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Rentenmarkt


Inhaltsübersicht
I. Definition
II. Am Rentenmarkt gehandelte Papiere
III. Marktteilnehmer am Primär- und Sekundärmarkt
IV. Kurse und Renditen am Rentenmarkt
V. Bonitätsklassen
VI. Rentenmarktindices

I. Definition


Rentenmarkt ist der Oberbegriff für alle organisierten Märkte, an denen festverzinsliche Wertpapiere gehandelt werden, die ihre Zins- und Tilgungszahlungen in einer bestimmten Währung leisten. Somit gibt es für jede Währung je einen Rentenmarkt. Die Rentenmärkte setzen sich aus Marktsegmenten zusammen. In jedem Marktsegment werden Anleihen gleicher oder ähnlicher Emittenten (z.B. Staatsanleihen, Pfandbriefe, Unternehmensanleihen) oder Ausstattungsmerkmale (z.B. Genussscheine, variabel verzinsliche Anleihen, Schuldscheine) gehandelt.

II. Am Rentenmarkt gehandelte Papiere


1. Standardtypische Anleihen


Diese Wertpapiere, auch Straight Bonds genannt, werden von Emittenten mit guter Bonität zum Kurs von ca. 100% begeben. Der gesamte Nominalwert (= Rückzahlungsbetrag) wird zu einem in den Anleihebedingungen festgelegten Termin (meistens in 5, 10, 20 oder 30 Jahren) zu 100% zurückgezahlt. Der jährlich oder –  im Ausland eher üblich – halbjährlich zu zahlende Zinskupon richtet sich nach der am Markt üblichen Verzinsung für die gleiche Restlaufzeit (= Kapitalmarktrendite, Kapitalmarktzins).

2. Floating Rate Notes


Floating Rate Notes (FRN) zahlen keinen über die gesamte Laufzeit hinweg gleich bleibenden Zinssatz. Der Zinskupon wird nach einem fest vorgegebenen Rhythmus an den sich ständig ändernden Geldmarktzins laufend angepasst. Damit hat der Emittent eine langfristige Finanzierung sichergestellt und der Anleger immer eine jeweils marktgerechte Verzinsung.

3. ZERO-Bonds


Zero-Bonds zahlen keine Zinsen. Stattdessen beinhaltet der Emissionskurs einen entsprechenden Abschlag. Die Rendite der gesamten Laufzeit wird daher praktisch am Fälligkeitstag mit ausgezahlt, wenn der Bond zum Nominalwert zurückgezahlt wird.

4. Discount Bonds


Discount Bonds haben eine geringe Verzinsung und einen Emissionskurs, der deutlich unter 100% liegt. Damit sind sie eine Mischform zwischen den standardtypischen Anleihen und den ZERO-Bonds.

5. High Yield Bonds (Junk Bonds)


High Yield Bonds (Junk Bonds) sind Anleihen von Emittenten minderer Bonität, die wegen des zu kalkulierenden Ausfallrisikos eine deutlich höhere Rendite als Anleihen mit guter Schuldnerbonität (Investment Grade Bonds) beinhalten.

6. Besicherte Anleihen (Asset Backed Securities)


Zur Absicherung des Schuldnerrisikos wird diesen Anleihen (Asset Backed Securities genannt) ein Pool von Vermögenswerten zugeordnet. Auf die Art der Vermögensgegenstände weist der Name der jeweiligen Gruppe hin:

-

CBO ( = Collateralized Bond Obligation, Besicherung durch ein Anleiheportefeuille)

-

CMO ( = Collateralized Mortgage Obligations,
Besicherung durch Hypothekenverträge)

-

CCR ( = Credit Card Receivables,
Besicherung durch Forderungen an Kreditkarten-nutzer)

-

CLR ( = Car Loan Receivables,
Besicherung durch Forderungen an Autokreditschuldner)


Pfandbriefe gehören nicht zu den Asset Backed Securities, da bei Pfandbriefen der Emittent durch einen Pool von Forderungen die Solvenz gewährleisten muss, der Anleihegläubiger aber keinen direkten Zugriff auf die Vermögenswerte erhält.

7. Wandelanleihen


Wandelanleihen weisen eine geringe Verzinsung auf. Im Gegenzug dafür wird dem Inhaber jedoch das Recht eingeräumt, die Anleihe in Aktien des Emittenten zu tauschen. Dieses Recht wird letztlich wahrgenommen, wenn die Aktien gestiegen sein sollten.

8. Optionsanleihen


Optionsanleihen haben ebenfalls nur einen geringen Zinskupon bzw. einen Emissionskurs, der deutlich über 100% liegt, dafür aber einen Optionsschein, mit dem der Inhaber ein Recht erhält, eine bestimmte Anzahl von Aktien zu einem bereits bei Emission fixierten Kurs zu einem festgelegten zukünftigen Zeitpunkt zu erwerben.

9. Schuldscheine


Schuldscheine können in allen oben aufgelisteten Formen begeben werden. Sie haben die Besonderheit, dass ihre Übertragbarkeit – und damit der Zweitmarkt für diese Papiere – beschränkt ist. Sie werden nicht an der Börse gehandelt, daher gibt es für diese Papiere keinen täglichen Börsenkurs. Letzteres entbindet einige wichtige Anlegergruppen von der Verpflichtung der marktgerechten Bewertung.
Neben den oben aufgelisteten Typen von Rentenpapieren gibt es eine große Zahl von Varianten und Mischformen.

III. Marktteilnehmer am Primär- und Sekundärmarkt


Jeder Rentenmarkt besteht aus einem Primär-und einem Sekundärmarkt. Am Primärmarkt werden neue Anleihen an den Markt gebracht. Die Schuldner versuchen zusammen mit der sie beratenden Investmentbank, die Anleihen zu den für sie bestmöglichen Konditionen (also zu einem möglichst hohen Kurs) zu verkaufen. Banken und Broker kaufen jeweils Teile der gesamten Emission, um sie in den folgenden Tagen an ihre Kunden (Versicherungen, Fonds, Unternehmen, Privatkunden) in kleinerer Stückelung weiterzuverkaufen. Zentrale Begriffe werden in Abb. 1 dargestellt.


Abb. 1: Zentrale Begriffe
Die Emittenten von Anleihen sind im Wesentlichen die in Abb. 2 aufgeführten Gruppen.


Abb. 2: Emittenten von Anleihen
Am Sekundärmarkt werden Anleihen gehandelt, deren Markteinführung abgeschlossen ist. Bei großen und liquiden Emissionen gibt es Banken und Broker, die als Market Maker für die einzelnen Anleihen ständig Geld- und Briefkurse stellen, zu denen man direkt die Papiere kaufen (zum Briefkurs) und verkaufen (zum Geldkurs) kann. Bei Staatsanleihen liegt normalerweise die Handelsspanne zwischen Geld- und Briefkurs bei 0,1% oder sogar noch darunter, bei Unternehmensanleihen, die weniger liquide sind, kann diese Spanne einen Prozentpunkt betragen. Mit der Veröffentlichung von Geld- und Briefkursen über elektronische Handelssysteme oder ihre Bekanntgabe auf telefonische Anfragen geht der Market Maker die Verpflichtung ein, zum angegebenen Kurs die Anleihe zu kaufen oder zu verkaufen. Damit ist der System- oder Telefonhandel effizienter und billiger als der Handel über die Börse. Das hat dazu geführt, dass die großen Handelsvolumina nicht mehr über die Börse abgewickelt werden. Dennoch spielt die Börse immer noch eine wichtige Rolle für den Rentenmarkt, da sie bei der Börseneinführung die Korrektheit der Prospekte und Verträge prüft und täglich einen offiziellen Kurs zur Bewertung der Anleihen feststellt. Die wichtigsten Marktteilnehmer am Sekundärmarkt sind in Abb. 3 zusammengestellt.


Abb. 3: Wichtigste Marktteilnehmer am Sekundärmarkt

IV. Kurse und Renditen am Rentenmarkt


Kurse von Anleihen werden in Prozent vom Nominalwert (= Rückzahlungswert) ausgedrückt. Da Anleihen ein für die gesamte Laufzeit hinweg festen Zinssatz haben (Ausnahme: Floating Rate Notes), sinkt ihr Wert, wenn bei steigenden Marktzinsen Wertpapiere an den Markt kommen, die eine höhere Verzinsung geben. Umgekehrt steigen die Kurse alter Anleihen, wenn die Marktzinsen sinken. Da Neuemissionen meistens mit einem Zinskupon versehen sind, der dem aktuellen Kapitalmarktzins für Anleihen dieser Laufzeit entspricht, bietet der Rentenmarkt nach einiger Zeit und sich verändernden Marktzinsen ein breites Spektrum von Anleihen mit verschieden hohen Zinskupons, Kursen und Fälligkeiten. Bei Anleihen deren Kurse unter 100% notieren, die aber bei Fälligkeit zu 100% zurückgezahlt werden, fällt neben der Verzinsung noch ein Rückzahlungsgewinn an. Nominalzins und Rückzahlungsgewinn wird bei der Effektivverzinsung (= Rendite) zusammengerechnet und annualisiert. Die Rendite ist daher der Wert, der die Anleihen mit verschiedenen Zinskupons, Laufzeiten und Kursen vergleichbar macht. Professionelle Marktteilnehmer (Handel, Versicherungen, Fonds) kaufen gezielt nur die Papiere mit den höchsten Renditen im jeweiligen Laufzeitbereich und verkaufen Papiere mit niedrigen Renditen. Dadurch steigen die Kurse der Papiere mit hohen Renditen, was wiederum zu einem Rückgang dieser Renditen führt. So bewirkt die Markteffizienz, dass sich die Renditen für gleichartige Anleihen (gleiche Bonität, gleiche Laufzeit) weitgehend angleichen.
Dagegen sind die Renditen für Anleihen unterschiedlicher Laufzeitbereiche verschieden. Wenn der Markt langfristig steigende Zinsen erwartet, versucht jeder Anleger, sich nur für eine kurze Frist fest zu binden und erst nach erfolgtem Zinsanstieg auf höherem Renditeniveau langfristig zu investieren. Dadurch sinken die Kurse für lang laufende Anleihen und die Renditen dieser Papiere steigen. Damit wird die Zinskurve, auf der die durchschnittlichen Renditen für Staatsanleihen in den jeweiligen Laufzeitbereichen abgebildet sind, steiler. Erwartet der Markt sinkende Zinsen, wird die Zinskurve flacher und im Extremfall invers (bei inversen Zinskurven sind die langfristigen Renditen niedriger als die kurzfristigen).
Rentenmarkt
Abb. 4: Ratingklassen (Quelle: Deutsche Bank 1998, S. 55)

V. Bonitätsklassen


Die Renditen von Anleihen hängen nicht nur von der Restlaufzeit der Anleihe, sondern auch von der Bonität (= Kreditwürdigkeit) des Schuldners ab. Bei nicht erstklassigen Emittenten beinhalten die Kurse und Renditen der Papiere einen mehr oder weniger hohen Risikoaufschlag. Unabhängige Ratingagenturen prüfen die Bonität der einzelnen Anleihen und ordnen diese in Bonitätsklassen ein (vgl. Abb. 4). Die bekanntesten Ratingagenturen sind Standard & Poor\'s und Moody\'s.


Abb. 5: Durchschnittliche jährliche Ausfallraten von US-Industrieanleihen 1970 – 1997 (Keenan/Carty/Shtogrin 1998, S. 28)


Abb. 6: Durchschnittliche Spreads US-amerikanischer zehnjähriger Industrieanleihen vs. US-Treasuries 1993 – 97, in Prozent (Bloomberg 1998, eigene Berechnungen)
Die Eingruppierung in eine relativ niedrige Bonitätsklasse hat für den Emittenten die Folge, dass er für seine Anleihe einen höheren Zins zahlen muss als besser eingestufte Emittenten. Der Renditeaufschlag gegenüber Staatsanleihen wird als „ Spread “ bezeichnet (vgl. Abb. 5 u. 6).
Während in Europa vorwiegend Staatsanleihen und Anleihen von Emittenten mit sehr guter Bonität emittiert werden, ist die Verteilung am größten Rentenmarkt der Welt, dem der USA, ausgewogener (Abb. 7).


Abb. 7: Rating von Unternehmensanleihen in den USA Ende 1997 (Keenan/Carty/Shtogrin 1998)

VI. Rentenmarktindices


Die durchschnittliche Wertentwicklung der Anleihen des Marktes oder von Segmenten eines Rentenmarktes wird durch einen Rentenmarktindex dargestellt. Diese Indices werden von Börsen, Banken oder Brokern auf täglicher oder monatlicher Basis ermittelt und veröffentlicht. Der REXP ermittelt die durchschnittliche Wertentwicklung (Verzinsung + Kursentwicklung) von Bundesanleihen. Der JP Morgan World Bond Index und der Salomon Brothers World Government Bond Index (SBWGBI, s. Abb. 8) sind globale Indices und berechnen den gewichteten Durchschnitt der Wertentwicklung aller Staatsanleihen der 9 (nach Einführung des EURO) wichtigsten Länder erstklassiger Bonität.


Abb. 8: Gewichtung des SBWGBI in % (Benavides 1998)
Literatur:
Benavides, R. : How Big is the World Bond Market?, Salomon Brothers, International Bond Market Analysis, New York 1998
Bloomberg, : Handels- und Informationssystem, New York et al. 1998
Bloomberg, : Handels- und Informationssystem, New York et al. 1999
Capital Data Bondware, : Datenbank internationale Kapitalmarktstatistiken, Frankfurt am Main 1997, 1998, 1999
Deutsche Bank, : Die Einführung des EUR im Emissionsgeschäft, Frankfurt am Main 1998
Keenan, S.C./Carty, L.V./Shtogrin, I. : Historical Default Rates of Corporate Bond Issuers 1920 – 1997, Moody\'s Investors Service, New York 1998

 

 


 

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