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Unternehmenstheorie


1. Zum Begriff Unternehmen in U. Häufig wird der Begriff Unternehmen dem der Unternehmung gleichgesetzt, wobei zumeist ein gewisser Hinweis auf den juristischen Einschlag (vgl. § 15 ff. AktG) gegeben wird. In der kaufmännischen Umgangssprache, die auch eine Wurzel der betriebswirtschaftlichen Terminologie ist, wird keine besondere Unterscheidung zwischen Unternehmen und Unternehmung getroffen. Aus dem Wort Unternehmen leitet sich bei personenbezogener Sicht der Unternehmer ab. Bei institutioneller Sicht wird der Begriff Unternehmung dann vorgezogen, wenn es sich um eine wirtschaftliche Einrichtung handelt, die Leistungen und Gegenleistungen auf den Märkten realisiert (markt-tauschmäßige Beziehung nach dem Prinzip Geld  Güter bzw. Leistungen  mehr Geld). Statt U. müßte es genauer Unternehmungstheorie heißen. Die Unternehmung als offenes, sozio-technisches System läßt sich auch nach Gutenberg beschreiben als die nach dem Wirtschaftlichkeitsprinzip (Wirtschaftlichkeit) erfolgte Kombination von Produktfaktoren unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung der Liquiditätslage (Liquidität) (Betrieb), unter Verfolgung des erwerbswirtschaftlichen Prinzips (ökonomisches Prinzip) und bei autonomer Erstellung aller Wirtschaftspläne. Eine dazu gehörende Unternehmungstheorie würde gegenüber der vorherigen Interpretation von Unternehmung geeignet sein für die sog. kapitalistische Unternehmung.
2. Zum Begriff Theorie in U. U. bzw. Unternehmungstheorie ist als betriebswirtschaftliche  (Betriebswirtschaftslehre) Theorie des Unternehmens oder der Unternehmung zu verstehen. Ähnlichkeiten sind mit dem anglo-amerikanischen Begriff "Theory of the Firm" zu finden, der in vielen Fällen aber vorwiegend Wachstumsüberlegungen zum Inhalt hat. Zu erklären, was eine Theorie kennzeichnet, ist Aufgabe der Wissenschaftstheorie (D. Schneider). Hier sei nur folgendes zusammengefaßt: a) Theorie kann eine Bezeichnung sein für behauptete Zusammenhänge bzw. Gesetzmäßigkeiten; Theorie erscheint somit als Hypothese . Auf Grund dieser Zusammenhänge werden Möglichkeiten zur Gestaltung gesucht. b) Theorie ist weiter eine Bezeichnung für verschiedene Problemlösungsansätze bei affinitiven Problemstellungen. Beispielsweise sei hier an die Theorie der Unternehmensführung an die Finanzierungstheorie (Finanzierung) sowie an die Produktions - und Kostentheorie u.a. gedacht. c) Theorie kann auch eine Bezeichnung für verschiedene Problemlösungsansätze bei nicht affinitiven Problemstellungen sein, z.B. im Falle der Systemtheorie , der mikroökonomischen (Mikroökonomik) Theorie, der verhaltenswissenschaftlichen Theorie oder der Theorie der Faktorkombinationen. Theorie in diesem Sinne ist eher als Forschungsmethode zu interpretieren. d) Schließlich ist Theorie die Kennzeichnung von Inhalten oder wissenschaftlichen Aussagen, die auf die Wirklichkeit noch angewandt werden sollen bzw. nicht oder noch nicht auf die wirtschaftende Realität angewandt werden können (Theorie versus Praxis). Die U. kann im Sinne jeder der hier vorgetragenen Begriffsinhalte aufgebaut sein. Die erklärende U. will die Zusammenhänge von wirtschaftlichen Erscheinungen im Betrieb, in der Unternehmung und im Unternehmen darstellen; die gestaltende Theorie zielt darauf ab, für das Handeln im Unternehmen Empfehlungen abzugeben. Zwischen Problemstellung und Problemlösung wird eine logische Beziehung gesucht und im Modell abgebildet. Es gibt eine große Zahl von Deutungen des Begriffs Modell; allen gemeinsam ist das Herausstellen der "Ähnlichkeit" (Köhler) zwischen dem tatsächlichen Objekt und dem System, welches für Untersuchungszwecke geschaffen ist; dieses System bildet sich aus den wesentlichen Teilbereichen des Unternehmens oder ist sogar Abbild des gesamten Unternehmens (Isomorphie als vollständige Gleichheit; Homomorphie als ausreichende Ähnlichkeit zwischen Original und Modell). Es sei davor gewarnt, Theorie und Modell gleichzusetzen, denn ein Modell gilt für eine bestimmte Situation für einen gegebenen Ort und zu einer bestimmten Zeit, wohingegen eine Theorie ein System generalisierender Aussagen unabhängig von Raum und Zeit ist.
3. Teilbereichstheorien. Gutenberg hat schon 1929 die Unternehmung als Gegenstand der betriebswirtschaftlichen Theorie herausgestellt. Als theoretischer Kerngedanke wird der Kombinationsprozeß für alle wichtigen ökonomischen einzelwirtschaftlichen Tatbestände genannt. Diese ganzheitliche Betrachtung des Unternehmens bzw. der Unternehmung wird jedoch in der betriebswirtschaftlichen Forschung oft zugunsten der theoretischen Betrachtung einzelner Teilbereiche zurückgedrängt; die Gesamt-Unternehmenstheorie zerfällt in eine Reihe von Teilbereichstheorien. oder auf Modelle bezogen: Das Totalmodell (Modell) tritt hinter Partialmodellen (Modell) zurück. Der Grund dafür liegt u.a. sicherlich in der Komplexität der notwendigen Tatbestände für eine Gesamtunternehmenstheorie wie auch für den Aufbau eines Totalmodells. Beispielhaft seien einige Teilbereichstheorien aufgeführt: Beschäftigungs-, Absatz-, Preis -, Werbe-, Finanzierungs-, Investitions -, Bilanz-, Produktions- und Kosten-, Organisations- sowie Informationstheorie. Die Betriebswirtschaftslehre (Allgemeine Betriebswirtschaftslehre) hat eine Fülle von Teilbereichstheorien entwickelt, die für die "Erprobung" in der Praxis brauchbar sind. Als Totalmodell werden auch schon Zusammenfassungen einiger Partialmodelle bezeichnet, obwohl der Partialcharakter weiterhin besteht. So machen auch Zusammenfassungen einiger Teilbereichstheorien noch nicht ein vollständiges Unternehmensmodell aus.
4. Eine umfassende U. Eine allumfassende U. muß alle Bereiche des Unternehmens bzw. der Unternehmung umfassen. Auf der Suche nach einem quantitativen Ausdruck, um das Unternehmen in monetären Elementen abzubilden, wird auf die Darstellungsform der Investitionsrechnung zurückgegriffen. Diese Rechnung weist die diskontierten Einzahlungen (e) und Auszahlungen (a) zu den im Index angegebenen Periodenenden 0 bis n auf. Der Diskontierungsfaktor enthält im Begriff q den um 1 erhöhten Kalkulationszinsfuß (Abzinsung) in Dezimalform. Der Barwert aller Zahlungen ergibt sich wie folgt:                        
Unternehmenstheorie

Diese Gleichung läßt sich in eine Jahresabschlußform (Bilanz,  Gewinn- und Verlustrechnung) überführen (vgl. Lücke u. Hautz). Somit dient sie als Basis für die Entwicklung von Teilbereichstheorien (z.B. Theorie des ökonomischen Gewinns). Auch lassen sich zu den einzelnen Elementen der Diskontierungsgleichungen weitere Teilbereichstheorien entwickeln. Beispielsweise sei hier an Prognosetheorien (Prognose) gedacht, die sich der Länge der Diskontierungsreihe und der Ermittlung der Zahlungen zuwendet. Die Risikotheorie befaßt sich mit der Unsicherheit in der Prognose und mit dem kalkulatorischen Zinsfuß. Die Zählergrößen enthalten implizite umsatz- und preistheoretische Aspekte wie auch die Produktions- und Kostentheorie. Die Zahlungsdifferenzen lassen sich in Cash Flow (Erträge, die Einzahlungen sind, minus Aufwendungen, die Auszahlungen sind) und übrige Finanzbewegungen zerlegen, damit wird übergeleitet zur Finanzierungstheorie. An die Zielgrößen dieser Rechnung können sich die theoretischen Überlegungen zur Unternehmensstrategie anschließen. Die Investitionsrechnung bzw. das Investitionsmodell des gesamten Unternehmens würde in dieser Sicht als overall accountancy zu interpretieren sein. Würde so eine bestimmte Rechnung als Kern herausgestellt, um den sich die einzelnen Teilbereichsstrategien "kristallisieren" und zu einer Einheit zusammenwachsen, dann wird diese Rechnung in die übergeordnete Priorität gehoben. Die Betriebswirtschaftslehre wird sich der U. in Zukunft stärker annehmen müssen.

Literatur: E. Gutenberg, Die Unternehmung als Gegenstand betriebswirtschaftlicher Theorie, in: F. Schmidt (Hrsg.) Betriebs- und finanzwirtschaftliche Forschungen. II. Serie, Heft 40, Berlin-Wien 1929. E. Gutenberg, Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre;
1. Bd.: Die Produktion. 24. A., Berlin-Heidelberg-New York 1983. R. Köhler, Modelle, in: E. Grochla/W. Wittmann (Hrsg.), Handwörterbuch der Betriebswirtschaft.
4. A., Stuttgart 1975, Sp. 2701ff. E. Kosiol, Einführung in die Betriebswirtschaftslehre. Wiesbaden 1968. H. Kubicek/N. Thom, Umsystem, betriebliches; in: E. Grochla/W. Wittmann (Hrsg.), Handwörterbuch der Betriebswirtschaft.
4. A., Stuttgart 1975, Sp. 28ß1 ff. W. Lücke, Investitionslexikon.
2. A., München 1991. W. Lücke/U. Hautz, Bilanzen aus Zukunftswerten.
2. A., Wiesbaden 1991. D. Schneider, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre.
3. A., München-Wien 1987. W. Wittmann, Betriebswirtschaftslehre, Band 1: Grundlagen, Elemente, Instrumente; Tübingen 1982.

 

 


 

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