in Folge der Lean-Management-Diskussion und den daraus resultierenden Reorganisationsmaßen sind auch Erfolgsbeteiligungsmodelle wieder verstärkt in die Diskussion gelangt, da die Notwendigkeit von flexiblen Entlohnungsbestandteilen aus motivationaler und struktureller Sicht wieder an Bedeutung gewann. Dies hat auch dazu geführt, dass man sich in den Betrieben mit diesen Ideen wieder verstärkt auseinandergesetzt hat. Bei der konkreten Anwendung griff man einerseits auf das vorhandene klassische Instrumentarium zurück, andererseits sind innovative Konzepte entwickelt worden, die den damit verbundenen neuen Zielbündeln gerechter werden konnten.
2. Verbreitung
In der Bundesrepublik Deutschland existiert keine offizielle Statistik, in wie vielen Unternehmen Modelle der Erfolgsbeteiligung praktiziert werden. Bisher fehlten verlässliche Schätzungen, die Informationen über Ausmaß und Verbreitung von Erfolgsbeteiligungsmodellen hätten geben können. Bekannt sind lediglich empirische Untersuchungen, in denen der Verbreitungsgrad von Modellen der Mitarbeiter-Kapitalbeteiligung ermittelt wurde. Allerdings stammt die letzte bundesweite Erhebung aus dem Jahre 1986 (vgl. Guski, /Schneider, 1986). Die dort festgestellten Zahlen wurden bis heute von der Arbeitsgemeinschaft Partnerschaft in der Wirtschaft (AGP) und der Gesellschaft für innerbetriebliche Zusammenarbeit (GIZ) hochgerechnet und führen zu dem geschätzten Ergebnis, dass aktuell etwa 3000 Unternehmen ihre Mitarbeiter am Kapital beteiligen. Erstmals wurden nun Zahlen über die Verbreitung von Modellen der Erfolgsbeteiligung vorgelegt (Möller, 2001, S. 8 f.). Im Rahmen des von der Bundesanstalt für Arbeit regelmäßig durchgeführten IAB-Betriebspanels wurde im Jahr 1998 die Frage nach einer praktizierten Mitarbeiterbeteiligung gestellt. Die auf den Befragungsergebnissen beruhenden Hochrechnungen führen zu einer Zahl von 97.000 Unternehmen, die ein Modell der Mitarbeiterbeteiligung anwenden. Zieht man davon die 3.000 Unternehmen mit einer Kapitalbeteiligung der Mitarbeiter ab, so verbleiben in der Bundesrepublik 94.000 Unternehmen mit Erfolgsbeteiligung, dies entspricht etwa 5% aller Unternehmen in Gesamtdeutschland. Begünstigt davon sind 15% der Mitarbeiter (4,35 Mio.) in Westdeutschland und 8,5% (0,5 Mio.) der Mitarbeiter in Ostdeutschland.
Die erstaunlich hohe Verbreitung der Erfolgsbeteiligung dürfte im Allgemeinen auf die Entwicklung der letzten Jahre zurückzuführen sein und im Besonderen auf der lawinenartigen Ausbreitung der Aktienoptionen beruhen.
II. Dimensionen der Erfolgsbeteiligung
Die klassische Darstellung der Erfolgsbeteiligung in den letzten Jahrzehnten differenzierte nach der Ausgangsbasis und kannte die Formen Leistungs-, Ertrags- und Gewinnbeteiligung. Charakteristisch für die Vielzahl der einzelnen Gestaltungsformen war die Gruppenorientierung und eine Modellgestaltung mit vier Bausteinen (sog. Problemebenen). Mit Gruppenorientierung ist gemeint, dass die Zielgruppe nicht der einzelne Mitarbeiter war, sondern stets eine Arbeitsgruppe, eine Abteilung oder häufig sogar das Gesamtunternehmen. Für die jeweilige Zielgruppe (beteiligungsberechtigte Mitarbeiter) wurden nachfolgende Problemebenen einer Lösung zugeführt:
- | Festlegung der Ausgangsbasis: Welche Größe soll als Grundlage für die Ermittlung des auf die Mitarbeiter entfallenden Erfolgsanteils genommen werden? | - | Ermittlung des auf die Mitarbeiter entfallenden Erfolgsanteils: Welche Quote entfällt im Erfolgsfalle auf die Mitarbeiter? | - | Individualverteilung: Welcher Maßstab wird bei der Verteilung des Gesamt-Erfolgsanteiles auf die einzelnen Mitarbeiter angelegt? | - | Verwendung der Erfolgsanteile: Werden die individuellen Erfolgsanteile ausbezahlt oder verbleiben sie für Investivzwecke im Unternehmen? |
Die skizzierte, klassische Einteilung ist den letzten Jahren deutlich verändert und weiterentwickelt worden. Interessant ist dabei, dass die innovativen Ansätze der Erfolgsbeteiligung in der Praxis entstanden sind und erst dann von der Wissenschaft zur Kenntnis genommen wurden. Die modernen Konzepte der Erfolgsbeteiligung haben sich mittlerweile als sinnvolle Ergänzung der klassischen Modelle bewährt und zeichnen sich durch diverse Merkmale aus. Zum einen werden nicht nur mehr gruppenorientierte Systeme angewandt, sondern auch Verfahren, bei denen die individuelle Leistung ermittelt und honoriert wird. Zum anderen wird der zeitliche Horizont von Erfolgsbeteiligungen hinterfragt (Long-/Short-Term Incentives). Darüber hinaus ist mit den Aktienoptionen der Unternehmenswert als eine weitere Ausgangsbasis von Modellen der Erfolgsbeteiligung in den Mittelpunkt gerückt. Abb. 1 verbindet die klassischen Formen der Erfolgsbeteiligung mit den innovativen Ansätzen.
Abb. 1: Formen der Erfolgsbeteiligung.
1. Ausgangsbasis
Unternehmen, die sich mit der Entwicklung eines Modells der Erfolgsbeteiligung befassen, haben in einem ersten Schritt die Frage der Ausgangsbasis zu entscheiden. Hier ist zu klären, ob sich die Berechnung des Erfolgsanteils der Mitarbeiter an der Leistung, am Ertrag, am Gewinn oder am Unternehmenswert orientieren soll.
Zur Leistungsbeteiligung gehören die Varianten Produktionsbeteiligung, Produktivitätsbeteiligung und Kostenersparnisbeteiligung. Der Grundgedanke der Leistungsbeteiligung besteht darin, dass als Ausgangsbasis für die Ermittlung des Gesamt-Erfolgsanteils eine Normalleistung (z.B. produzierte Menge) definiert wird. Wird diese Leistung überschritten, nehmen die Mitarbeiter in der vereinbarten Form an der Mehrleistung teil.
Für die Gruppe der Ertragsbeteiligung, die als Umsatzbeteiligung, Wertschöpfungsbeteiligung und Nettoertragsbeteiligung gestaltet werden kann, gelten analoge Überlegungen, wobei hier im verstärkten Maße die Marktsituation berücksichtigt wird.
Beide Kategorien haben in ihrer gruppenorientierten Ausprägung in den letzten Jahren keine große praktische Bedeutung mehr erreichen können. Als Hauptgrund ist die jeweils zu einseitige Ausrichtung dieser Konzepte anzuführen. Leistungsbeteiligungen orientieren sich ausschließlich an innerbetrieblichen Größen, ohne in irgendeiner Form Markteinflüsse zu berücksichtigen. Für Ertragsbeteiligungen gilt die umgekehrte Aussage, sie lassen sich primär von Marktaspekten beeinflussen. Unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten kann dies bei beiden Modellkategorien zur Zahlung von Erfolgsanteilen führen, ohne dass die Gewinn- und Verlustrechnung dafür genügend Spielraum bietet.
In der betrieblichen Praxis hat sich eindeutig die Gewinnbeteiligung in Form der Bilanzgewinnbeteiligung durchgesetzt. Die in der Literatur stets genannten Verfahren der Ausschüttungs- und Substanzgewinnbeteiligung sind bedeutungslos.
Im Rahmen der Bilanzgewinnbeteiligung erhalten die Mitarbeiter einen vorab bestimmten bzw. nach einem definierten Verfahren berechneten Anteil am Bilanzgewinn (i.d.R. Steuerbilanz). Bei der Frage, ob den Mitarbeitern ein Anteil am Gewinn zugesprochen werden soll, können ohne Frage viele Interessenskonflikte auftreten. In der Beteiligungsliteratur der 1970er- und 1980er-Jahre wurde diese Frage sehr kontrovers diskutiert. Von Seiten der Gegner wurde stets angeführt, dass der Gewinn de jure dem Kapital zustehe, der Mitarbeiter dafür eben Lohn und Gehalt bekäme. Die Befürworter führten dagegen ins Feld, dass ein Gewinn nur entstehen könne, wenn Arbeit und Kapital produktiv zusammenarbeiten. Deshalb sei es nicht einsichtig, warum der Produktionsfaktor Arbeit – unter Beachtung bestimmter Prämissen – nicht auch am Gewinn beteiligt werden solle.
Erfreulich ist, dass sich die betriebliche Praxis um diese akademischen Diskussionen wenig gekümmert, sondern die dahinter stehenden Probleme mit einer großen Portion „ Pragmatismus “ gelöst hat. Damit ist hier gemeint, dass die Unternehmen sehr schnell die betriebswirtschaftlichen Vorteile einer Gewinnbeteiligung gegenüber den Formen der Leistungs- und Ertragsbeteiligung erkannt haben: Im Gewinn schlagen sich Leistung und Markterfolg gleichermaßen nieder, d.h., ein Gewinnanteil wird nur fällig, wenn tatsächlich ein Gewinn vorhanden ist.
Als weitere Alternative der grundsätzlichen Ausrichtung von Erfolgsbeteiligungssystemen hat in den letzten Jahren die Orientierung am Unternehmenswert durch Ausgabe von Aktienoptionen (Stock Options) an Bedeutung gewonnen (Rosen, von, /Leven, 2000, S. 19 ff.). Aktienoptionen beinhalten das Recht, Aktien des arbeitgebenden Unternehmens innerhalb einer bestimmten Frist zu einem vorher vereinbarten Preis zu erwerben. Nachdem es bei diesen Programmen um den Erwerb von Aktien geht, liegt die Vermutung nahe, dass hier Systeme der Kapitalbeteiligung etabliert werden sollen. Dies wäre ein mögliches Ergebnis, entspricht aber nicht der aktuellen Beteiligungspraxis. Ein Erfolg von Aktienoptions-Programmen gilt in der Regel als eingetreten, wenn die zum vereinbarten Preis erworbenen Aktien zum (höheren) Marktpreis wieder verkauft worden sind. In Höhe der Kaufpreisdifferenz erzielen die Mitarbeiter einen „ geldwerten Vorteil “ , ihren Erfolgsanteil.
Die reguläre Gestaltung von Aktienoptionen führt obligatorisch zum Aktienerwerb. Dies bedeutet zunächst, dass nur Aktiengesellschaften, die möglichst auch an der Börse notiert sind, davon Gebrauch machen können. Erschwerend tritt hinzu, dass die rechtlichen Begleitmaßnahmen, die für den Aktienerwerb notwendig sind, in manchen Unternehmen ernsthafte Probleme bereiten. Deshalb wurden Konzepte entwickelt, die wertorientierte Systeme ermöglichen, ohne dass damit ein Aktienerwerb verbunden ist. Bei den Stock-Appreciations-Rights (sog. Wertsteigerungsrechte, vgl. Kramarsch, 2000, S. 136 f.) werden Aktienoptionsprogramme virtuell nachgebildet. Die berechtigten Mitarbeiter partizipieren an der Wertsteigerung, ohne dass Aktien erworben werden. Die erzielte Wertsteigerung wird als Erfolgsanteil an die Mitarbeiter ausbezahlt. Phantom Stocks (vgl. Kramarsch, 2000, S. 137 ff.) bewegen sich ebenfalls im virtuellen Bereich. Die Zielgruppe beinhaltet insbesondere Unternehmen, die nicht in der Rechtsform der Aktiengesellschaft firmieren. Auch bei diesen Modellen wird versucht, die Effekte von Aktienoptionen zu simulieren, ohne dass de jure Kapitalanteile erworben werden. Aus praktischer Sicht sind hier vor allem die anstehenden Bewertungsfragen zu lösen.
2. Individual- oder Gruppenorientierung
Der Einführung von Erfolgsbeteiligungssystemen liegt überwiegend die Zielsetzung zugrunde, Anreize zu schaffen, die eine Leistungssteigerung ermöglichen. Derartige Anreizstrukturen können individuell- oder gruppenorientiert gestaltet werden. Bei den individuellen Systemen wird der Anspruch auf einen Erfolgsanteil direkt aus dem Leistungsbeitrag eines einzelnen Mitarbeiters abgeleitet. Diese Individualanreize sind typischen Leistungslöhnen vergleichbar und können bei effizienter Gestaltung gruppenorientierten Systemen durchaus überlegen sein. Voraussetzung ist stets, dass die individuelle Leistung messbar ist. Die aktuelle Entwicklung belegt jedoch, dass die modernen Produktionsprozesse eher gruppenorientierte und kooperative Arbeitsanforderungen stellen, somit individuelle Leistungen häufig der Gruppenleistung unterwerfen. Diesem Manko versucht man in der Praxis zu begegnen, indem andere personalwirtschaftliche Systeme wie z.B. Zielvereinbarungen oder Leistungsbeurteilungen mit Erfolgsbeteiligungen verknüpft werden. Dieser Weg beinhaltet Chancen und Risiken. Chancen, weil auf diese Weise die Schwierigkeiten der individuellen Leistungszurechnung zumindest reduziert werden können. Risiken deswegen, weil Schwächen in Einzelsystemen (z.B. bei der Leistungsbeurteilung) bei der kombinativen Anwendungen kontraproduktive Wirkungen entfalten können.
Obwohl die gruppenorientierten Systeme der Erfolgsbeteiligung der klassischen Kategorie zuzurechnen sind, scheinen sie für die Anforderungen der modernen Industriegesellschaft vielfach besser geeignet zu sein als viele der sog. innovativen Modelle. Mit gruppenorientiert kommt zum Ausdruck, dass ein Erfolgsanteil für eine definierte Gruppe von Mitarbeitern (Projektgruppe, Abteilung, Betrieb) ermittelt wird, der dann nach bestimmten Kriterien (z.B. Lohnsumme) auf die berechtigten Mitarbeiter verteilt wird. An die Stelle des Individualanreizes tritt damit der Gruppenanreiz, der Kausalzusammenhang zwischen Leistung und Erfolg ist nicht mehr direkt nachvollziehbar, der Anreizeffekt wirkt indirekt. Die Erfahrungen belegen jedoch, dass gerade die Gruppenorientierung der Auslöser für mehr Leistung und Synergieeffekte sein kann, trotz des eingangs angesprochenen „ free-rider Problems “ . Dabei darf auch nicht vernachlässigt werden, dass die Gruppenorientierung dazu führen kann, dass auf Mitarbeiter mit vermeintlich schwächerer Leistung Druck ausgeübt wird.
Im Kontext der Individual- oder Gruppenorientierung sollten spezifische arbeitsrechtliche Gestaltungsformen nicht außer Acht gelassen werden. Erfolgsbeteiligungen sind – unabhängig von ihrer jeweiligen Gestaltung – dem Arbeitsentgelt zuzurechnen. Dabei ist jedoch von einem zweigeteilten Entgeltbegriff auszugehen (Lembke, 2001, S. 1470 ff.), nämlich von einem Arbeitsentgelt im engeren und im weiteren Sinne. Nach herrschender Meinung sind Erfolgsbeteiligungen dann dem Arbeitsentgelt im engeren Sinne zuzurechnen, wenn der Erfolgsanteil nach der individuellen Leistung des Mitarbeiters in der Vergangenheit ermittelt wird. Damit dürften die individualorientierten Konzepte zu Arbeitsentgelt im engeren Sinne führen. Erfolgsanteile, bei denen der Mitarbeiter nur einen mittelbaren, indirekten Einfluss ausübt, fallen tendenziell unter das Arbeitsentgelt im weiteren Sinne. Dies dürfte i.d.R. bei den gruppenorientierten Systemen zutreffen.
Die Zweiteilung des Arbeitsentgeltbegriffs beschränkt sich nicht auf terminologische Fragestellungen, sie hat vielmehr praktische Konsequenzen für den Systembau. So wird im Schrifttum und auch in der Rechtsprechung überwiegend die Ansicht vertreten, dass bei Arbeitsentgelt im engeren Sinne Gestaltungselemente wie z.B. Freiwilligkeitsvorbehalt oder Verfallklauseln nicht zulässig sind.
Bei den klassischen Formen der Erfolgsbeteiligung handelt es sich ohne Zweifel um gruppenorientierte Systeme, die dem Arbeitsentgelt im weiteren Sinne zuzuordnen sind. Ebenso eindeutig ist die Zuordnung von Zielvereinbarungen und Leistungsbeurteilungsprämien zu den Arbeitsentgelten im engeren Sinne. Bei den Aktienoptionen hängt die Zuordnung von der jeweiligen Ausgestaltung ab. Richtet sich die Zahl der zugeteilten Optionen z.B. nur nach der hierarchischen Position, ist wohl eher von Gruppenorientierung auszugehen. Ist die Zahl der gewährten Optionen dagegen von einem individuellen Leistungsmerkmal (z.B. Zielerreichung) abhängig, dann kann dies durchaus zu einem Arbeitsentgelt im engeren Sinne führen (Lembke, 2001, S. 1471).
3. Long- oder Short-Term Incentive
Die dritte Dimension der Erfolgsbeteiligung definiert die Fristigkeit der Systeme. Klassische Beteiligungskonzepte sind üblicherweise kompatibel mit dem Kalender- bzw. Geschäftsjahr. In vereinzelten Fällen sind auch Versuche bekannt, Quartals- oder sogar Monatsergebnisse für die Erfolgsermittlung zu verwenden. Damit fällt das Gros der Modelle in die Kategorie der Short-Term Incentives. Gerade in den Fällen, wo die Erfolgsbeteiligung einen breiten Mitarbeiterkreis betrifft, ist der Short-Term-Aspekt zweifelsohne vorteilhaft, vor allem wenn es gilt, den beteiligten Mitarbeitern einen Zusammenhang zwischen ihrer Arbeitsleistung und dem eingetretenen Erfolg zu verdeutlichen. Je näher in zeitlicher Hinsicht somit Auszahlung bzw. Gutschrift des Erfolgsanteiles zur erbrachten Arbeitsleistung stehen, desto spürbarer dürften sich Motivationseffekte bemerkbar machen.
Je qualifizierter die sich mit der Erfolgsbeteiligung angesprochene Zielgruppe darstellt, desto langfristiger können die Anreizeffekte gestaltet werden. Long-Term Incentives haben sich in Deutschland erst in den letzten Jahren etabliert, von einer weiteren Zunahme ist auszugehen (Kramarsch, 2000, S. 6). Ein Long-Term-Incentive-Modell der Erfolgsbeteiligung liegt dann vor, wenn der Zeitraum der Erfolgsermittlung sich auf zwei Jahre und mehr erstreckt. Ein typisches Beispiel für einen Long-Term Incentive stellen die Aktienoptionen dar, für die der Gesetzgeber eine Wartezeit für die Erstausübung von mindestens zwei Jahren vorschreibt. Langfristige Modellgestaltungen finden sich mittlerweile auch in Systemen, die leistungs- oder gewinnorientiert strukturiert sind. Beispielsweise werden bei Zielvereinbarungen häufig strategische Ansätze verfolgt, die zu Zieldefinitionen führen, die sich über eine mehrjährige Periode erstrecken. Auch Gewinnbeteiligungssysteme sind am Markt, bei denen für die Gewinnermittlung zwei oder mehr Jahre zusammen gefasst werden.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Short-Term-Systeme dort ihren Sinn haben, wo Erfolgsanteile für einen breiten Mitarbeiterkreis ermittelt werden. Für Mitarbeiter in höheren hierarchischen Positionen bzw. mit gehobener Qualifikation sind Long-Term-Konzepte durchaus erwägenswert, zumal neben den strategischen Anreizeffekten auch die Betriebsbindung positiv beeinflusst werden kann.
III. Verwendung der Erfolgsanteile
Die effiziente Gestaltung der Verwendung der Erfolgsanteile gehört zu den Standards eines Erfolgsbeteiligungskonzeptes. Die aktuelle Entwicklung lässt es angebracht erscheinen, dieser Fragestellung etwas mehr Aufmerksamkeit zu widmen.
Grundsätzlich ist zu klären, ob die Erfolgsanteile auszuschütten oder zum Zwecke der Investivbindung einzubehalten sind. Die Lösung dieses Modellelements wird überwiegend auf der Grundlage des betriebsspezifischen Blickwinkels erfolgen und primär von den mit der Einführung der Erfolgsbeteiligung verfolgten Zielsetzungen abhängen.
Ist die Erfolgsbeteiligung ein Bestandteil der flexiblen Entlohnung, wird die Ausschüttung der Erfolgsanteile wohl zwingend notwendig sein. Nicht unbedingt zu erwarten war die deutlich erkennbare Tendenz, dass Aktienoptionen nicht zum Einstieg in ein Belegschaftsaktienmodell verwendet, sondern Erfolgsanteile über den sofortigen Wiederkauf der soeben erworbenen Aktien realisiert werden. Die nähere Analyse führt jedoch zu dem Ergebnis, dass Aktienoptionen – gerade am Neuen Markt – als Ausgleich für ein eher bescheidenes Grundgehalt gewährt werden. Dies macht auch deutlich, welche gravierenden Auswirkungen ein negativer Börsentrend auf Mitarbeiter haben kann, bei denen die Ausübung von Aktienoptionen zur Lebenshaltung notwendig ist.
Erfolgsbeteiligungen, die ausbezahlt werden, unterliegen im Zuflusszeitpunkt der Lohnsteuer und gegebenenfalls der Sozialversicherung. Gleiches gilt für Aktienoptionen, wie mittlerweile auch von der Rechtsprechung bestätigt wurde. Grundlage der Besteuerung ist der geldwerte Vorteil, der bei der Ausübung der Aktienoptionen erzielt wird.
Werden Erfolgsanteile „ on top “ gewährt, dominieren in der betrieblichen Praxis die investiven Verwendungszwecke, d.h. die Erfolgsanteile verbleiben im arbeitgebenden Unternehmen, häufig zur Finanzierung eines Mitarbeiterkapitals. Dabei darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass auch bei der investiven Verwendung zum Zeitpunkt der Gutschrift auf den Beteiligungskonten Lohnsteuern und Sozialversicherungsanteile abzuführen sind. Von dieser Regel gibt es eine Ausnahme. Wenn von Seiten des Unternehmens die investive Einbehaltung aus betriebswirtschaftlichen Gründen unabdingbar ist und bestimmte Modellbausteine entsprechend gestaltet werden, ist es möglich, den für den Abgabenabzug maßgeblichen Zuflusszeitpunkt auf das Ende der vereinbarten Sperrfrist zu verschieben.
Seit einigen Jahren ermöglichen diverse Erlasse bzw. das Betriebsrentengesetz die sog. Entgeltumwandlung. Dabei können Mitarbeiter mit ihrem Arbeitgeber vereinbaren, dass zukünftige Bezüge nicht ausbezahlt, sondern in eine wertgleiche Anwartschaft auf Altersversorgung umgewandelt werden. Für diese Zwecke dürften Erfolgsbeteiligungssysteme häufig geeignete Voraussetzungen bieten. Für die betroffenen Mitarbeiter ist bei dieser Variante der Eigenvorsorge mit spürbaren Vorteilen zu rechnen. Zum einen wird die Versteuerung in das Rentenalter verlagert; dies führt üblicherweise zu einer geringeren Steuerbelastung. Zum anderen wird der Brutto-Erfolgsanteil der Verzinsung zu Grunde gelegt. Dies lässt erwarten, dass die mitarbeiterfinanzierte Altersversorgung über investive Erfolgsanteile in den nächsten Jahren weiter an Bedeutung gewinnen wird.
IV. Ausblick
Bis etwa zum Jahre 1995 wurden in der betrieblichen Praxis nahezu keine gruppenorientierten Systeme der Erfolgsbeteiligung mehr eingeführt. Der Hauptgrund war darin zu sehen, dass Erfolgsbeteiligungen für die Unternehmen „ teuer “ waren, da sie in vollem Umfange mit Lohnsteuern und Sozialversicherungsabgaben belastet wurden. Obwohl sich die steuerlichen Rahmenbedingungen nicht wesentlich geändert haben, hat sich in den letzten Jahren eine Renaissance der Erfolgsbeteiligung gezeigt. Erklärbar wird diese Entwicklung durch eine veränderte strategische Ausrichtung der Erfolgsbeteiligungsphilosophie. Erfolgsbeteiligungen werden im Kontext des Total Compensation gesehen und nicht mehr nur als „ on-top-Konzepte “ . Das Maß an Kreativität, das sich in der Praxis bei der Entwicklung neuer Modelle gezeigt hat, weckt große Hoffnungen, dass es sich dabei nicht um eine vorübergehende Erscheinung, sondern eine langfristig stabile Entwicklung handelt.
Literatur:
Gaugler, E. : Zieldynamik erfolgsorientierter Mitarbeitervergütungen, in: Verantwortliche Personalführung, hrsg. v. Ackermann, K.-F. et al., Mannheim et al. 1982, S. 107 ff
Gaugler, E. : Die Anfänge der Mitarbeiterbeteiligung im 19. Jahrhundert, in: Mitarbeiterbeteiligung, hrsg. v. Wagner, K.-R., Wiesbaden 2002, S. 17 ff
Guski, H. G./Schneider, H. : Betriebliche Vermögensbeteiligung. Bestandsaufnahme 1986, Köln 1986
Kramarsch, M. H. : Aktienbasierte Managementvergütung, Stuttgart 2000
Lembke, M. : Die Ausgestaltung von Aktienoptionsplänen in arbeitsrechtlicher Hinsicht, in: Betriebs-Berater, Jg. 56, H. 28/29/2001, S. 1469 – 1477
Möller, I. : Produktivitätswirkung von Mitarbeiterbeteiligung, in: Handbuch Mitarbeiterbeteiligung, Loseblattsammlung, hrsg. v. Guski, H. G./Schneider, H., Neuwied 2001, S. 47 ff
Rosen, R. von/Leven, F. J. : Mitarbeiterbeteiligung und Stock-Option-Pläne in Deutschland und im internationalen Vergleich, in: Mitarbeiterbeteiligungen und Stock-Option-Pläne, hrsg. v. Harrer, H., München 2000, S. 1 – 22
Schneider, H./Zander, E. : Erfolgs- und Kapitalbeteiligung der Mitarbeiter, 5. A., Stuttgart 2001
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