Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung
stellt ein geschlossenes Buchhaltungssystem dar, das auf kreislauftheoretischen (Kreislauftheorie) Erkenntnissen aufbaut und in dem die Ergebnisse der wirtschaftlichen Aktivitäten einer Volkswirtschaft (Wirtschaft) für eine abgelaufene Periode (z.B. Jahres-, Halbjahres-, Vierteljahreswerte) ermittelt werden (ex post-Analyse). In der Bundesrepublik wird die V. vom Statistischen Bundesamt aufgestellt. Die ermittelten Daten ermöglichen die Überprüfung wirtschaftstheoretischer Aussagen und sind erforderlich, um wirtschaftspolitische Ziele (Ziele der Wirtschaftspolitik) operational formulieren und eine Erfolgskontrolle wirtschaftspolitischer Maßnahmen durchführen zu können. Die am Wirtschaftsprozeß beteiligten Einheiten werden zu Sektoren (Transaktor) zusammengefaßt, die von ihnen entwickelten Aktivitäten systematisiert, so daß ein konsistentes Bild über die Produktion , Verteilung, Verwendung der Güter, Entstehung, Verteilung, Umverteilung, Verwendung der Einkommen, Vermögensbildung und ihre Finanzierung entsteht. Die Ergebnisse werden in Form eines Kontensystems und in Standardtabellen veröffentlicht. Die Wirtschaftseinheiten können grundsätzlich vier unterschiedliche wirtschaftliche Aktivitäten entwickeln, nämlich: Güterproduktion, Einkommensempfang und -verwendung, Vermögensbildung sowie Kreditaufnahme und -gewährung. Bei den Sektoren wird zwischen Unternehmen, Staat sowie Privaten Haushalten (Haushalt) (einschließlich privaten Organisationen ohne Erwerbszweck) unterschieden, die bedarfsweise weiter untergliedert werden. Alle Wirtschaftseinheiten, die ihren ständigen Sitz außerhalb der Bundesrepublik haben, werden als "Übrige Welt" bezeichnet. Jedem Sektor werden Konten für die möglichen wirtschaftlichen Aktivitäten, die ebenfalls weiter untergliedert werden, zugeordnet. Das Statistische Bundesamt bildet für jeden Sektor folgende sieben Konten:
1. Produktionskonto
2. Einkommensentstehungskonto
3. Einkommensverteilungskonto
4. Einkommensumverteilungskonto
5. Einkommensverwendungskonto
6. Vermögensveränderungskonto
7. Finanzierungskonto Diesem Kontensystem wird ein "Zusammengefaßtes Konto der Übrigen Welt" (Konto 8) nachgestellt, auf dem alle Vorgänge zwischen dem Ausland und sämtlichen inländischen Sektoren gegengebucht werden. Dem Kontensystem vorangestellt wird ein "Zusammengefaßtes Güterkonto" (Konto 0), das das Aufkommen und die Verwendung der Güter in der gesamten Volkswirtschaft zeigt. Um die Ergebnisse der wirtschaftlichen Aktivitäten zusammenfassen zu können, ist ein einheitlicher Bewertungsmaßstab erforderlich. Alle Güter und Forderungen , die über den Markt getauscht werden, werden mit ihren Marktpreisen bewertet. Von Unternehmen selbst erstellte Anlagen und Vorratsveränderungen an eigenen Produkten können dagegen nur mit Herstellkosten (Herstellungskosten) bewertet werden, da es für diese Güter keine Marktpreise gibt. Analog muß man mit den vom Staat unentgeltlich bereitgestellten Leistungen verfahren, die mit ihren Faktorkosten bewertet werden. Bei der Ermittlung der Einkommen wird zwischen Inlands- und Inländerkonzept unterschieden. Nach dem Inlandskonzept werden Einkommen, die bei der Produktion im Inland entstehen, erfaßt. Das Ergebnis ist das Inlandsprodukt. Beim Inländerkonzept werden die den inländischen Wirtschaftseinheiten zugeflossenen Einkommen ermittelt, unabhängig, ob sie im In- oder Ausland entstanden sind. Bruttowertschöpfung nach Sektoren, Bruttoinlandsprodukt, Sozialprodukt 1993 in Mrd EUR, alte Bundesländer Unternehmen (bereinigt) 2248 Staat 300 Private Haushalte 75 ———————————————————————— Bruttowertschöpfung insgesamt 2623 + Nichtabzugsfähige Umsatzsteuer 203 + Einfuhrabgabe 29 ———————————————————————— Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2854 + Saldo der Erwerbs und Vermögenseinkommen zwischen Inländern und der übrigen Welt - 11 ———————————————————————— Bruttosozialprodukt zu Marktpreisen 2843 -7412 Abschreibungen 379 ———————————————————————— Nettosozialprodukt zu Marktpreisen 2464 -7412 (Indirekte Steuern Subventionen) 334 ———————————————————————— Nettosozialprodukt zu Faktorkosten = Volkseinkommen 2129 Tab. 1 Man spricht deshalb vom Inländer- oder Sozialprodukt.Das Ergebnis des abgelaufenen Wirtschaftsprozesses läßt sich unter drei Blickwinkeln erfassen, bei der Entstehung, bei der Verwendung, bei der Verteilung. In der Entstehungsrechnung werden die Beiträge der Sektoren zum gesamten Produktionsergebnis (Bruttowertschöpfung) ermittelt. Daraus lassen sich Bruttoinlandsprodukt (Inlandsprodukt) Sozialprodukt und Volkseinkommen ableiten (vgl. Tab. 1). In der Verwendungsrechnung wird ermittelt, wofür die produzierten Waren und Dienstleistungen verwendet werden (vgl. Tab. 2). Verwendung des Bruttoinlandsprodukts 1993 in Mrd EUR und v.H., alte Bundesländer
In der Verteilungsrechnung wird die Aufteilung des Volkseinkommens in Bruttoeinkommen aus unselbständiger Arbeit und Bruttoeinkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen vorgenommen (vgl. Tab. 3). Zusätzlich zur V. werden noch Nebenrechnungen wie Vermögensrechnung , Finanzierungsrechnung , Zahlungsbilanz erstellt. Die V. ist von großer Bedeutung für die Wirtschaftstheorie (Wirtschaftswissenschaft) (Überprüfungsfunktion) und die Wirtschaftspolitik (Theorie der Wirtschaftspolitik) (Zielformulierung, Erfolgskontrolle). Verteilung des Volkseinkommens 1993 in Mrd EUR und v.H., alte Bundesländer
Probleme ergeben sich aus dem verwendetenduktion der privaten Haushalte nicht erfaßt wird, beim Vergleich unterschiedlicher Länderergebnisse, insbesondere bei Ländern unterschiedlicher Wirtschaftsordnung . Die Verwendung von Sozialproduktsgrößen als Wohlfahrtsindikator ist wg. externer Effekte (z.B. Umweltschädigung durch Produktion und Konsum) problematisch.
Literatur: Statistisches Bundesamt, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, Fachserie 18, Reihe
1. 3, Konten und Standardtabellen, lf. Jg. F. Haslinger, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung.
6. A., München 1993. L. Hübl/R. Hartig/W. Schepers, Einführung in das gesamtwirtschaftliche Rechnungswesen. Darmstadt 1986.
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