Balanced Scorecard
Inhaltsübersicht
I. Konzept, Wesen und Entwicklungsgeschichte
II. Einsatzmöglichkeiten
III. Grenzen und Gefahren des Konzeptes
IV. Fazit
I. Konzept, Wesen und Entwicklungsgeschichte
Die Balanced Scorecard (BSC) bildet ein in den 1990er-Jahren populär gewordenes Managementsystem, welches an der Universität Harvard von Robert S. Kaplan und David P. Norton entwickelt und in der Folge durch die Unternehmensberatung Renaissance Worldwide vermarktet wurde. Das Hauptanliegen des Konzeptes besteht darin, aus einem Hypothesensystem werttreibender Ursache-Wirkungszusammenhänge ein Kennzahlensystem zu entwickeln, welches die meist abstrakte Vision und Strategie einer Unternehmung in handfeste Ziele und Messgrößen transformiert und dadurch deren Implementation ins operative Tagesgeschäft unterstützt. Der innovative Kern des Konzeptes besteht im Anspruch über ein System multipler, qualitativer, quantitativer, subjektiver und objektiver sowie strategischer und operativer Kennzahlen eine integrierte und ausgewogene Darstellung verschiedener strategisch bedeutsamer Unternehmensperspektiven zu gewährleisten. Damit unterscheidet sich die BSC von traditionellen Kennzahlensystemen sowie von den in letzter Zeit ebenfalls stark an Popularität gewonnen wertorientierten Steuerungsmodellen durch die Abkehr von einer rein finanzwirtschaftlich orientierten Unternehmensanalyse hin zu einem ausgewogenen Indikatorensystem, welches der Erfassung und Steuerung materieller wie immaterieller Erfolgspotenziale dient.
Entwicklungsgeschichtlich knüpft die BSC an vorangegangene Integrationskonzepte quantitativer und qualitativer Leistungsmessung wie z.B. dem bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Frankreich verbreiteten Tableau de Bord (vgl. DeGuerny, J./Guiriec, J.C./Lavergne, J. 1990) oder den in den 1980er-Jahren im Rahmen des Total Quality Management verwendeten Qualitätsmesssystemen an (vgl. z.B. Zimmermann, J.L. 1995, S. 592 f.). Neu und originär am Konzept der BSC ist allerdings das explizite „ Denken in verschiedenen Unternehmensperspektiven “ und das Bestreben, diese Perspektiven über ein institutionalisiertes Instrumentarium „ ausgewogen “ zu berücksichtigen.
Üblicherweise werden in der Literatur vier Perspektiven einer BSC unterschieden (vgl. zur ausführlichen Darstellung der Perspektiven Kaplan, R.S./Norton, D.V. 1997, S. 43 ff.; Weber, J./Schäffer, U. 1999, S. 3 ff.; Horváth & Partner, 2000, S. 10 ff.).
- | Finanzielle Perspektive: Die finanzielle Perspektive umfasst die Gesamtheit der Zielsetzungen, welche aus den Erwartungen der Kapitalgeber abgeleitet werden. Analog zu traditionellen Kennzahlensystemen stehen rein finanzielle Zielwerte, wie z.B. Gewinn-, Erfolgs-, Umsatz- und Renditegrößen im Vordergrund. | - | Kundenperspektive: Die Kundenperspektive reflektiert die Wahrnehmung der Unternehmung und deren Marktleistung durch den Kunden. Sie umfasst die Gesamtheit der Ziele, die an das Unternehmen aus Sicht des Absatzmarktes gestellt werden, damit die im Rahmen der finanziellen Perspektive definierten Ziele erreicht werden können. | - | Interne Perspektive: Die interne Perspektive vereinigt die Gesamtheit der Anforderungen, welche gegenwärtig und zukünftig an die unternehmensinternen Wertschöpfungsprozesse z.B. hinsichtlich Qualität, Produktivität und Pünktlichkeit gestellt werden, um die Zielsetzungen der Kunden- und Finanzperspektive erreichen zu können. | - | Lern- und Entwicklungsperspektive: Die Lern- und Entwicklungsperspektive fokussiert solche Zielsetzungen, die an die einzelnen Unternehmenspotenziale zu stellen sind, damit die Unternehmung aktuellen und zukünftigen Anforderungen gewachsen ist. Aus der Lern- und Entwicklungsperspektive abgeleitete Zielsetzungen beziehen sich inhaltlich z.B. auf das Wissensmanagement, die Informationssysteme, die Motivation, Kreativität oder das Innovationsverhalten der Unternehmung. |
Die Auflistung der skizzierten Perspektiven wird nicht als abschließend betrachtet. Die BSC stellt ein offenes Kennzahlensystem dar, welches entsprechend den individuellen Gegebenheiten der Unternehmung angepasst wird (Ewert, R./Wagenhofer, A. 2000, S. 290). Beispielsweise wird für Unternehmen mit geringer Fertigungstiefe die Hinzunahme einer eigenen Zulieferperspektive empfohlen (vgl. Horváth, P./Kaufmann, L. 1998, S. 46).
Die Entwicklung einer BSC erfolgt als kreativer Diskussionsprozess innerhalb der Führungsebene (Horváth, P. 1999). Konstitutiv für die BSC steht dabei die Forderung, Kennzahlen deduktiv aus der Unternehmensstrategie abzuleiten. Dazu werden aus der Strategie für die einzelnen Perspektiven lang- und kurzfristige Ziele definiert; diese bleiben aber nicht isoliert nebeneinander stehen, sondern werden im Verlauf der Strategieumsetzungsdiskussion durch Ursache-Wirkungsketten miteinander verbunden und zu einem umfassenden Netz wechselseitig interdependenter Interaktionsbeziehungen (strategy map) ausgebaut (vgl. ausführlich Kaplan, R.S./Norton, D.P. 2000; Dusch, M./Möller, M. 1997). Besteht Klarheit über das Interaktionsgefüge der einzelnen Zielkategorien, werden aus den Zielen die zugehörigen Leistungskennziffern, Planvorgaben und die zur Erreichung der Zielvorgaben erforderlichen Aktivitäten abgeleitet. Damit eine ausgewogene Betrachtung innerhalb als auch zwischen den einzelnen Perspektiven erreicht wird, werden für die Perspektiven kurz- und langfristige Ziele definiert, deren Erreichungsgrade über multiple Leistungskennzahlen (lead indicator) und Ergebniskennzahlen (lag indicator) gemessen werden (Kaplan, R.S./Norton, D.P. 1997, S. 149 ff.). Weil finanzielle Größen den Erfolg meist zeitlich verzögert widerspiegeln, werden diese hauptsächlich als Ergebniskennzahlen eingesetzt, während Leistungskennzahlen i.d. R über nichtmonetäre Indikatoren erfasst werden. Zur Vereinfachung der Erfassung und Steuerung der einzelnen Indikatoren sind zur Zeit führende Softwarehersteller damit beschäftigt, BSC-Softwarelösungen zu entwickeln (o.V. 1999).
II. Einsatzmöglichkeiten
Konzeptionell wird die BSC als Antwort auf zwei eng miteinander verbundene Kernprobleme der strategischen Unternehmenssteuerung verstanden:
Ausschlaggebend für die Entwicklung der BSC stand die Überzeugung, die einseitige Fokussierung auf finanzielle Kennzahlen hindere Organisationen an der Entwicklung und Steuerung von zukünftigen, wertschöpfenden Erfolgspotenzialen (Kaplan, R.S./Norton, D.P. 1997, S. VII). Diese These, welche in der Literatur keineswegs neu und an verschiedenen Praxisfällen dokumentiert ist (vgl. Kerr, S. 1975), wird auf den mangelnden Informationsgehalt finanzieller Erfolgsgrößen zurückgeführt. Oft geäußerte Kritikpunkte an finanziellen Kennziffern sind dabei, dass (i) nichtmonetäre Erfolgspotenziale ausgeblendet (Bewertungsproblem), (ii) Fehlentwicklungen erst zu spät abgebildet (Zeitproblem) und (iii) deren Ursachen aufgrund der hohen Aggregationsdichte finanzieller Daten oft nicht genau lokalisierbar sind (Aggregationsproblem). Diese Problematik tritt bei immateriellen Vermögenswerten verschärft auf, da deren Nutzen nur schwer quantifizierbar ist, weit in der Zukunft liegt und kaum auf einzelne Verantwortungsbereiche zugerechnet werden kann, weshalb finanzielle Steuerungssysteme tendenziell zu einer Unterinvestition in immaterielle Vermögenswerte führen (Epstein, M.J./Manzoni, J.-F. 1998, S. 191).
- | Unzureichende Kommunikation und Umsetzung der Unternehmensstrategie: |
Vor allem empirische Studien berichten über umfangreiche Probleme, die Inhalte der Strategischen Planung ins operative Tagesgeschäft zu implementieren (Kaplan, R.S./Norton, D.P. 1997, S. 191 ff.; Al-Laham, A. 1997, S. 107). Als häufigste Ursachen dafür wird angeführt, dass (i) Strategien auf einer Vielzahl impliziter (Fehl) Einschätzungen beruhen, die sich, wenn sie nicht offengelegt werden, einer kritischen Überprüfung entzögen und dass (ii) Strategien oft nicht genügend konkretisiert werden, um Handlungsempfehlungen für einzelne Hierarchiestufen ableiten zu können, weshalb sie von Mitarbeitern vielfach auch nicht verstanden werden (Weber, J./Schäffer, U. 1998, S. 356).
Protagonisten erheben an die BSC den Anspruch, diese beiden Lücken zwischen strategischer Planung und Strategieimplementation zu schließen. Grundsätzlich kann die BSC dabei als Instrument zur Entscheidungsunterstützung und Verhaltenssteuerung eingesetzt werden, wobei zwischen innerbetrieblichen Zielgruppen wie Top- oder Bereichsmanagern und Mitarbeitern sowie externen Anspruchsgruppen wie Eigen- oder Fremdkapitalgebern, Kunden oder Zulieferer unterschieden wird. In der Literatur werden hauptsächlich die folgenden Funktionen der BSC unterschieden (vgl. z.B. Horváth & Partner, 2000, S. 2 ff.):
- | Erfolgspotenzialsteuerung: |
Durch die Berücksichtigung verschiedener Unternehmensperspektiven, basierend auf einem Mix an finanziellen und nichtfinanziellen Indikatoren, soll die BSC frühzeitig Informationen über die Entwicklung von Erfolgspotenzialen erfassen und damit helfen, die Defizite rein finanzieller Performancemaße zu überwinden; zusätzlich soll über die ausgewogene Berücksichtigung unterschiedlicher Dimensionen der Gefahr einer einseitigen Unternehmensentwicklung entgegengewirkt werden (Kaplan, R.S./Norton, D.P. 1997).
- | Kommunikationsförderung: |
Die BSC dient der Kommunikation der Strategie, weil die Unternehmensführung in einem institutionalisierten Rahmen dazu gezwungen wird, das mit der Strategieformulierung implizierte Werttreibermodell bei der visuellen Darstellung des strategy map offen zu legen. Indem das Zielsystem der Strategie kaskadenartig über die einzelnen Hierarchiestufen heruntergebrochen wird, können für diese konkrete strategiekonforme Aktionen und Ressourcenreallokationen abgeleitet werden. Damit wird sichergestellt, dass die Mitarbeiter die Strategie verstehen und wissen, wie sie diese unterstützen können (Dusch, M./Möller, M. 1997, S. 120; Speckbacher, G./Bischof, J. 2000, S. 14).
- | Externe Berichterstattung: |
Empirische Studien zeigen, dass Portfoliomanager Investitionsentscheidungen zu einem nicht trivialen Anteil aufgrund nichtmonetärer Informationen durchführen (vgl. z.B. Ernst & Young, 1997). Als Konsequenz könnte die BSC in Ergänzung zu Daten des externen Rechnungswesen zur Kommunikation mit externen Zielgruppen, insbesondere zur deren Information über die Erfolgspotenzialentwicklung eingesetzt werden. So publiziert z.B. die Deutsche Bank in ihrem Geschäftsbericht BSC-basierte Kennzahlen (Deutsche Bank, 1999, S. 39 ff.; Deutsche Bank, 2000, S. 10 ff.). Horváth & Partner (Horváth & Partner, 2000, S. 4) berichten von Unternehmen, welche dieses Konzept einführen, um ein gemäß dem Gesetz zur Kontrolle und Transparenz von Unternehmen gefordertes Frühwarn- und Risikomanagementsystem zu entwickeln. Verschiedene Autoren sehen in der BSC nicht nur ein Konzept zur Berichterstattung an die Shareholder, sondern sprechen diesem auch Funktionen im Rahmen des Stakeholdermanagement zu (vgl. z.B. Speckbacher/Bischof 2000, S. 4 f.; Atkinson, A.A./Waterhouse, J.H./Wells, R.B. 1997).
- | Organisationale Lernprozesse: |
Lernprozesse können induziert werden, weil die BSC die Unternehmensführung zwingt, diszipliniert über die Interaktionsbeziehungen zwischen einzelnen Unternehmensperspektiven, respektive deren Zielkategorien nachzudenken, wobei Trade-offs zwischen einzelnen Zielen nicht nur explizit thematisiert, sondern auch gelöst werden müssen. Die Offenlegung vermuteter Zielbeziehungen schafft die Voraussetzung für deren Testbarkeit und damit auch die Ausgangslage für Lernprozesse und die Revision dysfunktionaler Strategien (Norton, D.P./Kappler, F. 2000).
III. Grenzen und Gefahren des Konzeptes
Kritiker des Konzeptes situieren dessen Grenzen hauptsächlich in den folgenden Punkten (vgl. für eine umfassende theoretische und empirische Kritik des Konzeptes Pfaff, D./Kunz, A.H./Pfeiffer, T. 2000a):
- | Der Erfolgsbeitrag nichtfinanzieller Performancemaße bei der Erfolgspotenzialsteuerung ist empirisch nicht in dem Umfang bestätigt, wie er von Befürwortern der BSC propagiert wird (vgl. Pfaff, D./Kunz, A.H./Pfeiffer, T. 2000a, S. 45 – 47 und Pfaff, D./Kunz, A.H./Pfeiffer, T. 2000b, S. 129 – 132). Insbesondere zeigt die empirische Forschung, dass die Mehrheit der mit der BSC implizierten Kausalzusammenhänge wie z.B. zwischen Kundenzufriedenheit, Produktqualität und einem späteren Unternehmenserfolg nicht eindeutig erhärtet werden kann, weil die Rolle einer Vielzahl intervenierender Kontextfaktoren (wie z.B. der Prozess der Ermittlung und Beeinflussung der Messgrößen) noch weitgehend ungeklärt bleibt (Ittner, C.D./Larcker, D.F. 1998, S. 224). | - | Verschiedene empirische Studien zur Kommunikationswirkung der BSC verdeutlichen, dass die große Anzahl der durch eine BSC generierten Performancemaße zu Verwirrungen über Inhalt und Gewichtung der Zielvorgaben führen kann (vgl. Ittner, C.D./Larcker, D.F./Meyer, M.W. 1997). Experimentell gut belegt sind Informationsüberlastungs- und Framing-Effekte der BSC, welche dazu führen, dass Anwender der BSC deren Informationsgehalt (un)bewusst simplifizieren und einzelne Aspekte im Vergleich zu anderen überbewerten oder sogar vollständig vernachlässigen (Lipe, M.G./Salterio, S. 2000). Grenzen einer externen Berichterstattung über die BSC werden v.a. darin gesehen, dass deren Daten (noch) nicht in einem handelsrechtlichen Sinn geprüft und damit nach streng rationalen Kriterien immer in einem gewissen Sinn unglaubwürdig bleiben. | - | Im Rahmen der intendierten Lernwirkung der BSC wird die fehlende Institutionalisierung strategischer Prämissenkontrollen bemängelt und betont, dass gerade weil die BSC ein präzise quantifiziertes Werttreibermodell mit spezifizierten Ursache-Wirkungsbeziehungen kommuniziert, unter Umständen Wissen über Zusammenhänge vorgetäuscht werde, welches neue Einsichten und Orientierungen blockieren und die Fixierung auf traditionelle Erfolgsmuster erleichtern könne (Weber, J./Schäffer, U. 1998, S. 360). | - | Obwohl Kaplan/Norton (Kaplan, R.S./Norton, D.P. 1997, S. 217) betonen, die Frage lautet nicht ob, sondern wann und wie die BSC an das unternehmerische Anreizsystem geknüpft werde, gilt es noch als weitgehend ungeklärt, inwiefern die BSC als Bemessungsgrundlage finanzieller Anreizsysteme geeignet ist (vgl. Pfaff, D./Kunz, A.H./Pfeiffer, T. 2000a). Dies ist einerseits auf die unter den Punkten 1 – 3 genannten Argumente zurückzuführen. Probleme bestehen zusätzlich in der Aggregation qualitativer und quantitativer Indikatoren zu zielkonformen Bemessungsgrundlagen. So zeigen empirische Studien, dass Entscheidungsträger große Mühe haben, qualitative Indikatoren in einen funktionalen Zusammenhang mit Rechnungswesengrößen oder Aktienkursen zu bringen (Brancato, C.K. 1995; Ittner, C.D./Larcker, D.F. 1998). Wird eine BSC simultan zu Planungs- und zu Verhaltenssteuerungszwecken eingesetzt, besteht zudem die Gefahr, dass Manager Informationszugänge dazu verwenden, ihre Entlohnung durch geschickte Trade-offs zwischen einzelnen BSC-Bemessungsgrundlagen zu Lasten der Gesamtunternehmung zu steigern (Pfaff, D./Kunz, A.H./Pfeiffer, T. 2000a, S. 50 ff.; Ittner, C.D./Larcker, D.F./Meyer, M.W. 1997). |
Insgesamt kann die Quintessenz der Kritik auf die Feststellung reduziert werden, dass bereits bei der Untersuchung einfachster Wirkungszusammenhänge die Rolle einer Vielzahl intervenierender Variablen noch weitgehend ungeklärt ist. Dies erscheint um so schwerwiegender, als für die Implementation einer BSC auf ganze Systeme derartiger, implizierter Kausalbeziehungen zurückgegriffen wird, ohne aber dass eine ausgereifte Theorie oder Empirie über die Wirkungsweise der intervenierenden Variablen zur Verfügung stünde (vgl. auch selbstkritisch Kaplan, R.S. 1998, S. 92): „ The theory is admittedly incomplete since a critical ingredient – evaluation of the emerging theory – remains unclear to me at this time “ .
IV. Fazit
Obwohl das Konzept noch verhältnismäßig jung ist, existieren bereits eine Vielzahl theoretischer und empirischer Arbeiten, welche sich kritisch mit der BSC auseinandersetzen. Vorteile des Konzeptes werden vor allem darin gesehen, dass die BSC einen institutionalisierten Rahmen darstellt, der sich (i) um eine Verbindung zwischen strategischem und operativen Management in einem mehrdimensionalen und praktikablen Ansatz bemüht und (ii) der die Unternehmensleitung anhält, explizit über Ursache-Wirkungszusammenhänge von Wertreibermodellen nachzudenken, der (iii) die Strategieumsetzungsdiskussion durch den Zwang zur Festlegung von Bewertungsmaßstäben objektiviert und dadurch (iv) die Kommunikation der Strategie an in- und externe Adressaten unterstützt.
Nachteile des Konzeptes werden v.a. darin gesehen, dass das Konzept (i) nicht auf einer ausgereiften Theorie, sondern auf zahlreichen teilweise undifferenzierten Gestaltungsempfehlungen beruht, wobei (ii) weder der Erfolg des Konzeptes als Ganzes, noch (iii) die Wirkung der proklamierten Kausalzusammenhänge zwischen den einzelnen Perspektiven empirisch nachgewiesen ist und statt dessen (iv) zahlreiche empirische Messprobleme noch als ungelöst gelten. Zusätzlich wird bemängelt, (v) Konfliktlösungsmechanismen und (vi) strategische Prämissenkontrollen wären im Konzept nicht vorgesehen und befürchtet, (vii) das Top-down-Vorgehen des Konzeptes könne sich motivationshemmend auf die beteiligten Parteien auswirken. Aufgrund der Vielzahl der noch ungelösten Probleme, stellt die BSC hauptsächlich ein kommunikationsfreudiges, intuitiv überzeugendes „ verbesserungsoffensives Hypothesensystem “ (Horváth, P. 1999, S. 318) dar, das von sich noch nicht behaupten kann, in allen Belangen auf wissenschaftlich gestützte Erkenntnisse zurückzugreifen.
Literatur:
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Brancato, Carolyn K. : New Performance Measures – A Research Report, No. 1118 – 95, New York 1995
De Guerny, Jacques/Guiriec, Jean C./Lavergne, Jacques : Tableau de Board de Gestion, Paris et al., 6. A., 1990
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