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Kostentheorie


Inhaltsübersicht
I. Gegenstand der Kostentheorie
II. Aufgaben und Ausrichtung der Kostentheorie
III. Ansätze der Kostentheorie
IV. Entwicklungsperspektiven der Kostentheorie

I. Gegenstand der Kostentheorie


Die Kostentheorie gehört zu den traditionellen Schwerpunkten betriebswirtschaftlicher Forschung. Ihre zentrale Aufgabe wird allgemein darin gesehen, Hypothesen über die Abhängigkeit der Kosten von Unternehmungen sowie ihrer Teileinheiten bzw. -prozesse aufzustellen und zu prüfen. Damit wird die Definition des Kostenbegriffs maßgebend für den Gegenstand der Kostentheorie.

1. Rechnungszielabhängigkeiten der Kosten


Unter Kosten versteht man den sachzielbezogenen bewerteten Güterverbrauch. Man unterscheidet sie von anderen Grundbegriffen und Basisgrößen der Unternehmensrechnung, um nicht, wie bei Auszahlungen, die Beschaffung, sondern den Verbrauch von Gütern zu erfassen und sich im Gegensatz zum Aufwand von den handels- und steuerrechtlichen Vorschriften zu lösen.
Die genauere Abgrenzung der Kosten und damit des Gegenstands der Kostentheorie bereitet jedoch Probleme. Sie beginnen damit, dass sich der Verbrauch bei einer Reihe von Einsatzgütern wie Maschinen, menschlicher Arbeit, Informationen u.a. nicht leicht messen lässt. Insbesondere die Nutzung von Potenzialgütern kann man nicht unmittelbar beobachten und messen. Ferner ist die Trennung zwischen sachzielbezogenen, also auf das Produktionsprogramm gerichteten, und anderen Güterverbräuchen, z.B. für die Nutzung von Kapital, in hohem Maße vom jeweiligen Rechnungszweck sowie pragmatischen Gesichtspunkten bestimmt. Schließlich bildet die Frage, ob sich die Bewertung entsprechend dem pagatorischen Kostenbegriff an Marktpreisen oder gemäß dem wertmäßigen Kostenbegriff an Entscheidungssituationen orientieren soll, einen alten Streitpunkt der Betriebswirtschaftslehre.
Die skizzierten Probleme des Kostenbegriffs haben für die Kostentheorie keine geringe Bedeutung. Grundsätzlich erscheinen zwei Ansätze möglich. Wenn Kosten empirisch beobachtbare und quantitativ messbare Größen wiedergeben, können sie den Ausgangspunkt für ein theoretisches Aussagensystem bilden. Beziehen sie sich dagegen auf nicht beobachtbare Größen, dann sind sie im Rahmen eines theoretischen Aussagensystems mit Beobachtungsbegriffen zu verknüpfen. In dieser Weise lässt sich der wertmäßige Kostenbegriff als theoretischer Begriff verstehen. Er bildet daher nicht den Ausgangspunkt der Kostentheorie, vielmehr sind wertmäßige Kosten aus einer solchen Theorie herzuleiten.
Kostentheoretische Aussagen gehen aus diesen Gründen zweckmäßigerweise von pagatorischen Kosten aus. Obwohl diese an den Marktpreisen anknüpfen, ist auch ihre Definition nicht eindeutig und hängt von dem jeweils verfolgten Rechnungsziel ab (Schneider, D. 1994). Kosten bezeichnen nämlich generell die negative Komponente des Periodengewinns. Ihre genaue Abgrenzung wird z.B. im Hinblick auf die Sachzielbezogenheit davon bestimmt, wie man den Gewinn definiert. Durch die Lösung von der bilanziellen Rechnung erhält der jeweilige Entscheidungsträger die Möglichkeit, die Rechnung auf das von ihm frei wählbare Gewinnziel auszurichten. Aus dieser Überlegung folgen zwei wichtige Konsequenzen für die Kostentheorie:

1.

Sie müsste eigentlich in eine umfassender Gewinn- oder Erfolgstheorie eingebettet sein. Für den Entscheidungsträger ist nicht nur die Einsatzseite als negative Gewinnkomponente, sondern auch die Ausbringungsseite bedeutsam, die zu den Erlösen als positiver Gewinnkomponente führt.

2.

Die Aussagen der Kostentheorie können entweder nur begrenzt präzise oder nur begrenzt allgemein gültig sein, da die jeweilige präzise Abgrenzung des Gewinns und der Kosten beim einzelnen Entscheidungsträger liegt. Erkenntnisse für das zu unterlegende Gewinnziel können insb. die betriebswirtschaftliche Zielforschung und die Kapitaltheorie liefern.


2. Bezugsbereich der Kostentheorie


Obwohl die Kostenrechnung alle Unternehmensbereiche erfasst, haben sich Produktions- und Kostentheorie vor allem auf die Prozesse der Erstellung von Sachgütern konzentriert. Kosten entstehen jedoch auch bei der Beschaffung, der Lagerung und dem Absatz von Gütern, in Forschung und Entwicklung, bei der Aufnahme und Anlage von Kapital sowie durch Prozesse der Unternehmensführung. Deshalb kann der Gegenstandsbereich einer Kostentheorie nicht eng gesehen werden, wenn sie Erkenntnisse für die Analyse und Beeinflussung aller Kosten liefern soll.
Während in der industriellen Fertigung materielle Objekte mithilfe von Maschinen und anderen Betriebsmitteln physisch bearbeitet werden, treten in den anderen Leistungsbereichen und in den Prozessen des Führungssystems menschliche Aktivitäten sowie Informationsprozesse in den Vordergrund. Daraus folgt, dass dort in geringerem Maße naturwissenschaftlich-technische als verhaltenswissenschaftliche Zusammenhänge für die Höhe der in ihnen anfallenden Kosten bestimmend werden. Dementsprechend bauen kostentheoretische Aussagen auf unterschiedlichen Theorieansätzen auf. Diese richten sich maßgeblich nach dem Bezugsbereich, für den sie formuliert werden.

II. Aufgaben und Ausrichtung der Kostentheorie


1. Erfassung empirischer Zusammenhänge


Die betriebswirtschaftliche Kostentheorie wird vor allem als Realtheorie verstanden, die faktisch überprüfbare Hypothesen über die Abhängigkeit der Kosten von ihren Einflussgrößen enthält (Schweitzer, M./Küpper, H. -U. 1974). Diese werden i.d.R. als Kostenfunktionen formuliert, deren unabhängige Variablen die wichtigsten Kosteneinflussgrößen bilden. Neben den Einflussgrößen will man grundsätzliche Erkenntnisse über Strukturmerkmale des Kostenverlaufs gewinnen. Man fragt insbesondere, ob in der Realität eher lineare, degressive oder S-förmige Kostenverläufe zu finden sind.
In einem ersten Schritt sucht man hierbei nach den zentralen Einflussgrößen der Kosten, für die sich neuerdings die anschauliche Bezeichnung Kostentreiber einbürgert. In einer mehr qualitativen Analyse fragt man danach, von welchen Größen die Kostenhöhe in erster Linie abhängt. Ursprünglich sah man die Beschäftigung als herausragende Kosteneinflussgröße an, neben der weitere Größen wie die Maschinengröße sowie -spezialisierung, die Betriebsgröße, die Intensität, die Auflagengröße und/oder Artikelzahl wirksam werden können. Mit den aus Abb. 1 ersichtlichen Kosteneinflussgrößensystemen von Gutenberg, Heinen und Kilger sind die Zusammenhänge tiefer gehend analysiert worden. Sie machen deutlich, dass die Beschäftigung als »synthetische« Kosteneinflussgröße zu verstehen ist, deren Ausprägung von mehreren Variablen des Produktionsprogramms und -prozesses bestimmt wird.
Kostentheorie
Abb. 1: Die Kosteneinflussgrößensysteme von Gutenberg, Heinen und Kilger
Der zweite Schritt beinhaltet die quantitative Abbildung der Beziehungen zwischen den Kosteneinflussgrößen (z.B. Beschäftigung x, Einsatzgüterpreise q und Nutzenpotenzial e) und der Kostenhöhe K in Kostenfunktionen K = f(x, q, e).
Für deren Formulierung sind insbesondere die Zahl und Art der unabhängigen Variablen x, q bzw. e sowie deren funktionale Verknüpfung f und damit der Funktionsverlauf bedeutsam.
Kostentheoretische Untersuchungen können sich auf einen kurzfristigen oder einen langfristigen Betrachtungshorizont erstrecken. Die Fristigkeit der Berücksichtigung von Kostenwirkungen wirkt sich vor allem auf die Bedeutung verschiedener Kosteneinflussgrößen aus. Auf kurze Sicht ist i.A. die Betriebsbereitschaft als unveränderlich anzunehmen. Damit werden z.B. die Zahl und die Eigenschaften der verfügbaren Anlagen und Mitarbeiter als gegeben unterstellt. In der langfristigen Analyse treten demgegenüber die Veränderungen der Betriebsgröße, der Organisation und der Technologie in den Vordergrund. Dabei ist zusätzlich zur Wirkung auf die Kostenhöhe der Einfluss auf die Kostenstruktur zu analysieren.

2. Analytische Untersuchung von Kostenzusammenhängen


Neben dem realtheoretischen Zweig besitzt die formalanalytische Untersuchung von Kostenzusammenhängen ein großes Gewicht (Kistner, K. -P. 1993). In ihr werden u.a. die formalen Eigenschaften von Kostenfunktionen herausgearbeitet und auf wenige Axiome zurückgeführt. Die hierbei entwickelten kostentheoretischen Ansätze werden als Möglichkeiten realer Zusammenhänge verstanden, ohne dass man ihre empirische Geltung für bestimmte Bereiche behauptet und überprüft.
Die Erkenntnisse der Kostentheorie sollen zur Fundierung betrieblicher Entscheidungen dienen. Diese erstrecken sich i.d.R. nur auf ein partielles Entscheidungsfeld, weil eine simultane Berücksichtigung aller Variablen und Bedingungen die Leistungsfähigkeit eines Entscheidungsträgers überfordert. Deshalb benötigt er Anhaltspunkte, wie sich relevante Wirkungen isolierter Entscheidungen auf die nicht einbezogenen Entscheidungsprobleme zumindest näherungsweise erfassen lassen (Hax, H. 1967). In entscheidungstheoretischen Analysen wurde herausgearbeitet, dass sich derartige Wirkungen auf das Gewinnziel durch Kostenparameter in der Zielfunktion berücksichtigen lassen. Sie geben in Form von Kostensätzen für die Inanspruchnahme von Kapital, Maschinen u.Ä. wieder, welcher Gewinnbeitrag dem Entscheidungsträger dadurch entgeht, dass er das betreffende nur begrenzt verfügbare Gut nicht für die nächstbeste andere Alternative nutzt. Deshalb werden sie als Opportunitätskosten bezeichnet, die den Verzicht auf andere Möglichkeiten zum Ausdruck bringen.
So gibt ein Zinssatz an, welche Zinserlöse durch eine Verwendung des Kapitals beispielsweise für die Anlage auf dem Kapitalmarkt oder die Rückzahlung von Krediten erreichbar wären. Er stellt damit die Verbindung zu nicht explizit einbezogenen Investitions- und Finanzierungsentscheidungen her. Derartige Opportunitätskosten sind z.B. über die Dualwerte linearer Planungsmodelle exakt bestimmbar. Auch wenn sich diese Erkenntnis vielfach nicht unmittelbar praktisch umsetzen lässt, liefert die Analyse Einsichten in die Bedeutung und die Struktur von Opportunitätskosten. Sie zeigt auf, welche Anforderungen entscheidungsbezogene Informationen erfüllen müssen und welche Gesichtspunkte für ihre Bestimmung maßgeblich sind.

3. Fundierung der Kostenrechnung


Die Kostentheorie bildet eine zentrale Grundlage für Plankostenrechnungen. Sowohl die Prognose von Kosten als auch die Analyse von Abweichungen erfordern eine Kenntnis der Zusammenhänge zwischen Kostenhöhe und ihren Einflussgrößen. Deshalb sind Kostenfunktionen für die Planung und die Kontrolle von Kosten erforderlich.
Durch die Ausrichtung auf das Gewinnziel benötigt die Unternehmung für viele Entscheidungen Kosteninformationen, welche die Kostenrechnung bereitstellen soll. Über die Fundierung der Kostenrechnung wird die Kostentheorie daher für eine große Zahl von Planungs- und Kontrolltatbeständen wichtig. Viele Entscheidungsmodelle der Beschaffung (z.B. optimale Bestellmenge), der Fertigung (z.B. Programm- und Losgrößenplanung), des Absatzes oder der Finanzierung enthalten Kostenparameter. Deren Ausprägung beruht auf Kenntnissen oder Vorstellungen über die in der Kostentheorie betrachteten Kostenzusammenhänge.

III. Ansätze der Kostentheorie


Im Allgemeinen sieht man die Produktionstheorie als die grundlegende Basis der Kostentheorie an. Neben ihr sind jedoch weitere Wege zur Entwicklung und Prüfung kostentheoretischer Aussagen begangen worden. Diese öffnen den Blick für ein breiteres Spektrum an Möglichkeiten zum Ausbau der Kostentheorie.

1. Fundierung auf Erfahrung und Plausibilitätsüberlegungen


In den traditionellen Ansätzen zur Analyse von Kostenfunktionen wurden eher Beispiele als Hypothesen von Kostenverläufen betrachtet. Für einzelne Kostenarten stellte man typische Abhängigkeiten von Beschäftigungsänderungen heraus. Die Verknüpfung von proportionalen Verläufen bei Einzel- sowie Sondereinzelkosten, unterproportionalem Anstieg bei einem Teil von Personal-, Raum-, Strom- u.a. Kosten sowie überproportionaler Steigung bei einer Überbeanspruchung von Menschen und Maschinen jenseits der Vollbeschäftigung führte zu der Vermutung eines S-förmigen Gesamtkostenverlaufs. Sie stützte sich auf die Beobachtung von Beispielen, nicht auf theoretische Herleitungen oder systematische empirische Erhebungen. Daher war der Grad ihrer Bewährung gering.

2. Produktionstheoretische Fundierung


Bis heute befasst sich die Betriebswirtschaftslehre intensiv damit, die Kostentheorie aus der Produktionstheorie herauszuentwickeln. Da diese die regelmäßigen Beziehungen zwischen den Einsatzmengen r und Ausbringungsmengen x unter Berücksichtigung sonstiger Einflussgrößen e in Form von Produktionsfunktionen r = g(x, e) erfassen soll, kann sie entsprechend Abb. 2 eine wichtige Komponente der Kosten begründen. Jedoch werden Kosten zugleich von den Preisen q der Einsatzgüter bestimmt. Für die Untermauerung dieser zweiten Komponente müsste die Preistheorie herangezogen werden. Ihr wird jedoch nicht dasselbe Gewicht beigemessen. Vielmehr unterstellt man in den meisten kostentheoretischen Untersuchungen konstante Preise, obwohl diese Annahme vielfach nicht der Realität entspricht und fallende oder steigende Preis-Beschaffungsfunktionen die Struktur des Kostenverlaufs maßgeblich verändern können.
Kostentheorie
Abb. 2: Komponenten der Kostentheorie und Erlöstheorie im Rahmen einer Erfolgstheorie
Grundsätzlich lassen sich Kostenfunktionen aus den jeweiligen Produktionsfunktionen entsprechend Abb. 3 methodisch einfach herleiten. Hierzu multipliziert man die Mengen jeder Einsatzgüterart mit den festen oder aus Preis-Beschaffungsfunktionen bestimmbaren Preisen und addiert über alle Kostenarten auf. Zu der sich ergebenden Summe der variablen Kosten können noch Fixkosten F für die unverändert verfügbaren Potenzialgüter treten. Damit gelangt man zu Kostenfunktionen der Art:
Kostentheorie
Kostentheorie
Abb. 3: Herleitung der Kostenfunktion aus Produktionsfunktion und Preis-Beschaffungsfunktion
Die verschiedenen Ansätze der Produktionstheorie ermöglichen eine theoretisch fundierte Herleitung der Mengenkomponente von Kostenfunktionen für unterschiedliche Bereiche, Strukturen und Betrachtungsweisen. So gelangt man z.B. auf der Basis von Leontief-Funktionen für ein- oder mehrstufige Ein- bzw. Mehrproduktfertigung bei festen Einsatzpreisen zu linearen Kostenverläufen. Dagegen führen neoklassische Produktionsfunktionen sowie aktivitätsanalytisch begründete Prozessvariationen zu überproportional steigenden Kostenverläufen, während sich aus Gutenberg-Verbrauchfunktionen mehrvariablige, in Abhängigkeit von der Intensität nicht lineare Kostenfunktionen ergeben (Fandel, G. 1991). Die weit ausgebaute Produktionstheorie liefert der Kostentheorie ein breites Fundament, das vor allem für den Ausbau der Grenzplankostenrechnung (Kilger, W. 1993) genutzt worden ist.

3. Empirische Fundierung


Empirische Erhebungen über den Verlauf von Kostenfunktionen sind in verschiedener Hinsicht unternommen worden. Schon ältere Untersuchungen haben gezeigt, dass die Gesamtkosten von Unternehmungen in Abhängigkeit von der Beschäftigung eine Tendenz zu einem linearen Verlauf aufweisen (Henzel, F. 1964). Speziellere Analysen haben die Struktur von Verbrauchfunktionen z.B. für die Strom- und die Dampferzeugung erhoben. Besondere Beachtung fand die Bestimmung der Kostenbeziehungen bei anlagenabhängigen Betriebs- und Instandhaltungskosten (Zhang, S. 1990).
Intensiv ausgebaut wurde die Herleitung von Produktions- und Kosten- sowie Erlösfunktionen in dem Konzept der Betriebsplankostenrechnung (Wartmann, R. 1963; Laßmann, G. 1968; Kolb, J. 1978). Auf der Grundlage mehrvariabliger, linearer Einflussgrößenmodelle werden in ihm die Funktionen vor allem mit multipler Regressionsanalyse aus empirischen Daten der Stahlindustrie bestimmt.
Während sich diese Untersuchungen auf die Periodenkosten konzentrieren, hat in der längerfristigen Betrachtung die Erfahrungskurve besondere Beachtung gefunden. In verschiedenen Industriezweigen konnte bei einer Verdoppelung der kumulierten Produktmenge eine 20 – 30%ige Senkung der auf den Wertschöpfungsanteil bezogenen, inflationsbereinigten Stückkosten beobachtet werden (Kloock, J./Sabel, H./Schuhmann, W. 1987).

4. Kapitaltheoretische Fundierung


Wenn die Kostentheorie an empirisch beobachtbaren Wertgrößen und den für viele Unternehmungen wichtigen Erfolgszielen ansetzen soll, muss sie mit Kapitaltheorie verknüpft werden. Dann hat sie von den Zahlungen als den empirischen Größen auszugehen, aus denen letztlich alle Erfolgsgrößen hergeleitet werden. Ferner muss sie sich, auch in ihrer vielfach dominierenden kurzfristigen Perspektive, am übergeordneten langfristigen Erfolgsziel orientieren. Als solches bietet sich in erster Linie der Marktwert der Unternehmung an, der sich im End- bzw. Kapitalwert niederschlägt.
In der investitionstheoretischen Kostenrechnung werden Kosten aus den Zahlungsströmen hergeleitet (Luhmer, A. 1980; Küpper, H. -U. 1985). Sie entsprechen den Änderungen dCt/dt des langfristigen Bar- (oder des End-)Wertes C des Gütereinsatzes bei Variation der diesen bestimmenden Variablen:
Ct = f(t,Yt)
Kostentheorie
Die hierbei zugrunde gelegte langfristige Zielgröße Ct kann beispielsweise vom Alter t eingesetzter Anlagen, deren kumulierter Beschäftigung Yt u.Ä. abhängen. In diesem Ansatz werden die Kosten K = dCt/dt als theoretischer Begriff aus einem Modell abgeleitet, in welches die beobachtbaren Zahlungen als Basisgrößen zur Bestimmung des Kapitalwertes eingehen. Sie sind als Opportunitätskosten interpretierbar, welche sich z.B. durch die zeitlichen Interdependenzen zwischen heutiger und künftiger Nutzung eines Gutes ergeben.
Dieser Ansatz öffnet der Kostentheorie neue Fragestellungen. Er zeigt auf, dass primär die Bestimmungsgrößen der langfristigen Erfolgsziele und deren Auswirkungen auf die Zahlungsströme einer Unternehmung zu erforschen sind. Den Ausgangspunkt bildet die Analyse der Handlungsvariablen (z.B. der Ausstattung des Produktionsprogramms und des Produktionsprozesses) sowie der externen Rahmenbedingungen (z.B. der Technologie), von denen der Kapitalwert als langfristiges Erfolgsziel abhängig ist. Man sucht nach Kapitalwertfunktionen, durch welche sich diese Zusammenhänge abbilden lassen. Aus diesen sind auf konzeptionell klar nachvollziehbarem Wege Aussagen über kurzfristige Gütereinsätze und deren Wirkungen abzuleiten. Damit erhält man für den Gegenstand der Kostentheorie eine zuverlässigere Basis als bei einem eher pragmatisch abgegrenzten Kostenbegriff. Bisher ungelöste Probleme der Kostenrechnung wie die Bestimmung nutzungsabhängiger Abschreibungen und die Verknüpfung der Programm- mit der Instandhaltungs- sowie der Nutzungsdauerplanung können auf diesem Weg eher einer Lösung zugeführt erden (Küpper, H. -U. 1993).
Dieser Ansatz liefert zudem ein Konzept, durch welches die Kostentheorie mit der Kapitaltheorie verbunden werden kann. Damit erhält sie den Anschluss an einen Theoriebereich, der inzwischen für die ökonomische Planung, Steuerung und Kontrolle eine maßgebliche Bedeutung und einen hohen Ausbaugrad erreicht hat.

5. Institutionentheoretische Fundierung


Bislang war die betriebswirtschaftliche Kostentheorie vor allem auf die Kosten der Herstellung und Verwertung von Gütern konzentriert. Die neuere Institutionenökonomie hat den Blick für weitergehende Fragestellungen und Konzepte erweitert. Innerhalb der Transaktionskostentheorie untersucht man das Problem, welche wirtschaftlichen Koordinationsformen sich bei unterschiedlichen Bedingungen als günstig erweisen. Dabei versteht man unter Transaktionskosten »Kosten der Information und Kommunikation, die für die Vereinbarung und Kontrolle eines als gerecht empfundenen Leistungsaustauschs zwischen Aufgabenträgern entstehen« (Picot, A. 1993, S. 107). Zu ihnen gehören Anbahnungs-, Vereinbarungs-, Abwicklungs-, Kontroll- und Anpassungskosten. Sie treten in der Form von Personalkosten auf. Während die traditionelle Kostentheorie vor allem untersucht, wie diese Kosten von Produktionsentscheidungen beeinflusst werden, hat die Institutionentheorie eine völlig andere Problemsicht. Sie fragt danach, von welchen Bedingungen die Höhe dieser Kosten abhängt und inwieweit sich daher entsprechend Abb. 4 eine hierarchische, eine marktliche oder eine Zwischenform der beiden Koordinationsformen als günstiger erweist. Damit liefert sie nicht nur ein Konzept zur Analyse von bisher nicht näher untersuchten Koordinationskosten, sondern Ansätze zur Erklärung und Auswahl zwischen verschiedenen Organisationsformen.
Kostentheorie
Abb. 4: Transaktionskosten bei verschiedenen Koordinationsformen in Abhängigkeit von Informationsproblemen (Picot, A. 1993, S. 110)
In den Konzepten der Institutionentheorie wird mit den Wirkungen von Kosten und Opportunitätskosten argumentiert, ohne diese als messbare Größen exakt zu definieren. Deshalb dient sie eher zur Ableitung und Begründung qualitativer Erkenntnisse als zur konkreten Bestimmung von Kostenwirkungen oder zur quantitativen Lösung von Einzelproblemen.

IV. Entwicklungsperspektiven der Kostentheorie


Die Kostentheorie ist unmittelbar auf die Prognose und Erklärung von Kosten gerichtet. Deshalb ist sie in erster Linie ein Fundament der Kostenrechnung. Über diese reicht ihre Verwendbarkeit in alle erfolgszielorientierten Planungsbereiche der Unternehmung hinein. So sind kostentheoretische Aussagen auch für Entscheidungen im Rahmen der Beschaffungsplanung (z.B. Bestellmengen), Produktionsplanung (z.B. Fertigungsprogramm und -verfahren), Absatzplanung (z.B. Werbeeinsatz) und den anderen Planungsbereichen von Bedeutung. In ihnen dienen sie zur Fundierung der Kostenfunktionen, mit denen die Wirkungen der jeweiligen Variablen auf den Erfolg als Zielgröße bestimmt werden.
Ihre Verbindung mit anderen Theorien eröffnet der Kostentheorie neue Entwicklungsperspektiven. Über die Kapitaltheorie könnte man zu einer umfassenderen Erfolgstheorie gelangen, die an den übergeordneten mehrperiodigen Zielgrößen ansetzt. Zudem könnte eine Basis für die Berücksichtigung unsicherer Erwartungen über die Kostenverläufe gewonnen werden.
Die Verknüpfung mit institutionenökonomischen Ansätzen liefert Konzepte, mit denen sich wichtige Gemeinkosten wie Planungs- und Kontrollkosten fundierter analysieren lassen. Neben den transaktionstheoretischen Modellen könnte eine Verbindung kostentheoretischer mit Principal-Agent-Modellen Einsichten für eine tiefer gehende Analyse von Gemeinkosten der Steuerung vermitteln.
Literatur:
Dellmann, K. : Betriebswirtschaftliche Produktions- und Kostentheorie, Wiesbaden 1980
Dyckhoff, H. : Betriebliche Produktion: Theoretische Grundlagen einer umweltorientierten Produktionswirtschaft, Berlin et al. 1992
Ellinger, T./Haupt, R. : Produktions- und Kostentheorie, 2. A., Stuttgart 1990
Fandel, G. : Produktion I: Produktions- und Kostentheorie, 3. A., Berlin et al. 1991
Gutenberg, E. : Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band: Die Produktion, 24. A., Berlin et al. 1983
Hax, H. : Bewertungsprobleme bei der Formulierung von Zielfunktionen für Entscheidungsmodelle, in: ZfbF, 1967, S. 749 – 761
Heinen, E. : Betriebswirtschaftliche Kostenlehre, Kostentheorie und Kostenentscheidungen, 3. A., Wiesbaden 1983
Henzel, E. : Die Kostenrechnung, 4. A., Essen 1964
Kilger, W. : Flexible Plankostenrechnung und Deckungsbeitragsrechnung, 10. A., Wiesbaden 1993
Kistner, K.-P. : Produktions- und Kostentheorie, 2. A., Heidelberg 1993
Kloock, J./Sabel, H./Schuhmann, W. : Die Erfahrungskurve in der Unternehmenspolitik, in: ZfB, Ergänzungsheft 2/1987, S. 3 – 51
Kolb, J. : Industrielle Erlösrechnung, Wiesbaden 1978
Küpper, H.-U. : Investitionstheoretische Fundierung der Kostenrechnung, in: ZfB, 1985, S. 26 – 46
Küpper, H.-U. : Theoretische Grundlagen der Kostenrechnung, in: Handbuch Kostenrechnung, hrsg. v. Männel, W., Wiesbaden 1992, S. 31 – 53
Küpper, H.-U. : Kostenrechnung auf investitionstheoretischer Basis, in: Zur Neuausrichtung der Kostenrechnung, hrsg. v. Weber, J., Stuttgart 1993, S. 79 – 136
Laßmann, G. : Die Kosten- und Erlösrechnung als Instrument der Planung und Kontrolle in Industriebetrieben, Düsseldorf 1968
Luhmer, A. : Fixe und variable Abschreibungskosten und optimale Investitionsdauer, in: ZfB, 1980, S. 897 – 903
Picot, A. : Organisation, in: Vahlens Kompendium der Betriebswirtschaftslehre, Bd. 2, hrsg. v. Bitz, M./Dellmann, K./Domsch, M. et al., 3. A., München 1993, S. 101 – 174
Schneider, D. : Betriebswirtschaftslehre: Rechnungswesen, Bd. 2, München et al. 1994
Schweitzer, M./Küpper, H.-U. : Produktions- und Kostentheorie der Unternehmung, Reinbek bei Hamburg 1974
Steffen, R. : Produktions- und Kostentheorie, Stuttgart 1983
Wartmann, R. : Rechnerische Erfassung der Vorgänge im Hochofen zur Planung und Steuerung der Betriebsweise sowie der Erzauswahl, in: Stahl und Eisen, 1963, S. 1414 – 1426
Zhang, S. : Instandhaltung und Anlagenkosten, Wiesbaden 1990

 

 


 

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