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Menschenbilder


Inhaltsübersicht
I. Begriff und Funktionen
II. Historische Entwicklung
III. Ideal- und Realtypen
IV. Kritische Würdigung
V. Personalwirtschaftliche Implikationen
VI. Ausblick

I.  Begriff und Funktionen


Die Betriebswirtschaftslehre als angewandte Sozialwissenschaft ist nicht primär eine technische, sondern eine menschliche „ Angelegenheit “ . Dies gilt im Besonderen für die Personalwirtschaftslehre, deren Betrachtungsobjekt der Mensch in seiner Funktion als Mitarbeiter von Unternehmungen ist. Jeder Theorie und jedem Modell in der Betriebswirtschaftslehre liegt explizit bzw. zumindest implizit eine Vorstellung vom handelnden Individuum in Betrieben zu Grunde, ein Menschenbild.
Eine Definition des schillernden Begriffes „ Menschenbild “ im betriebswirtschaftlichen Kontext ist essenziell notwendig und schwierig zugleich. Allgemein geht es um die „ Natur “ bzw. das „ Wesen “ des Menschen in erwerbswirtschaftlichen Organisationen. Gerade der Begriffsteil „ Mensch “ vermag dabei eine diffizile werteorientierte Grundsatzdebatte im Rahmen der Betriebswirtschaftslehre auszulösen. Die Personalwirtschaftslehre geht bewusst vom Objekt „ Personal “ aus, mit dessen Vermögen (also nicht den Menschen an sich) im Sinne von Qualifikations- und Motivationspotenzialen es zu wirtschaften gilt. Aufgrund der Wertezentrierung des Begriffes „ Menschen “ wäre zu überlegen, ob nicht treffender von Mitarbeiterbildern gesprochen werden sollte, um damit den spezifischen Blickwinkel zu akzentuieren. Der Begriff Mitarbeiter würde auch besser zur näheren Deutung des Begriffes Menschenbilder als „ ? Grundannahmen, Einstellungen und Erwartungen von Führungskräften gegenüber den Zielen, Fähigkeiten, Motiven und Werten von Mitarbeitern ? “ (Weinert,  1998, S. 672) passen, wobei die Eingrenzung auf Führungskräfte als Ausgangspunkt der Betrachtung disponibel erscheint. Es handelt sich bei Menschenbildern insofern um idealtypische, aber dennoch auf die Realität in Betrieben bezogene kumulierte Mitarbeiterwahrnehmungen durch interessierte Einzelne oder Kollektive in und außerhalb von Unternehmungen, die bei ihnen als „ subjektive Hinterkopftheorie “ (Weibler,  2001, S. 15) handlungsleitend wirken.
Bezogen auf die Funktion von Menschenbildern ist die „ Komplexitätsreduktion “ mit den Zielen leichterer Überschaubarkeit, Vereinfachung und Ordnung von zentraler Bedeutung. Eine solche Vereinfachung ist einerseits zwingend erforderlich, andererseits auch immer mit Gefahren der Übervereinfachung verbunden, wie sie zwangsläufig den populären dualistischen Menschenbildern anhaftet. Jede Theorie über Menschen in Organisationen steht vor dem Dilemma, eine an sich nicht reduzierbare Vielfalt an Aussagen über menschliche Motive, Verhaltensweisen etc. (vgl hierzu Steinle,  2005, S. 577 ff.) reduzieren zu müssen, um zu überschaubaren und damit praktikablen Aussagensystemen zu gelangen. Weniger die Notwendigkeit an sich als das Bewusstsein für diesen Schritt (mit den damit verbundenen Einschränkungen) sollte eine entsprechende Sensibilität erzeugen, wenn es um die Gestaltung personalwirtschaftlicher Systeme geht.

II.  Historische Entwicklung


Annahmen über die „ Natur “ des Menschen sind seit jeher (also seit Anbeginn der Menschheit) Gegenstand von Betrachtungen und Spekulationen. Auch die ökonomische Diskussion ist schon von den Grundanfängen her durch Menschenbilder, und hier insbesondere durch den „ homo oeconomicus “ , geprägt. Der „ homo oeconomicus “ als rational handelnder Nutzenmaximierer ist eine zentrale Prämisse für speziell volkswirtschaftliche Modellvorstellungen. Allerdings ist er eine „ Kunstfigur “ (Schanz,  2000, S. 57), die den realen Kontexten nicht unmittelbar verpflichtet ist. Realphänomennähere Menschenbilder sind Ausdruck einer bestimmten Wirtschaftsepoche und insofern immer auch aus ihrer speziellen Historie heraus zu interpretieren; sie sind jeweils „ ein Kind ihrer Zeit “ (vgl. Müller,  1989, S. 70). Sofern sie nicht primär einer originär ethisch motivierten Perspektive entspringen, stellen sie ein Spiegelbild der durch Markt- und Produktionsverhältnisse vorgegebenen Erfordernisse dar. Sie sind damit in hohem Maße historisch und interessengeleitet, entspringen dem Notwendigen in der jeweiligen Zeit. Sie spiegeln den in einer konkreten historischen Situation geforderten Menschen wider (vgl. Neuberger,  1995, S. 27). Mit der Abkehr von der industriellen Massenproduktion und dem dort vorherrschenden mechanistischen Menschenbild entstand in einem dynamischen, durch Differenzierungen geprägten Wettbewerbsumfeld auch ein post-tayloristisches Menschenbild, wo es um die Ausschöpfung subjektiv gebundener Mitarbeiterpotenziale (Ideenvorschläge, Flexibilität etc.) geht (vgl. Kuhn,  1997, S. 202). Oder noch plastischer formuliert: „ Genügte es im tayloristisch organisierten Arbeitsprozeß, das Silber in den Muskeln der Arbeitenden zu erschließen, geht es jetzt um das Gold in ihren Köpfen. Der Unternehmer erwartet vom Arbeitnehmer Unternehmergeist “ (Kissler,  1994, S. 314).
Menschenbilder mit Chance auf Verwirklichung sind damit intendiert, betriebswirtschaftlichen Zielsystemen verpflichtet und interessengeleitet entwickelt. Das Humane bzw. zumindest Humanere konnte sich durch das Wirtschaftliche mitentwickeln (aber eben nicht umgekehrt). Allein ethisch motivierte Menschenbilder ohne markante Anknüpfungspunkte zu den dominanten Unternehmungszielen haben es in der realen Welt der Betriebswirtschaften schwer.

III.  Ideal- und Realtypen


Markanter Kristallisationspunkt der Menschenbild-Diskussion in der einschlägigen Literatur sind Typologien von Menschenbildern. Die Typologien unterliegen wiederum unterschiedlichen Systematisierungsmustern. So werden z.B. speziell im nordamerikanischen Raum pessimistische und optimistische Menschenbilder unterschieden (vgl. z.B. Knowles, /Saxberg,  1967). Tragfähiger (da objektiver darstellbar) ist die Unterteilung in Ideal- und Realtheorien, sofern eine vorhandene bzw. fehlende empirische Basis als Unterscheidungsmerkmal akzeptiert wird.
Zu den bekanntesten Idealtypen (wobei der Begriff „ Ideal “ nicht den Realitätsgehalt an sich in Frage stellt, sondern auf deren idealtypische – rein gedankliche  – Rekonstruktionsgrundlage rekurriert) zählen die dualistische Einteilung von McGregor, / und die darauf aufbauende Vierer-Systematisierung von Schein, (vgl. Abb. 1). Wie kaum in einem anderen theoretischen Bereich prägen diese beiden Denkgebäude bis heute die Menschenbilddiskussion, ja sie machen sie zu großen Teilen aus. Die mit Abstand am bekanntesten gewordene und bis heute äußerst populäre Menschenbildtypologie stammt vom amerikanischen Sozialpsychologen Douglas McGregor. Er entwarf das sehr eingängige (damit allerdings auch sehr simplifizierende) dualistische Menschenbild Theorie X/Theorie Y. Durch seine 1960 erstmals erschienene Veröffentlichung „ The Human Side of Enterprise “ (deutsche Übersetzung „ Der Mensch im Unternehmen “ – vgl. McGregor,  1960; McGregor,  1986) machte er seine Überlegungen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. Die Überlegungen von McGregor tragen starke normative Züge, da er eine eindeutige Präferenz zugunsten der Theorie Y setzt. Worum es im Kern bei der Theorie Y geht, wird schon durch die Überschrift zum entsprechenden Kapitel im Buch deutlich: „ Verschmelzen der individuellen Ziele mit den Belangen des Unternehmens “ (McGregor,  1986, S. 35). Angestrebt wird, die Mitarbeiter „ ? zur Mitarbeit an den Zielen des Unternehmens zu begeistern “ (McGregor,  1986, S. 43). Auch die dazu empfohlenen Instrumente wie Selbstkontrolle und kooperative Führung sind von erstaunlicher Aktualität und lassen den Betrachter fast vergessen, ein Buch mit nun fast 50jähriger Entstehungsgeschichte in den Händen zu halten, was im ansonsten schnelllebigen Managementbereich eine Ausnahme darstellt.
In der Tradition der Überlegungen von McGregor, steht die weiter ausdifferenzierte und nicht minder bekannte Menschenbildtypologie des amerikanischen Organisationspsychologen Edgar H. Schein. In seinem erstmals 1965 erschienenen Buch „ Organizational Psychology “ (deutsche Übersetzung „ Organisationspsychologie “ – vgl. Schein,  1965; Schein,  1980) setzt er sich auch ausführlich mit den „ Annahmen des Managements über die Natur des Menschen “ (Schein,  1980, S. 77) auseinander. Die vier von ihm herausgearbeiteten Menschenbilder (vgl. Abb. 1) sollen in der Reihenfolge der Nennung eine historische Abfolge widerspiegeln (vgl. Schein,  1980, S. 77). Die Reihung der Menschenbilder lässt schon vermuten, dass Schein dem Bild des komplexen Menschen zuneigt, das er vor dem Hintergrund des ihm inhärenten Komplexitäts- und Differenzierungsverständnisses und im Anklang mit den eher engen Blickwinkeln der anderen Menschenbilder als „ ausgewogenen Ansatz “ (Schein,  1980, S. 102) bezeichnet.
Menschenbilder
Abb. 1: Ausgewählte Idealtypologien von Menschenbildern (Quellen: McGregor,  1960; McGregor,  1986; Schein,  1965; Schein,  1980; Staehle,  1999, S. 192 ff.)
Die vorgestellten Menschenbilder von McGregor, / und Schein, werden aufgrund ihrer fehlenden empirischen Basis als „ idealtypische Polarisierungen “ oder noch direkter als „ reine Gedankenprodukte “ (Weinert,  1984, S. 32) eingestuft. Um den Vorstellungen von Menschenbildern das spekulative Moment zu nehmen und im Gegensatz zu den Idealtypen bewusst Realtypen herauszuarbeiten, sind im deutschsprachigen Raum erste empirische Untersuchungen durchgeführt worden (vgl. Weinert,  1984; Weinert, /Langer,  1995; Steyrer,  1988; Bögel, /Rosenstiel, von,  1993). Weinert/Langer (Weinert, /Langer,  1995, S. 85 ff.) gelangen bei ihrer clusterbezogenen Einordnung der Manager eines Energiekonzerns im Rahmen ihrer empirischen Feldstudie zu einer Taxonomie von neun (real vorfindbaren) Menschentypen, die sich noch weiter zu fünf Hauptgruppen verdichten lassen. Beispielhaft wird ein „ Idealistischer Typ “ identifiziert, dessen Grundeinstellung unterstützend und auf das Positive im Menschen gerichtet ist (vgl. Weinert,  1998, S. 675). Als Quintessenz seiner Untersuchungen hält Weinert fest, „ ? daß Menschenbilder nicht nur theoretische Gedankengebäude sind, sondern sich in der Praxis des Arbeitsalltags empirisch und sinnvoll aufweisen lassen, allerdings nicht in der \'reinen\' Form, wie sie die Literatur anbietet “ (Weinert,  1998, S. 677). Die Existenz von „ Mischtypen “ als reale Erscheinungsbilder von Menschen in Betrieben wird auch durch die Untersuchung von Steyrer bestätigt (vgl. Steyrer,  1988, S. 116). Menschenbilder sind damit real in den Köpfen eines jeden Unternehmungsmitgliedes existent und wirken dort handlungsleitend, wenn sie auch in ihrer persönlichkeitsbedingten Vielfalt nicht durch noch so differenzierte Typologien hinreichend genau abgebildet werden können.

IV.  Kritische Würdigung


Menschenbilder können aus verschiedenen Blickwinkeln einer kritischen Betrachtung unterzogen werden, die ihre Bedeutung aber nicht grundsätzlich in Frage stellen.
Die inhaltliche Kritik richtet sich speziell gegen die normativen Festlegungen. Von kritischen Einlassungen ist insbesondere das Bild des komplexen Menschen von Schein, / betroffen, das als politisch motiviertes Zwangsideal (vgl. Müller,  1989, S. 62) oder als „ gefügige(s) Produkt seiner Umwelt “ (Neuberger,  1995, S. 26) gedeutet wird, wobei allerdings diese Kritik selbst wieder kritischen Reflexionen zugänglich ist. Entgegen der historischen Zuordnung von Schein, wäre auch das Bild des „ self-actualizing man “ wieder stärker ins Blickfeld zu rücken, da es sich dabei um ein von den Inhalten her „ ? bislang unüberholt gebliebene[s] Menschenbild ? “ (Kleinfeld,  1998, S. 209) handelt, das auch viele Berührungspunkte zu aktuellen personalwirtschaftlichen Themenbereichen wie z.B. selbstorganisierende Gruppen aufweist. Menschenbilder bergen generell die latente Gefahr in sich, als Rechtfertigung bzw. Apologien im Sinne von „ geglaubten “ oder „ benutzten “ Menschenbildern insbesondere von Führungskräften interessenorientiert instrumentalisiert bzw. vereinnahmt zu werden.
Die vorliegenden empirischen Untersuchungen haben bestätigt, dass Menschenbilder nicht fiktiv, sondern durchaus real sind, wenn auch nicht in Form von Idealbildern. Allein dies rechtfertigt schon ihre Existenz. Wie den Idealtypen aber ihre fehlende empirische Grundlage entgegengehalten werden kann, sind auch die vorhandenen Untersuchungen aufgrund von methodischen Problemen (z.B. schwierige Messbarkeit von Menschenbildern und Interpretationsprobleme aufgrund der Abgabe sozial erwünschter Antworten) nur als bedingt aussagefähig einzustufen (vgl. Ridder,  1999, S. 468 f.; Bögel, /Rosenstiel, von,  1993, S. 255, 272). Ridder (Ridder,  1999, S. 468) resümiert daher ernüchternd: „ Ob und in welcher Weise Menschenbilder bei Führungskräften verankert sind und in welcher Weise sie die personalwirtschaftlichen Instrumente beeinflussen, wird wohl weiterhin auf der Basis von Alltagstheorien, Erfahrungen und Spekulationen entschieden werden. “
Als Fundamentalkritik kann die aus einer ethischen Motivation heraus vorgetragene Überlegung eingestuft werden, wonach „ ? Menschenbilder in der BWL dem Menschen nicht gerecht werden “ (Matthiesen,  1995, S. 103), da sie eher von Nützlichkeitserwägungen als von echter Humanität bestimmt seien (vgl. Matthiesen,  1995, S. 103). In der Tat kann dem Menschen als Individuum durch ein typologisiertes Bild nicht hinreichend Rechnung getragen werden, was auch unstrittig ist. So stellt z.B. auch Kappler fest, dass „ ? der Mensch nicht hinreichend effizient auf ein Menschenbild reduziert werden kann, weil er Individuum ist ? “ (Kappler ,  1992, Sp. 1338). Im Rahmen der Menschenbilddiskussion formulierte Postulate wie „ echte Humanität “ , wie dies von Matthiesen (Matthiesen,  1995) mit dem Entwurf einer sozialökonomischen Betriebswirtschaftslehre geäußert wurde, sind sehr „ bedenkenswert “ . Davon unberührt muss aber festgestellt werden, dass die reale Welt der Betriebswirtschaften (zu) oft eine andere ist. Mit Ridder ist hier zu konstatieren, dass sich eine auf Mensch und Natur bezogene Betriebswirtschaftslehre nicht gegen die herrschende Betriebswirtschaftslehre durchsetzen kann, solange sich nicht die Praxis ändert (vgl. Ridder,  1990, S. 285).

V. Personalwirtschaftliche Implikationen


Personalwirtschaft, theoretisch wie praktisch, ist ohne Menschenbilder nicht denkbar. „ Im Bereich personalwirtschaftlichen Gestaltens und Handelns haben Menschenbilder außerordentlich weitreichende Konsequenzen “ (Schanz,  2000, S. 58). Dies manifestiert sich schon in den unterschiedlichen Grundströmungen der Personalwirtschaftslehre. Verhaltenswissenschaftlich geprägte Beiträge akzentuieren das motivierbare Individuum und fokussieren z.B. die Idee der personalwirtschaftlichen Individualisierung mit praktischen Anknüpfungspunkten wie Cafeteria-Systeme etc. Stärker durch ein personalökonomisches Grundverständnis geprägte Beiträge stellen den kalkuliert (rational, ökonomisch bis hin zu opportunistisch) handelnden Mitarbeiter in den Vordergrund mit entsprechenden Implikationen für ihr Forschungsprogramm. Damit lassen sich in Personalwirtschaftslehren nicht nur Spurenelemente von Menschenbildern nachweisen, sondern sie tragen für sie konstitutiven Charakter.
Menschenbilder bleiben aber nicht nur auf die theoriebezogene Personalwirtschaftslehre beschränkt, sondern weisen auch nachhaltige praxisrelevante Implikationen auf. Unmittelbar offenbar wird dies im Feld der Personalführung. Welcher Führungsstil praktiziert wird, welches Führungsmodell in der jeweiligen Unternehmung gewählt wird, ist nicht zu einem geringen Grad vom Menschenbild der Entscheidungsträger abhängig. Das in der Praxis mittlerweile weit verbreitete Führungsmodell „ Management by Objectives “ geht z.B. in seiner kooperativen Variante von ganz bestimmten Prämissen menschlichen Verhaltens wie etwa einer ausgeprägten Eigenmotivation und -initiative der Mitarbeiter bei Zielfindungs- und -erreichungsprozessen aus.
Die Personalauswahl wird von den Menschenbildern der Auswählenden mittelbar und unmittelbar bestimmt. Eine alleinige „ objektive “ Personalauswahl anhand festgelegter Anforderungskriterien ist eine Fiktion. Die in der Praxis geäußerten Vorstellungen „ der neue Mitarbeiter muss zu uns passen “ oder „ die Chemie muss stimmen “ , sind ein Beleg dafür. Mit Menschen sind per se auch Menschenbilder präsent. Dies wirkt sich auch in nachhaltiger Form bei der Personalbeurteilung aus und führt zu unterschiedlichen Beurteilungsmaßstäben mit nur bedingter Vergleichbarkeit. Die Anreizsystemgestaltung von Unternehmungen und z.B. konkret die Bedeutungszumessung immaterieller Komponenten ist Ausdruck des Bildes eines in bestimmter Weise motivierbaren Mitarbeiters. Auch die Grundannahmen der Personalentwicklung und Organisationsentwicklung sind stark von Menschenbildern beeinflusst, z.B. des entwicklungsfähigen und -bereiten Mitarbeiters.
Menschenbilder sind auch vor einem übergeordneten kulturellen Kontext zu betrachten: Die vorgestellten idealtypischen Menschenbilder werden in verschiedenen Kulturräumen/Nationen unterschiedlich interpretiert und ausgelegt, erfahren durch die jeweilige unternehmungskulturell überformte Deutung eine weitere Konkretisierung und Spezifizierung und weisen zuletzt auch noch einen höchst individuellen Charakter auf. Ihre Kalkulierbarkeit als handlungsleitende „ Hinterkopftheorie “ für personalwirtschaftliche Gestaltungsakte ist damit begrenzt, trotz aller Bemühungen um den „ Organisationsmenschen “ mit einem möglichst hohen Grad an Commitment.

VI.  Ausblick


Die Menschenbilddiskussion sollte in der Zukunft nicht nur auf eine empirische Bestätigung ausgerichtet sein, da diese schnell in die Sackgasse empiristischer Datengläubigkeit führen kann. Sie sollte vielmehr auch inhaltlich-theoretisch vor dem Hintergrund zukunftsweisender Denkrichtungen im Management- und Personalbereich (z.B. vertrauensorientierte Führung) fortgeführt werden. Theoretisch wie empirisch ist damit die Diskussion über Menschenbilder noch nicht „ ausgereizt “ , sie wird es angesichts der permanenten Wandlungstendenzen auch nie sein.
Menschenbilder sind keine Dogmen. Sie sind – zumindest in ihrer idealisierten Ausprägung – keinesfalls unverrückbare und omnipotente Orientierungspunkte personalwirtschaftlicher Gestaltungs- und Handlungsakte. Ein Stück weit – wenn nicht noch mehr – werden sich Manager immer ihre Welt selber zurechtlegen (vgl. Ridder,  1999, S. 469), orientiert an Menschenbildern oder nicht.
Literatur:
Bögel, R./Rosenstiel, L. von : Bilder von Menschen in den Köpfen der Macher: Der Einfluß von Menschenbildern auf die personale und materiale Gestaltung der Arbeitssituation, in: Innovation und Beharrung in der Arbeitspolitik, hrsg. v. Strümpel, B./Dierkes, M., Stuttgart 1993, S. 243 – 276
Kappler, E. : Menschenbilder, in: Handwörterbuch des Personalwesens, hrsg. v. Gaugler, E./Weber, W., 2. A., Stuttgart 1992, Sp. 1324 – 1342
Kissler, L. : Partizipation als Ethikproblem. Eine Annäherung auf der Grundlage der Beteiligungspraxis in der deutschen und französischen Automobilindustrie, in: Markt und Moral. Die Diskussion um die Unternehmensethik, hrsg. v. Forum für Philosophie, , Bern et al. 1994, S. 309 – 350
Kleinfeld, A. : Persona Oeconomica: Personalität als Ansatz der Unternehmensethik, Heidelberg 1998
Knowles, H. P./Saxberg, B. O. : Human Relations and the Nature of Man, in: HBR, Jg. 45, H. 2/1967, S. 22 – 40, 172 – 178
Kuhn, T. : Vom Arbeitnehmer zum Mitunternehmer. Anmerkungen zur Intention, Begründung und Umsetzung eines Transformationsvorhabens, in: ZfP, Jg. 11, H. 2/1997, S. 195 – 220
Matthiesen, K. H. : Kritik des Menschenbildes in der Betriebswirtschaftslehre, Bern et al. 1995
McGregor, D. : The Human Side of Enterprise, New York 1960
McGregor, D. : Der Mensch im Unternehmen, Hamburg 1986
Müller, G. F. : Menschenbilder in der Organisationspsychologie: Kritik und Perspektiven, in: Psychologie & Gesellschaftskritik, Jg. 13, H. 3/1989, S. 61 – 71
Neuberger, O. : Führen und geführt werden, 5. A., Stuttgart 1995
Ridder, H. G. : Technologische Entwicklungen und Kontinuität der Betriebswirtschaftslehre, Bern et al. 1990
Ridder, H. G. : Personalwirtschaftslehre, Stuttgart et al. 1999
Schanz, G. : Personalwirtschaftslehre, 3. A., München 2000
Schein, E. H. : Organizational Psychology, Englewood Cliffs 1965
Schein, E. H. : Organisationspsychologie, Wiesbaden 1980
Staehle, W. H. : Management, 8. A., München et al. 1999
Steinle, C. : Ganzheitliches Management. Eine mehrdimensionale Sichtweise integrierter Unternehmensführung, Wiesbaden 2005
Steyrer, J. : Menschenbilder bei Führungskräften im Zusammenhang mit organisatorischen Werthaltungen und psychosozialen Faktoren – Ergebnisse einer empirischen Untersuchung, in: Journal für Betriebswirtschaft, Jg. 38, H. 3/1988, S. 96 – 118
Weibler, J. : Personalführung, München 2001
Weinert, A. B. : Menschenbilder in Organisations- und Führungstheorien: Erste Ergebnisse einer empirischen Überprüfung, in: ZfB, Jg. 54, H. 1/1984, S. 30 – 62
Weinert, A. B. : Organisationspsychologie, 4. A., Weinheim et al. 1998
Weinert, A. B./Langer, C. : Menschenbilder: Empirische Feldstudie unter Führungskräften eines internationalen Energiekonzerns, in: Die Unternehmung, Jg. 49, H. 2/1995, S. 75 – 90

 

 


 

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