Werbebudgetierung
(1) Aufgaben: Werbebudgetierung umfasst drei Teilaufgaben: die Bestimmung des Werbebudget-Umfangs (Werbebudget) sowie seine sachliche und zeitliche Aufteilung auf die verschiedenen Werbeträger. Damit werden wichtige Planungs- und Kontrollgrössen für Werbeaktivitäten fixiert. Die Optimierung der Werbebudgetierung verlangt eigentlich eine simultane Lösung der Teilaufgaben, weil diese nicht unabhängig sind, sondern sich wechselseitig beeinflussen. Es gibt hierzu auch theoretisch Lösungen, die aber nicht praktikabel sind. In der Praxis wird daher sukzessiv entschieden. Zunächst wird der Umfang des Werbebudgets bestimmt, dann erfolgen die sachliche und zeitliche Verteilung der Mittel.
(2) Methoden: Zur genauen Bestimmung des Werbebudget-Umfangs müsste der Zusammenhang zwischen den Werbeausgaben und den Werbezielen bekannt sein, d.h. die Werbewirkungsfunktion. Dieser Zusammenhang kann aber nur unter bestimmten Rahmenbedingungen und mit erheblichem Aufwand errechnet werden. In der Praxis sind daher heuristische Verfahren verbreitet, z.B. durch Orientierung am Umsatz (Prozentsatz vom Umsatz), an der Konkurrenz oder an der Verkaufseinheit (jeder Verkaufseinheit wird ein tragbarer Betrag für Werbezwecke zugewiesen). Die sachliche und zeitliche Aufteilung des Werbebudgets werden durch Kosten-Nutzen-Analysen sowie durch operative und strategische Zielsetzungen beeinflusst. Siehe auch Werbung und Medienökonomie (jeweils mit Literaturangaben).
Unter Werbebudget versteht man die im Rahmen der Werbeplanung festgelegte Gesamtheit aller veranschlagten Werbeausgaben für eine Planperiode. Der Budgetierungsprozeß umfaßt dabei drei interdepen- dente Teilentscheidungen: Bestimmung der Budgethöhe, Sachliche Verteilung des Werbebudgets, Zeitliche Verteilung des Werbebudgets (Werbedosierung). ad
(1): Budgethöhe: Grundsätzlich muss sich die Höhe des notwendigen Werbebudgets an den Werbezielen orientieren: Die gesetzten Ziele sollen mit geringstmöglichen Kosten erreicht werden. Folgende Faktoren beeinflussen daher die Budgethöhe: Welche Werbeobjekte (in welcher Phase des Lebenszyklus) sollen beworben werden? Welche Zielgruppen (mit welchen Merkmalen) sollen umworben werden? Welche Werbemittel (welche Gestaltung bezüglich Größe, Farbe usw.) sind zur Zielerreichung notwendig ? Welche Werbeträger, wieviele Einschaltungen erscheinen zweckmäßig? Der Werbeetat muss auch mit den Budgets der übrigen Marketinginstrumente abgestimmt werden (Budgetierung, Marketing-Mix). Zusätzlich sind die finanzielle Situation des Unternehmens und Maßnahmen der Konkurrenten als Restriktionen zu berücksichtigen. Die Schwierigkeit einer Budgeterstellung unter ökonomischen Gesichtspunkten liegt v. a. darin, den Zusammenhang zwischen der Höhe der Werbeausgaben und der j eweiligen Wirkung auf den Umsatz zu bestimmen, d. h. exakte Werbewirkungsfunktionen festzustellen. Die Praxis behilft sich deshalb mit einfacheren und finanzielle Risiken vermeidenden Heuristiken: Bei der Umsatz- bzw. Gewinnanteilmethode werden die Werbekosten als Prozentsatz vom vergangenen oder erwarteten Umsatz bzw. Gewinn geplant. Nach der Methode der Werbekosten je Verkaufseinheit wird jeder Produkteinheit ein bestimmter, kalkulatorisch tragbarer Betrag für Werbezwecke zugewiesen. Bei der „All you can afford“ - Methode wird der Werbeetat anhand der finanziellen Tragbarkeit, d. h. der vorhandenen finanziellen Mittel, festgelegt. Mit diesen Verfahren ist es freilich nicht möglich, den Umsatz oder Gewinn durch Werbung gezielt zu beeinflussen, weil gerade diese Größen (direkt oder indirekt über die verfügbaren Mittel) die Höhe des Werbebudgets bestimmen. Der (erhoffte) sachlogi- sche Zusammenhang, dass die Höhe des Umsatzes von den Werbeausgaben abhängt, wird damit umgekehrt. Andererseits zeigt sich in der Realität gerade in umsatzstarken Zeiten eine besondere Werberesonanz, weil dann viele potentiellen Kunden in der kaufvorbereitenden Phase angetroffen werden. Insofern sind die umsatzbezogenen Verfahren v. a. zur zeitlichen Dosierung der Werbung (s.u.) durchaus logisch und ökonomisch. Bei der Konkurrenz-Paritäts-Methode ist die Gepflogenheit der Konkurrenten Ausgangspunkt für die Bestimmung des Werbebudgets. Die Orientierung erfolgt meist an einem durchschnittlichen branchenüblichen Wert aus der Vergangenheit oder am sog.Share of voice (SoV), d.h. dem bisher gehaltenen eigenen Anteil an den statistisch ermittelbaren Werbeausgaben (meist den Mediaausgaben) aller Wettbewerber am Markt. Im allgemeinen korreliert dabei der SoV mit dem Marktanteil, so dass dieser zusammen mit den geschätzten Werbeetats einer Branche als Anhaltspunkt für die Budgethöhe herangezogen werden kann. Damit verbinden sich bei diesem Verfahren konkurrenzpolitische und zielbezogene Aspekte, weil bei Bekanntheit der Marktanteils-SoV-Funktion abgeschätzt werden kann, welcher Werbeaufwand zur Erhöhung des Marktanteils erforderlich ist (vgl. Abb.). Werbezielabhängige Methoden richten sich streng an der jeweiligen Aufgabe aus und versuchen, das vorgegebene Werbeziel mit geringstmöglichen Kosten zu erreichen. Dazu sind drei Schritte notwendig: Das Werbeziel ist operational (meßbar) festzulegen, die Instrumente (Werbemittel, -träger) müssen zur Zielerreichung möglichst eindeutigbestimmtwerden und deren Kosten sind zu bestimmen und zum W erbebudget aufzusummieren. Dieses Verfahren entspricht am ehesten den theoretischen und praktischen Anforderungen: Das W erbebudget wird aufgrund der gesetzten Kommunikationsziele bestimmt. Dabei können die Stellung des Produktes auf dem Markt sowie die Position im Lebenszyklus berücksichtigt werden. Über die erwähnten Verfahren hinaus existieren theoretische Lösungsansätze: Der marginalanalytische Ansatz beruht auf dem Ziel, den Gewinn zu maximieren. Eine Unternehmung muss ihre Werbeausgaben so lange erhöhen, wie sie dadurch einen Gewinnzuwachs erzielt. Das optimale Werbebudget ist erreicht, wenn die Grenzausgaben der Werbung und der dadurch erzielte Grenzerlös gleich groß sind. Diese theoretisch begründete Methode hat kaum Wert für die praktische Anwendung. Die Kritik betrifft dabei nicht die Logik des Modells, sondern vielmehr die Prämissen: Die exakte Werbewirkungsfunktion, die stetig und differenzierbar sein muß, wird als bekannt vorausgesetzt. Ziel des Unternehmens kann nur Gewinnmaximierung sein, also werden kommunikative Werbeziele (z.B. Imagebeeinflussung) nicht erfaßt. Zeitliche Wirkungsverzögerungen, langfristige Wirkung über die jeweilige Periode hinaus, Konkurrenzeinflüsse und in- terdependente Beziehungen zwischen den Marketinginstrumenten können zwar bis zu einem gewissen Grad als Nebenbedingungen berücksichtigt werden; allerdings wird dadurch der Aufwand an Marktforschung, Rechenzeit und Rechenkosten unverhältnismäßiggroß. Mit dem investitionstheoretischen Ansatz können langfristige Werbewirkungen berücksichtigt werden. Werbemaßnahmen werden als Investitionen behandelt: Zum Zeitpunkt der Aufstellung des Werbebudgets verschafft man sich einen Überblick über den Ausgaben- und Einnahmenstrom, d. h. über die Werbeaufwendungen und den dadurch verursachten Rückfluß an finanziellen Mitteln. Mit Hilfe der Kapitalwertmethode wird dann der Gegenwartswert (Kapitalwert) der Werbeinvestition dadurch bestimmt, dass die Differenz zwischen erwarteten Werbeerlösen und -ausgaben auf den Planungszeitpunkt abgezinst wird. Gibt es im Hinblick auf Werbung mehrere Investitionsmöglichkeiten, so ist die Alternative mit dem größten Kapitalwert zu wählen. Die Anwendung dieser Methode in der Praxis scheitert großteils an der Schwierigkeit, die Werbewirkung und damit die Werbeerlöse exakt und im voraus zu bestimmen. Außerdem fordern Werbemaßnahmen i. d. R. die Konkurrenten zu Reaktionen heraus, die durch dieses Modell kaum erfaßbar sind. Dynamische Ansätze berücksichtigen, dass die Wirkung der Werbung über mehrere Perioden anhält, jedoch mit der Zeit schwächer wird (z.B. durch Vergessen). Ein dynamisches Budgetierungsmodell konstruierten Vidale und Wolfe. Es basiert auf umfangreichen empirischen Untersuchungen, die gezeigt haben, dass Umsätze von Produkten ohne Werbeunterstützung von Periode zu Periode sinken. Umsatzzunahmen, die durch intensive Werbung hervorgerufen werden, sind andererseits nur bis zu einem bestimmten Sättigungsniveau möglich. Diese dynamischen Effekte werblicher Einflüsse werden in einem Gleichgewichtsmodell formalisiert. ad
(2) Sachliche Budgetverteilung: Nach der Bestimmung der Höhe des Werbebudgets ist eine Verteilung des Budgets nach sachlichen Kriterien vorzunehmen. Dabei muss entschieden werden, welcher Teil des Werbebudgets jeweils für einzelne Werbeobjekte (Produkte, Dienstleistungen) bzw. verschiedene Kundensegmente (geographische Märkte, Intensivverwender usw.) aufgewendet werden soll. Nach ökonomischen Gesichtspunkten muss diese Aufteilung wiederum aufgrund einer Kosten-Nutzen-Ana- lyse bzw. einer strategischen Portfolio- analyse erfolgen. ad
(3) Zeitliche Verteilung (Werbedosierung): Will man die Werbeausgaben zeitlich über die Planperiode verteilen, so stellt sich zunächst die Frage, intensive Werbeanstrengungen auf eine kürzere Zeitperiode zu konzentrieren („Klotzen“) oder die Werbemaßnahmen kontinuierlich über die Planperiode zu verteilen („Kleckcrn“). Zielske (1959) untersuchte die unterschiedliche Wirkung von intensiver Werbung innerhalb weniger Wochen und kontinuierlicher Werbung während eines ganzen Jahres auf die Gedächtnisleistung. Bei wöchentlich wiederholtem Werbeeinsatz stieg der Lernerfolg (Erinnerung) zwar schneller und relativ hoch an, fiel jedoch rasch wieder ab. Bei Verteilung der Werbebotschaften über das ganze Jahr stieg die Erinnerungsleistung kontinuierlich mit jedem zusätzlichen Kontakt. „Steter Tropfen höhlt den Stein“ - darin liegt der Vorteil der Kleckermethode, z.B. beim Imageaufbau. Simon schlug eine Kombination beider Dosierungsarten in Form pulsierender Werbung vor. Unter „Pulsieren“ versteht man das systematische Variieren der Höhe der Werbeausgaben (dies hat nichts mit saisonalen Variationen der Werbeaktivitäten zu tun). Simon beweist die Optimalität der Pulsationsstrategie sowohl mathematisch als auch in einer empirischen Studie. Der Pulsationsvorteil liegt darin, dass durch die günstigere zeitliche Allokation des gleichen Gesamtbudgets mehr abgesetzt wird als bei gleichmäßiger Verteilung des Werbebudgets (Simon, 1983, S. 60). Folgende Fragen bleiben jedoch offen: Wie lange sollten die Pulsations- und Nicht-Pulsätionsphäsen dauern ? Was passiert wenn die Konkurrenz auch „pulsiert“? Ist die „Zeitpulsation“ oder die „Medienpulsation“ vorteilhafter? Verliert die „Pulsation“ langfristig ihre Wirkung, wenn sich die Kunden an die „Pulsation“ gewöhnen? Die Entscheidung über die Werbedosierung hängt letztlich v. a. vom Ziel der Werbekampagne ab: Soll z. B. eine Sonderaktion in kurzer Zeit möglichst vielen Personen bekanntgemacht werden, so ist sicherlich ein starker Impuls vorteilhaft. Geht es jedoch darum, einen Markennamen aufzubauen oder ein Image zu pflegen, so werden kontinuierliche oder pulsierende Werbeanstrengungen notwendigsein.
Literatur: Junk, H., Optimale Werbeprogramm- planung. Grundlagen und Entscheidungsmodelle, 2. Aufl., Essen 1973. Schweiger, G.; Schrattenecker, G., Werbung, 2. Aufl., Stuttgart 1988.Simon, H., Pulsierende Werbung, in: absatzwirtschaft Heft 5 (1983), S. 60 ff. Zielske, H. A., The Remem- bering and Forgetting of Advertising, in: Journal of Marketing Research, Vol. 23 (1959).
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