Internes Marketing
Ein zunehmender Mangel an qualifizierten Arbeitskräften sowie steigende Ansprüche von Arbeitnehmern an ihre Unternehmung führten in den letzten Jahren zu einer wachsenden Bedeutung personalpolitischer Instrumente. Die sich in einem ähnlichen Tempo verschärfenden Anforderungen der Marktteilnehmer haben in vielen Unternehmen dazu beigetragen, die Umsetzung dieser personalpolitischen Überlegungen zu forcieren.
Dieser Ansatz gilt insbesondere für Unternehmen, deren Mitarbeiter starken Kundenkontakt bei Erstellung der angebotenen Problemlösung haben - bei Dienstleistungsunternehmen. Gerade in diesem Bereich ist die Qualitätsbeurteilung durch den Konsumenten in einem überdurchschnittlichen Maße abhängig vom Auftreten und Verhalten des Personals während des Dienst-leistungs-Erstellungsprozesses. Das Personal bzw. dessen gewünschtes Verhalten stellt jedoch einen Engpaßfaktor dar, den das „ interne Marketing “ mit dem Ziel der Personalzufriedenheit zu entschärfen versucht.
Das interne Marketing betrachtet die Arbeitnehmer als interne Konsumenten und die Arbeitsplätze als interne Produkte, die den Bedürfnissen dieser Konsumenten entsprechen müssen. Über die Motivation des Personals soll dessen Leistungsfähigkeit und -Willigkeit erhöht werden, was sich letztlich in der vom Kunden subjektiv wahrgenommenen Qualität der Leistung und damit in der Kundenzufriedenheit widerspiegelt.
Dabei bewegt sich das interne Marketing im Spannungsfeld zwischen Konsumenten- und Personalbedürfnissen. Diese Bedürfnisse bzw. Ansprüche sind nur bis zu einem gewissen Grad einheitlich, wie z. B. hinsichtlich der ansprechenden Gestaltung der Räumlichkeiten des Unternehmens, die von beiden Anspruchsgruppen genutzt werden. Daneben existieren jedoch zahlreiche Ansprüche des Personals, die keine direkte Entsprechung zu den Kundenwünschen aufweisen bzw. deren Vergleichbarkeit nicht ohne weiteres gegeben ist. In diesem Zusammenhang ist z. B. die Frage nach der optimalen Höhe der Vergütung zu nennen. Direkt erfaßbare quantitative Größen sind mit qualitativen Parametern wie Mitarbeiterzufriedenheit, Lebensqualität und Kundenzufriedenheit zu vergleichen und gegeneinander abzuwägen.
Um zunächst ein verbessertes Leistungsverhalten des Personals gerade im Dienstleistungsbereich zu erhalten, gilt es, Mitarbeiter bezüglich der Bedeutung ihres Auftritts und ihres Verhaltens für den Unternehmenserfolg zu sensibilisieren und ihnen diese Erfolgsvoraussetzungen zu vermitteln. Eine derartige Stimulierung sollte sich dabei nicht primär auf materielle Anreize beziehen, sondern insbesondere durch Methoden der emotionalen Mitarbeiterführung vorgenommen werden.
Das Instrumentarium des internen Marketing läßt sich in diesem Rahmen grob in die Bereiche Marktforschung, Marktsegmentierung und Kommunikation unterteilen.
Als Basis interner Aktivitäten sind die Wünsche und Ansprüche des Personals im Rahmen einer internen Marktforschung zu ermitteln. Durch mündliche und schriftliche Befragungen wird dem Personal Gelegenheit gegeben, die für ihre Zufriedenheit relevanten Faktoren und deren aktuelle sowie gewünschte Ausprägungen aufzuzeigen.
Hierauf aufbauend kann die interne Marktsegmentierung dann verschiedene aktuelle und potentielle interne Anspruchsträger mit homogen ausgeprägten Anforderungsprofilen zu Gruppen zusammenfassen, die dann gezielt angesprochen werden können.
Diese Ansprache erfolgt im Rahmen der intern ausgerichteten Kommunikation, welche auf einem dauerhaften Informations- und Meinungsaustausch von Unternehmensführung und Personal basiert. Schulung und Training der Mitarbeiter sind hierbei Formen der direkten Kommunikation. Weiterhin kann über indirekte Kommunikation z. B. in Form von Firmenzeitschriften oder Rundschreiben versucht werden, den Mitarbeitern relevante Informationen zu vermitteln und sie so unmittelbar am Firmengeschehen zu beteiligen. Auch extern ausgerichtete Kommunikationsaktivitäten in Form von Image-Werbung kann dazu genutzt werden, unternehmerische Werte an die Mitarbeiter zu vermitteln und ihre Einstellung gegenüber dem Unternehmen zu verändern.
Ein weiterer Ansatzpunkt des internen Marketing ist der in vielen Unternehmen beobachtbare unzureichende Informationsfluß über das Verhalten der verschiedenen Marktteilnehmer. Während das mit dem Kunden in direktem Kontakt stehende Personal im operativen Bereich über relevante Informationen verfügt, sind marktferne Abteilungen, wie z. B. Produktion, Beschaffung und F & E, nur bedingt über aktuelle Entwicklungstendenzen orientiert. Eine institutionelle Kombination von interner und externer Marktforschung, -segmentierung und -kommunikation kann in diesem Zusammenhang dazu beitragen, gezielte und koordinierte Informationen über Marktteilnehmer und Mitarbeiter zu gewinnen und somit „ schneller “ Modifikationen interner und externer Leistungen vornehmen zu können.
Zusammenfassend betrachtet bedeutet internes Marketing die gezielte Anwendung personalwirtschaftlicher Instrumente zur Schaffung einer erhöhten Kundenorientierung des Personals, die als Teil der Unternehmenskultur verstanden werden kann. Internes Marketing ist dabei jedoch keine reine Übertragung der Prinzipien des Absatzmarketing auf die interne Dimension einer Unternehmung, da hier die kommunikativen Gesichtspunkte eindeutig im Vordergrund stehen. Vielmehr stellt es eine Klammer für verschiedene Instrumente der Personalpolitik dar, die diesem Bereich der Unternehmenspolitik durch eine stärkere Fokussie-rung auf die Anforderungen der Absatzmärkte neue Denkanstöße vermitteln kann.
In den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts entstanden in den USA die ersten Diskussionen um den Einsatz eines Internen Marketing. Unter Internem Marketing versteht man die Übertragung des traditionellen, auf externe Zielgruppen bezogenen, Marketingkonzepts auf den unternehmensinternen Bereich, also die Mitarbeiter eines Unternehmens. Im Mittelpunkt des Internen Marketing steht die zielorientierte Beeinflussung der Mitarbeiter, um Mitarbeitermotivation, Commitment und Mitarbeiterbindung zu fördern. Grundgedanke ist, dass Mitarbeiterzufriedenheit notwendige Voraussetzung für Kundenzufriedenheit darstellt. Zudem geht das Interne Marketing davon aus, dass Marketing eine interne Denkhaltung darstellt und somit eine Unternehmensphilosophie ist, die sowohl intern als auch extern gelebt wird. Im Gegensatz dazu ist das Ziel des verwandten Personalmarketing die Mitarbeiterbeschaffung. Siehe auch Marketing, Grundlagen und Personalmanagement, jeweils mit Literaturangaben.
umfaßt die planmäßige Gestaltung der unternehmerischen Austauschbeziehungen mit internen Systemelementen zu absatzmarktorientierten Zwecken. Werden die Mitarbeiter als Elemente des Systems Unternehmung betrachtet und ist damit das Personal Adressat von Steuerungsmaßnahmen im Hinblick Grundlegendes Ziel des personalorientierten internen Marketing ist die Gewinnung, Entwicklung und Erhaltung hochmotivierter, kundenorientierter Mitarbeiter. Diese Zielsetzung ist prinzipiell für alle marketingtreibenden Unternehmen relevant, aber von dominierender Bedeutung in den Handlungsbereichen, in denen persönlicher Kundenkontakt stattfindet bzw. in denen die Leistung im Zuge des Kundenkontaktes erstellt wird. Das ist v. a. bei Dienstleistungen (Dienstleistungsmarketing) der Fall, wo Produktion und Konsum zusammenfallen und die Leistung in einem Interaktionsprozeß zwischen dem Personal des Anbieters und dem Konsumenten entsteht. Hier ist das Kontaktpersonal selbst integraler Bestandteil der Dienstleistungsqualität. Eine personalunabhängige „Produktgestaltung“ ist somit nicht möglich, und die kundenorientierte Einflußnahme auf das Personal wird zu einem wesentlichen Aufgabenbereich der unternehmerischen Produkt- bzw. Qualitätspolitik. Das im Hinblick auf den Markterfolg grundlegende Ziel, beim Personal kundenorientiertes Bewusstsein und Verhalten zu erzeugen, läßt sich weiter in Form folgender Aufgabenzuweisungen an das interne Marketing konkretisieren: · Information des Personals über Unternehmenszweck und Marketingstrategien, die Relevanz der kundenbezogenen Interaktionen und die Verantwortlichkeit des einzelnen für die wahrgenommene Leistungsqualität und das Image des Unternehmens; · Schaffung von Akzeptanz in bezug auf die Maxime der konsequenten Verhaltensorientierung an den Kundenwünschen; · Vermittlung von Fähigkeiten und Fertigkeiten für die zielgerechte Bewältigung von Kundenkontaktsituationen; · Erzeugung eines organisationsinternen Umfeldes, das kundenorientierte Einstellungen und Verhaltensweisen stützt. Mit diesen Zielsetzungen wird deutlich, dass das interne Marketing keineswegs die unmo- difizierte Übertragung der in bezug auf externe Austauschprozesse entwickelten Marketingmaxime auf die Beziehung zwischen Unternehmensleitung und Personal darstellt. Zwar wird das Personal das gewünschte Maß an kundenorientertem Verhalten nur dann aufweisen, wenn ihm ein entsprechendes Arbeitsplatzangebot gemacht wird. Doch nicht die Bedürfnisse der Mitarbeiter, sondern die der Kunden sind der zentrale Orientierungspunkt für die Gestaltung von Arbeitsplatz und Arbeitsverhalten. Insofern bezeichnet personalorientiertes internes Marketing nicht die Ablösung der Kundenorientierung durch eine Personalorientierung, sondern die personalbezogene Absicherung des absatzmarkt- bzw. kundenorientiertenMarketingdenkens. Als Instrumente des personalorientierten internen Marketing stehen alle Maßnahmen zur Verfügung, mit deren Plilfe Einfluß auf Motivation, Einstellung und Verhalten des Personals genommen werden kann. Prinzipiell lassen sich drei große Instrumentengruppen unterscheiden: Zum ersten handelt es sich um den absatzmarktorientierten Einsatz personalpolitischer Instrumente. So werden u. a. Personalauswahl, Personaleinsatz, Arbeitsstrukturierung, Entgeltpolitik und Personalentwicklung in den Dienst gestellt, um die Mitarbeiter zu einem Verhalten zu bewegen und zu befähigen, das die Kunden zufriedenstellt und dem absatzmarktstrategischen Unternehmenskonzeptentspricht. Zum zweiten werden Instrumente der internen Kommunikation zu absatzmarktorientierten Zwecken eingesetzt. Dazu gehören als Aktivitäten der internen Individualkommunikation v. a. internes Training und interne interaktive Kommunikation. Trainings dienen der Einführung von Firmenneulingen und der permanenten Schulung von Unternehmensangehörigen in bezug auf Unternehmensgeschichte und Unternehmensphilosophie, Leistungsprogramm und Verkaufstechniken, Einstellungs- und Verhaltensänderung. Interaktive Kommunikation stellt einen kontinuierlichen und dialogischen Kontakt zwischen Management und Kontaktpersonal her und hat sozialisierende, konfliktreduzierende und motivierende Wirkungen. Als Mittel der internen Massenkommunikation werden Rundschreiben, Firmenzeitschriften, Videos und andere Medien eingesetzt, um Informationen über die wesentlichen Aspekte der ökonomischen Lage des Unternehmens, zentrale Entscheidungen, Unternehmenskampagnen, identitätsstiftende Anekdoten usw. zu verbreiten. Ein dritter instrumenteller Bereich umfaßt den personalorientierten Einsatz von herkömmlichen Marketinginstrumenten, insb. von externer Massenkommunikation wie Werbung oder Public Relations. Sie sind dann Instrumente des internen Marketing, wenn sie (auch) an die Mitarbeiter adressiert sind mit dem Ziel, unternehmerische Werte zu vermitteln, zu motivieren sowie Einstellungen gegenüber Unternehmen und Arbeitsplatz zu beeinflussen. Das Instrumentarium des internen Marketing findet somit nur z. T. eine Entsprechung im herkömmlichen (externen) Marketing- Mix. Statt dessen werden hier Instrumente, die man traditionell verschiedenen betrieblichen Funktionsbereichen (Personalwirtschaft, Unternehmensführung, Marketing) zuordnet, unter dem Primat des Absatzmarketing integrativ eingesetzt. Voraussetzung für ein erfolgreiches internes Marketing ist der Einsatz der Personalforschung (als interne Marktforschung) zur Bereitstellung von Informationen über Bedürfnisse, Erwartungen und Wünsche des Personals, der koordinierte Einsatz der verschiedenen Instrumente und eine Abstützung der Kundenorientierung durch eine entsprechende Unternehmensphilosophie, Unternehmenskultur und Organisationsstruktur. Außer dem personalorientierten internen Marketing kommt v. a. dem subsystemorientierten internen Marketing hohe Bedeutung zu. In diesem Fall wird ein Unternehmen oder eine Unternehmensverbindung mit räumlich dezentraler Leistungserstellung bzw. rechtlich oder wirtschaftlich unabhängigen Teileinheiten als System betrachtet, und die jeweiligen Subsysteme (Filialen, Mitglieder von Kooperationen, Franchise-Nehmer) müssen mit Hilfe eines abgestimmten internen Instrumentariums gesteuert und zu einem einheitlichen Verhalten gem. eines absatzmarktbezogenen Gesamtkonzeptes bewegt werden (Abb. 2 a). Komplex strukturierte Unternehmen bzw. Unternehmensverbindungen werden i.d. R. subsystem- und personalorientiertes internes Marketing in integrativer Verknüpfung einsetzen (Abb. 2 b).
Grundlegendes Ziel des subsystemorientierten internen Marketing ist die Beeinflussung der Subsysteme zu marktorientierten Zwecken, z. B. zur Gewährleistung eines einheitlichen Marktauftritts. Auch diese Variante ist somit ein Konzept zur internen Durchsetzung einer externen Marketingstrategie. Analog zum Instrumentarium des personalorientierten internen Marketing sind drei Instrumentengruppen des subsystemorientierten internen Marketing zu unterscheiden: · Aktionsvariablen der Festlegung von Leistung und Gegenleistung, sofern sie unter Beachtung von Absatzmarkterfordernis- sen gestaltet und eingesetzt werden; · absatzmarktorientierter Einsatz der internen Kommunikationspolitik mit verschiedenen Formen der internen Individual- und Massenkommunikation; · Instrumente des Absatzmarketing (v. a. der externen Kommunikationspolitik), sofern sie der Beeinflussung der Subsysteme und des Personals dienen. Internes Marketing ist in beiden Varianten funktional auf das externe Marketing bezogen. Es ist die Konsequenz aus dem vielbeschworenen Anspruch des Marketing, ein marktorientiertes Konzept der Unternehmensführung zu sein, da es die interne Grundlage für die Realisierung auf den Absatzmarkt bezogener Handlungskonzepte schafft.
Literatur: Berry, L. L., The Employee as Customer, in: Lovelock, C. H. (Hrsg.), Services Marketing, Englewood Cliffs 1984, S.271-278. Grön- roos, C., Internal Marketing-Theory and Practice, in: Bloch, T.M.; Upah, G. D.; Zeithaml, V.A. (Hrsg.), Services Marketing in a Changing Environment, Chicago 1985,S.41-47.Stauss, B.¡Schulze, H., Internes Marketing, in: Marketing-ZFP, 12. Jg. (1990), S. 149-158.
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