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Zielsystem


Inhaltsübersicht
I. Begründung der Zielorientierung
II. Entstehung des Zielsystems
III.  Problembereiche von Zielsystemen
IV.  Bestandteile des Zielsystems
V. Arten von Zielsystemen

I. Begründung der Zielorientierung


Unter Zielen werden erwünschte Zustände oder Zustandsfolgen oder auch Leitwerte für zu koordinierende Aktivitäten verstanden, von denen ungewiss ist, ob sie erreicht werden (Heinen, E.  1976, S. 45). Erfolgt die Beschreibung des Endzustandes über mehrere Ziele, handelt es sich um ein Zielsystem.
Die Abgrenzung des Zielbegriffs von ähnlichen Erscheinungen wie Sollzustand, Normen, Zwecken usw. ist nicht eindeutig. Der Zielbegriff selbst wird mit unterschiedlichen Merkmalen abgegrenzt. Ziele unterscheiden sich von der Prognose durch ihre Handlungssteuerung und die Erfüllungsabsicht.
Ziele bilden Entscheidungskriterien für Handlungen. Während im Zielbildungsprozess die Ziele festgelegt werden, sollen durch den nachgeschalteten Zielerreichungsprozess die Ziele erfüllt werden (Corsten, H.  1988, S. 338).
Für die Vorgabe von Zielen und Zielsystemen sprechen folgende Gründe: Die Handlungssteuerung durch Ziele ist flexibler als durch Handlungsanweisungen, die an jede neue Situation anzupassen sind. Daraus ergibt sich als Anforderung ein klares, überschneidungsfreies und vollständiges Zielsystem. Mithilfe der Ziele können auch die Einflüsse, die von außen oder von innen auf das System einwirken, daraufhin beurteilt werden, ob sie für die Zielerreichung förderlich oder hemmend sind.
Zielvorgaben dienen der Motivation. Insbesondere, wenn an der Zielfestlegung mitgewirkt wurde, wird der Wunsch ausgelöst, das Ziel zu erreichen oder zu übertreffen. Das kann durch entsprechende Anreizsysteme unterstützt werden. Entscheidend für die motivierende Wirkung ist die Mitwirkung an der Zielgröße, die Beeinflussungsmöglichkeit der Ergebnisse und die Überschaubarkeit der Zusammenhänge.
Ziele erlauben daneben eine Verbesserung der Leistung. Die Zielkontrolle ermöglicht das Erkennen von Abweichungen. Diesen Abweichungen kann in Form einer Ursachenanalyse nachgegangen werden, um die Störfaktoren zu erkennen und zu beseitigen.
Ziele erfüllen eine Koordinationsfunktion. Sie wird durch die Ausrichtung der Aktivitäten an den Zielen erreicht. Durch die Reduzierung auf die Ziele und den Einbezug aller Bereiche werden Insellösungen vermieden und eine Gesamtkonzeption möglich. Die Zielvorgabe ist das einzige Führungsinstrument, das ohne zusätzliche Steuerungsinstrumente eingesetzt werden kann. Die globale betriebliche Zielsetzung muss dazu für jeden Entscheidungsträger in Einzelziele aufgespalten werden, die für ihn operable Handlungsanweisungen darstellen.

II. Entstehung des Zielsystems


Im Rahmen eines Zielbildungsprozesses, bei dem der inkrementale und synoptische Ansatz unterschieden werden kann (vgl. Abb. 1), erfolgt die Festlegung der Ziele.
Zielsystem
Abb. 1: Synoptischer Ansatz/Inkrementaler Ansatz
Beim synoptischen Ansatz beginnt der Planungsprozess mit einem Gestaltungsakt, indem man zuerst in das Feld der Gesamtzielsetzung eintritt und diese Ziele anschließend bei der Problemformulierung mit einbezieht. Der inkrementale Ansatz beginnt dagegen in der Analysephase. Dort werden Teilprobleme gesucht und sofort Strategien geplant unter Umgehung des Zielsetzungsfeldes. Während dieser zweite Weg in der Praxis häufiger beschritten werden mag, wird man für die theoretische Durchdringung den umfassenderen, synoptischen Ansatz behandeln. Der Prozess der Zielbildung kann unterschiedlich dargestellt werden. Einmal werden bestimmte Ziele einzelner Mitglieder des Unternehmens als Unternehmensziele übernommen. Im anderen Falle ergeben sich die Ziele des Unternehmens aus einem Zielbildungsprozess, in dem die unterschiedlichen Ziele der Träger des Unternehmens einfließen.
In diesem Fall ist das Zielsystem das Ergebnis eines Kompromisses, der alle Ziele des Unternehmens umfasst. Ablauf und Ergebnis werden dabei weitgehend durch die individuelle Zielstruktur und die Verhaltensweisen sowie die Anzahl und die Kompetenz der hieran beteiligten Gruppen und ihrer Mitglieder bestimmt. Organisationsform, Rechtsform, Regelung der Mitbestimmung und damit die Corporate Governance sind dabei entscheidend, aber auch bereits vorher festgelegte generelle Imperative und Restriktionen. Die Ziele der einzelnen Mitglieder sind Entscheidungsprobleme, die interaktiv während des Zielbildungsprozesses als dynamischer Prozess gelöst und permanent angepasst werden. Der Zielbildungsprozess ist ein gemischter Fach-Machtprozess. Ergebnis dieses Prozesses ist ein autorisiertes Zielsystem.
Zunächst einmal kann unterstellt werden, dass die Betroffenen Umwelt- und Unternehmensanalysen durchführen. Empirische Untersuchungen haben dabei die in Abb. 2 zusammengestellten Einflussfaktoren aufgezeigt.
Zielsystem
Abb. 2: Einflussfaktoren
Zentrale Bedeutung im Rahmen des Zielsetzungsprozesses besitzt das Anspruchsniveau der Entscheidungsträger. Denn sie brechen den Suchprozess nach Alternativen ab, wenn sie eine befriedigende, d.h. dem Anspruchsniveau entsprechende Handlungsmöglichkeit gefunden haben. Das Anspruchsniveau wird bestimmt von dem in der Vergangenheit realisierten Zielerreichungsgrad, den Erwartungen bezüglich des in der Zukunft zu erreichenden Zielausmaßes und der damit verbundenen Einschätzung des Risikos. Der Prozess der Zielbildung ist damit nicht unabhängig von den Vorstellungen über den Prozess der Zielerreichung.
Es stellt sich nun die Frage, ob alle Einflussfaktoren gleichzeitig auf die Zielbildung einwirken. Der synoptische Ansatz empfiehlt, die Zielbildung gestaffelt vorzunehmen. Durch ein relativ hohes Anspruchsniveau soll eine intensive Suche nach Alternativen ausgelöst werden. In einer ersten Stufe der Zielbildung sollte von unternehmerischen Wunschvorstellungen ausgegangen werden. Selbstverständlich sind diese stets durch die Realität der Unternehmensvollzüge mitgeprägt. Eine zweite, gewissermaßen definitive Zielbildungsstufe spielt sich dann ab, wenn die Strategiealternativen unter Einbezug aller Gesichtspunkte bestimmt und evaluiert worden sind. Finden sich trotz der intensiven Suche keine Strategien, welche die gewünschte Zielerreichung erwarten lassen, so muss das ursprünglich hohe Anspruchsniveau gesenkt werden.
Die Zielbildung folgt damit keinem übergeordneten Zielsystem, sondern verläuft iterativ und verändert sich mit den Handlungsalternativen. Die Bestimmung der Ziele ist erst in einer dialektischen Auseinandersetzung mit alternativen Problemlösungen möglich (Hauschildt, J.  1977, S. 171).

III. Problembereiche von Zielsystemen


Die Grenzen der Zielbildung und der Entwicklung von Zielsystemen bestehen in folgenden Punkten:
Die Umwelt entwickelt sich dynamisch, z.T. dramatisch. Dieser Dynamik müssen sich die Ziele stellen, wenn nicht Fehlallokationen auftreten sollen. Eine permanente Anpassung der Ziele verhindert aber eine kontinuierliche Handlungssteuerung und -beurteilung. Zwischen Rigidität und Flexibilität der Zielbildung muss deshalb ein Kompromiss gefunden werden. Die Stabilität des Zielsystems ist von der Dynamik und Komplexität des Umsystems aber auch vom erreichten Akzeptanzniveau der Interessengruppen abhängig. Lösungsmöglichkeiten bestehen in der generellen Formulierung der Ziele, der Vorgabe der Geltungsdauer, der Beschränkung auf bestimmte Ziele oder die Festlegung von Annahmen (Breit, V.  1996, S. 85 ff.).
Durch generelle Formulierungen der Zielkonzeption wird die Geltungsdauer verlängert. Generalisierungsgrad und Geltungsdauer stehen damit in einem proportionalen Verhältnis zueinander. Generalisierungen erzeugen aber auf der anderen Seite größere Spielräume für die Zielerreichung. Die direkte Vorgabe der Geltungsdauer der Ziele bzw. ihre Übereinstimmung mit den Umweltanforderungen führt zu einer Verkürzung der Geltungsdauer. Sind von den Entscheidungsträgern Entscheidungen mit langer Bindungswirkung zu treffen, können die weiteren Zielanpassungen die Beurteilung der Leistung verzerren. Wird z.B. für einen Geschäftsbereich eine hurdle rate in Form eines gewichteten Kapitalkostensatzes von 8 % vorgegeben und steigt dieser Satz aufgrund der Veränderungen des Kapitalmarktes auf 10 %, so belastet die früher getroffene Entscheidung die zukünftigen Ergebnisse.
Eine weitere Möglichkeit, die Geltungsdauer der Ziele zu verlängern könnte darin bestehen, bestimmte Ziele, die einer besonderen Dynamik unterliegen, auszuklammern. Dies gilt z.T. für Innovationsprozesse, bei denen die Ziele nicht von vornherein festliegen und der Zielbildungsprozess mit jeder Aktivität erneut in Gang gesetzt wird. Damit entstehen permanente Zielvariationen, die den jeweiligen Gegebenheiten entsprechen.
Probleme von Zielen und Zielsystemen bestehen auch in den Spielräumen der Vorgaben für die Zielerreichung. Diese Spielräume entstehen einmal durch Zielunklarheiten bei der Vorgabe der Ziele. Das Fehlen der Einbeziehung der Finanzierung, z.B. in Form von Leasing beim Return on Investment (ROI), die alleinige kurzfristige Ausrichtung usw. sind hierfür Beispiele. Erschwert wird diese Problematik durch die Forderung der Überschaubarkeit und Nachvollziehbarkeit der Zielvorgaben. Um die Übersichtlichkeit zu erreichen, wird auf eine Reihe von Anpassungen, z.B. beim Economic Value Added, verzichtet. Um dieses Dilemma zu lösen, müssen Materiality-Grenzen entwickelt und Prämissen festgelegt werden, wann eine Anpassung der Größen erforderlich wird.
Das Zielsystem ergibt sich aus den unterschiedlichen Zielen und Wertsystemen der Beteiligten. Das Ergebnis ist ein Kompromiss, entstanden aus den Machtverhältnissen und dem Engagement der Interessengruppen. Ein Kompromiss wird von Einzelnen dabei immer auch als eine Abweichung von den eigenen Vorstellungen empfunden. Bei der Zielerreichung werden deshalb Freiräume genutzt, stärker die eigenen Werte anzustreben oder den Kompromiss wieder in Frage zu stellen. Wenn nach den Konzepten wertorientierter Steuerung die Kapitalkosten vom Gesamtkonzern auf die Teilkonzerne und Gesellschaften heruntergebrochen werden, beginnt eine Auseinandersetzung über die Vorgabe des β-Faktors, da er erhebliche Auswirkungen auf die Höhe der gewichteten Kapitalkosten hat.
Ein verhaltenssteuerndes Zielsystem soll für die Beteiligten eine einheitliche und vergleichbare Basis bilden. Das setzt voraus, dass die Bedingungen für die Interessengruppen bzw. die Gesellschaften im Konzern identisch sind. Das ist üblicherweise nicht der Fall. So unterscheiden sich die Bereiche Financial Services von den operativen Einheiten. In dem einen Fall sind die Zinsergebnisse zu berücksichtigen, im anderen Fall nicht. Wenn die Altersstruktur der Anlagen der einzelnen Gesellschaften sehr unterschiedlich ist, muss entschieden werden, ob beim betriebsnotwendigen Vermögen, das in die Renditegrößen einfließt, die Buchwerte oder die Anschaffungskosten zugrunde gelegt werden. Die Unterschiede in der Umwelt einzelner Einheiten und in den einzelnen Einheiten selbst müssten im Zielsystem berücksichtigt werden.
Ein weiteres Problem liegt im Vorgabecharakter der Zielgrößen und der Beachtung durch die Betroffenen. Die Befolgung der Ziele kann durch Incentives oder Sanktionen angestrebt werden. Voraussetzung dafür sind eindeutige Zuordnung der Verantwortlichkeiten und Messgenauigkeit bei den Istwerten, was zum Teil nicht zu erreichen ist. Hinzu kommen die Probleme der Zuordnung der Leistung auf die Zielerreichung, was durch unklare Ziel-Mittel-Relationen, die zeitliche Wirkungsdauer und die Veränderungen der Umwelt erschwert werden. Sowohl ein starres Befolgen, ein Festhalten an den Zielen wie ein kollektives Nichtbeachten der Werte zeigt die sinkende Geltung des Zielsystems an.

IV.  Bestandteile des Zielsystems


Im Zielbildungsprozess entstehen aus den Individualzielen der beteiligten Personen Unternehmensziele. Jedes Ziel hat zwei Kategorien von Bestandteilen, die miteinander verknüpft sind. Einmal bezieht sich das Ziel auf eine sachliche Dimension, das Leistungsprogramm des Unternehmens. Es wird als Sachziel (Kosiol,  1966) bezeichnet. Jede unternehmerische Tätigkeit ist mit einem Sachziel, dem Unternehmenszweck, verbunden. Zum anderen handelt es sich um qualifizierende Merkmale, die eine formale Präzisierung des Zielobjektes vornehmen. Diese Formalziele beziehen sich auf quantitative und qualitative Kriterien wie Gewinn und Qualität der Leistung, aber auch auf soziale und personale Merkmale. Generell besteht Freiheit bei der Vorgabe der Formalziele. Allerdings ergeben sich aus der jeweiligen Rechtsordnung, in die das Unternehmen eingebettet ist, zwingend die Beachtung von Formalzielen, wie Gewinn und Liquidität, um beispielsweise Insolvenz zu vermeiden (Hamel, W.  1992, Sp. 2638 f.).
Die Beziehungen zwischen Formal- und Sachziel können sehr unterschiedlich definiert werden. So kann eine Sachzieldominanz bestehen, z.B. Festhalten an einem Produkt, auch wenn damit nicht mehr Gewinne zu erwirtschaften sind. Eine Formalzieldominanz im Erreichen einer bestimmten Rendite mit sich veränderndem Sachziel zeigt sich in der angepassten Produktpalette von Konzerngesellschaften. Üblich ist eine Verbindung von Sach- und Formalziel in Form einer Hierarchie, in der durch die Verfolgung der Sachziele Formalziele erreicht werden.
Die zu fixierenden Ziele sollten einer Reihe von Anforderungen genügen. Aus dem Lenkungszweck der Ziele gegenüber nachgeordneten Führungsstellen leiten sich folgende Anforderungen ab:

-

Die Ziele müssen handlungsoperabel sein, sodass durch ihre Vorgabe zielerfüllende, koordinierende Handlungen der nachfolgenden Führungsstufen bewirkt werden.

-

Das Zielsystem muss vollständig und widerspruchsfrei sein.

-

Die Ziele sollten motivierend wirken, d.h. sie müssen als realisierbar anerkannt werden.

-

Die Ziele sollten messoperabel sein, d.h. das Ausmaß der Zielerreichung muss messbar sein.

-

Die Ziele sollten eine geeignete Grundlage zur Beurteilung von Führungskräften liefern.


Damit die Ziele diesen Anforderungen genügen, müssen die folgenden Elemente eines Ziels bestimmt werden.

-

Zielperiode: Wann soll der Zielwert erreicht werden?

-

Zielobjekt: Worauf bezieht sich das Ziel?

-

Zielwert: Wie hoch ist das Ziel anzusetzen?

-

Zielmaßstab: Wie kann das Ziel bzw. die Zielerreichung gemessen werden?


Bei einer Periodenplanung wird zunächst von einer einheitlichen Zielperiode für alle Zielobjekte ausgegangen. An erster Stelle der Projektplanung steht dagegen das Zielobjekt. Sodann werden bei der Periodenplanung die unterschiedlichen Zielgrößen erarbeitet, auf Vollständigkeit überprüft und auf eine handlungsoperationale Zahl begrenzt. Im nächsten Schritt sind die Ziele in eine Ordnung zu bringen. Voraussetzung dafür ist die Untersuchung der Zielverträglichkeiten. Verschiedene Zusammenhänge können auftreten (Abb. 3).
Neben der Art der Zusammenhänge zweier Ziele interessiert auch die Intensität oder die Strammheit des Zusammenhanges, um das Maß der Beeinflussung angeben zu können.
Im nächsten Schritt sind dann die Zielmaßstäbe zu bestimmen. Hier können bei einer Reihe von Zielen Schwierigkeiten auftreten, weil sie sich nicht quantifizieren lassen. In diesem Fall muss auf andere Merkmale ausgewichen werden, oder die Aktivitäten sind anzugeben, die zur Zielerreichung notwendig sind.
Im Anschluss an die Zielmaßstäbe können die Zielwerte nach ihrer Höhe bestimmt werden, wobei Bandbreitenziele sowie Entweder-oder-Fragestellungen, aber auch Gewichtungen möglich sind.
Das auf diese Weise festgelegte Zielsystem enthält generelle zeitlose Imperative und Periodenziele sowie z.T. Zeitpunktziele als gedanklich vorweggenommene Ergebnisse zukünftiger Aktionen. Das Zielsystem bildet die Richtschnur für künftiges Entscheiden und Handeln im Unternehmen, wobei für Einzelentscheidungen von dem festgelegten generellen Zielsystem abgewichen werden kann. Welchen Inhalt das Zielsystem aufweist, lässt sich nicht allgemein gültig angeben und ist abhängig von den Vorstellungen und Zielen der Entscheidungsträger, der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung, der konkreten Situation des Unternehmens und den staatlichen Vorschriften.
Zielsystem
Abb. 3: Zielzusammenhänge

V. Arten von Zielsystemen


In Theorie und Praxis sind eine Reihe von Zielsystemen entwickelt worden. Der Aufbau der Zielsysteme kann zwar sehr unterschiedlich erfolgen, es dominiert aber der hierarchische Zielbaum.
Durch die hierarchische Anordnung findet eine fortschreitende Konkretisierung statt. Die Sachziele stehen in einer Zweck-Mittel-Relation. Aber auch Formalzielhierarchien können nach unterschiedlichen Kriterien abgeleitet werden. Damit werden die Zusammenhänge und die innere Verbundenheit zwischen den Zielen deutlich und lassen die Entstehung und damit die Einflussgrößen auf das oberste Ziel erkennen. Der pyramidenähnliche Aufbau von Zielsystemen erwies sich als außerordentlich nützlich für unternehmensinterne Planungs- und Steuerungsaufgaben. Die Zielpyramiden können von unten nach oben bearbeitet werden, um den Erfolg einer Maßnahme zu ermitteln oder sie können von oben nach unten durchschritten werden, um bei Abweichungen die Ursachen von den vorgegebenen Werten festzustellen.
In der Praxis hat sich über Jahrzehnte das ROI-Konzept bewährt. An der Spitze steht die Kapitalrentabilität, die sich aus der Umsatzrendite und dem Kapitalumschlag ergibt. Am Fuß der Pyramide stehen Aufwandsarten und Vermögensgegenstände. Insofern werden Sachziele mit Formalzielen verknüpft.
Heinen (Heinen, E.  1976) hat eine dem Zielbaum ähnliche Ordnung von Zielinhalten mit Hilfe eines deduktiv- und induktiv orientierten Mittel-Zweck-Schemas vorgegeben. Dabei steht entweder die Gesamtkapitalrentabilität oder die Einkommenserzielung an der Spitze der Pyramide. An der Art dieser Zielsysteme hat sich grundsätzlich nichts geändert.
Am hierarchischen Aufbau von Zielsystemen wird kritisiert, dass ihre Anordnung zwar plausibel erscheint aber nicht der tatsächlichen Struktur entsprechen muss. Die Beziehungen zwischen Unterzielen und Oberziel sind häufig nicht eindeutig und die Unterziele nicht gleichgewichtig. Es liegen auch nicht immer Ziel-Mittel-Ketten vor, sondern lediglich Ziel-Mittel-Vermutungen. Dennoch sind aus Gründen der Praktikabilität die Zielpyramiden die übliche Form der Zielsysteme.
Die Zielsysteme haben durch die wertorientierten Steuerungskonzepte eine neue Dimension erfahren. Um den Bestand und die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, müssen die Unternehmen den Anforderungen des Kapitalmarktes genügen. Dies hat zu einer Neuausrichtung der Konzernbildung geführt mit den weitreichenden Fusionen, Käufen und Verkäufen der letzten Jahre. Zum anderen werden die Ziele des Unternehmens aus dem Markt im Sinne der Shareholder abgeleitet. Die Interessen der Eigentümer mit ihren Renditeforderungen dominieren das Zielsystem zumindest der großen Publikumsgesellschaften. Die gewichteten Kapitalkosten als Steuerungs-, Entscheidungs- und Kontrollgröße sind damit vorherrschend in den verschiedenen Steuerungskonzeptionen wie Economic Value Added, Shareholder-Value-Ansatz, Cashflow Return on Investment (CFROI), Return on Net Assets (RONA) oder Return on Capital Employed (ROCE). An der Grundstruktur des Zielbildungsprozesses hat sich dadurch aber keine Veränderung ergeben. Es ist eine Entscheidung darüber zu treffen, ob ein wertorientiertes Zielsystem eingeführt werden soll, im Weiteren darüber, welches System gewählt wird, welche Anpassungen dafür im Unternehmen vorzunehmen sind, welche Personen einbezogen werden und wie es auf die Teilbereiche zu übertragen ist. Die Konzeptionen unterscheiden sich bezüglich der Abgrenzungen der Gewinn- und der Kapitalgröße. Folgende Anforderungen werden an die wertorientierten Konzepte gestellt:

-

Zukunftsorientierung: Die Wertentwicklungen der nächsten Jahre sind zu berücksichtigen. Damit können die Zeitpräferenzen einfließen und langfristiges Handeln unterstützt werden.

-

Risikopräferenzen: In der Zielhöhe sind die Risiken der unterschiedlichen Geschäfte zu beachten. Dies geschieht üblicherweise über das Capital Asset Pricing Modell, das Bestandteil aller wertorientierten Konzeptionen ist.

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Identität von interner und externer Steuerung: Das Aktionärsvermögen kann vom Markt her über die Börsenkapitalisierung oder intern aus den Zahlen des Unternehmens ermittelt werden. Grundsätzlich sollen die Werte identisch sein, d.h. das Unternehmen ist nach den Vorgaben des Marktes zu steuern. Nur wenn diese Identität erreicht wird, kann die exakte Marktperformance erzielt werden.

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Konzepte müssen verständlich sein: Gesucht wird jeweils der „ betriebswirtschaftlich “ richtige Gewinn. Abzuleiten ist er aus den Zahlen des Rechnungswesens. Damit verbunden sind Fragen der Behandlung bestimmter Aufwendungen, die Ermittlung stiller Reserven und der Berücksichtigung von Miete und Leasing. Die Konzepte sind so aufzubereiten, dass sie auch befolgt werden können. Die Anpassungen der Zahlen des Rechnungswesens sollten möglichst gering sein. Sie müssen für die Beteiligten nachvollziehbar sein.

-

Flexibilität: Alle Komponenten des Zielsystems sind den Einflüssen der Umwelt ausgesetzt. Diese situativen Einflüsse müssen in das System integriert werden können. Das bezieht sich auf die Einbeziehung weiterer Zielelemente. Flexibilität schafft damit auch Freiräume, die aber nicht einen beliebigen Umfang annehmen dürfen. Insbesondere muss verhindert werden, dass dadurch konfliktäre Ziele aufgenommen werden. Flexibilität erlaubt dem Entscheidungsträger nach der Situation die Zielerreichung zu steuern. So kann bei den wertorientierten Zielsystemen entweder der Gewinn durch Rationalisierung gesteigert oder die Kapitalbasis verringert werden. Sind beide Wege ausgereizt, müsste das Zielsystem es zulassen, neue Zielelemente über neue Sachziele zu definieren.


Literatur:
Breit, Volker : Integrative Zielbildung in Unternehmen, Frankfurt am Main et al., 1996
Corsten, Hans : Zielbildung als interaktiver Prozeß, in: Wisu H. 6/1988, S. 337 – 344
Hamel, Winfried : Zielsysteme, in: HWO, hrsg. v. Frese, Erich, Stuttgart, 3. A., 1992, Sp. 2634 – 2625
Hauschildt, Jürgen : Entscheidungsziele – Zielbildung in innovativen Entscheidungsprozessen, Tübingen 1977
Hauschildt, Jürgen/Pulczynski, Jörn : Rigidität oder Flexibilität der Zielbildung in Innovationsprozessen?, in: ZfO, H. 2/1992, S. 74 – 81
Heinen, Edmund : Grundlagen betriebswirtschaftlicher Entscheidungen. Das Zielsystem der Unternehmung, Wiesbaden, 3. A., 1976
Kosiol, Erich : Die Unternehmung als wirtschaftliches Aktionszentrum, Reinbeck b. Hamburg 1966

 

 


 

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