Einlagenpolitik
Die E. ist ein traditionelles geldpolitisches Instrument (Geldpolitik, Instrumente der Wirtschaftspolitik) der Deutschen Bundesbank, steht aber weniger im Blickpunkt als andere Instrumente. Mit der E. nimmt die Bundesbank darauf Einfluß, in welchem Umfang öffentliche Gelder bei ihr oder im Geschäftsbankensystem (Banken) gehalten werden, und wirkt so unmittelbar auf die Zentralbankgeldversorgung (Geldarten) der Kreditinstitute ein. Grundlage der E. bildet § 17 des BBkG, der einige wichtige öffentliche Körperschaften, nämlich Bund, Ausgleichsfonds (Ausgleichsforderungen), ERP-Sondervermögen und die Länder grundsätzlich dazu verpflichtet, ihre flüssigen Mittel auf Girokonten bei der Bundesbank zu unterhalten. Nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Bundesbank können solche Guthaben auch anderweitig ein- oder angelegt werden. Soweit die Bundesbank einer anderweitigen Einlage oder Anlage zustimmt, wird dem Bankensystem Zentralbankgeld zugeführt; dagegen verlieren die Geschäftsbanken Zentralbankguthaben wieder, wenn die Ausnahmegenehmigung ausläuft. Die Einlegungspflicht trägt im Prinzip dazu bei, die Geldpolitik zu erleichtern, indem sie eine zusätzliche liquiditätspolitische Abhängigkeit der Kreditinstitute von der Notenbank schafft. Ähnlich wie durch einen Anstieg des Bargeldumlaufs oder der Mindestreserven (Mindestreservenpolitik) wird der Geldschöpfungsspielraum der Banken (Geldangebotstheorie) eingeengt, wenn Überweisungen ihrer Kunden zugunsten öffentlicher Stellen sich nicht innerhalb des Geschäftsbankensystems ausgleichen, sondern den Rückgriff auf Zentralbankgeld erfordern. Dies kann freilich besondere Ausgleichsoperationen der Bundesbank notwendig machen, vor allem wenn zu den vierteljährlichen Hauptsteuerterminen die öffentlichen Guthaben bei der Bundesbank regelmäßig stark ansteigen und so den Geschäftsbanken in relativ großem Umfang Liquidität entzogen wird. Daneben kann die Einlegungspflicht als Ergänzung dazu gesehen werden, daß die Bundesbank gem. § 20 BBkG befugt ist, bestimmten staatlichen Stellen Kassenkredite bis zu einer im Gesetz festgelegten Höhe einzuräumen. Die Zusammenfassung der gesamten Kassenführung wichtiger öffentlicher Haushalte (Haushalt ,
3.) bei der Bundesbank stellt sicher, daß die Inanspruchnahme solcher Überbrückungskredite durch die laufenden Zahlungseingänge der öffentlichen Hand automatisch zurückgeführt und damit auf das notwendige Maß beschränkt bleibt. Die der Bundesbank mit der Ausnahmeklausel des § 17 BBkG gegebene Möglichkeit, die Zentralbankgeldversorgung durch eine vorübergehende Verlagerung öffentlicher Gelder zu steuern, steht allerdings nur mit Einschränkungen zur Verfügung. Die Bundesbank kann eine Verlagerung öffentlicher Mittel zum Bankensystem nicht verlangen, sondern nur genehmigen. I.d.R. ist die öffentliche Hand hieran durchaus interessiert, da anderweitige Anlagen zu Marktsätzen verzinst werden, während auf die bei der Bundesbank unterhaltenen Konten öffentlicher Haushalte keine Zinsen gezahlt werden dürfen. Häufig genug sind jedoch flüssige öffentliche Mittel nicht in ausreichendem Umfang oder für längere Zeiträume verfügbar. Dies hängt auch damit zusammen, daß ein Teil der Kassenmittel von vornherein aus der "geldpolitischen Verantwortung" entlassen wurde. So schreibt das BBkG vor, daß die Notenbank ihre Zustimmung zu einer anderweitigen Einlage oder Anlage nicht allein von geldpolitischen Erwägungen abhängig machen darf, sondern auch das Interesse der Länder an der Erhaltung ihrer Staats- und Landesbanken zu berücksichtigen hat. In der Praxis trägt die Bundesbank diesen besonderen Anlagebedürfnissen dadurch Rechnung, daß sie es den Ländern bis zur Höhe bestimmter Globalkontingente freistellt, ihre flüssigen Mittel nach eigenen Dispositionen und Möglichkeiten verzinslich anzulegen. Soweit bei den Ländern darüber hinaus flüssige Mittel in wesentlichem Umfang überhaupt vorhanden sind, würde ihre evtl. Verlagerung bei dem großen Kreis der Beteiligten auch Abstimmungsprobleme aufwerfen. Die Kassenmittel des Ausgleichsfonds und des ERP-Sondervermögens sind von ihrer Größenordnung her für Verlagerungen uninteressant geworden. Auf Grund dieser Rahmenbedingungen stützt sich die E. praktisch allein auf die Kassenmittel des Bundes und wird hauptsächlich dann aktiviert, wenn es darum geht, rasch und durch leicht reversible Maßnahmen auf ganz kurzfristige Schwankungen der Bankenliquidität und der Geldmarktsätze zu reagieren. Sie hat sich insoweit als ein wirksames Mittel zur Feinsteuerung des Geldmarktes erwiesen, auf das seit 1975 als Ergänzung anderer Feinsteuerungsinstrumente laufend zurückgegriffen wird. Zu diesem Zweck steht die Bundesbank mit dem Bund in ständigem engen Kontakt, der es ermöglicht, dem Geldmarkt im Bedarfsfall in kürzester Frist durch Verlagerung öffentlicher Mittel Liquidität zuzuführen oder zu entziehen. Da sich der Umfang von Verlagerungen, die das Zinsniveau am Geldmarkt stabilisieren sollen, nicht von vornherein bestimmen läßt, können auch wiederholte Verlagerungen innerhalb eines Tages erforderlich sein. Um rasches Handeln zu erleichtern, werden solche Operationen über nur wenige "Vertrauensadressen" abgewickelt, die dann ihrerseits als Kommissionäre des Bundes gegen eine geringe Provision die zur Verfügung gestellten Beträge am Geldmarkt zu Marktsätzen breit gestreut ausleihen und sie bei Fälligkeit wieder auf die Konten des Bundes bei der Bundesbank zurückleiten. Die Liquiditätsbedürfnisse des Bundes und der dadurch bedingte Charakter der E. als ein Instrument der sehr kurzfristigen Geldmarktsteuerung schlagen sich darin nieder, daß Bundesmittel praktisch nur als Tagesgeld zum Bankensystem verlagert werden und deshalb durch Nichtprolongation (Prolongation) auch innerhalb Tagesfrist wieder bei der Bundesbank gebunden werden können. Durch das StabG ist die im BBkG verankerte Einlagenpolitik indirekt erweitert und ergänzt worden. Danach ist im Falle einer Gefährdung des Stabilitätsziels die Möglichkeit vorgesehen, daß Bund und Länder freiwillig oder obligatorisch bei der Bundesbank Konjunkturausgleichsrücklagen bilden. Da ein Rückgriff auf dieses Instrument die Verfügungsmacht der öffentlichen Hand über ihre Haushaltsmittel vorübergehend einschränkt und somit Bankenliquidität wie Staatsausgaben entsprechend lange dämpft, würden hiervon ggf. erheblich stärkere Stabilisierungseffekte ausgehen als von dem Einlegungszwang nach § 17 BBkG, der den Haushaltsvollzug in keiner Weise berührt. Ähnliche Zielsetzungen werden durch Bestimmungen im Rahmen des Rentenrechts und des Arbeitsförderungsgesetzes verfolgt, die ebenfalls auf das StabG zurückgehen. Hiernach können Bundesregierung und Bundesbank, soweit sie dies aus konjunktur- oder währungspolitischen Gründen für erforderlich halten, die Anlage eines bestimmten Teils der liquiden Mittel der Sozialversicherungsträger (Sozialversicherung) in Geldmarktpapieren anordnen, wobei an eine liquiditätsdämpfende Übernahme solcher Papiere aus dem Bestand der Bundesbank gedacht ist. Die Bundesbank muß ihrerseits die an die Sozialversicherungsträger abgegebenen Papiere vor Fälligkeit zurücknehmen, wenn dies erforderlich ist, um die Zahlungsfähigkeit dieser Anstalten sicherzustellen. Von der Möglichkeit, Liquiditätsreserven der Sozialversicherungsträger in Geldmarktpapieren der Bundesbank anzulegen, ist jedoch nur wenig Gebrauch gemacht worden. Seit längerem verfügen die Sozialversicherungen auch nicht mehr über die dazu notwendigen liquiden Mittel. Seit 1994 sind die öffentlichen Haushalte von ihrer Einlagenpflicht bei der Deutschen Bundesbank entbunden, so daß die E. als ein Instrument der Geldpolitik entfallen ist.
Literatur: H. Irmler, Kreislauf der Bonner Milliarden, in: Wirtschaftswoche, Nr. 9, 1977. Deutsche Bundesbank, Die Deutsche Bundesbank. Geldpolitische Aufgaben und Instrumente. Sonderdrucke der Deutschen Bundesbank, Nr. 7,
5. A., Frankfurt a.M. 1989.
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