Sonstige Vermögensgegenstände (Rechnungslegung)
Inhaltsübersicht
I. Inhalt des Postens
II. Prüfung des Postens
III. Behandlung nach IFRS/IAS und US-GAAP
I. Inhalt des Postens
Der Begriff sonstige Vermögensgegenstände ist im Sinne einer negativen Abgrenzung zu verstehen. In der Position B II 4 des § 266 HGB werden alle Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens zusammengefasst, die keiner anderen Position zuzuordnen sind. Der Mischposten enthält somit nicht gesondert auszuweisende Forderungen und verschiedenartige Vermögensgegenstände.
Im Einzelnen kommen für einen gesammelten Ausweis vor allem infrage:
- | geleistete Anzahlungen auf nicht aktivierungsfähige Sachverhalte; | - | antizipative Rechnungsabgrenzungsposten; | - | Forderungen aus Krediten an Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder nach §§ 89, 115 AktG; | - | Forderungen aus dem Verkauf von Gegenständen des Anlagevermögens oder des übrigen Umlaufvermögens, die nicht mit dem Betriebszweck des Unternehmens in einem engen Zusammenhang stehen; | - | Gehalts- und Reisekostenvorschüsse sowie Kredite an Arbeitnehmer; | - | sonstige kurzfristige Darlehen einschließlich Schuldscheindarlehen und (Euro-)Commercial Papers; | - | Ansprüche auf Bonus und Warenrückvergütung; | - | GmbH- und Genossenschaftsanteile, die in der Absicht der alsbaldigen Weiterveräußerung gehalten werden; | - | Anteile an einem einmaligen Joint Venture, sofern sich dessen voraussichtliche Dauer nicht über mehr als zwei Abschlussstichtage des Partnerunternehmens erstreckt; | - | Ansprüche u.a. auf Steuererstattungen, Investitionszulagen der öffentlichen Hand, Schadenersatz, Versicherungsleistungen, Zinsen und Dividenden bis zum Bilanzstichtag; | - | Forderungen aus Bürgschaftsunternehmen und Treuhandverhältnissen; | - | Anschaffungskosten für Kauf- oder Verkaufsoptionen; | - | Einschüsse (margins) im Zusammenhang mit Börsen-Termingeschäften. |
II. Prüfung des Postens
1. Existenzprüfung
Die Prüfung der sonstigen Vermögensgegenstände folgt in hohem Maße den gleichen Grundsätzen wie die Prüfung der Forderungen des Umlaufvermögens. Um die Existenz der spezifischen Ansprüche und der sonstigen Vermögensgegenstände nachzuweisen, ist vor allem eine Einsichtnahme in die jeweiligen Vertragsunterlagen erforderlich. Der Prüfer muss beachten, dass Ansprüche, die nicht aus Lieferungen und Leistungen resultieren, stets zu aktivieren sind, wenn sie zu Recht bestehen und dem Grund und der Höhe nach konkretisiert werden können. Hierzu zählen auch die antizipativen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten, die erst nach dem Abschlussstichtag rechtlich entstanden sind.
Ein wesentliches Problem der Prüfungsaufgabe besteht in der vollständigen Erfassung der bilanzierungspflichtigen sonstigen Vermögensgegenstände. Dazu ist der Prüfer auf die ihm vorgelegten Unterlagen, d.h. auf die Verträge und den Schriftverkehr, angewiesen. Soweit mit dem Erwerb des Vermögensgegenstandes ein Zahlungsvorgang verbunden ist, kann auch auf die Daten der Buchhaltung zurückgegriffen werden. Darüber hinaus bleibt nur noch eine gezielte Befragung der Geschäftsführung bzw. der Rechtsabteilung.
In jedem Fall muss bei der Prüfung von Ansprüchen festgestellt werden, ob das Unternehmen eindeutiger Rechtsinhaber ist und ob das Recht nicht durch Fristablauf bereits erloschen ist.
2. Ausweisprüfung
Eng verbunden mit der Existenzprüfung ist die Ausweisprüfung der sonstigen Vermögensgegenstände. Nachdem der Prüfer die Bilanzierungsfähigkeit der einzelnen Ansprüche und sonstigen Vermögensgegenstände festgestellt hat, muss ihr Ausweis im Jahresabschluss überprüft werden. Dabei ist grundsätzlich zu beachten, dass für bestimmte Ansprüche Sonderausweisvorschriften gelten (z.B. für Forderungen an verbundene Unternehmen).
Wurde aus ausweispolitischen Erwägungen eine Untergliederung der sonstigen Vermögensgegenstände nach wichtigen Einzelposten vorgenommen, so ist dies grundsätzlich zulässig, sofern Klarheit und Übersichtlichkeit der Bilanz hierdurch nicht eingeschränkt werden. Wurde hingegen der Ausweis in nur einer Position zusammengefasst, sollte der Prüfer die Posten, die im Anhang gem. § 268 IV Satz 2 HGB und gem. § 285 IXc HGB zu erläutern sind, in den Arbeitspapieren vermerken. Die Vorschriften betreffen einerseits wesentliche Vermögensgegenstände, die nach dem Abschlussstichtag rechtlich entstanden sind, und andererseits Forderungen gegenüber Mitgliedern der Unternehmensverwaltung.
3. Bewertungsprüfung
Prinzipiell gilt, dass die Art des Vermögensgegenstandes die jeweilige Bewertung bestimmt. Die unter den sonstigen Vermögensgegenständen vor allem auszuweisenden Zahlungsansprüche werden nach den gleichen Grundsätzen wie die übrigen Forderungen bewertet und geprüft. Sofern GmbH-Anteile bzw. Genossenschaftsanteile zu bilanzieren sind, gelten die Wertansätze für die Wertpapierpositionen analog.
III. Behandlung nach IFRS/IAS und US-GAAP
Weder die International Financial Reporting Standards (IFRS/IAS) noch die US-GAAP sehen einen den HGB-Vorschriften entsprechenden Posten für die sonstigen Vermögensgegenstände vor. Daher müssen die Inhalte der Position so weit wie möglich den vorhandenen Positionen zugewiesen werden.
IAS 1 schreibt keine dem § 266 HGB vergleichbare detaillierte Bilanzgliederung vor. Folgt man der Mindestgliederungsvorschrift der IFRS/IAS, kommt vor allem ein Ausweis in der umfassenden Position trade and other receivables (Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie sonstige Forderungen) infrage, die aber nach IAS 1.73(b) entweder in der Bilanz oder im Anhang in angemessenem Umfang weiter untergliedert wird. Wesentliche Ertragsteueransprüche sollten allerdings in einem eigenen Posten gezeigt werden. Sofern einzelne Positionen nicht mehr zugeordnet werden können, erscheint auch im IFRS/IAS-Abschluss die Bildung eines eigenen Sammelpostens zulässig. Diese Pos. wäre dann zweckmäßigerweise als sonstige Aktiva zu bezeichnen, da der Begriff asset im Framework des IASB (F 49) weiter gefasst ist als der Begriff des Vermögensgegenstandes im deutschen Handelsrecht. Für Ansatz- und Bewertung gelten die allgemeinen Vorschriften des Framework des IASB. Die Prüfung richtet sich nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Abschlussprüfung und aufgrund faktischer Bindungswirkung auch nach den International Standards on Auditing (ISA).
Die US-GAAP sehen nach dem Grundsatz substance over form ebenfalls weitaus geringere Gliederungsvorschriften für die Bilanz vor als das HGB. Folgt man der gängigen US-Bilanzierungspraxis, bietet es sich an, die sonstigen Vermögensgegenstände überwiegend in die Positionen nontrade receivables und other assets einzustellen. Dabei zählen zu den nontrade receivables u.a. Kredite und Gehaltsvorschüsse an Mitarbeiter bzw. die Geschäftsleitung, Ansprüche auf Steuererstattung, Versicherungsleistungen und Zinszahlungen. Der Posten other assets ist ein nicht spezifizierter Sammelposten, der die restlichen sonstigen Vermögensgegenstände aufnehmen kann. Aufgrund der strengen Orientierung der US-GAAP am Liquiditätsprinzip sollten die Sachverhalte weiterhin in current und noncurrent aufgeteilt und in entsprechenden Untergliederungen bilanziert werden. Ansatz und Bewertung richten sich nach ARB-43 und SFAS No. 5. Die Prüfung ist rechtskreisspezifisch vorzunehmen mit der Konsequenz, dass die GAAS und die SAS für den deutschen Abschlussprüfer keine Bindungswirkung entfalten.
Literatur:
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IDW, : WP-Handbuch 2006, Bd. I, 13. A., Düsseldorf 2006
Kieso, D. E./Weygandt, J. J./Warfield, T. D. : Intermediate Accounting, 11. A., New York u.a. 2005
Selchert, F. W. : Jahresabschlußprüfung der Kapitalgesellschaften, 2. A., Wiesbaden 1996
Selchert, F. W./Erhardt, M. : Internationale Rechnungslegung, 3. A., München u.a. 2002
Wiedmann, H. : Bilanzrecht, München 1999
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