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Joint Venture


Inhaltsübersicht
I. Theoretische Vorbemerkungen
II. Problembereiche der Gründung und des Managements von Joint Ventures
III. Joint-Venture-Performance

I. Theoretische Vorbemerkungen


Obwohl das Joint Venture als klassische betriebswirtschaftliche Kooperationsform bezeichnet werden kann, kam ihm erst im Rahmen der Internationalisierung wachsende Bedeutung zu. Angesichts neoprotektionistischer Tendenzen in manchen Gastländern sowie steigender Kosten eines Auslandsengagements stellen Joint Ventures oft die einzige Möglichkeit der einzelwirtschaftlichen Internationalisierung dar.

1. Begriffliche Grundlagen


Als Joint Venture gilt ein rechtlich und organisatorisch selbständiges Unternehmen, das von mindestens zwei rechtlich und in den nicht-kooperativen Bereichen auch wirtschaftlich voneinander unabhängigen Partnern gemeinsam gegründet oder erworben wird. Joint Ventures stellen demnach eine Kooperationsform mit dem besonderen Charakteristikum der Schaffung einer neuen, organisatorisch losgelösten Einheit dar (Büchel, B. 1997). Daher können in einer weiten Fassung des Begriffs auch Fälle rein vertraglicher, befristeter Zusammenarbeit ohne Gründung einer Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, die ausschließlich auf die Durchführung eines Projekts beschränkt sind (Konsortialgeschäfte), als eine weitere Form des Joint Venture angesehen werden. Einem derartigen vertraglichen (non-equity oder contractual) Joint Venture fehlt allerdings das Merkmal der kapitalmäßigen Verflechtung der Partner und meist auch das der dauerhaften, langfristigen Zusammenarbeit (Hellwig, H.-J. 1989).
Den genannten Erscheinungsformen kann die Eigenschaft der Internationalität zugesprochen werden, wenn zumindest eines der Partnerunternehmen seinen Sitz in einem anderen Land als die übrigen hat oder wesentliche Aktivitäten des Joint Ventures überwiegend bzw. ausschließlich im Ausland stattfinden. Ferner können sämtliche Joint-Venture-Formen aufgrund ihrer i.d.R. mittel- bis langfristigen strategischen Ausrichtung als eine bedeutende Realisierungsform Strategischer Allianzen aufgefasst werden. Sie entsprechen einer x-Allianz, wenn die Joint Venture-Partner aufgrund asymmetrischer Kompetenzverteilung und zum Zwecke der Kompensation der jeweiligen Schwächen die Aktivitäten aufteilen, oder einer y-Allianz, wenn die Partnerunternehmen bestimmte Wertaktivitäten, bspw. zur Erzielung von economies of scale, gemeinsam durchführen (Zentes, J. 1992).

2. Typologisierung von Joint Ventures


Die Kooperation kann sich grundsätzlich auf alle Bereiche der betroffenen Unternehmen erstrecken. In der Praxis ist sie jedoch meistens nur auf einen oder wenige Teilbereiche der Partnerunternehmen beschränkt. In diesen Fällen kann eine Typologisierung entsprechend der funktionalen Unterscheidung der zusammenarbeitenden Unternehmensbereiche oder die mit dem Joint Venture beabsichtigte strategische Reichweite vorgenommen werden; man kann dann bspw. einen Markt-/Technologie-, Komplementärtechnologie-, Vertriebs-, Konzentrations-, F&E- und Versorgungs-Typ unterscheiden (Bleicher, K. 1991; Rumer, K. 1994). Werden im Gegensatz hierzu die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Joint Venture und dessen Gründungspartnern als Ausgangspunkt gewählt, so lassen sich analog zur Terminologie bei Diversifikationen horizontale, vertikale und konglomerate Kooperationsrichtungen unterscheiden (Macharzina, K. 1981; Harrigan, K.R. 1986).

3. Theoretische und empirisch belegte Ansätze zur Erklärung von Joint-Venture-Gründungen

a) Theoretische Ansätze


Das gemeinsame Merkmal aller theoretischen Erklärungsansätze für das Eingehen oder die Existenz von Kooperationen liegt in der z.T. impliziten Hypothese, dass sich die Beteiligten die Erwirtschaftung eines kooperativen Mehrertrags erhoffen und die Zusammenlegung von Ressourcen einer isolierten, unabhängigen Verfolgung der Ziele als überlegen ansehen (Contractor, /Lorange, 1988). Unabhängig davon, ob eine Kooperation national oder international angelegt ist, ist für den Realitätsgehalt dieser These das Kriterium der Freiwilligkeit ausschlaggebend; Kooperationen, die aufgrund direkter staatlicher Vorschriften eingegangen werden, stellen nämlich im Hinblick auf das einzelwirtschaftliche Vorteilsstreben nicht immer die beste Lösung dar.
Angesichts der dargelegten Rahmenbedingungen lassen sich vier Ansätze zur Erklärung heranziehen. So gehen die Varianten der transaktionskostenorientierten Sichtweise davon aus, dass Unternehmen Kooperationen bzw. Joint Ventures im Rahmen ihres Strebens nach Minimierung von Transaktionskosten wählen Beamish, /Banks, 1987. Diese sind bestimmt durch Unsicherheit, Opportunismus, Vertrauen, Kontrolle und Konflikt. Unter bestimmten Bedingungen stellen sie demnach diejenige Form der Koordination einzelwirtschaftlicher Aktivitäten dar, die gegenüber der marktlichen oder hierarchischen, d.h. unternehmensinternen Organisation mit den geringsten Kosten verbunden ist. Zu diesen Bedingungen können Faktoren wie relativ hohe Transaktionshäufigkeit, kleine Zahl potenzieller Transaktionspartner bei notwendigen partnerspezifischen Investitionen, daraus resultierende Abhängigkeiten, hohes Maß an Unteilbarkeit des Transaktionsgutes (economies of scale) oder a priori fehlendes Wissen zur alleinigen Erstellung einer wünschenswerten Leistung (Hennart, J.-F. 1988) gezählt werden. Im Vergleich zu einer marktlichen Koordination senkt hierbei das Joint Venture die Transaktionskosten, indem das opportunistische Verhalten der Transaktionspartner über das Einbringen von Kapitalanteilen eine –  anders als bei umfangreichen vertraglichen Regelungen – kostengünstige Reduktion erfährt (Kogut, B. 1998). Im Vergleich zur isolierten, unternehmensinternen Leistungserstellung können über eine Kooperation noch nicht vorhandene Produktionsfähigkeiten billiger erworben oder aber auch wirtschaftliche Kapazitäten i.S. eines hohen Outputs effizient verwertet werden (Schenk, 1998).
Joint Ventures werden danach als intermediärer Typ zwischen Markt und Hierarchie interpretiert (Hennart, 1993; Buckley, /Casson, 1996).
In der Theorie des wettbewerbsstrategischen Verhaltens von Unternehmen steht hingegen das Streben nach Ertragsmaximierung im Zentrum der Überlegungen; es dominiert die Auffassung, dass Firmen ihr Verhalten an einer langfristigen Steigerung des Firmenwerts ausrichten. In diesem Sinne können Joint Ventures als defensive Investitionen von Unternehmen zum Schutz vor unerwarteten Veränderungen der wettbewerblichen Bedingungen interpretiert werden. Eine große Aussagekraft kommt dieser Annahme vor allem für Märkte mit einem mittleren Konzentrationsgrad zu; auf solchen Märkten ist ein gleichgerichtetes Unternehmensverhalten mit größeren Schwierigkeiten verbunden als bei oligopolistischen Marktstrukturen. Joint Ventures erlauben aber dennoch eine gewisse Abstimmung zwischen den beteiligten Unternehmen, sodass auch im Falle einer geringen marktlichen Konzentration strategische Vorteile erzielt werden können (Kogut, B. 1998; Harrigan, 1988). Des Weiteren stellen Joint Ventures aber auch ein Instrument dar, um offensiv starke Wettbewerbspositionen aufzubauen. Dabei spielen neben der Erlangung von Kostenvorteilen ressourcenbasierte oder Ressourcenabhängigkeits-, insb. machtorientierte Überlegungen die zentrale Rolle.
Nach der Theorie des organisationalen Lernens schließlich bieten Joint Ventures hervorragende Möglichkeiten, firmenspezifisches Wissen weiterzuleiten Macharzina, /Oesterle, /Brodel, 2001. Insbesondere kommt dies im Bereich des schwer erfassbaren Erfahrungswissens zum Tragen. Derartiges Wissen ist weder einer Dokumentation zugänglich – bspw. in Form von Patenten – noch in bestimmten Unternehmensangehörigen personifiziert; als implizites Wissen ist es vielmehr in der sozialen Struktur des Gesamtunternehmens oder von Teileinheiten verwoben (Kogut, B. 1998). Wird nun im Falle einer wissenstragenden Teileinheit diese in ein Joint Venture eingebracht, so kann das an sich nicht transferierbare Wissen dennoch ökonomisch verwertet werden. Aber auch das Streben nach dem Erhalt von derzeitig nicht benötigtem Wissen kann die Gründung von Joint Ventures nahe legen; das Wissen wird dann durch die Beteiligung anderer „ geparkt “ und so einem Wissensverlust vorgebeugt.
Nach dem Realoptionsansatz werden schließlich (internationale) Joint Ventures, die mit einer Übernahmeklausel im Joint-Venture-Vertrag versehen sind, als Option für eine spätere voll beherrschte (Auslands-)Gesellschaft interpretiert (Buckley, /Casson, 1998; Buckley, /Casson, /Gulamhussen, 2002). In einem zweiphasigen Entscheidungsbaum-Modell wird diese Internationalisierungsstrategie anhand des Kriteriums der Maximierung des erwarteten Gewinns erklärt. Bei niedriger Ertragserwartung und negativen Renditeerwartungswerten wird das Unternehmen in einer ersten Phase zunächst keine Direktinvestition vornehmen. Bei mittlerer Erfolgswahrscheinlichkeit wird es die Joint-Venture-Strategie verfolgen und sich dadurch eine Option auf eine alleinige Übernahme und damit Vollbeherrschung des Joint Ventures in einer späteren Phase sichern, falls sich die Erfolgswahrscheinlichkeit erhöhen sollte. Falls nicht, wäre der Verlust begrenzt.
In einer literaturanalytischen Längsschnittstudie (Reus, /Ritchie III, 2004) wurden 194 Joint-Venture-Aufsätze, die im 15-Jahreszeitraum von 1988 bis 2003 in 10 internationalen Spitzenzeitschriften, davon 79% in Journal of International Business Studies, Management International Review und Strategic Management Journal veröffentlicht wurden, auf ihre theoretisch-konzeptionelle Basis untersucht. Es zeigte sich eine Konzentration auf transaktionskosten- bzw. internalisierungstheoretische Überlegungen und die Theorie des organisationalen Lernens; diese bilden mehrheitlich die konzeptionelle Grundlage der in die Auswertung einbezogenen Studien. Daneben findet sich eine breite Streuung über viele Ansätze hinweg, die man unter das Dach des strategischen Managements subsumieren könnte.

b) Empirische Befunde


Nach dem Sammelreferat von Reus/Ritchie III lassen sich 138 ausgewerteten empirischen Studien zufolge drei Hauptgruppen empirischer Befunde unterscheiden, die auf das Joint Venture, auf die Muttergesellschaft oder auf die Umwelt bezogene Einflussfaktoren in den Vordergrund der Betrachtung rücken.
Bei den Joint-Venture-Faktoren scheinen Vertrauen, Konflikte und Lernen über Wissenstransfer zwischen den Partnern ausschlaggebend zu sein. Vertrauen und dessen Gegenpol Konflikt in jeweils hoher Ausprägung erleichtern bzw. erschweren die Zusammenarbeit im Joint Venture. Dabei weist Vertrauen eine strukturelle Komponente im Hinblick auf die Komplementarität der Partnerressourcen und eine soziale Komponente bezogen auf die Qualität der Partnerbeziehung auf. Die Konfliktmanagementstrategien setzen in erster Linie an kulturellen oder organisationalen Differenzen zwischen den Partnern an. Partnerlernen scheint starkes finanzielles und Management-Engagement zur Voraussetzung zu haben; dabei kann Wissenstransfer über engen Austausch unter den Partnern als Schlüsselfaktor für den Joint Venture-Erfolg gelten, was durch gleich verteilte Verantwortlichkeiten erleichtert zu werden scheint. Unter den Muttergesellschaft-Faktoren scheinen die Gründungsentscheidung, Joint-Venture-Motive, Parnterauswahlkriterien, Verhandlungsaspekte, Kontrolle und Eigentumsverhältnisse sowie Partnerfit im Hinblick auf kulturelle und Branchennähe von vorrangiger Bedeutung zu sein. Die Motive scheinen zu variieren; jedoch ist ein multinationales Unternehmen als Partner typischerweise an Marktzugang und lokalen Marktkenntnissen, der lokale Partner hingegen am Erwerb neuer Fähigkeiten und Technologien interessiert. In der Verhandlungsperspektive wird die Verhandlungsmacht eines Partners das Steuerungs- und Kontrollmuster im Joint Venture bestimmen. Ein bedeutsames Ergebnis der Joint-Venture-Verhandlungen ist die Eigentumsstruktur, wobei Equity Joint Ventures offenbar dann gegenüber rein vertraglichen Formen bevorzugt werden, wenn sie die Kombination, Integration oder den Transfer von Wissen zwischen den Partnern zum Ziel haben und die Mehrheitsanteile am Joint-Venture-Kapital ausschlaggebend für dessen Kontrolle in der hierarchischen Dimension sind, die allerdings durch die kulturelle oder informelle Dimension verändert werden kann. Was schließlich den Partnerfit anbetrifft, scheinen kulturelle Unterschiede und Branchendistanz die Kooperation zu verkomplizieren. Unter den Umweltfaktoren sind mehrheitlich die anders gearteten Verhältnisse in den weniger entwickelten Ländern auf empirisches Forschungsinteresse gestoßen, wobei politische Instabilität und infrastrukturelle Unzulänglichkeiten beachtliche Ausmaße an Unzufriedenheit beim Management und Instabilität des Joint Ventures stiften können. Dieses scheint multinationale Unternehmen bei Errichtung eines Joint Ventures tendenziell zu veranlassen, die Kapitaleinsatzniveaus niedrig zu halten.
Konkret auf die Kerntheorie zur Erklärung von Joint Ventures bezogen ist ein zentraler Befund, dass Equity Joint Ventures gegenüber Akquisitionen bevorzugt werden, wenn die Transaktionskosten relativ hoch sind (Hennart, /Reddy, 1997). Aus der organisationalen Lernperspektive generierte empirische Befunde bestätigen, dass Kapitalverflechtungen zu stärkerem Wissenstransfer führen, da durch sie die Häufigkeit der Interaktionen zwischen den Partnern erhöht wird. Umgekehrt wird auf den dadurch erzeugten Wettbewerbsdruck im „ race to learn “ zwischen den Partnern verwiesen, was „ hostile learning “ und wiederum beträchtliche Instabilität des Joint Ventures nach sich ziehen kann (Yan, 1998). Für die theoretische Interpretation von (internationalen) Joint Ventures als Realoption finden sich hingegen keine schlüssigen empirischen Belege (Chi, 2000; Folta, /Miller, 2002; Reuer, 2002; Vassolo, /Anant, /Folta, 2004; Fisch, 2005, 2006). Im Gegenteil scheinen danach (internationale) Joint Ventures gerade keine Option, sondern eine reguläre Investition darzustellen.

II. Problembereiche der Gründung und des Managements von Joint Ventures


1. Partnerwahl als systematischer Suchprozess


Gelingt es bei der Partnerwahl nicht, bereits über die Auswahl von Kooperationspartnern antizipativ potenzielle Konfliktfelder zu reduzieren, so dürfte die Wahrscheinlichkeit einer im Zeitablauf einsetzenden Divergenz zwischen den Partnern zunehmen, was letztendlich zum Scheitern des Joint Ventures führen kann. Daher sollte die Partnersuche als organisierter, systematischer Prozess ausgestaltet und nicht dem Zufall überlassen werden. Hierbei dürfte sich zu Beginn die Analyse der eigenen Stärken und Schwächen im beabsichtigten Engagement empfehlen; darauf aufbauend kann ein Anforderungsprofil erstellt werden, welches die gewünschten komplementären Eigenschaften und Merkmale eines Idealpartners beinhaltet; die Identifikation möglicher Partner wird somit über einen Vergleich der idealen und realen Eigenschaften vorgenommen; Forschungs- und Beratungsinstitutionen sowie potenzielle Kunden des beabsichtigten Joint Ventures können im Hinblick auf die tatsächlichen Eigenschaften evtl. Partnerunternehmen wertvolle Informationen bereitstellen und damit die Komplexität des Suchprozesses verringern (Harrigan, K.R. 1986). Als allgemeine Selektionskriterien der Auswahl des Wunschpartners können die Faktoren Fähigkeit zur Kooperation, Vereinbarkeit der Partner sowie Bereitschaft zur Zusammenarbeit gelten (Business International Corporation, 1987). Im Rahmen der Fähigkeit zur Kooperation kommt vor allem der notwendigen Komplementarität der Kenntnisse und Ressourcen sowie der finanziellen Situation von Partnerunternehmen eine kritische Funktion zu. Die Vereinbarkeit der Partner hängt demgegenüber maßgeblich von der Kompatibilität ihrer Strategien und operativen Routinen, der hierbei gegebenen kulturellen Distanzen sowie der Vertrauensintensität ab (Harrigan, K.R. 1986; Geringer, J.M. 1988). Aufgrund von Untersuchungen kann vermutet werden, dass die partnerbezogenen Koordinationsprobleme innerhalb von Joint Ventures mit dem Grad der Inkompatibilität von managementrelevanten Prozessen und der kulturellen Distanz zunehmen (Killing, J.P. 1983; Harrigan, K.R. 1988). Mit dem letzteren Faktor wird schließlich auf die Notwendigkeit einer kooperationsfreundlichen Haltung möglicher Partnerunternehmen verwiesen. Neben dem grundsätzlichen Kooperationswillen sollte auch die Bereitschaft vorhanden sein, das Joint Venture in ausreichendem Umfang mit Ressourcen wie Finanz- und Sachkapital, Wissen sowie zeitlichem Engagement zu versehen.

2. Ausarbeitung einer Kooperationsverfassung


Kooperationsverfassungen können als geronnener Ausdruck derjenigen Verhandlungen interpretiert werden, welche innerhalb der Gründungsphase von Joint Ventures auf die Abgrenzung der Rechte und Pflichten zwischen den Partnern zielen. Insofern stellen derartige Normen die korporative Klammer für Verhandlungsergebnisse in Bezug auf Interessenbereiche wie Rechtsform, Kapitalanteile, Einflusssicherung bei Minderheitsbeteiligung, Entscheidungsfindung oder auch Schutz von Absatzgebieten eines der Partnerunternehmen dar (Killing, J.P. 1983; Schaan, J.-L. 1988). Ihre strukturelle Einbindung erfolgt durch den Joint-Venture-Vertrag, die Satzung, Geschäftsordnungen der Joint-Venture-Organe oder andere vertraglich festgelegte Ausarbeitungen.

3. Problemfelder der Joint-Venture-Führung


Beim Management eines Joint Ventures erwachsen aus der Präsenz von zwei (oder mehreren) Muttergesellschaften erhebliche Koordinationsprobleme, zumal wenn die Zusammenarbeit grenzüberschreitend angelegt und dadurch in ihrer Komplexität erhöht ist. Dies kann vor allem dadurch begründet werden, dass sich allein aus dem Besitzverhältnis noch keine eindeutige Kompetenzzuweisung ableiteten lässt. Aufgrund der Notwendigkeit zur gemeinsamen Entscheidungsfindung können diese Probleme aber zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Handlungsfähigkeit des Joint Ventures führen; koordinative Maßnahmen wie gesteuerte Sozialisationsprozesse, die Erarbeitung gemeinsam befürworteter Grundsätze der Unternehmenspolitik sowie die Standardisierung von Prozessen sollten daher zu den festen Bestandteilen eines partnerorientierten Joint-Venture-Managements zählen (Oesterle, M.-J. 1993).
Eine weitere kritische Variable der Joint-Venture-Führung ist neben der aufgezeigten, horizontal angelegten Koordinationsproblematik die effektive Steuerung der Joint-Venture-Aktivitäten durch die Muttergesellschaften. Bereits einfache Plausibilitätsüberlegungen lassen vermuten, dass die Joint-Venture-interne Umsetzung einer konkreten, von der Muttergesellschaft erteilten Vorgabe weit schwieriger zu realisieren sein wird als bei einer vollbeherrschten Tochtergesellschaft. Die Steuerungsimpulse der Muttergesellschaft treffen hierbei nicht allein auf eine Eigendynamik des abhängigen Managements; dieses hat als Kooperationsträger im Joint Venture darüber hinaus die vorgegebenen Ziele auch gegen die nicht immer gleichgerichteten Erwartungen des Joint-Venture-Partners zu vertreten. Insofern erscheinen Empfehlungen einsichtig, die Kooperationsträger mit genügend Kompetenzen und damit Handlungsspielraum zu versehen, deren Erfahrung vor Ort zu nutzen und auf den Einsatz harter Steuerungsmechanismen zu verzichten.

4. Dynamik der Joint-Venture-Partnerschaft


Joint Ventures weisen empirischen Untersuchungen zufolge in dynamischer Betrachtungsweise einen typischen Entwicklungsverlauf mit den Phasen Formierung, Anpassung und Evaluation auf. Während dieser setzt sich das Management mit der Initiierung, Lernprozessen und der Herausbildung von Verhaltensmustern bzw. einer Bewertung des Joint Ventures auseinander (Probst, G.J.B./Rüling, Ch.-C. 1999). Insbesondere in der letzten Phase kommt zum Tragen, dass sich neben den veränderten Umfeldbedingungen, welche die Stabilität eines Joint Ventures zu beeinflussen vermögen (Blei, Ch. 1998), im Zeitverlauf auch die internen Gegebenheiten der am Joint Venture beteiligten Unternehmen bspw. hinsichtlich Ziel- und Strategieinhalten, Wissens- oder Ressourcenpotenzialen wandeln. Dies führt tendenziell zu einem Abbau des ursprünglich die Gründung eines Joint Ventures veranlassenden Potenzialunterschiedes der Partner und kann daher ebenfalls die Instabilität des Joint Ventures fördern. Nur wenn das Joint Venture trotz dieser veränderten Situation für beide Partner noch die höchstwertigste Alternative darstellt, sollte es fortgeführt werden; ansonsten wird es im Zuge einer Neuaushandlung zu einer weitgehenden Übernahme durch einen Partner, zu einer Auflösung durch Verkauf an Dritte oder zur Liquidation kommen.

III. Joint-Venture-Performance


Die Untersuchung des Erfolgs von Joint Ventures hat angesichts der Schwierigkeit zu dessen Messung trotz des nunmehr über 25 Jahre anhaltenden Interesses an diesem Problem eine vergleichsweise geringe Anzahl an Veröffentlichungen hervor gebracht. Diese lassen sich in vier Gruppen einteilen (Tallmann, 2005): eine erste, die die Bestimmungsfaktoren der Joint-Venture-Performance von dem sie beeinflussenden externen Kontext abhängig sieht (Kogut, 1998); eine zweite, die die internen Bedingungen der Joint-Venture-Transaktionen, gestützt auf transaktionskostentheoretische Überlegungen zur Internalisierung in den Vordergrund rückt (Williamson, 1991: eine dritte, die die Joint-Venture-Performance aus dem Erfolgsgrad der Steuerung der Mehrheits- bzw. Muttergesellschaft in einer Kausalkette vom Ressourceninput über dessen spezifische Kontrolle, ferner die wahrgenommene allgemeine Kontrolle, bis hin zur wahrgenommenen Zufriedenheit mit dem Joint-Venture-Erfolg zu erklären versucht (Mjoen, /Tallmann, 1997). Eine vierte Gruppe versucht, Joint-Venture-Erfolg durch Wahrnehmungen des Managements anhand verbundener quantitativer und qualitativer Erfolgsdimensionen und -maße zu ergründen (Geringer, /Hebert, 1991). Empirische Befunde bescheinigen Joint Ventures generell die theoretisch mehrheitlich unterstellte Vermutung einer schwachen Performance. Eine neuere empirische Untersuchung mit einer Datenbasis von rund 28.000 japanischen Auslandsgesellschaften kommt allerdings zu einem gegenteiligen Ergebnis, nach dem die wahrgenommene finanzielle Performance von Joint Ventures und 100%-igen Tochtergesellschaften identisch war und Letztere lediglich eine marginal höhere Überlebensdauer aufwiesen (Delios, /Beamish, 2004). Die Schwäche all dieser Versuche liegt an dem Mangel, dass sie die Joint-Venture-Performance an der Messlatte der historischen Erwartungen bei der Errichtung des Joint Ventures festmachen und die oben als wesentlich herausgestellte dynamische Sicht außer Acht lassen. Neuere Studien hingegen heben auf die Bedeutung der „ dynamic capabilities “ über die Zeit der Joint-Venture-Betätigung hervor. Solche kritischen, empirisch nachgewiesenen capabilities sind beispielsweise frühere Erfahrungen mit Allianzen, allgemeine kombinative Fähigkeiten, Gestaltungskompetenzen bei der Organisation unterschiedlicher Geschäfte, die Entwicklung relationaler Fähigkeiten, relationales „ Kapital “ im Hinblick auf Joint-Venture-Lernen und Konfliktmanagement, sowie die erfolgreiche Institutionalisierung derartiger Joint-Venture-Fähigkeiten in bestimmten kritischen Joint-Venture-Funktionsbereichen (Tallmann, 2005).
Tallmann, (2005) hat diese Neuausrichtung, aufbauend auf theoretischen Überlegungen (Madhok, /Tallmann, 1998) und empirischen Befunden (Robins, /Tallmann, /Fladmoe-Lindquist, 2002) zu einem dynamischen Joint-Venture-Performance-Modell weiterentwickelt, das sich im Zeitverlauf ändernde „ capabilities “ und „ rents “ des Joint Ventures als Kernvariablen enthält. Durch die differenzierung von partnerspezifischen Fähigkeiten und allgemeinen Joint Venture transaktionsspezifischen Fähigkeiten gelingt ihm eine darauf abgestimmte Differenzierung fähigkeitsspezifischer Renten bzw. der zugrunde liegenden Rente stiftenden Verursachungsfaktoren ( „ assets “ ) wie unternehmensspezifischer Quasi-Renten, transaktionspezifischer Quasi-Renten und partnerspezifischer Quasi-Renten, was neue Möglichkeiten zur Bestimmung der Performancetreiber aus unterschiedlichen Quellen von in Joint Ventures verfügbaren oder sich herausbildenden Vorteilskategorien eröffnet.
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