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Strategie und Organisationsstruktur


Inhaltsübersicht
I. Unvermindert hohe Relevanz einer sorgfältigen Abstimmung von Strategie und Organisationsstruktur
II. Notwendigkeit einer sorgfältigen Konzeptualisierung der Konstrukte „ Strategie “ und „ Organisationsstruktur “ im Zusammenhang von Strategie-Struktur-Untersuchungen
III. Zusammenhänge zwischen einzelnen Strategieelementen und der Organisationsstruktur
IV. Auswirkungen von Strategie-Struktur-Entsprechungen auf den Unternehmenserfolg
V. Zur Kausalitätsrichtung von Strategie und Organisationsstruktur
VI. Kritische Würdigung und forschungsprogrammatische Perspektiven

I. Unvermindert hohe Relevanz einer sorgfältigen Abstimmung von Strategie und Organisationsstruktur


Die Beziehung zwischen der Strategie und der Organisationsstruktur von Unternehmen (bzw. anderen Institutionstypen) gehört zu den klassischen Erkenntnisfeldern der Betriebswirtschaftslehre. Ausgehend von Chandlers wegweisender Untersuchung (Chandler, Alfred Dupont 1962) wurden zahlreiche theoretische und empirische Untersuchungen hierauf ausgerichtet. Nachdem das Untersuchungsinteresse in den 1980er-Jahren aufgrund der verstärkten Hinwendung zu prozessualen, insb. personenorientierten Koordinationsformen vorübergehend etwas zurückgegangen war, ist das Ausmaß der auf die Strategie-Struktur-Beziehung ausgerichteten Forschungsbemühungen seither wieder stark angestiegen (Schewe, Gerhard 1998; Wolf, Joachim 2000).
Diese erneute Hinwendung zur Strategie-Struktur-Beziehung erscheint insofern plausibel,

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als zahlreiche Unternehmen im Verlauf der letzten Jahrzehnte Strategien eingesetzt haben, die durch die traditionelle Strategie-Struktur-Forschung so noch nicht abgedeckt worden sind (z.B. die Wahl von Wettbewerbsstrategien oder die Strategie der Internationalisierung der F&E),

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als die Organisationstheorie nach wie vor argumentiert, dass die prozessuale (d.h. technokratische und personenorientierte) Koordination nicht mehr darstellt als eine Ergänzung zur strukturellen Koordination und

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als die Mehrzahl der Unternehmen in den letzten beiden Jahrzehnten die Zahl ihrer Reorganisationen signifikant erhöht hat (vgl. Wolf, Joachim 2000). Wenn der Faktor „ Organisationsstruktur “ unwichtig wäre, hätten die Unternehmen nicht so viel in aufwendige Reorganisationsprojekte investiert (Wolf, Joachim/Egelhoff, William G. 2002).


Daher und aufgrund weiterer, anderswo (Wolf, Joachim 2000) genannter Gründe wird der Strategie-Struktur-Zusammenhang auch in den nächsten Jahrzehnten im Mittelpunkt der Unternehmensführungs- und Organisationsforschung stehen.

II. Notwendigkeit einer sorgfältigen Konzeptualisierung der Konstrukte „ Strategie “ und „ Organisationsstruktur “ im Zusammenhang von Strategie-Struktur-Untersuchungen


Formal gesehen, lassen sich Strategien als grundlegende, von Unternehmen einzuschlagende Ziele und Wege der Zielerreichung begreifen. Gleichwohl ist das Konstrukt „ Strategie “ multidimensional und somit gefährdet, mehrdeutig bzw. missverständlich interpretiert zu werden. Es umfasst unterschiedlichste Strategieelemente wie Wachstumsstrategien, Diversifikationsstrategien, Wettbewerbsstrategien, F&E-Strategien, Akquisitionsstrategien, Kooperationsstrategien oder Internationalisierungsstrategien. Diese Multidimensionalität des Strategiekonstrukts dürfte auch wesentlich dafür verantwortlich sein, dass die unzähligen Versuche, eine universell gültige Kausalitätsrichtung zwischen Strategie und Organisationsstruktur zu identifizieren, letztlich fehlgeschlagen sind (Schewe, Gerhard 1999). Je nach betrachtetem Strategieelement variiert nämlich die Richtung der Wirkungsstruktur.
Ähnlich große Interpretationsspielräume umgeben den Begriff „ Organisationsstruktur “ . Vielfach wird auf eine explizite Definition gänzlich verzichtet. Gemeint ist dabei jedoch fast durchweg die formale Gliederung der betrachteten Einheit. Organisationsstrukturen finden sich somit nicht nur auf der Gesamtunternehmens- und Geschäftsbereichsebene, sondern ebenso auf nachgelagerten Hierarchieebenen wie Abteilungen oder Arbeitsgruppen. Wenn die Strategie-Struktur-Forschung den Begriff „ Organisationsstruktur “ verwendet, dann meint sie damit jedoch die Makrostruktur, also die grundsätzliche, auf den höheren Hierarchieebenen bestehende Form der Unternehmensgliederung. Auch dies bedarf freilich insofern einer weiteren Spezifikation, als das Aggregationsniveau des Organisationsstrukturkonzepts stets mit dem Aggregationsniveau des gewählten Strategieelements abzustimmen ist. Werden bspw. Unternehmenswachstums- oder Diversifikationsstrategien betrachtet, dann ist diesen die Gesamtunternehmensstruktur gegenüberzustellen. Werden Wettbewerbsstrategien oder internationale strategische Orientierungen thematisiert, dann sind diese mit Geschäftsbereichsstrukturen zu konfrontieren.

III. Zusammenhänge zwischen einzelnen Strategieelementen und der Organisationsstruktur


Im Rahmen der zahlreichen verfügbaren Untersuchungen zum Strategie-Struktur-Zusammenhang sind vielfältige Beziehungen zwischen Strategieelementen und Organisationsstrukturen hypothetisiert und empirisch getestet worden. Die verfügbaren Untersuchungen lassen sich in zwei Gruppen einteilen:

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Die der ersten Gruppe zuzuordnenden Untersuchungen (z.B. Chandler, Alfred Dupont 1962; Fligstein, Neil 1985) sind rein deskriptiv angelegt. Es wird geprüft, ob die als vernünftig angenommenen Zuordnungen bestimmter Ausprägungen von Strategieelementen und Organisationsstrukturen in der Realität tatsächlich vorherrschen. Ob Unternehmen, welche die als zweckmäßig erachteten Strategie-Struktur-Zuordnungen realisiert haben, auch wirklich erfolgreicher sind als diejenigen mit anderen Zuordnungen, wird nicht explizit geprüft.

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Die in die zweite Gruppe einzureihenden Untersuchungen (z.B. Rumelt, Richard P. 1974; Armour, Henry O./Teece, David J. 1978; Markides, Constantinos C./Williamson, Peter J. 1996) vollziehen die letztgenannte explizite Güteprüfung des Strategie-Struktur-Fits. Diese Untersuchungen bemühen sich um eine valide Messung des Unternehmenserfolgs.


Die zweitgenannten Untersuchungen erscheinen zunächst überlegen, weil sie sich nicht ausschließlich auf eine zwingende Logik verlassen, sondern überdies den Bewährungsgrad der elaborierten Fits explizit testen. Gleichwohl ist anzumerken, dass diese Untersuchungen aufgrund der immer bestehenden Probleme bei der Messung von Unternehmenserfolg (Wolf, Joachim 2003) ebenfalls nicht unproblematisch sind.
Da ein großer Teil der konzeptualisierten Strategie-Struktur-Entsprechungen eine empirische Fundierung erfahren hat, ist es im Rahmen dieses Überblicksbeitrags nicht möglich, die Gesamtmenge der bestätigten Fits wiederzugeben. Stattdessen ist eine Beschränkung auf die wichtigsten der „ klassischen “ und neuen Strategie-Struktur-Fits erforderlich. Die klassischen Strategie-Struktur-Fits beziehen sich auf die Strategieelemente „ Diversifikation “ und „ Unternehmenswachstum “ .
Im Mittelpunkt der Diskussion um den Zusammenhang zwischen dem Strategieelement „ Diversifikation “ und der Organisationsstruktur steht der Befund, dass schwach diversifizierte Unternehmen zur Funktionalstruktur, stark diversifizierte hingegen zur Produktspartenstruktur neigen (Chandler, Alfred Dupont 1962; Rumelt, Richard P. 1974; Whittington, Richard/Mayer, Michael/Curto, Francisco 1998). Dies erscheint insofern plausibel, als mit zunehmender Diversifikation die Heterogenität der vom Unternehmen zu gestaltenden externen und internen Kontexte zunimmt (Galbraith, Jay R./Kazanjian, Robert K. 1986). In stark diversifizierten, jedoch funktional gegliederten Unternehmen wird die Bewältigung der Leitungsaufgabe zunehmend zum Problem; die Produktspartenstruktur ist hier günstiger, weil sie den Informationsfluss zwischen jenen Unternehmenseinheiten, deren Aufgaben nunmehr die größte Ähnlichkeit aufweisen, akzentuiert und damit klare Verantwortlichkeiten schafft. Für den Übergang zur Produktspartenstruktur im Zuge des Diversifikationsprozesses spricht aber auch, dass die Leistungsprogrammdiversifikation eine Absenkung des Ausmaßes teilbereichsübergreifender Interdependenzen bewirkt. Somit ist eine ausgeprägte, von der Hierarchiespitze ausgehende Koordination weder möglich noch erforderlich (Donaldson, Lex 1982). Weiterhin hat sich gezeigt, dass stark diversifizierte Unternehmen überzufällig zur Matrixstruktur und unterzufällig zur Regionalspartenstruktur neigen (Habib, Mohammed/Victor, Bart 1991; Wolf, Joachim 2000). Die Neigung zur Matrixstruktur erscheint angesichts deren hoher Informationsverarbeitungskapazität plausibel, die im Falle einer starken Leistungsprogrammdiversifikation besonders vorteilhaft ist. Eine ausgeprägte Diversifikation und die Regionalspartenstruktur sind deshalb „ unverträglich “ , weil bei dieser Organisationsstruktur die produktbezogenen Informationsverarbeitungskapazitäten gering ausgeprägt sind.
Im Hinblick auf das Strategieelement „ Unternehmenswachstum “ hält die Strategie-Struktur-Forschung die empirisch wiederholt (Fligstein, Neil 1985; Schmitz, Rudolf 1988) erhärtete Hypothese bereit, dass kleinere Unternehmen zur Funktionalstruktur, größere hingegen zur Produktsparten- und Matrixstruktur tendieren. Erklärt wird der Übergang von der Funktionalstruktur zur Produktsparten- bzw. Matrixstruktur im Laufe des unternehmerischen Wachstumsprozesses v.a. mit dem von Williamson (Williamson, Oliver E. 1975) identifizierten „ cumulative loss effect “ der Funktionalstruktur. Hierunter wird verstanden, dass in funktional gegliederten Großunternehmen die Tätigkeiten vieler der in den Funktionsbereichen tätigen mittleren Manager keinen direkten Erfolgsbezug hätten, dass sie daher Drückebergerei betreiben könnten, zumal es dem Top Management aufgrund seiner begrenzten Rationalität kaum möglich sei, opportunistisch handelnde Untergebene verlässlich zu kontrollieren. Nach Williamson hilft hier insb. die Produktspartenstruktur ( „ M-Form “ ) weiter, weil hier das Unternehmen in mehrere überschaubare, unternehmerisch geführte Teilsysteme aufgegliedert wird. Die Einrichtung der Produktspartenstruktur kann demnach als Reaktion auf die Leitungsprobleme gesehen werden, die sich infolge des Wachstums von Unternehmen ergeben. Die Matrixstruktur dürfte v.a. deshalb gehäuft bei größeren Unternehmen auftreten, weil eine Doppelunterstellung die Verfügbarkeit einer hinreichenden Zahl an höheren Führungskräften voraussetzt. Trotz dieser an und für sich plausiblen Gedankenfolge ist im Schrifttum bis heute umstritten, ob mit dem Unternehmenswachstum ein originärer „ Strukturtreiber “ gegeben ist oder ob empirisch festgestellte Assoziationen der Unternehmensgröße und organisationalen Grundstrukturen lediglich die Tatsache zum Ausdruck bringen, dass die Variablen „ Unternehmensgröße “ und „ Diversifikation “ in vielen Samples stark miteinander korrelieren (Donaldson, Lex 1986).
Als neuere, noch nicht allzu lange diskutierte Strategie-Struktur-Fits sind u.a. (weitere werden in Wolf, Joachim 2000 diskutiert) die Zusammenhänge der Strategieelemente „ Wettbewerbsstrategie “ und „ F&E-Strategie “ mit der Organisationsstruktur anzusprechen.
Werden „ Wettbewerbsstrategien “ auf der Basis von Porters (Porter, Michael E. 1980) Trilogie konzeptualisiert, dann ist zu vermuten, dass Unternehmen mit einer Kostenführerschaftsstrategie zur Funktionalstruktur und solche mit einer Differenzierungsstrategie zur Produktspartenstruktur neigen. Erstere suchen nämlich in einer Minimierung von Stückkosten ihren kompetitiven Vorteil. Die Funktionalstruktur erweist sich hier deshalb als passend, weil sie im Unternehmen nicht an vielen Stellen (nämlich den Sparten) gleichartige Funktionsbereiche vorhält, sondern für eine effizienzsteigernde Bündelung der verfügbaren Ressourcen sorgt (Miller, Danny 1988). Demgegenüber versuchen sich Differenzierer mit einzigartigen Marktleistungen von ihren Wettbewerbern abzuheben. Hierzu streben sie nach häufigen und signifikanten Produktinnovationen sowie nach einer intensiven Betreuung ihrer Kunden. Dies macht eine Organisationsstruktur erforderlich, bei der produkt- und marktorientierte Informationsverarbeitungskapazitäten gleichermaßen zumindest recht stark ausgeprägt sind. Diese Bedingung erfüllt die Produktspartenstruktur besser als alle anderen Organisationsstrukturen. In diesem Strukturkonzept ist der Unternehmenskorpus hinreichend komplex und dezentral angelegt, um den differenzierungstypischen Economies-of-Scope-Erfordernissen gerecht zu werden.
F&E-Aktivitäten erfolgen nicht nur im Unternehmensbereich gleichen Namens, sondern auch in vielen anderen Unternehmenseinheiten. Daher ist es vernünftig, Fits zwischen der F&E-Strategie, namentlich der F&E-Intensität, und der Organisationsstruktur zu elaborieren. Für F&E-intensive Unternehmen erscheinen die Produktsparten- und die Matrixstruktur, weniger die Funktionalstruktur passend. Die Produktspartenstruktur erscheint opportun, weil ihr Schwerpunkt der Informationsverarbeitung direktional den F&E-seitig gestellten produktzentrierten Informationsverarbeitungserfordernissen entspricht. Andererseits geht eine hohe F&E-Intensität mit einer hohen Dynamik und Varietät und demzufolge mit einer geringen Analysierbarkeit der unternehmerischen Transaktionsprozesse einher. Derartige variable und schlecht analysierbare Transaktionsprozesse sind nur auf dem Wege intensiver und medial reichhaltiger Informationstransfers, wie sie im Rahmen der Matrixstruktur erfolgen, zu bewältigen.
Die zuvor dargelegten Strategie-Struktur-Entsprechungen haben sich insb. in der Untersuchung von Wolf (Wolf, Joachim 2000), in deren Rahmen 156 deutsche nationale und internationale Unternehmen über den Zeitraum von 40 Jahren hinweg studiert worden sind, gezeigt. Überdies führte diese Untersuchung zu dem Ergebnis, dass der Zusammenhang zwischen den Strategieelementen und der Organisationsstruktur im Zeitablauf eher stärker als schwächer geworden ist. Auch dies unterstreicht die hohe Relevanz des Themas „ Strategie und Struktur “ .
Im Hinblick auf die relative Bedeutung der einzelnen Strategie-Struktur-Entsprechungen hinsichtlich der Wahl von Organisationsstrukturen ist festzuhalten, dass die klassischen Fits nach wie vor den größten Anteil der Varianz der Strukturwahl erklären können.

IV. Auswirkungen von Strategie-Struktur-Entsprechungen auf den Unternehmenserfolg


Wie bereits erwähnt, haben sich zahlreiche Forscher bemüht, die Auswirkungen von Strategie-Struktur-Entsprechungen hinsichtlich des Unternehmenserfolgs explizit zu prüfen. Aufgrund der begrifflichen Vagheit des Begriffes „ Unternehmenserfolg “ ist dieser dabei in unterschiedlichster Weise operationalisiert worden. Verwendet werden Erfolgsindikatoren wie Gewinn (vor oder nach Steuern), Gewinnwachstum, Gewinnschwankung (gemessen an der Standardabweichung der Variationseffekte zwischen den Beobachtungsjahren), (Veränderung der) Eigenkapitalrentabilität, (Veränderung der) Gesamtkapitalrentabilität, (Veränderung der) Umsatzrentabilität, (Veränderung des) Gewinn(s) je Aktie, Kursgewinn der Aktie, Umsatzwachstum, Wachstum des Auslandsumsatzes, Marktwert des neu gebildeten Eigenkapitals im Verhältnis zum Gewinn nach Steuern, Verhältnis von Eigenkapital zu Gesamtkapital, Wachstum des (Eigen-)Kapitals, Veränderung der Mitarbeiterzahl, Gesamtvermögen je Aktie, Vermögenswachstum, Wachstum des Anlagevermögens sowie Risiko (Wolf, Joachim 2000).
Angesichts dieser Heterogenität bei der Operationalisierung des Erfolgskonstrukts verwundert es nicht, dass die Strategie-Struktur-Erfolgs-Forschung noch zu wesentlich uneinheitlicheren Ergebnissen geführt hat als die Strategie-Struktur-Forschung. Nichtsdestotrotz bleibt festzuhalten, dass die oben dargelegten und erläuterten Strategie-Struktur-Zuordnungen in der Tendenz durch die Strategie-Struktur-Erfolgs-Forschung bestätigt worden sind.

V. Zur Kausalitätsrichtung von Strategie und Organisationsstruktur


Die Strategy-follows-Structure-These ist nicht zuletzt deshalb entfaltet worden, weil es nicht immer gelungen ist, die Structure-follows-Strategy-These empirisch nachzuvollziehen. Die Strategy-follows-Structure-These erscheint aber auch aufgrund der dargelegten Multidimensionalität des Strategiekonzepts angemessen. So dürften in vielen Unternehmen Strategieelemente wie „ Diversifikation “ und „ Unternehmenswachstum “ die Wahl der organisationalen Grundstruktur diktieren, während andere Strategieelemente wie die „ Wettbewerbsstrategie “ von dieser eher geleitet sein dürften.
Inhaltlich wird die Strategy-follows-Structure-Sichtweise mit der Erkenntnis begründet, dass die Organisationsstruktur bestimmt, welche der immer in einem gewissen Konkurrenzverhältnis stehenden Unternehmensziele von den Entscheidungsträgern in den Vordergrund gestellt werden. Überdies kanalisiere die Organisationsstruktur den strategieleitenden Informationsfluss des Unternehmens. Sie präge die kognitiven Raster, Schemata und damit Wahrnehmungsprozesse der für die Strategieformulierung verantwortlichen Personen. Auch das in Strategieformulierungsprozessen stets eine Rolle spielende Machtgefüge sowie Führungskräfte-Anreizsysteme würden durch die Organisationsstruktur beeinflusst, was sich wiederum in der Strategieformulierung niederschlage. Aber auch in der Phase der Strategieimplementierung wirkt die Organisationsstruktur auf die Strategie ein. Diesbezüglich ist davon auszugehen, dass die Organisationsstruktur nur jenen Teil der formulierten, aber noch nicht implementierten Strategien „ zur Realisation freigibt “ , der zu ihrer eigenen Grundausrichtung passt. Aufgrund der Stichhaltigkeit derartiger Überlegungen hat Schewe (Schewe, Gerhard 1999) mehrere in die Richtung einer umgekehrten bzw. wechselseitigen Beziehung zwischen Strategie und Struktur weisende Hypothesen entfaltet.

VI. Kritische Würdigung und forschungsprogrammatische Perspektiven


Die Strategie-Struktur-Forschung sollte zukünftig in mehrerlei Hinsicht modifiziert werden, um noch gehaltvollere Erkenntnisse gewinnen zu können. Drei forschungsprogrammatische Hinweise sind dabei in den Mittelpunkt zu stellen. Erstens sollten weitere neue Strategiekonzepte wie das Kernkompetenzdenken in die Strategie-Struktur-Forschung eingebunden werden. Zweitens sollte noch stärker als bislang darauf geachtet werden, dass den Forschungsbemühungen eine solide theoretische Fundierung zugrunde gelegt wird. Genauso wie bei anderen situativ ausgerichteten empirischen Untersuchungsvorhaben finden sich nämlich auch im Strategie-Struktur-Bereich zahlreiche Studien, in deren Rahmen Untersuchungsvariablen ohne hinreichende Vorab-Konzeptualisierung miteinander korreliert werden. Manche Strategie-Struktur-Studien leiden also unter einem nicht zu rechtfertigenden „ Dataismus “ (Schreyögg, Georg 1995). Und drittens sollte die Zahl der Längsschnittstudien gesteigert werden, um zumindest auf der Ebene einzelner Strategieelemente die Kausalitätsrichtungsfrage hinreichend beantworten zu können.
Literatur:
Armour, Henry O./Teece, David J. : Organizational Structure and Economic Performance: A Test of the Multidivisional Hypothesis, in: Bell Journal of Economics, Jg. 9, 1978, S. 106 – 122
Chandler, Alfred Dupont : Strategy and Structure: Chapters in the History of the Industrial Enterprise, Cambridge 1962
Donaldson, Lex : The Interaction of Size and Diversification as a Determinant of Divisionalisation: Grinyer Revisited, in: OS, Jg. 7, 1986, S. 367 – 379
Donaldson, Lex : Divisionalzation and Size: A Theoretical and an Empirical Critique, in: OS, Jg. 3, 1982, S. 321 – 337
Fligstein, Neil : The Spread of the Multidivisional Form Among Large Firms, in: ASR, Jg. 50, 1985, S. 377 – 391
Galbraith, Jay R./Kazanjian, Robert K. : Organizing to Implement Strategies of Diversity and Globalization: The Role of Matrix Designs, in: Human Ressource Management, Jg. 25, 1986, S. 37 – 54
Habib, Mohammed/Victor, Bart : Strategy, Structure, and Performance of US Manufacturing and Service MNCs, in: SMJ, Jg. 12, 1991, S. 589 – 606
Markides, Constantinos C./Williamson, Peter J. : Corporate Diversification and Organizational Structure: A Resource Based View, in: AMJ, Jg. 39, 1996, S. 340 – 367
Miller, Danny : Relating Porter\'s Business Strategies to Environment and Structure: Analysis and Performance Implications, in: AMJ, Jg. 31, 1988, S. 280 – 308
Porter, Michael E. : Competitive Strategy: Techniques for Analyzing Industries and Competitors, New York et al. 1980
Rumelt, Richard P. : Strategy, Structure, and Economic Performance, Boston 1974
Schewe, Gerhard : Unternehmensstrategie und Organisationsstruktur, in: DBW, Jg. 59, 1999, S. 61 – 75
Schewe, Gerhard : Strategie und Struktur: Eine Re-Analyse empirischer Befunde und Nicht-Befunde, Tübingen 1998
Schmitz, Rudolf : Kapitaleigentum, Unternehmensführung und interne Organisation, Wiesbaden 1988
Schreyögg, Georg : Umwelt, Technologie und Organisationsstruktur: Eine Analyse des kontingenztheoretischen Ansatzes, 3. A., Bern et al. 1995
Whittington, Richard/Mayer, Michael/Curto, Francisco : Economics, Politics and Nations: The Multidivisional Structure in France, Germany and the UK, 1983 – 1993. Arbeitspapier präsentiert anläßlich der Jahrestagung der Academy of Management, San Diego 1998
Williamson, Oliver E. : Markets and Hierarchies, New York 1975
Wolf, Joachim : Organisation, Management, Unternehmensführung: Theorien und Kritik, Wiesbaden 2003
Wolf, Joachim : Strategie und Struktur 1955 – 1995: Ein Kapitel der Geschichte deutscher nationaler und internationaler Unternehmen, Wiesbaden 2000
Wolf, Joachim/Egelhoff, William G. : A Reexamination and Extension of International Strategy-Structure Theory, in: SMJ, Jg. 23, 2002, S. 181 – 189

 

 


 

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