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Business Angels


Inhaltsübersicht
I. Begriff
II. Bedeutung der Business Angels in der Unternehmensentwicklung
III. Business Angels und Venture Capitalists
IV. Netzwerke der Business Angels
V. Fazit

I. Begriff


Bei Business Angels handelt es sich um vermögende Privatpersonen, die jungen Unternehmen neben Wagniskapital auch Management-Know-how zur Verfügung stellen. Sie konzentrieren sich überwiegend auf Unternehmen, die sich in der Seed-up-Phase oder Start-up-Phase befinden. Zu diesem Zeitpunkt benötigt das oftmals unerfahrene Gründerteam neben der reinen Kapitalüberlassung auch kaufmännisches und technisches Know-how. Da die Business Angels größtenteils selbst erfahrene Unternehmer und Manager (sog. „ Entrepreneurial Angels “ ) sind, können sie den Start-Ups sowohl ein Netzwerk persönlicher Beziehungen sowie ihre Managementerfahrung anbieten (Prowse, S. 1998; Nittka, I./Stickel, E. 1999). In vielen Fällen engagieren sie sich auch direkt im operativen Tagesgeschäft, beispielsweise in der Kundenakquisition (Tschammer-Osten, G. 1996). Die Bezeichnung „ Angel “ ist im Zusammenhang mit dieser Managementunterstützung zu sehen. Entsprechend ihres Beziehungsgeflechtes und ihrer beruflichen Herkunft investieren Business Angels vorwiegend in Unternehmen, die sich in ihrer örtlichen Umgebung befinden und zu derjenigen Branche gehören, die ihrem Expertenwissen entspricht (Acs, Z.J./Tarpley Jr., F. A. 1998).
Anstatt Kapital in institutionelle Venture Capital-Fonds zu investieren (formell-institutioneller Kapitalmarkt der privaten und öffentlichen Venture Capital-Gesellschaften sowie Corporate Venture Capital-Gesellschaften), investieren Business Angels ihr Privatvermögen direkt und ohne Zwischenschaltung anderer Instanzen in Gründungsunternehmen (Wetzel, W.E. 1983). Die nötigen Kontakte zu den potenziellen Gründern gewinnen die Business Angels aus einem informellen Beziehungsgeflecht. Die Öffentlichkeit wird gemieden, die Transparenz ist gering. Es existieren keine geschriebenen Verhaltensregeln oder Codizes. Aufgrund dieses geringen Organisationsgrades sowie der informellen Kontaktbasis wird beim Beteiligungsmarkt der Business Angels auch von einem informellen Kapitalmarkt gesprochen.

II. Bedeutung der Business Angels in der Unternehmensentwicklung


Bei Unternehmen in der Seed- oder Start-up-Phase unterliegen potenzielle Investoren hohen Informationsrisiken, da nur wenige historische Unternehmensinformationen über Märkte, Produkte und Management vorliegen. Es kommt zu einem Marktversagen in der Frühphasenfinanzierung mit der Folge, dass weder Kreditinstitute noch Venture-Capital-Gesellschaften ausreichend Kapital zur Verfügung stellen (siehe Modell im Artikel Venture Capital).
Business Angels kommt deshalb eine ökonomisch bedeutsame Rolle in der Unternehmensfinanzierung von Gründungsunternehmen zu (Schmidtke, A. 1985; Rams, A./Remmen, J. 1999), indem sie diese Eigenkapitallücke (Equity Gap) schließen (Gerke, W. 1996; Lerner, J. 1998; Berger, A. N./Udell, G. F. 1998; Boehm-Bezing, C. L. von 1999). Sie profitieren dabei von einem Beziehungsgeflecht aus Steuerberatern, Rechtsanwälten, Unternehmensberatern und Managern, welche die notwendigen Kontakte herstellen und dazu beitragen, Informationsasymmetrien zu senken. Das subjektiv wahrgenommene Risiko wird gemindert und die Investitionsbereitschaft erhöht. Gleichzeitig sind viele Business Angels bereit, auch in Projekte zu investieren, die eigentlich aufgrund ihrer geringeren risikoadjustierten Rendite als nicht effizient betrachtet werden müssten. Dieses sogenannte „ Adventure Capital “ , kann als Folge einer ausgeprägten Freude an Innovationen gesehen werden (Tschammer-Osten, G. 1996; Lessat, V./Hemer, J./Eckerle, T. et al. 1999). Bei größerem Finanzierungsbedarf treten Business Angels oftmals auch als Co-Investor bzw. in Business-Angel-Syndikaten auf (Lessat, V./Hemer, J./Eckerle, T. et al. 1999; Prowse, S. 1998).


Abb. 1: Bedeutung der Business Angels in der Unternehmensentwicklung
Erst mit fortgeschrittenem Unternehmensalter, verbesserter Informationslage, gesunkenem Risiko und gestiegenem Investitionsbedarf engagieren sich schließlich Venture Capital-Gesellschaften (Abb.1) und finanzieren das weitere Unternehmenswachstum (Gerke, W. 1998). Aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs im Beteiligungsmarkt wird sich der Investitionszeitpunkt jedoch zunehmend in die Frühphasen der Unternehmensentwicklung verlagern (Acs, Z.J./Tarpley Jr., F. A. 1998; Mason, C. M./Harrison, R. T. 1997).

III. Business Angels und Venture Capitalists


Sowohl Business Angels als auch Venture Capitalists investieren in junge, innovative Unternehmen mit dem Ziel, über das Desinvestment hohe risikoadjustierte Renditen zu erzielen. Beide engagieren sich dabei in Branchen, in denen sie eigene Erfahrungen aufweisen, fungieren als Schnittstelle zu anderen Investorengruppen, unterstützen die Entwicklung neuer Geschäftsstrategien und geben Hilfestellung in Krisenphasen. Wesentliche Unterschiede bestehen jedoch sowohl bei der Investmentstrategie als auch bei der späteren Betreuung und Kontrolle der Beteiligung.
Business Angels investieren primär in Unternehmen, die sich in Gründung oder der Seed- bzw. Start-up-Phase befinden. In dieser Phase weisen die Unternehmen einen geringeren Finanzierungsbedarf auf. Wie Studien in den USA erkennen lassen, investieren Business Angels durchschnittlich 100.000 bis 1. Mio. USD pro Gründungsunternehmen (Prowse, S. 1998), während die durchschnittliche Investitionssumme bei Venture Capital-Gesellschaften 20 Mio. USD beträgt. Dieses geringere Investitionsvolumen entspricht auch der Investitionsstrategie der Business Angels, die ihr begrenztes Privatvermögen aus Diversifikationsgründen möglichst breit streuen wollen.
In der Betreuung und Kontrolle existieren ebenfalls Unterschiede zwischen beiden Kapitalgebern, die auf die Bedürfnisse der jeweiligen Unternehmensphase und die institutionellen Zwänge zurückzuführen sind. Während Business Angels die Gründungsunternehmen v.a. im operativen Geschäft unterstützen und einer kontinuierlichen Kontrolle weniger Bedeutung beimessen, geben Venture Capitalists detailliertere Leistungsstandards vor, die sie strikt überwachen und mittels Feed-back kommunizieren. Schwerpunkt ihrer Managementunterstützung betreffen Fragen der Organisation und Strategie (Bell, M.G. 1999).

IV. Netzwerke der Business Angels


Die Kontaktvermittlung zwischen Business Angels und Gründern ist aufgrund des informellen Charakters dieses Beteiligungsmarktes mit erheblichen Kosten verbunden. Aus diesem Grund entstanden in den USA bereits Anfang der 1980er-Jahre erste Business-Angel-Netzwerke (BANs). Diese dienen als Kontaktbörsen zwischen Gründern und Business Angels und tragen dazu bei, die Suchkosten zu reduzieren (Lessat, V./Hemer, J./Eckerle, T. et al. 1999). Als besonders vorteilhaft hat sich für BANs erwiesen, wenn sie nicht nur als reine Vermittlungsplattform agieren, sondern gleichzeitig die Schulung und Beratung von Kapitalgebern und -nehmern, die Moderation des Vermittlungsprozesses, die Vermittlung von Beratern und Wirtschaftsprüfern sowie die Organisation von Workshops und Seminaren anbieten (Boehm-Bezing, C. L. von 1999).
Aufgrund der erheblichen ökonomischen Bedeutung der Business Angels für die Frühphasenfinanzierung ist diese Förderung zu begrüßen. Durch eine Verbesserung des Organisationsgrades kann es gelingen, ein Investitionspotenzial zu erschließen (Berger, A. N./Udell, G. F. 1998), das Schätzungen aus den USA zufolge zwei bis dreimal so groß ist, wie das des formellen Kapitalmarktes der privaten und öffentlichen Venture Capital-Gesellschaften. Bereits 1998 investierten in den USA ca. 1 Million aktive Business Angels zwischen 24 – 50 Mrd. Euro (tatsächliches Investitionsvolumen) in mehr als 100.000 Vorhaben (Jungen, P. 1999). Das potenzielle, noch nicht ausgeschöpfte Investitionsvolumen wird sogar auf 80 bis 240 Mrd. Euro geschätzt.
Wegbereiter der Netzwerkgründungen war das Venture Capital Network (VCN), das bereits 1984 als Computer-Matching-Service in den USA gegründet wurde. Seither entstanden zahlreiche Netzwerke, die 1995 durch die Small Business Administration (SBA) teilweise in das überregionale ACE-Net integriert wurden (Berger, A. N./Udell, G. F. 1998).
In Europa bestehen unter dem Dach des European Business Angels Network (EBAN) zahlreiche nationale Netzwerke, die sich zum Ziel gesetzt haben, das auf 20 bis 40 Mrd. Euro bezifferte Investitionspotenzial der Business Angels zu erschließen (EBAN, 1998). Im Sommer 1998 wurde auch in Deutschland das erste überregionale Netzwerk u.a. durch das Bundeswirtschaftsministerium, die Deutsche Börse, die Förderbanken des Bundes, den DSGV und die Wirtschaftsjunioren des DIHT gegründet. Dieses „ Business Angels Netzwerk Deutschland (BAND) “ stellt ein Mentorennetzwerk dar, das als Kontaktbörse fungiert, Musterverträge zur Verfügung stellt sowie weitere regional oder funktional spezifische BANs gründet (Business Angels Netzwerk Deutschland, 1999). Bis Ende 2000 existierten bereits 28 BANs in Deutschland. Diese regionale Differenzierung veranschaulicht, welche Bedeutung der räumlichen Nähe zur Reduktion der Informationsrisiken und Verbesserung der Managementunterstützung beigemessen wird (Business Angels Netzwerk Deutschland, 1999; Lessat, V./Hemer, J./Eckerle, T. et al. 1999; Boehm-Bezing, C. L. von 1999).

V. Fazit


Der Beteiligungsmarkt der Business Angels ist lange Zeit vernachlässigt worden. Gründe dafür sind im informellen Charakter des Marktes, dem Wunsch der Business Angels nach Anonymität sowie der Fehleinschätzung zu suchen, der formelle Beteiligungsmarkt könnte den Bedarf an Wagniskapital alleine abdecken. Aus Sicht der Existenzgründer sind Business Angels folglich ein bedeutender Partner, der Kapital aber auch Management-Know-how zur Verfügung stellt. Da Unternehmen unterstützt werden, die Arbeitsplätze in Zukunftsmärkten schaffen, ist das Engagement der Business Angels auch aus gesamtwirtschaftlicher Sicht zu begrüßen. Sowohl aus einzel- als auch gesamtwirtschaftlicher Sicht ist deshalb anzustreben, den Organisationsgrad dieses Beteiligungsmarktes durch Schaffung von BANs zu erhöhen und die Effizienz zu steigern.
Literatur:
Acs, Z.J./Tarpley Jr., F. A. : The angel capital electronic network (ACE-Net), in: Journal of Banking and Finance 22 (1998), S.793 – 797
Bell, M.G. : Venture Capitalist oder Angel – Welcher Kapitalgeber stiftet den größeren Nutzen, in: Die Bank 6/1999, S. 372 – 377
Berger, A. N./Udell, G. F. : The economics of small business finance: The roles of private equity and debt markets in the fianancial growth cycle, in: Journal of Banking and Finance 22 (1998), S.613 – 673
Boehm-Bezing, C. L. von : Business Angels und ihre Netzwerke, in: Die Bank H.9/1999, S.598 – 601
Business Angels Netzwerk Deutschland, : Präsentationsfolien über das BAND vom 18.06.1999
EBAN, : Dissemination Report on the Potential for Business Angels Investment and Networks in Europe, January 1998
Gerke, W. : Venture Capital in Germany, in: Venture Capital and Innovation, hrsg. v. OCDE/GD(96)168, Committee for Scientific and Technology Policy, Paris 1996, S. 90 – 93
Gerke, W. : Market failure in venture capital markets for new medium and small enterprises, in: Comparative Corporate Governance, hrsg. v. Hopt, K.J. et al., Oxford 1998, S. 607 – 635
Jungen, P. : Business Angels – Himmlische Helfer, in: Aktienkultur H.4/1999, S.8 – 11
Lerner, J. : „ Angel “ financing and public policy, in: Journal of Banking and Finance 22 (1998), S.773 – 783
Lessat, V./Hemer, J./Eckerle, T. : Beteiligungskapital und technologieorientierte Unternehmensgründung, Wiesbaden 1999
Mason, C. M./Harrison, R. T. : Business angel networks and the developement of the informal venture capital market in the UK: Is there still a role for the public sector?, in: Small Business Economics, special issue on European SME Financing: An Overview 9 (2), hrsg. v. Cressy, /Olofsson, C., 1997, S.111 – 123
Mason, C. M./Harrison, R. T. : Stimulating investments by business angels in technology-based ventures, in Oakey, R.(Hrsg.), New Technology Based Firms in the 1990s, London 1998
Nittka, I./Stickel, E. : Informelles Venture Capital am Beispiel von Business Angels, in: Sparkasse, H. 10/1999, S.445 – 453
Prowse, S. : Angel Investors and the market for angel investments, in: Journal of Banking and Finance 22 (1998), S.785 – 792
Rams, A./Remmen, J. : Perspektiven der Venture-Finanzierung in Deutschland, in: Die Bank, H.10/1999, S.687 – 691
Schmidtke, A. : Praxis des Venture Capital-Geschäftes, Landsberg am Lech 1985
Schween, K. : Corporate Venture Capital: Risikofinanzierung deutscher Industrieunternehmen, Wiesbaden 1996
Tschammer-Osten, G. : Business Angel, in: DBW, H. 5/1996, S.716 – 719
Wetzel, W.E. : Angels and Informal Risk Capital, in: Sloan Management Review, Vol. 24., Summer 1983, S. 23 – 34

 

 


 

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