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Außenwirtschaftspolitik


1. Unter A. versteht man alle staatlichen Maßnahmen zur direkten, gezielten Beeinflussung außenwirtschaftlicher Transaktionen (Leistungs- und Faktorverkehr über die Landesgrenze hinweg). Damit unterscheidet sich die A. von anderen Instrumenten der Wirtschaftspolitik, die über eine Veränderung des inländischen Preis - und Kostenniveaus zwar auch Einfluß auf diese Transaktionen haben (können); doch hierbei ist offen, ob dieser Einfluß gewollt ist oder hingenommen wird. Mit dieser Abgrenzung hat die A. ein eigenständiges Erkenntnis- und Gestaltungsobjekt. Dennoch kann sie konzeptionell nicht aus eigenständigen Zielen heraus entwickelt werden. Zwar hat das "außenwirtschaftliche Gleichgewicht" über § 1 des StabG Eingang in den offiziellen wirtschaftspolitischen Zielkatalog gefunden, doch nicht als Selbstzweck, sondern in der Erkenntnis, daß außenwirtschaftliches Gleichgewicht mittelfristig  eine notwendige (wenn auch nicht hinreichende) Voraussetzung ist für die Erreichung der wirtschaftspolitischen Hauptziele (Wachstum, Beschäftigung, Preisstabilität; Ziele der Wirtschaftspolitik). Soll nun A. nicht zu einem konzeptionslosen ad-hoc-Interventionismus (Interventionismus) denaturieren, bedarf es der Entwicklung eines Gesamtkonzepts der A., das konsistent und umfassend sein muß. Ein Gesamtkonzept der A. ist dann konsistent, wenn es drei Elemente widerspruchslos integriert: (a) Ein Ordnungskonzept, das den Rahmen festlegt, innerhalb dessen die Wirtschaftssubjekte außenwirtschaftliche Transaktionen durchführen können. (b) Ein Prozeßkonzept, das jenen Instrumenteneinsatz festlegt, der dem Ordnungsrahmen gerecht wird. (c) Ein Integrationskonzept (Integration), das für Ordnungs- und Prozeßkonzept international verbindliche Spielregeln festlegt, um wechselseitige Abwehrreaktionen von Ländern zu vermeiden, die außenwirtschaftliche Transaktionen destabilisieren oder verhindern. Ein Gesamtkonzept der A. ist dann umfassend, wenn es (a) sowohl die realen Transaktionen (Waren, Dienste) als auch (b) die monetären Transaktionen (autonome und induzierte Kapitalbewegungen) mit seinem Instrumentarium erfaßt.
2. Das liberale Konzept der A. ist darauf ausgerichtet, die Vorteile der internationalen Arbeitsteilung (Arbeitsteilung)  gemessen an der Handelsoptimierung (Güterwanderung) bzw. Produktionsmaximierung (Faktorwanderung)  voll zu nutzen. Das Ordnungskonzept geht vom Grundsatz der unbeschränkten Dispositionsfreiheit der Wirtschaftssubjekte im Außenwirtschaftsverkehr aus. Das bedeutet Sicherung eines freien Leistungsverkehrs und Verzicht auf alle Diskriminierungen beim Grenzübertritt von Waren und Diensten (realer Aspekt) sowie Herstellung eines freien Kapitalverkehrs durch vollständige Währungskonvertibilität (monetärer Aspekt; Konvertibilität). Das Prozeßkonzept ist demzufolge nur negativ formulierbar (Abbau aller Hemmnisse), weil das Ordnungskonzept eine gezielte Beeinflussung außenwirtschaftlicher Transaktionen verbietet. Dieses Konzept setzt ganz auf individuelle Initiative und Anpassungsflexibilität im internationalen Marktmechanismus (kostengünstigste Bedarfsdeckung, gewinnmaximierende Absatzgestaltung). Das Integrationskonzept schließt für alle beteiligten Länder zwingende Anpassungsregeln ein. Diese bedeuten im realen Bereich die Anwendung des Grundsatzes der "Meistbegünstigung" (der jedes Land  je nach Vertragskonstellation  zu einem zügigen Abbau der Handelsbarrieren zwingt; s.  GATT) und im monetären Bereich die Einführung des "Goldautomatismus" (der Währungskonvertibilität und Wechselkursstabilität sicherstellt und  bei Zahlungsbilanzungleichgewichten  ein Land zu inflationären oder deflationären binnenwirtschaftlichen Anpassungsprozessen zwingt). Der Vorteil des liberalen Konzepts der A. ist darin zu sehen, daß es am ehesten geeignet ist, die internationale Arbeitsteilung zu nutzen bzw. sich deren Erfordernissen flexibel anzupassen. Die Kehrseite ist die völlige Abhängigkeit von der Weltmarktentwicklung (Angebot, Nachfrage, Preise) bzw. der Zwang, die Binnenwirtschaft dem "Diktat der Zahlungsbilanz " zu unterwerfen. Je größer indessen dann Anpassungs- und Friktionsverluste für ein Land sind (Fehlinvestitionen, Inflation (Inflationstheorie), Arbeitslosigkeit), desto weniger wird es bereit sein, an einem liberalen Konzept der Außenwirtschaftspolitik festzuhalten. Dies erklärt, daß das Konzept, das in der zweiten Hälfte des 19. Jh. teilweise realisiert wurde, in der Weltwirtschaftskrise zerbrach.
3. Das dirigistische Konzept der A. ist darauf ausgerichtet, den volkswirtschaftlichen Zentralplan gegenüber (nichtplanbaren) außenwirtschaftlichen Einflüssen möglichst abzusichern und somit den Leistungsexport (in Richtung und Volumen; Export) von einem unabweisbaren Importbedarf (Import) abhängig zu machen. Das Ordnungskonzept geht von dem Grundsatz aus, die außenwirtschaftlichen Dispositionsfreiheiten der Wirtschaftssubjekte auszuschalten bzw. sie dem volkswirtschaftlichen Gesamtplan unterzuordnen. Konkret bedeutet dies, daß die außenwirtschaftlichen Transaktionen der Wirtschaftssubjekte entweder einer Genehmigungspflicht unterliegen (Außenhandelsdirigismus) oder ganz in die staatliche Regie übernommen werden (Außenhandelsmonopol). Das Prozeßkonzept leitet sich unmittelbar aus dem Ordnungskonzept ab; es umfaßt alle Maßnahmen, die geeignet sind, die außenwirtschaftlichen Transaktionen zentral zu steuern. Auf realer Ebene arbeitet das Konzept mit Aus- und Einfuhrverboten bzw. staatlichen Genehmigungen. Auf monetärer Ebene besteht Devisenbewirtschaftung , d.h. die Währungskonvertibilität ist aufgehoben; alle im Außenwirtschaftsverkehr erzielten (benötigten) Devisen müssen an den Staat abgeliefert werden (werden von diesem zugeteilt). Das Integrationskonzept hat  gerade mit Blick auf den Planungsbedarf  im Grundsatz nur dann Gewicht, wenn ein Land keine Autarkieposition (Autarkie) hat, somit einen bestimmten Importbedarf aufweist. I.d.R. wird ein Land dann versuchen, bilaterale Handelsverträge bzw. -abkommen abzuschließen, um Ausfuhr und Einfuhr aufeinander abstimmen zu können. Der Vorteil des dirigistischen Konzepts der A. besteht vor allem darin, daß es am ehesten geeignet ist, ein Land von außenwirtschaftlichen Abhängigkeiten und Unwägbarkeiten abzusichern. Diese Sicherheit impliziert aber einen Verzicht auf die Vorteile der internationalen Arbeitsteilung. Dies wurde dann auch von den Staatshandelsländern erkannt. Der Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (Comecon) versuchte deshalb, zumindest blockintern, d.h. zwischen den Zentralverwaltungswirtschaften des Ostblocks, eine internationale Arbeitsteilung zu intensivieren. Eine weitergehende Integration in die Weltwirtschaft erfolgte eher zurückhaltend und  um die Planbarkeit sicherzustellen i.d.R. auf der Basis von Kompensationsgeschäften . Nachdem im Übergang zu den 90er Jahren das zentralverwaltungswirtschaftliche Konzept als gescheitert angesehen werden muß, ist auch das Integrationskonzept des Comecon fragwürdig geworden.
4. Das Konzept der gelenkten A. ist insoweit dem liberalen Konzept verbunden, als es die Vorteile der internationalen Arbeitsteilung nutzen und am Grundsatz der individuellen Dispositionsfreiheit festhalten will. Doch soll die Binnenwirtschaft weder den weltwirtschaftlichen Unwägbarkeiten überlassen bleiben, noch soll sie der Herbeiführung des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts völlig untergeordnet werden. Für das Ordnungskonzept besagt dies, daß neben der individuellen Dispositionsfreiheit das Recht des Staates steht, die Transaktionen zumindest marktkonform  durch Setzung neuer Daten , ohne aber die Dispositionsfreiheit aufzuheben  zu steuern. Für das Prozeßkonzept besagt dies, daß Ein- und Ausfuhrverbote, Kontingente (Ausnahmen von Verboten) und Devisenbewirtschaftung wg. ihres mengenregulierenden und insoweit marktinkonformen Charakters nur zeitlich befristet und in Sondersituationen Anwendung finden sollten. Im Vordergrund des Prozeßkonzepts steht somit die Preisbeeinflussung. Auf realer Ebene kommen hier insbesondere Maßnahmen der Exportförderung (i.d.R. indirekte Kostenentlastungen, da direkte Prämien zu deutlich erkennbar sind) sowie der Zollpolitik (mengen- oder wertbezogene finanzielle Belastung einer Ware beim Grenzübertritt) in Betracht; auf monetärer Ebene wird die Wechselkurspolitik bedeutsam, sei es in der Form der ad-hoc-Wechselkursänderung (wenn sich  feste Wechselkurse nicht mehr aufrechterhalten lassen), sei es in der Form der ad-hoc-Wechselkursstützung (wenn flexible Wechselkurse zu erratischen Kursschwankungen führen). Ob das Instrumentarium die Transaktionen wie beabsichtigt steuern kann, hä neben seiner Dosierung von den gegebenen Angebots-und Nachfrageelastizitäten (Elastizitäten) ab, aber auch davon, ob das Ausland Gegenmaßnahmen ergreift. Für das Integrationskonzept besagt dies, daß  in Analogie zum liberalen Ansatz  auch hier Liberalisierungsregeln involviert sind (Abbau von Hemmnissen  Konvertibilität), daß aber der Lenkungsbedarf über Ausnahmeregelungen, Anpassungsfristen, Liquiditätshilfen  im Handelsbereich (GATT) wie Währungsbereich (IWF)  in das Integrationskonzept Eingang gefunden hat, um der Gefahr des Ausscherens von Ländern (wg. zu hoher Anpassungslasten) zu begegnen. Dabei bricht der Konflikt zwischen supranationaler Integration (Marktöffnung) und nationaler Autonomie (Prozeßgestaltung) um so deutlicher auf, je enger die Länder verzahnt sind (EG). Sonderprobleme entstehen für Entwicklungsländer, die sich durch die Liberalisierungsprinzipien (an sich) benachteiligt fühlen, die monetären Hilfen als unzureichend empfinden und deshalb eine "Neue" (eher dirigistische) Weltwirtschaftsordnung anstreben (Fonds mit Preisstabilisierung).

Literatur: G. Bombach (Hrsg.), Zur Theorie und Politik internationaler Wirtschaftsbeziehungen. Tübingen 1981. W. Glastetter, Außenwirtschaftspolitik.
2. A., Köln 1979. H. Luckenbach (Hrsg.), Theorie der Außenwirtschaftspolitik. Berlin 1979.

 

 


 

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außergewöhnliche Belastungen