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Kompensationsgeschäfte


Inhaltsübersicht
I. Stellenwert und Einsatzgebiete
II. Gründe für Kompensationsgeschäfte
III. Strategische Zielsetzungen aus Absatz- und Beschaffungssicht
IV. Formen von Kompensationsgeschäften
V. Grundprobleme von Kompensationsgeschäften
VI. Theoretische Behandlung in der Marketing-Wissenschaft

I. Stellenwert und Einsatzgebiete


Kompensationsgeschäfte oder Gegengeschäfte  (Countertrade) stellen ein absatz- und beschaffungspolitisches Instrument dar, dessen Relevanz in der Vergangenheit ständigen Fluktuationen unterworfen war, vor allem im Internationalen Marketing. Grundlage von Gegen- und Kompensationsgeschäften ist der Gedanke des Austauschs von Ware gegen Ware in entscheidungsbezogen miteinander verbundenen Verträgen. Dabei können Geldzahlungen oder Kredite durchaus hinzutreten. Von Kompensationsgeschäften spricht man, wenn »ein Verkauf davon abhängt, dass umgekehrt vom Abnehmer Güter oder Dienstleistungen gekauft oder aber wenigstens für den Abnehmer vermittelt werden müssen« (Schuster, F. 1988, S. 12).
In manchen Perioden wurde das Instrument der Kompensation intensiv genutzt, etwa aus Mangel an Devisen. In anderen Zeiten wieder war es relativ bedeutungslos – einen statistischen Überblick, der verlässlich den Umfang solcher Geschäfte in der Weltwirtschaft angeben könnte, gibt es nicht.
Der Einsatz und die Bedeutung der Kompensationsgeschäfte hängt von mehreren wirtschaftspolitischen und betriebswirtschaftlichen Voraussetzungen, Zielen und Strategien ab. Derartige Geschäftstypen finden sich insbesondere in Ländern bzw. im Außenhandel mit Ländern, die weniger entwickelt sind und eng begrenzte finanzielle Ressourcen aufweisen. Was den Kreis der Waren angeht, die von Kompensationsgeschäften betroffen sind, erscheint nahezu jedes Objekt geeignet. Als typisch kann jedoch eher der Tausch von Sachgütern als derjenige von Dienstleistungen angesehen werden; ein immer wieder auftretender Fall ist der Tauschhandel von Maschinen bzw. Anlagen einerseits gegen Abbau-Rohstoffe oder Anbauprodukte andererseits.

II. Gründe für Kompensationsgeschäfte


1. Wirtschaftspolitische Gründe


-

Das Ziel einer Erhöhung der Beschäftigung in einer Volkswirtschaft führt in manchen Staaten zur Forcierung von Kompensationsgeschäften. Dies gilt insbesondere dann, wenn die eigenen Produkte nicht vermarktungsfähig sind, wenn Markt- und Vertriebs-Know-how fehlen und wenn inländische Entwicklungs- und Produktionstätigkeit stimuliert werden soll.

-

Zur Einsparung von Devisen für Importe werden oft Kompensationsgeschäfte verlangt. Das bedeutet, dass aufgrund staatlicher Vorschrift oder um Devisen zu sparen, Auslandskäufe nur getätigt werden, wenn Kompensationsgüter abgenommen werden.


2. Einzelwirtschaftliche Gründe


-

Für den einzelnen Betrieb bietet die Bindung von Beschaffungsvorgängen an damit verbundene Abnahmeverpflichtungen des Partners Erlösmöglichkeiten und Chancen zur Absatzausweitung.

-

Kompensationsgeschäfte können zum Ausgleich fehlenden Vertriebs-Know-hows dienen.

-

Gelegentlich ist mit dem vorgenannten Grund die Erschließung eines ganzen Marktes verbunden.

-

Das o.g. Finanz- und Devisenproblem, evtl. auch die Liquiditätssituation, stellen weitere Anstöße zu Kompensationsgeschäften dar.

-

Objekt eines Kompensationsgeschäftes kann auch Know-how bzw. eine (Patent-)Lizenz sein, sodass hinter Kompensationsgeschäften auch die Ausweitung des Entwicklungs- und Innovationspotenzials stehen kann.


III. Strategische Zielsetzungen aus Absatz- und Beschaffungssicht


Aus der Sicht der strategischen Unternehmens- bzw. Marketingplanung sind mit Kompensationsgeschäften i.d.R. deutliche absatz- oder beschaffungsorientierte Zielsetzungen verbunden:

-

aus absatzpolitischer Sicht die Ermöglichung und Verbesserung von Marktchancen sowie die Bindung von Kunden;

-

aus beschaffungspolitischer Sicht die Umgehung von z.T. extern bedingten Einschränkungen, insbesondere finanzieller Art. Daneben kommt auch die Sicherung einer Rohstoffbasis als Motiv infrage.


Stets scheint die Forderung nach Kompensationsgeschäften mit der Ausübung von Nachfragemacht verbunden zu sein. So lassen sich Anbieter aus hoch industrialisierten Staaten überwiegend unwillig zu Gegengeschäften drängen. Die planmäßige Nutzung von Kompensationsgeschäften als aktives Marketing-Instrument findet sich bisher nur selten als Element einer umfassenden Marketing-Strategie.

IV. Formen von Kompensationsgeschäften


1. Klassischer Barter


In diesem Fall des Kompensationsgeschäftes sind höchstens zwei Parteien am Vertragsabschluss beteiligt, wobei jede Partei aus lediglich einer Unternehmung besteht. Die beiden Parteien vereinbaren in einem Vertrag die Lieferung und Gegenlieferung genau definierter Ware. Dabei werden die zu erbringenden Leistungen i.d.R. zeitgleich ohne Verwendung monetärer Mittel ausgetauscht (Schuster, F. 1988; Taprogge, C. 1991).
Abb. 1 veranschaulicht den Austauschprozess der Leistungen im Rahmen eines derartigen Geschäftes: Unternehmung A liefert Realgüter vom Typ I an Unternehmung B, die etwa zeitgleich Realgüter vom Typ II an Unternehmung A zurückliefert. Die wechselseitigen Leistungen werden schließlich miteinander verrechnet.
Kompensationsgeschäfte
Abb. 1: Der klassische Barter
Betriebswirtschaftliche Probleme dieser Form des Kompensationsgeschäftes liegen zum einen in der mangelnden juristischen Absicherung. Dies ergibt sich aus der Ausgestaltung des Vertrages, der die gleichzeitige Lieferung von Leistung und Gegenleistung vorsieht. Hat eine der beiden Vertragsparteien erst einmal geliefert, kann diese bei evtl. Mängeln der Gegenleistung (Qualität, Menge, Liefertermin) keinen Einfluss mehr auf die Lieferung nehmen. Auch die Versicherung eines solchen Geschäftes, etwa im Rahmen der Außenhandelsfinanzierung, ist aufgrund der fehlenden monetären Forderung normalerweise nicht möglich (Schuster, F. 1988).
Als eine Variante des klassischen Barters hat sich der Gegenbarter (Deferred-Barter) entwickelt; er dient dazu, die o.g. Risiken zu vermindern, indem Zeitverschiebungen einbezogen werden. In dem Vertrag, der dieser Form des Kompensationsgeschäftes zugrunde liegt, wird eine Partei festgelegt, die die Lieferung als Erste erhält. Erst bei Erhalt der Lieferung ist diese Partei verpflichtet, die Gegenleistung zu erbringen. Die Abwicklungszeit des Gegenbarters beträgt häufig weniger als ein Jahr. Der zuerst leistende Vertragspartner muss jedoch die Lieferung seiner Leistung so lange (vor)finanzieren, bis er die Gegenleistung erhält (Taprogge, C. 1991).

2. Dreiecksgeschäft


Das Dreiecksgeschäft wird auch als triangularer Barter in klassischer Form bezeichnet (Schuster, F. 1988). Im Unterschied zum klassischen Barter wird hierbei ein dritter Transaktionspartner in den Tauschprozess mit einbezogen, um Angebots- und Absatzchancen für beide Transaktionspartner besser nutzen zu können (Taprogge, C. 1991). Dies gilt z.B. für den Fall, in dem zwei Firmen über Kuppelprodukte verfügen, die sie selbst nicht benötigen, eine der beiden Firmen aber das Kuppelprodukt der anderen verarbeiten bzw. weiterverwenden kann (Schuster, F. 1988). Damit das Kompensationsgeschäft zustande kommt, wird nun ein dritter Partner Element der Transaktionskette.
Abb. 2 verdeutlicht schematisch das Dreiecksgeschäft an einem Beispiel: Unternehmung A liefert Güter (Waren und/oder Dienstleistungen) aus ihrer Produktion an Unternehmung B, die ihrerseits diese Produkte in ihre Produktion einfließen lässt. Daraufhin erhält Unternehmung C Güter aus der Produktion B. Der Kreis schließt sich, indem Unternehmung A eine Lieferung von Gütern aus der Produktion C erhält.
Kompensationsgeschäfte
Abb. 2: Dreiecksgeschäft (Beispiel)
Auch bei dieser Form des Kompensationsgeschäftes handelt es sich – bis auf die Anzahl der beteiligten Transaktionspartner – um einen klassischen Barter: der Austausch der Leistungen erfolgt ohne Zahlung monetärer Mittel. Lediglich die wechselseitigen Lieferungen werden miteinander verrechnet.
Alle unter dem klassischen Barter aufgeführten Probleme gelten auch uneingeschränkt für die Form des Dreiecksgeschäftes. Hinzu kommt hier allerdings der gegenüber dem klassischen Barter erhöhte Koordinationsaufwand, der zu einem weiteren Anstieg der Transaktionskosten führt. Denkbar ist auch die Involvierung weiterer Partner in das Kompensationsgeschäft in Form des klassischen Barter. Dann wird jedoch nicht mehr der Begriff Dreiecksgeschäft verwendet, sondern der des Mehrecks-Barter (Taprogge, C. 1991). Dabei gilt: je höher die Zahl der in das Geschäft einbezogenen Transaktionspartner, desto höher sind (ceteris paribus) die Transaktionskosten.

3. Moderner Barter


Einer weiteren Risikoreduzierung der Parteien dient die Umwandlung des klassischen Barter in einen modernen Barter. Im Gegensatz zum klassischen Barter, bei dem eine monetäre Forderung fehlt, werden hier Lieferung wie auch Gegenlieferung mit monetären Zahlungsmitteln abgegolten. Faktisch wird also jedem Realgüterstrom ein Zahlungsstrom gegenübergestellt. Da sich die wechselseitigen Lieferungen jedoch auch bei dem modernen Barter wertmäßig ausgleichen (Vollkompensation), erfolgt bei keinem der Transaktionspartner ein Nettozufluss an Zahlungsmitteln. Insofern ist diese Art des Geschäftes mit einem Tausch reiner Waren identisch. Wie auch bei den anderen Formen des Barter-Geschäftes erfolgt die Fixierung der Regelungen in nur einem Vertrag (Schuster, F. 1988).
Da die Lieferung der zuerst leistenden Seite sofort bezahlt wird, ist eine (Vor-)Finanzierung des Geschäftes wie beim klassischen Barter nicht erforderlich. Die Gegenseite muss jedoch über entsprechende Zahlungsmittel (Devisen) verfügen. Häufig ist diese Bedingung aufgrund von Devisenmangel bei einer der Vertragsparteien nicht erfüllt. Das Kompensationsgeschäft kann in einer solchen Situation nur zustande kommen, wenn es möglich ist, der Gegenseite eine Finanzierung der Transaktion zu vermitteln (Schuster, F. 1988).
Um den Koordinationsaufwand in der Praxis zu erleichtern, können kleinere Ausgleichszahlungen vorgenommen werden (Teilkompensation). Des Weiteren kann vertraglich geregelt werden, dass Kompensationsverpflichtungen an Dritte abgetreten werden können (Fremdkompensation). Bei Fremdkompensation werden zumeist Kompensationshändler eingeschaltet, die gegen ein i.d.R. prozentual vom Geschäftswert berechnetes Entgelt die Vermarktung der Gegengeschäftswaren übernehmen. Das vom Kompensationshändler berechnete Entgelt wird bei mindestens einer der Parteien als Abschlag und sog. »Stützung« des Geschäftes wirksam.
Die Teilkompensation ist i.d.R. mit einem gegenüber der Vollkompensation geringeren Koordinationsaufwand verbunden, da die Suche nach Absatzmöglichkeiten für die Gegenlieferungen sich häufig einfacher gestaltet und zeitgleich verkürzt werden kann (Taprogge, C. 1991).
Obwohl bei dieser Form des Kompensationsgeschäftes Geldforderungen vorliegen, ist es in vielen Fällen nicht möglich, die Voraussetzungen für eine Exportkreditversicherung oder -finanzierung zu erfüllen. Risiken dieses Geschäftstyps entstehen daneben aufgrund der Ausgestaltung des Geschäftes von Lieferung und Gegenlieferung in einem einzigen Vertrag.

4. Parallelgeschäft


Im Gegensatz zu den bisher betrachteten Formen von Kompensationsgeschäften werden beim Parallelgeschäft (Parallel Trading,  Parallel Barter) Lieferungs- und Gegenlieferungsvereinbarungen in juristisch separaten und damit selbstständigen Verträgen fixiert. Jeder Vertrag beinhaltet eigenständige Güter- und Zahlungsströme. Durch diese Konstruktion stellen sich die Vertragswerke wie zwei traditionelle Handelsverträge dar; nach außen hin ist nicht ersichtlich, dass es sich um Bestandteile eines miteinander verbundenen Kompensationsgeschäftes handelt. Die vertragliche Trennung von Lieferung und Gegenlieferung ermöglicht i.d.R. eine staatliche Exportkreditversicherung und/oder Exportfinanzierung (z.B. Hermes-Kreditversicherung). Im staatlich beeinflussten Bereich werden mithilfe eines Rahmenabkommens separat abgeschlossene Handelsverträge zu einem Kompensationsgeschäft zusammengeführt, ohne dass Details (z.B. Preise) in einem solchen Rahmenabkommen selbst fixiert sind (Taprogge, C. 1991).
Abb. 3 stellt schematisch den Ablauf eines Parallelgeschäftes mit Fremdkompensation am Beispiel des Maschinenexports dar: Ein deutsches Maschinenbau-Unternehmen will an eine ausländische Außenhandelsgesellschaft Maschinen verkaufen. Die von der ausländischen Organisation angebotene Kompensationsware in Form von Rohstoffen ist aber für den deutschen Maschinenbauer nicht von Interesse. Daher schlägt er ein deutsches Handelsunternehmen, welches die Rohstofflieferung verwenden kann, als Fremdkompensateur vor. Nach Akzeptanz dieses Vorschlages werden nun zwei juristisch separate Verträge gleichzeitig abgeschlossen:
Kompensationsgeschäfte
Abb. 3: Parallelgeschäfte mit Fremdkompensation

1.

zwischen dem Maschinenbau-Unternehmen und der Außenhandelsorganisation über die Lieferung der Maschinen und

2.

zwischen dem deutschen Rohstoffimporteur und der Außenhandelsgesellschaft über die Lieferung der Kompensationsware.


So werden mithilfe des Parallelgeschäfts zwei selbstständige Geschäfte abgeschlossen. Die Vorbereitung eines solchen Kompensationsgeschäftes bedarf jedoch eines hohen Koordinationsaufwands seitens des Initiators.

5. Rückkaufgeschäft


Diese Form des Kompensationsgeschäftes (Buyback) beinhaltet ähnlich wie beim Parallelgeschäft ein Basisgeschäft. Dieses umfasst den Verkauf von z.B. Maschinen, aber auch von größeren Anlagen. Der Unterschied zu den bisher genannten Kompensationsgeschäften besteht darin, dass der Exporteur sich verpflichtet, als Gegenleistung einen vertraglich geregelten Umfang (Prozentanteil) an Produkten zu akzeptieren, die mithilfe seiner Lieferung produziert werden. Die Höhe der zum erfolgreichen Abschluss des Kompensationsgeschäftes notwendigen Finanzierung wie auch die Vertragsdauer hängen entscheidend von der Höhe des o.a. Prozentsatzes und dem Wert des Lieferumfanges ab (Taprogge, C. 1991).
Abb. 4 verdeutlicht schematisch den Ablauf eines Rückkaufgeschäftes (in Anlehnung an Schuster, F. 1988): Eine chemische Anlage soll von einem inländischen Anbieter an eine ausländische Außenhandelsgesellschaft geliefert werden. Die später auf der Anlage produzierten Erzeugnisse will die Außenhandelsgesellschaft als Zahlungsmittel und somit als Kompensationsware nutzen. Ein Fremdkompensateur soll die Kompensationsware abnehmen. Da Lieferung und Gegenlieferung unverzüglich in bar bezahlt werden sollen und die ausländische Außenhandelsorganisation nicht über entsprechende Devisen verfügt, vermittelt der inländische Anbieter ihr einen Bestellerkredit. Aus technischen Gründen wird dieser Kredit von einer inländischen Bank an die ausländische Außenhandelsbank vergeben. Wird die Anlage nun geliefert, zahlt die ausländische Außenhandelsgesellschaft mit ihrer Landeswährung an die ausländische Außenhandelsbank. Da der Kaufpreis in Euro zu entrichten ist, gewährt die inländische Bank der ausländischen Außenhandelsbank einen Kredit und überweist aus banktechnischen Gründen den Euro-Betrag direkt an den inländischen Anbieter. Ist die Anlage fertig gestellt, werden die mit ihr produzierten Güter in der vertraglich fixierten Qualität und Menge an den Abnehmer der Erzeugnisse geliefert, der diese sofort in bar bezahlt. Der Euro-Betrag wird nun an die inländische Bank überwiesen, sodass damit die Tilgung des gewährten Kredites erfolgt ist. Die ausländische Außenhandelsbank, jetzt ihrerseits entlastet, zahlt den Verkaufspreis der chemischen Erzeugnisse an die Außenhandelsgesellschaft in ihrer Währung aus.
Kompensationsgeschäfte
Abb. 4: Rückkaufgeschäft (Quelle: Beispiel, in Anlehnung an Schuster, 1988)
Damit basiert das Rückkaufgeschäft auf drei Verträgen:

1.

zwischen dem inländischen Anbieter und der ausländischen Außenhandelsgesellschaft über die Lieferung einer Anlage,

2.

zwischen der ausländischen Außenhandelsgesellschaft und dem Abnehmer der Erzeugnisse über die Lieferung der Kompensationsware und schließlich

3.

zwischen der in das Geschäft miteinbezogenen inländischen Bank und einer ausländischen Bank über einen Kredit.


Ersichtlich ist aus dieser Konstellation die Komplexität des Netzwerkes im Hinblick auf die Vertragsgestaltung. Bestehen die aufgeführten Vertragsparteien nicht aus einem, sondern mehreren (Kooperations-)Partnern, z.B. einem Bankenkonsortium, so erhöht sich tendenziell die Komplexität dieses Kompensationsgeschäftes. Daneben entstehen zusätzliche Schwierigkeiten aus der Komplizierung der Preisfindung und der Festlegung von wertmäßigen Äquivalenzen zwischen den Kompensationsgütern. Dabei muss insbesondere eine Prognose über den möglichen Marktpreis späterer Gegenlieferungen berücksichtigt werden. Die Vereinbarung einer Preisgleitklausel ist ein Marketing-Instrument, das hier Einsatz finden kann. Einzel- und volkswirtschaftlich können aus der Vermarktung der Buy-back-Produkte (z.B. chemische Produkte) Marketing-Probleme und Marktverschiebungen entstehen.

6. Offset-Geschäfte


Bei Offset-Geschäften handelt es sich um Großaufträge, wie sie bei Großanlagen oder im Geschäft mit Wehrtechnik vorkommen, die häufig vom Staat initiiert sind oder zumindest einer staatlichen Kontrolle unterliegen (Schuster, F. 1988). Offset-Geschäfte werden von den Regierungen der Käuferländer oft dazu genutzt, gezielt wirtschaftsfördernde Maßnahmen zu unterstützen. Häufig ist in der Offset-Vereinbarung der Transfer von hochentwickelter Technologie und durch Kooperationsunternehmen die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen enthalten (Taprogge, C. 1991).
Bei dieser Form des Kompensationsgeschäftes verpflichtet sich der Exporteur, entsprechende Gegenkäufe beim Abnehmer zu tätigen oder ihm Abnehmer zu beschaffen (Schuster, F. 1991). Dabei wird eine Art Rahmenabkommen geschlossen, in dem der Gesamtwert abzunehmender Gegenlieferungen und ein Zeitraum für die Abnahme festgelegt wird, die Lieferanten und Arten der Kompensationsgüter aber zumeist offen bleiben. Local Content-Vorschriften oder -vereinbarungen (Günter, B. 1985) können dabei Berücksichtigung finden.

7. Clearing-Abkommen


Clearing-Abkommen sind Zahlungs- und Handelsabkommen, die auf einer bilateralen Vereinbarung beruhen. Eine solche zwischenstaatliche Vereinbarung hat eine kurze Laufzeit von ca. einem Jahr. Für die Dauer des Vertrages verpflichten sich die beiden Staaten, Güter in Höhe einer festgeschriebenen Größenordnung auszutauschen. Die Lieferungen und Gegenlieferungen werden in einer nicht konvertierbaren Verrechnungseinheit (z.B. Clearing-Dollar) bewertet und dann auf Verrechnungskonten (Clearing Accounts) gutgeschrieben. Die jeweiligen nationalen Außenhandelsbanken bezahlen ihre inländischen Exporteure in der Landeswährung und belasten das Importland auf den bilateral vereinbarten Verrechnungskonten (Taprogge, C. 1991).

8. Switch-Geschäfte


Aufgabe des Switch-Geschäftes ist es, Guthaben auf den Verrechnungskonten so lange umzutauschen, bis man einen Transaktionspartner für die Lieferungen im Rahmen des Clearing-Abkommens gewonnen hat. Auf den Umtausch oder den Weiterverkauf von Clearing-Guthaben werden die jeweils geltenden Devisen- und Außenhandelsvorschriften angewendet. Zur entsprechenden Bewältigung eines solchen Vorhabens wird i.d.R. ein Switch-Händler eingeschaltet, der die Switch-Guthaben, z.T. über mehrere Umtauschvorgänge, schließlich in Hartwährung transformiert (Schuster, F. 1988).

V. Grundprobleme von Kompensationsgeschäften


Als bei nahezu allen Formen von Kompensationsgeschäften auftretende Marketing-Probleme stellen sich folgende Aspekte heraus, wobei es sich um eine Auswahl einiger wichtiger Überlegungen handelt:

-

Aus der Sicht eines mit Kompensationsforderungen konfrontierten Exporteurs muss zunächst geklärt werden, ob die Gegenlieferungsoptionen mit den eigenen Marketing-Strategien kompatibel sind (z.B. Verträglichkeit der Kompensationswaren mit dem eigenen Sortiment).

-

Die Risiken aus Gegengeschäften stellen ein qualitatives und quantitatives Prognose- und Handhabungsproblem dar. So müssen z.B. gegenwärtige Qualitätsanforderungen des Marktes und Preisentwicklungen abgeschätzt werden und ggf. Risikobegrenzungsstrategien entwickelt werden.

-

Eine spezielle Unwägbarkeit ist die Äquivalenzbestimmung zwischen den betroffenen Leistungskategorien. Außer der Risikokomponente stellt sich hier stets die Frage der Markttransparenz und des Interaktions-Know-hows.

-

Der letztgenannte Punkt führt zur Problematik der Einschaltung von Kompensationshändlern. Mit deren Know-how lassen sich eigener Aufwand begrenzen und Weiterverwendungschancen nutzen, die finanzielle Seite des Geschäftes wird damit jedoch ebenfalls tangiert.

-

Unternehmensintern erzwingen Kompensationsgeschäfte die Koordinierung von Absatz- und Beschaffungsfunktionen, um Konflikte zwischen den jeweiligen Zielsetzungen/Strategien auf Absatz- und Beschaffungsmärkten zu vermeiden.

-

Schließlich wird sich für Unternehmen, die regelmäßig im internationalen bzw. globalen Marketing mit derartigen Forderungen konfrontiert werden, die Frage stellen, ob eine aktive strategische Behandlung dieses Geschäftstyps die Marketing-Chancen erhöht und einen Wettbewerbsvorteil darstellt. Eine derartige Handlungsweise ist allerdings mit erheblichen organisatorischen, informatorischen und vertriebsstrategischen Konsequenzen verbunden.


VI. Theoretische Behandlung in der Marketing-Wissenschaft


Gegengeschäfte haben in der Marketing-Wissenschaft bisher wenig theoretische Berücksichtigung gefunden. Neben der deskriptiven Behandlung lassen sich kaum Erklärungsversuche finden, die über die oben angerissenen, z.T. makroökonomischen Begründungen hinausgehen. Einen Weg zur weiteren Erforschung derartiger Vereinbarungen können Netzwerk-Ansätze aufzeigen, die letztlich auf systemtheoretische Ansätze und auf interaktionsorientierte Austauschtheorien zurückgehen. Dabei sind neben den intraorganisationalen Netzwerken gerade auch die komplizierten interorganisationalen Netzwerk-Beziehungen in ihren verschiedenen Schichten (Schicht der Leistungsbeziehungen, der finanziellen Beziehungen, der Kompetenz- und Vertragsbeziehungen, der Kommunikationsbeziehungen und der atmosphärischen Schicht) einer systematischen Analyse zugänglich. Auch die zunehmend diskutierten Ansätze zum Beziehungsmanagement und einer Theorie der Geschäftsbeziehungen zeigen Anknüpfungspunkte zur Analyse von Kompensationsgeschäften auf.
Literatur:
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Biber, B. : Optimale Gegengeschäftspolitik, Frankfurt a.M. 1989
Bopp, T. : Vertragsstrukturen internationaler Kompensationsgeschäfte, Stuttgart 1992
Büring, R. : Countertrade, Bern et al. 1986
Fantapié-Altobelli, C. : Kompensationsgeschäfte im internationalen Marketing, Heidelberg 1994
Günter, B. : Local Content – eine Herausforderung für das internationale Marketing, in: Marketing-ZFP, 1985, S. 263 – 274
Iske, T. : Verbundgeschäfte, Frankfurt a.M. et al. 1986
Jalloh, S. B. : Countertrade: Praxis, Theorie und Perspektiven, Köln 1988
Kruthaup, F. H. : Barter-Business, Frankfurt a.M. et al. 1985
Kunze, V. : Countertrade als strategisches Managementinstrument, Aachen 2005
Marin, D. : Countertrade aus vertragstheoretischer Sicht. Theorie und Evidenz, in: Ifo-Studien, Bd. 41, 1995, S. 119 – 134
Okoroafo, S. C. : Implementierung International Countertrade: A Dyadic Approach, in: Industrial Marketing Management, 1994, S. 229 – 234
Peemüller, J. : Gegenlieferungs- (Kompensations-)geschäfte, Düsseldorf 1981
Samsinger, B. : Countertrade – eine alternative Marketing-Strategie, Zürich 1986
Schuster, F. : Gegen- und Kompensationsgeschäfte als Marketing-Instrument im Investitionsgüterbereich, Berlin 1979
Schuster, F. : Countertrade professionell, Wiesbaden 1988
Schuster, F. : Countertrade – Ein Überblick über den Stand der betriebswirtschaftlichen Forschung sowie Ansatzpunkte zur Weiterentwicklung, in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, H. 1/1990, S. 3 – 21
Taprogge, C. : Countertrade-Management, Frankfurt a.M. et al. 1991
Verzariu, P. : Countertrade, Barter and Offsets, New York 1985

 

 


 

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