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Personalwesen


Inhaltsübersicht
I. Gegenstand
II. Aufgabenfelder und Entwicklungstendenzen
III. Ansätze und Konzeptionen
IV. Personalwesen als wissenschaftliche Disziplin

I. Gegenstand


Personalwesen ist eine in allen Organisationen auftretende Funktion, deren Kernaufgaben die Bereitstellung und der zielorientierte Einsatz von Personal sind. Mit Personal werden die in jeder Art von Organisation in abhängiger Stellung arbeitenden Menschen bezeichnet, die innerhalb einer institutionell abgesicherten Ordnung eine Arbeitsleistung gegen Entgelt (Entgeltpolitik; Lohnformen) erbringen. Der Begriff Personal deutet damit auf überindividuelle Ordnungen hin, in denen Menschen nicht beliebig handeln, sondern für übergeordnete Ziele von Organisationen Leistungen erbringen.
Dass es Personal gibt, ist eine Folge arbeitsteiliger Produktion, die über eine institutionelle Ordnung gesteuert wird. Diese Ordnung schlägt sich in Organisationen nieder, die über Strukturen relativ dauerhaft Beziehungen zur Erfüllung von Organisationszielen regeln. Damit werden die überindividuellen Zusammenhänge thematisiert, innerhalb derer sich menschliche Arbeit vollzieht. Dies ist die Sichtweise der Gesetzgeber, der Unternehmensleitung, von Organisatoren oder von Personalleitern, die Bedingungen für menschliche Arbeit schaffen, Instrumente der Personalarbeit einsetzen und die Kosten sowie die Leistungsbeiträge des Personals mit Blick auf die Erfüllung der Organisationsziele überprüfen.
Diese im Rahmen der betrieblichen Personalarbeit dominierende Sichtweise kann allerdings die Realität menschlicher Arbeit nicht vollständig erfassen. Die Fragestellungen des Personalwesens werden geprägt von dem Spannungsfeld zwischen dem Streben nach effizientem Einsatz aller Produktionsfaktoren, auch des Faktors Arbeit, und den Besonderheiten des Leistungsfaktors Arbeit (Gaugler,  1975). Diese Besonderheiten ergeben sich insbesondere aus der personalen Gebundenheit der Arbeit. Einsatz von Arbeit bedeutet stets Eingliederung von Menschen mit all ihren Besonderheiten in die Organisation, in der mehrere bzw. viele Menschen Aufgaben arbeitsteilig erfüllen. Daraus ergeben sich soziale Phänomene sowie das Spannungsverhältnis zwischen Spezialisierung und Produktivität einerseits und den motivationalen Grenzen einer weitgehenden Arbeitsteilung andererseits. Das Erbringen der von Menschen im Betrieb gewünschten Leistungsbeiträge ist abhängig von der Bindung dieser Menschen an die Organisation, an die Ziele bzw. die übernommene Aufgabe. Insbesondere in Wirtschaftsorganisationen ist der individuelle Leistungsbeitrag von kalkulativen Überlegungen, d.h., von einem Abwägen zwischen Anreizen und erwünschten bzw. erbrachten Leistungsbeiträgen, beeinflusst. Damit gewinnt die Anreiz- bzw. Motivationsproblematik an Gewicht.
Individuen tragen dazu bei, die Ziele von Organisationen zu erfüllen. Ihre Arbeit ist deshalb Instrument der Ziel- bzw. Aufgabenerfüllung. Gleichzeitig sind Organisationen aber auch für Individuen Mittel zur Erreichung persönlicher Ziele. Beide Aspekte werden durch die Anreiz- bzw. Kompensationsgestaltung (Anreizsysteme; Entgeltpolitik) miteinander verbunden. Dabei ist die Förderung und Entwicklung des Personals neben materiellen Leistungen, Art und Inhalt der Arbeitsaufgabe und weiteren Anreizen ein wichtiges Element des Anreiz- bzw. Kompensationspaketes von Wirtschaftsorganisationen.
Die Bezeichnungen Personalwesen, Personalmanagement, Personalwirtschaft werden mit oft nur geringen Akzentuierungsunterschieden zur Benennung des oben skizzierten Aufgabenkomplexes verwendet. Allenfalls lässt sich feststellen, dass mit der Verwendung des Wortes Personalwesen Interdisziplinarität signalisiert werden soll, das Wort Personalmanagement aktives Gestaltungshandeln betont und die Bezeichnung Personalwirtschaft die Parallelität des Funktionsbereichs zu anderen betrieblichen Funktionen wie Finanzwirtschaft oder Produktionswirtschaft hervorhebt.
Personalpolitik und Personalführung sind Teilbereiche des Aufgabenkomplexes Personalwesen. Mit Personalpolitik werden die langfristig wirksamen Grundsatzentscheidungen bezeichnet, die das praktische Handeln im Personalbereich bestimmen. Als Personalführung wird die interaktionelle Führung im unmittelbaren Vorgesetzten-Mitarbeiter-Kontakt bezeichnet.
Personalwesen bzw. Personalmanagement werden nahezu durchgängig als Teilgebiet der Betriebswirtschaftslehre eingeordnet. Die Bearbeitung der Aufgabenstellungen im Personalbereich erfordert jedoch auch die Bezugnahme auf Nachbardisziplinen. Engster wissenschaftlicher Nachbar ist die Volkswirtschaftslehre mit ihren speziellen Ausprägungen. Daneben spielen die Psychologie, die Soziologie, die Pädagogik, die Arbeitswissenschaft und die Rechtswissenschaft eine prominente Rolle.
Das Personalwesen kann auch institutionell interpretiert werden. Es umfasst dann die Träger der Personalarbeit, zu denen insbesondere die Unternehmensleitung bzw. die Geschäftsführung, die Personalabteilung, aber auch die betrieblichen Führungskräfte als Vorgesetzte und die Betriebsratsmitglieder gehören.

II. Aufgabenfelder und Entwicklungstendenzen


Die Hauptaufgabe des Personalwesens in Organisationen besteht in der Bereitstellung, dem Einsatz und der Entwicklung von Personal. Damit lassen sich die Aufgabenfelder mit Beschaffung bzw. Freisetzung, Einsatz von Personal, Qualifizierung und Förderung (Ausbildung, Weiterbildung, Personalentwicklung) sowie Gestaltung von Anreiz- und Kompensationssystemen (Lohn, betriebliche Sozialleistungen, Aufgabengestaltung, persönliche Entwicklungsmöglichkeiten, soziale Anreize) umreißen. (Weber,  1992, Sp. 1829 f.). Einbezogen wird außerdem häufig im Hinblick auf die Steuerung des Verhaltens die strukturelle und personelle Führung.
Diese klassischen Aufgabenfelder wurden in Organisationen nach dem Zweiten Weltkrieg längere Zeit durch ein stark administrativ ausgerichtetes Personalwesen durchgeführt. Es dominierte eine nach diesen Aufgabenfeldern funktional ausgerichtete zentrale Personalabteilung. In der Folge sind dann Entwicklungstendenzen in der Praxis festzustellen, die auch Auswirkungen auf die institutionelle Ausgestaltung des Personalwesens in Organisationen hatten. Zunächst ist beginnend mit den 1970er-Jahren eine starke Verrechtlichung des Personalwesens festzustellen. Vor allem die Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes 1972 erforderten aus Gründen der Gleichbehandlung der Mitarbeiter eine systematische Personalarbeit unter Beachtung der Partizipationsrechte des Betriebsrats. Damit gehört nicht nur die Beherrschung arbeitsrechtlicher Regelungen zum Aufgabenspektrum des Personalwesens, sondern auch die Ausgestaltung der Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen. Mit dieser Entwicklung begann auch eine Professionalisierung der Personalarbeit. Diese wurde im Unternehmen aufgewertet, indem die Personalfunktion sowohl durch das Montanmitbestimmungsgesetz von 1951 als auch durch das Mitbestimmungsgesetz von 1976 im Leitungsgremium von Kapitalgesellschaften verankert wurde. In dieser Phase entfaltete das Personalwesen eine Ordnungsfunktion, wobei die in den genannten Aufgabenfeldern einzusetzenden Instrumente systematisch ausgestaltet wurden. Dies wirkte sich nachteilig auf ein wichtiges Aufgabenfeld des Personalwesens aus, nämlich auf die Führung und Verhaltenssteuerung durch die Führungskräfte. Diese waren nämlich an zentrale Regelungen gebunden und dadurch bei ihrer Führungsaufgabe teilweise entmündigt. Eine Folge davon war, dass in den 1980er-Jahren eine Tendenz zur Dezentralisierung des Personalwesens eingeleitet wurde, indem in Form von Personalreferentensystemen organisatorische Mittelinstanzen eingeführt wurden, die zwischen zentraler Personalabteilung und dezentralen Führungskräften Vermittlungs- und Umsetzungsaufgaben hatten. Bei dieser Entwicklung stellten sich allerdings mehrere Probleme ein. Zum einen waren die Betreuungsumfänge der Personalreferenten zu groß und zum anderen kam bei den Führungskräften eine „ Konsumhaltung “ auf. Diese erwarteten nämlich von den Personalreferenten auch Lösungen für ihre Führungsprobleme. Die Personalarbeit wurde unter aufkommendem Konkurrenzdruck seit den 1990er-Jahren zunehmend auf Rationalisierung, Flexibilisierung und Personalabbau ausgerichtet (Oechsler,  1998, S. 238 f.) Dies bringt neue Aufgabenstellungen wie z.B. Flexibilisierung von Beschäftigungsverhältnissen oder Personalfreisetzungsmanagement mit sich.
Gleichzeitig setzt sich in großen Unternehmen die Dezentralisierungstendenz des Personalwesens fort. Die zentrale Personalabteilung ist vor allem für die Entwicklung strategischer, unternehmensweiter Personalkonzepte zuständig und erhält eine neue Aufgabe, indem sie als strategischer Partner für die Unternehmensleitung fungiert. (vgl. auch III. Strategisches Human Resource Management). Die weiteren Aufgabenfelder, bei denen die Personalplanung an Bedeutung gewinnt, sowie die Personalauswahl, der Personaleinsatz, die Entgeltfindung und Personalentwicklung werden stärker auf die Führungskräfte in den Fachbereichen verlagert. Diese Entwicklung steht im Zusammenhang mit der Einrichtung kleiner organisatorischer Einheiten in Form von Center-Konzepten, die entweder Kosten- oder Gewinnverantwortung haben (Schartner,  1990; Oechsler,  2000, S. 7). Diese Konzepte basieren auf einer Ökonomisierungstendenz, in deren Mittelpunkt die Wertschöpfungsorientierung steht, d.h., dass alle Aktivitäten im Personalwesen einen wertschöpfenden Beitrag für den zu erfüllenden Leistungsprozess leisten sollen (Personalmanagement als Wertschöpfungscenter) (Wunderer, /Arx, von,  1998). Die Aufgaben des Personalwesens werden in diesem Zusammenhang auf der Basis von Kontraktmanagement durchgeführt, d.h., Angebot und Nachfrage bestimmen Leistungsprogramm und interne Verrechnungspreise, die zudem an externen Anbietern orientiert werden (siehe III. Personalökonomie). Die dargestellte Dezentralisierungstendenz im Personalwesen wird weiterhin unterstützt durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien. Diese Tendenz ermöglicht es, routinisierte Leistungsprozesse im Personalwesen elektronisch abzuwickeln. Von der Bewerbung und deren Administration bis zu Weiterbildungsangeboten können Self-Serve-Systeme zum Einsatz kommen, die zu einer Virtualisierungstendenz im Personalwesen führen (Scholz,  2000). Allerdings ist gleichzeitig zur Dezentralisierungstendenz eine Zentralisierungstendenz festzustellen. Personalwesen ist als strategischer Partner vor allem mit Blick auf die verstärkte Internationalisierung des Personalwesens gefordert. Die Internationalisierungstendenz eröffnet nicht nur neue Aufgabenfelder, die z.B. in der Entsendung von Mitarbeitern bestehen, sondern stellt neue Anforderungen an die klassischen Aufgabenfelder, wie z.B. in der Form der Internationalisierung von Anreiz- und Entgeltsystemen (Scherm,  1995).
Damit ist in der Praxis eine Entwicklungstendenz festzustellen, dass Personalwesen als Teil des strategischen Management begriffen wird. Unternehmerisches Handeln im Rahmen des Personalwesens ist nur unter Bezug zum übergreifenden Managementprozess möglich. Zum anderen zeigen die Entwicklungen in der Praxis, dass jede Führungskraft, die Managementfunktionen wahrnimmt, einen Großteil der Aufgabenfelder des Personalwesens übernehmen und beherrschen muss.
Personalwesen hat sich dadurch in der Praxis zu einem bedeutenden Bereich des strategischen und operativen Management entwickelt.

III.  Ansätze und Konzeptionen


Die Fachliteratur zum betrieblichen Personalwesen hat das Spektrum der von ihr behandelten Fragen und Themen seit ungefähr achtzig Jahren permanent und in den letzten vier Jahrzehnten besonders intensiv erweitert. Bei der Ausweitung ihrer Inhalte hat diese betriebswirtschaftliche Teildisziplin bereits in ihrer Frühphase unterschiedliche Richtungen eingeschlagen und seit den 1960er-Jahren auch verschiedenartige Ansätze zur Beschäftigung mit personalrelevanten Problemen bekommen. Besonders sichtbar wird diese Entwicklung an der sog. verhaltenswissenschaftlichen Orientierung, die mit den Einwirkungen sozialwissenschaftlicher Erkenntnisse auf die betriebswirtschaftliche Teildisziplin zwischen den beiden Weltkriegen beginnt und sich seit den 1950er-Jahren intensiviert und nicht ohne Kritik und Gegenwehr bleibt. Weniger beachtet und kritisiert wird, dass sich ein Teil der betriebswirtschaftlichen Personalliteratur in nicht unerheblichem Umfang den relevanten Komponenten des Arbeitsrechts geöffnet hat, was wohl hinsichtlich der akademischen Ausbildung des Nachwuchses für das Personalmanagement zu erklären sein dürfte (mit Parallelen in anderen Teilgebieten der BWL). Dabei darf man nicht ignorieren, dass sich die betriebswirtschaftlichen Autoren mit verhaltenswissenschaftlicher bzw. arbeitsrechtlicher Orientierung in der Regel nicht ausschließlich den Inhalten der benachbarten Disziplinen zugewandt haben; regelmäßig haben sie sich in ihren Publikationen mit Funktionen, Teilgebieten, Aufgabenträgern und Strukturen des betrieblichen Personalwesens beschäftigt und dabei dann relevante Erkenntnisse der Nachbardisziplinen eingebracht.
Neben der verhaltenswissenschaftlichen und arbeitsrechtlichen Orientierung kann man in der Fachliteratur zum betrieblichen Personalwesen mehrere theoretische Ansätze identifizieren. Einige Autoren (Oechsler,  2000; u.a.) unterscheiden vier Ansätze: Produktionsfaktor-Ansatz, Verhaltensorientierter Ansatz, Konfliktorientierter Ansatz und Human-Resource-Management-Ansatz.
Hinsichtlich unterschiedlicher Schwerpunktsetzungen lassen sich abweichend dazu in der Personalliteratur unterscheiden (Scholz,  2000): Personaladministration, Personalmanagementstrategien, Ganzheitliches Personalmanagement und Dreidimensionales Personalmanagement.
Mit Blick auf die deutschsprachigen Lehrbücher, die seit den 1960er-Jahren zum Personalwesen erschienen sind, sprechen Wright/Rowland/Weber (Wright, /Rowland, /Weber,  1992) von folgenden Konzeptionen in diesen Veröffentlichungen: funktionalistische Betrachtungsweise, entscheidungstheoretische Perspektive, interessenorientierte Konzepte und strategisches Personalmanagement.
Die meisten Gesamtdarstellungen des betrieblichen Personalwesens, die solchen Konzeptionen folgen, werden als „ relativ theoriearm “ und orientiert an den Subfunktionen bewertet, teilweise „ durch system- und entscheidungstheoretische Überlegungen oder den Interessenaspekt ergänzt “ (Wright, /Rowland, /Weber,  1992, Sp. 1152). Vom Konzept „ Strategisches Personalmanagement “ erwartet man am ehesten „ geschlossene Konzeptionen “ des Personalwesens. Freilich bleiben angesichts der Komplexität personalrelevanter Probleme (Martin,  2000) und bezüglich der Fachvertreter aus unterschiedlichen Denkrichtungen Zweifel, dass diese Spezielle Betriebswirtschaftslehre – ähnlich wie andere Teildisziplinen – zu einer empirisch-theoretischen Ausrichtung als Gesamtfach findet (Drumm,  2000). Die Vielfalt der Ansätze zur Beschäftigung mit betrieblichen Personalproblemen verdeutlicht die Fachliteratur der letzten vier Jahrzehnte in besonderer Weise. Dieses Handwörterbuch unterscheidet bei der vielfältigen theoretischen Fundierung des Personalmanagements zwischen verhaltenstheoretischen, institutionenökonomischen, ressourcenorientierten, systemtheoretischen, strategieorientierten, evolutionstheoretischen, mikropolitischen und politikorientierten Ansätzen, die sich nach und nach in der Fachliteratur herausgebildet haben.
Die Personalökonomik entwickelt auf der Grundlage ökonomischer Theorien Modelle zur Erklärung betrieblicher Personalpolitik und damit zur Unterstützung personalpolitischer Entscheidungen. Dabei stützt sie sich insbesondere auf das Theoriespektrum der Mikroökonomik, der Neuen Institutionenökonomik (Transaktionskostentheorie, Principal-Agenten-Theorie, Property-Rights-Theorie, Informationsökonomik) sowie der Verhandlungs- und Spieltheorie. Besondere Prominenz hat die institutionenökonomische Ausrichtung der Personalökonomik erlangt.
Charakteristisches Merkmal personalökonomischer Modellbetrachtungen ist die Konzentration auf ausgewählte und zentrale Variablen eines personalrelevanten Zusammenhangs. Die vereinfachende Grundannahme, die die personalökonomischen Analysen durchzieht, besteht in den Verhaltensannahmen der Nutzenmaximierung und des rationalen Verhaltens. Seit Beginn der 1990er-Jahre gibt es eine Reihe von Monographien und Lehrbüchern, die dieser Perspektive gewidmet sind (Milgrom, /Roberts,  1992; Lazear,  1998; deutsch: Wolff, /Lazear,  2001; Backes-Gellner, /Lazear, /Wolff,  2001).
Personalökonomische Modelle wurden insbesondere zur Erklärung und Analyse von personalpolitischen Entscheidungen auf den Gebieten Rekrutierung, Kündigung und Entlassung, Qualifizierung, Karrieren und Kompensation entwickelt.
Die im Rahmen der Entwicklungstendenzen (vgl. II. Aufgabenfelder und Entwicklungstendenzen) festgestellten Ansätze zur Dezentralisierung, zu wertschöpfungsorientiertem unternehmerischem Denken und zu strategischer Partnerschaft im Rahmen des Personalwesens werden vor allem durch die im angelsächsischen Sprachraum entwickelten Ansätze zum strategischen Human Resource Management aufgegriffen. Diese Ansätze gehen von ihrem Anspruch her über die herkömmliche Konzeption des betrieblichen Personalwesens hinaus. Charakteristisch ist, dass Menschen als Erfolgsfaktoren betrachtet werden, die zusammen mit den übrigen Ressourcen des Unternehmens so geführt und entwickelt werden müssen, dass dies direkt zum Erreichen von Unternehmenszielen beiträgt (vgl. Oechsler,  1998; El?ik,  1992; Scholz,  2000) Während das traditionelle betriebliche Personalwesen eine nachgelagerte betriebliche Teilfunktion war, ist Human Resource Management ein integrierter Bestandteil der Unternehmensstrategie. Der Aktivitätenhorizont ist damit langfristig proaktiv ausgerichtet und nicht kurzfristig reaktiv. Das personalpolitische Instrumentarium wird dabei nicht bürokratisch und vereinheitlicht zentralisiert, sondern organisch flexibel und dezentral situativ ausgerichtet. Statt Fremdkontrolle wird Selbstkontrolle geführt, wobei Konformität und Kostenreduzierung durch Selbstverpflichtung und Intensivierung der Arbeit abgelöst werden. Daraus resultiert eine Grundhaltung, die sich insgesamt von administrativ-verwaltend zu unternehmerisch-dispositiv ändert. (Handy, et al. 1989; Guest,  1987)
Die konzeptionellen Ansätze des Human Resource Management greifen die dargestellten Änderungstendenzen in unterschiedlicher Weise auf. Im Human Resource Management Ansatz der Harvard Business School steht z.B. die Gestaltung von Politikfeldern im Vordergrund, um Selbstverpflichtung und -kontrolle in einem harmonischen Gesamtunternehmen zu erreichen (vgl. Beer, et al. 1985; Oechsler,  2000, S. 20ff). Der Ansatz der Michigan School betont dagegen die strategische Einbindung in die Unternehmenspolitik sowie die strategische und leistungsorientierte Ausgestaltung der Instrumente des Personalwesens (Oechsler,  1998, S. 243). Der strategische Human Resource Management Ansatz (Michigan School) richtet sich auf eine Integration von Unternehmensstrategie, Organisationsstruktur und Human Resource Management. Damit werden Zusammenhänge zwischen Strategie, Struktur und Personal integrativ bei Entscheidungen berücksichtigt, was eine Einbindung des Personalwesens als strategischen Partner in Strategie- und Organisationsentscheidungen berücksichtigt. Neben dieser zentralen Perspektive wird dann für die dezentralen Aktivitäten des Personalwesens ein systematischer Instrumentenkreislauf ausgestaltet, den jede Führungskraft durchführen muss. Human Resource Management bezieht in diesem Kreislauf systematisch Personalauswahl; Personalbeurteilung; Personalentwicklung sowie Anreiz- und Entgeltsysteme ein, wobei die Wirkung dieser Instrumente auf die Leistung im Leistungsprozess als abhängige Variable gerichtet ist (Tichy, et al. 1982; Liebel, /Oechsler,  1994, S. 7). Bedeutend ist hierbei, dass sämtliche Instrumente des Personalwesens eine strategische und eine operative Ausrichtung erhalten. Aus strategischer Sicht sind die Instrumente des Personalwesens an den langfristig zu erreichenden Zielen ausgerichtet, und aus operativer Sicht sind diese an den kritischen Erfolgsfaktoren der Leistungsprozesse orientiert. Personalauswahl z.B. erfolgt damit operativ an den kritischen Erfolgsfaktoren der Leistungsprozesse und strategisch an den langfristig zu erfüllenden Zielen, wie z.B. an dem internationalen Personaleinsatz aller einzustellenden Führungskräfte. Ebenso orientiert sich Personalentwicklung an den operativ durch die Leistungsbeurteilung gewonnenen Qualifikationslücken sowie an den strategischen Vorhaben, die z.B. bei strategischen Zielen wie E-Commerce entsprechende langfristige Entwicklungsprogramme erforderlich machen.
Mit dem strategischen Human Resource Management Ansatz liegt damit eine konzeptionelle Grundlage vor, um den heutigen Anforderungen in den Aufgabenfeldern des Personalwesens zu entsprechen und die zentrale Rolle als strategischer Partner sowie die dezentrale Rolle der Führungskräfte beim Einsatz personalpolitischer Instrumente adäquat abzubilden.

IV. Personalwesen als wissenschaftliche Disziplin


Die wissenschaftliche Betrachtung des Personalwesens und die Beschäftigung mit dem Menschen im betrieblichen Leistungsprozess beginnt mit der Industrialisierung und der Herausbildung der oben charakterisierten Fragestellungen. Die Entwicklung dieser Fragestellungen und deren jeweilige Akzentuierung im Zeitablauf sowie ihr Niederschlag in der Wissenschaft werden in dem Beitrag Geschichte des Personalwesens dargestellt.
Die Etablierung des Personalwesens bzw. des Personalmanagements als wissenschaftliche Disziplin erfordert die Präzisierung der Erkenntnisziele und daran anknüpfende Bemühungen um Erklärungen von Zusammenhängen. Theoretische Ansätze und übergeordnete Bezugsrahmen zur Behandlung der Problemfelder des Personalwesens sind erst in jüngerer Zeit entstanden. Das Bemühen um Erklärungen erstreckt sich insbesondere auf die Identifikation von Bestimmungsfaktoren von Personalpraktiken sowie auf die Verhaltenswirkungen dieser Personalpraktiken sowie unterschiedlicher Rahmenbedingungen. Dabei wird in unterschiedlicher Weise auf Theorien menschlichen Verhaltens zurückgegriffen, die aus den verhaltenswissenschaftlichen Nachbardisziplinen, in erheblichem Umfang aber auch aus der Ökonomie stammen. Dabei ist in neuerer Zeit zu erkennen, dass versucht wird, etwa im Rahmen der Behavioral Economics Erkenntnisse aus den verhaltenswissenschaftlichen Disziplinen wie der Psychologie und der Soziologie in die ökonomischen Erklärungsmuster einzubeziehen.
Das Fach Personalwesen bzw. das Personalmanagement versteht sich fast durchgängig als spezielle Betriebswirtschaftslehre, wobei allerdings häufig auf die interdisziplinäre Öffnung des Faches abgehoben wird. Das Verständnis als Teilgebiet der Betriebswirtschaftslehre führt zu einer Betonung des Anwendungsbezugs. Das Ringen um wissenschaftliche Erkenntnisse ist deshalb durch das Spannungsverhältnis zwischen dem Streben nach Erkenntnis und dem Streben nach Nützlichkeit gekennzeichnet. Dominant ist die Position, theoretische Erkenntnisse im Hinblick auf gestaltungsorientierte Schlussfolgerungen und damit auf die Anwendung des Wissens anzustreben.
Literatur:
Backes-Gellner, U./Lazear, E. P./Wolff, B. : Personalökonomik. Fortgeschrittene Anwendungen für das Management, Stuttgart 2001
Beer, M. : Human Resource Management. A General Manager\'s Perspective, New York 1985
Drumm, H. J. : Personalwirtschaft, 4. A., Berlin et al. 2000
El?ik, W. : Strategisches Personalmanagement, München 1992
Gaugler, E. : Personalwesen, betriebliches, in: Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, hrsg. v. Grochla, E./Wittmann, W., 4. A., Stuttgart 1975, Sp. 2956 – 2966
Gaugler, E. : Personalmanagement – Vielfalt seiner Ansätze und Inhalte, in: Entwicklungen der Betriebswirtschaftslehre, hrsg. v. Gaugler, E./Köhler, R., Stuttgart 2002, S. 247 – 273
Guest, D. E. : Human Resource Management and Industrial Relations, in: Journal of Management Studies, H. 5/1987, S. 503 – 521
Handy, L. : Beyond the Personnel Function. The Strategic Management of Human Resources, in: Journal of European Industrial Training, H. 1/1989, S. 13 – 18
Lazear, E. P. : Personnel Economics for Managers, New York et al. 1998
Liebel, H. J./Oechsler, W. A. : Handbuch Human-Resource-Management, Wiesbaden 1994
Martin, A. : Personal, Theorie, Politik und Gestaltung, Stuttgart 2000
Milgrom, P./Roberts, J. : Economics, Organization and Management, Englewood Cliffs 1992
Oechsler, W. A. : Personalmanagement, in: Springers Handbuch der Betriebswirtschaftslehre, hrsg. v. Berndt, R. et al., Berlin, Heidelberg et al. 1998, S. 238 – 270
Oechsler, W. A. : Personal und Arbeit. Grundlagen des Human Resouce Management und der Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen, 7. A., München, Wien 2000
Schartner, H. : Eine neue Rolle des Personalwesens bei BMW? Die Führungskraft als Personalverantwortlicher, in: Personalführung, H. 1/1990, S. 32 – 37
Scherm, E. : Internationales Personalmanagement, München, Wien 1995
Scholz, C. : Personalmanagement. Informationsorientierte und verhaltenstheoretische Grundlagen, 5. A., München 2000
Tichy, N. M. : Strategic Human Resource Management, in: Sloan Management Interview, winter 1982, S. 47 – 60
Weber, W. : Personalwesen, in: Handwörterbuch des Personalwesens, hrsg. v. Gaugler, E./Weber, W., 2. A., Stuttgart 1992, Sp. 1826 – 1836
Wolff, B./Lazear, E. P. : Einführung in die Personalökonomik, Stuttgart 2001
Wright, P. M./Rowland, K./Weber, W. : Konzeptionen des Personalwesens, in: Handwörterbuch des Personalwesens, hrsg. v. Gaugler, E./Weber, W., 2. A., Stuttgart 1992, Sp. 1139 – 1154
Wunderer, R./Arx, S. von : Personalmanagement als Wertschöpfungs-Center: integriertes Organisations- und Personalentwicklungskonzept, Wiesbaden 1998

 

 


 

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