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Kontrollprozess


Inhaltsübersicht
I. Kontrollbegriff
II. Ziele und Objekte von Kontrollen
III. Formen und Gestaltungsprinzipien von Kontrollen
IV. Phasen des Kontrollprozesses
V. Kontrollprozess aus verhaltenswissenschaftlicher Sichtweise

I. Kontrollbegriff


Zunehmend arbeitsteiliger organisierte und komplexer werdende soziale und technische Prozesse i.V.m. anonymisierten Beziehungen zwischen den sozialen Akteuren, die den Aufbau von Vertrauen erschweren, führen zu einem erhöhten Bedarf an Kontrolle in vielen gesellschaftlichen Bereichen (z.B. Technik, Umwelt, Medizin, Wirtschaft, Bildung und Wissenschaft; vgl. Power, M.  1995). Insofern sind Kontrollen ein ubiquitäres Phänomen, das zum Erkenntnisobjekt vieler Wissenschaften werden kann. Kontrollieren bedeutet im alltäglichen Sprachgebrauch zum einen, einen Vorgang oder die Tätigkeit einer Person zu überwachen, zu überprüfen. Die Begriffe Überwachung, Prüfung und Kontrolle werden hier oft gleichbedeutend verwandt. Ist die Überwachungstätigkeit sehr umfassend und für den Träger der Überwachung mit Kompetenzen zur Setzung von Zielen und zur Belohnung und Bestrafung bei Zielerfüllung bzw. Zielabweichung verbunden, dann bedeutet kontrollieren zum anderen auch, einen Vorgang oder eine Person zu beherrschen, zu steuern.
Die Analyse und Gestaltung von Kontrollen z.B. in biologischen oder technischen Prozessen sind Gegenstand ingenieur- bzw. naturwissenschaftlicher Fächer. Die Betriebswirtschaftslehre befasst sich vornehmlich mit Kontrollen in Unternehmen, das sind arbeitsteilig organisierte Systeme in marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnungen. Die Unternehmensführung delegiert Aufgaben an nachgeordnete Instanzen. Da die Auftragnehmer nicht immer im Interesse der Auftraggeber handeln, ist es notwendig, die Tätigkeit der Auftragnehmer zu überwachen.
Neben strategischen Planungs- und Leitungsfunktionen hat die Unternehmensführung die Aufgabe, die Strukturen und Abläufe im Unternehmen zu überwachen. Mit zunehmender Unternehmensgröße kann auch diese Aufgabe nur mehr in einem sehr grundsätzlichen Sinne – z.B. ausgerichtet auf aggregierte Erfolgsgrößen und Ergebnisse wesentlicher Entscheidungen – von der Unternehmensführung selbst wahrgenommen werden und muss weitgehend an nachgeordnete unternehmensinterne oder unternehmensexterne Stellen delegiert werden.
Die Unternehmensführung selbst wird in unterschiedlicher Form, Häufigkeit und Intensität von nicht im Unternehmen beschäftigten Außenstehenden überwacht, z.B. durch nicht an der Geschäftsführung beteiligte Gesellschafter, von Kreditgebern sowie von staatlichen Stellen (Finanzamt, Gewerbeaufsichtsamt, Umweltschutzbehörden usw.). Die Überwachungsträger verfolgen hierbei jeweils spezifische Ziele. Von besonderer Bedeutung ist die Überwachung der Unternehmensführung durch die Eigentümer. Deren konkrete Ausgestaltung wird beeinflusst von der Rechtsform, der Verteilung der Eigentums- und Verfügungsrechte sowie den i.d.R. hieraus resultierenden gesellschaftsvertraglichen Regelungen (z.B. §§ 46 Ziff. 6, 52 GmbHG, §§ 111 I AktG, § 38 I GenG).
In der Betriebswirtschaftslehre wird üblicherweise eine Abgrenzung zwischen Überwachung, Prüfung und Kontrolle vorgenommen. Überwachung als Oberbegriff für Prüfung und Kontrolle wird definiert als Handlung, bei der ein Istobjekt mit einer Normgröße (Sollobjekt) verglichen wird; hierauf aufbauend wird ein Urteil über den Grad der Normentsprechung gebildet, das ggf. dokumentiert und den Adressaten mitgeteilt wird. Sofern Überwachungshandlungen von direkt oder indirekt prozessabhängigen Personen durchgeführt werden, bezeichnet man sie als Kontrollen. Bei direkter Prozessabhängigkeit werden die Aufgaben der Realisierung und Kontrolle einer wirtschaftlichen Tätigkeit von derselben Person wahrgenommen (Selbstkontrolle), während bei indirekter Prozessabhängigkeit der in den Prozess eingebundene Überwachungsträger (z.B. ein Bereichsleiter) die Durchführung der Überwachungsaufgabe an eine dritte Person überträgt, die ihm unterstellt ist (Fremdkontrolle). Prüfungen hingegen sind Überwachungstätigkeiten, die von prozessunabhängigen Personen durchgeführt werden. Von interner Prüfung bzw. interner Revision wird dann gesprochen, wenn der Überwachungsvorgang von organisatorisch prozessunabhängigen, aber unternehmensangehörigen Personen vorgenommen wird, und von externer Prüfung bzw. externer Revision, „ wenn die Überwachungsträger prozessunabhängige und unternehmensfremde Personen sind “ (v. Wysocki, K.  1988, S. 6 f.).
Für eine Analyse des Prozesscharakters, also des in Zeit und Raum sich vollziehenden Ablaufs von Kontrollen, ist diese Differenzierung nicht zweckmäßig, da Prüfungs- und Kontrollprozesse in dieser Hinsicht sehr ähnlich sind. Unter Kontrollprozess wird somit im Folgenden ein von natürlichen Personen geplanter und durchgeführter Überwachungsvorgang verstanden, der Strukturen, Prozesse und Ergebnisse in Unternehmen zum Gegenstand hat und dessen Ziel darin besteht, zu ermitteln, ob die Strukturen und Prozesse geeignet sind, um die Ziele des Unternehmens zu erreichen. Zu beachten ist, dass einerseits Kontrollen in Geschäftsprozesse eingebaut sind und andererseits diese Kontrollen selbst wieder zum Gegenstand von (Meta-)Kontrollen werden können. So lassen sich Hierarchien von aufeinander aufbauenden Kontrollen konstruieren. Dies führt zum Problem: Wer kontrolliert die Kontrolleure? Ein infiniter Regress kann nur durch Abbruch auf einer bestimmten Stufe vermieden werden, d.h. eine vollkommene Kontrolle ist nicht erreichbar. Beim hier zugrunde gelegten funktionalen  Kontrollbegriff steht die Tätigkeit des Kontrollierens im Vordergrund, während ein institutionaler Kontrollbegriff alle Elemente eines Kontrollsystems umfasst: „ Kontrollsubjekte ? führen an Kontrollobjekten unter Zuhilfenahme von Kontrollinstrumenten Kontrollhandlungen (in Kontrollprozessen) durch “ (Mag, W.  1999, S. 55).

II. Ziele und Objekte von Kontrollen


Die mit Kontrollen verfolgten Ziele sind: Informationsgewinnung zur Verbesserung zukünftiger Entscheidungen sowie die Verhaltenssteuerung von Entscheidungsträgern (vgl. Küpper, H.-U.  1997, S. 166 f.; Ewert, R./Wagenhofer, A.  2000, S. 344 ff.). Kontrollen i.V.m. Abweichungsanalysen ermöglichen bei sich wiederholenden Handlungen das Lernen aus den Folgen von Handlungen. Die Wahrscheinlichkeit der Durchführung von Kontrollen i.V.m. zweckmäßigen Anreizsystemen führt ex ante zur Beeinflussung des Verhaltens von Entscheidern. Der nachprüfbaren Dokumentation von Kontrollen kommt i.d.R. keine eigenständige Bedeutung zu; sie ist jedoch notwendige Voraussetzung zur Erfüllung der vorgenannten Ziele.
Für das interne Kontrollsystem werden diese abstrakten Ziele konkretisiert: Die Regelungen des Kontrollsystems sollen das Verhalten so steuern, dass die Sicherung der Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Geschäftstätigkeit (einschließlich Schutz vor Vermögensschädigungen), die Ordnungsmäßigkeit und Verlässlichkeit der internen und externen Rechnungslegung und die Einhaltung der für das Unternehmen maßgeblichen rechtlichen Vorschriften gewährleistet wird (IDW,  2001).
Als Objekte betriebswirtschaftlicher Kontrollen sind die in Unternehmen ablaufenden Geschäftsprozesse und deren Ergebnisse von herausragender Bedeutung, weil deren effiziente Gestaltung und Umsetzung letztlich den Gesamterfolg bestimmt. Die Unternehmensführung versucht, durch risikoangepasste Strategien Ziele zu erreichen. Strategien werden konkretisiert und umgesetzt durch Prozesse, die Risiken reduzieren (vgl. Wiedmann, H.  1998, Bell, T./Marrs, F./Solomon, I.  1997). Geschäftsprozesse können in Kernprozesse – das sind Prozesse, die unmittelbar auf die Wertschöpfung des Unternehmens ausgerichtet sind – und Unterstützungsprozesse, welche die hierfür notwendige Infrastruktur zur Verfügung stellen, unterschieden werden.
Prozessziele legen die Funktion des Prozesses bei der Erreichung der Unternehmensziele fest; sie sind als Unterziele des Gesamtzieles zu interpretieren. Input von Prozessen sind Ressourcen und Informationen, die zur Zielerreichung benötigt werden. Aktivitäten sind Tätigkeiten bzw. Subprozesse, die Prozessergebnisse erzeugen. Outputs sind die Endergebnisse eines Prozesses, d.h. Vor- oder Endprodukte und Informationen. Systeme sind Bündel von Ressourcen, die zur Zielerreichung nötig sind. Informationssysteme erzeugen Berichte, die zur Steuerung und Kontrolle der Prozesse dienen. Prozessrisiken bedrohen die Erreichung der Prozessziele, Prozesskontrollen dienen der Beherrschung von Prozessrisiken. Die Kontrolle des Erfolgs von Geschäftsprozessen erfordert die Bestimmung kritischer Erfolgsfaktoren (critical success factors) und deren Messung durch leistungsbezogene Schlüsselgrößen (key performance indicators).
Zur Analyse des internen Kontrollsystems eines Unternehmens existieren in der Literatur gut strukturierte Vorschläge (vgl. Arens, A.-A./Loebbecke, J.K.  2000, S. 287 ff.). Für jeden wesentlichen Geschäftsprozess werden bestimmten Kontrollzielen (z.B.: Werden alle Wareneingänge im Informationssystem vollständig erfasst?) die vorhandenen Kontrollen (z.B.: Abstimmung Lieferscheine mit gebuchten Wareneingängen) zugeordnet. Eine Bewertung der Wirksamkeit der Kontrollen erfordert einen Vergleich mit einem Sollzustand (Meta-Kontrolle). Ziel ist die Einschätzung des verbleibenden Kontrollrisikos.

III. Formen und Gestaltungsprinzipien von Kontrollen


1. Formen von Kontrollen


Die folgenden Formen von Kontrollen lassen sich unterscheiden (in Anlehnung an Küpper, H-U.  1997, S. 169 ff.). Verhaltenskontrollen beziehen sich auf Abläufe und Ergebnisse menschlichen Handelns. Technische Kontrollen haben Abläufe und Ergebnisse von Prozessen zum Gegenstand, die ohne wesentliches menschliches Mitwirken geschehen. Bei Ergebniskontrollen wird das realisierte Ergebnis mit der Sollgröße verglichen, während bei Systemkontrollen der Prozess, der zum Ergebnis geführt hat, untersucht wird. Mit Bezug auf die Informationsarten, die in der Planung verwendet werden, können Realisations-, Prämissen- und Planfortschrittskontrollen unterschieden werden (vgl. Mag, W.  1999, S. 56 f.). Bei Realisationskontrollen wird eine Istgröße mit einer normativen Sollgröße verglichen, bei Planfortschrittskontrollen wird das Istobjekt in Form einer Prognosegröße (z.B. voraussichtlich erreichbarer Umsatz im Geschäftsjahr) mit einer normativen Sollgröße (z.B. Umsatzvorgabe für das Geschäftsjahr) verglichen. Ziel ist die Abgabe eines Urteils über den voraussichtlichen Grad der Normentsprechung. Einen Vergleich zwischen Prognose- und realisierter Istgröße bezeichnet man als Prämissenkontrolle. Da es hierbei im Kern um eine Überprüfung der Qualität der in die Planung eingehenden prognostischen Prämissen (z.B. über die Entwicklung von Wechselkursen) geht, kann die realisierte Istgröße als Sollobjekt interpretiert werden, welches zur Beurteilung der Güte einer Prognose (Istobjekt) genutzt wird. Werden wie beim Zeit- oder Betriebsvergleich betriebswirtschaftliche Kennzahlen und Kennzahlensysteme in Form von Istgrößen miteinander verglichen, handelt es sich nur dann um eine Kontrolle, wenn eine der Istgrößen als Norm fungieren kann. Nur dies lässt die Bewertung einer festgestellten Abweichung bzw. Übereinstimmung zu; alternativ können die beiden Istgrößen auch mit einer dritten Sollgröße verglichen werden.
Bei seriellen Kontrollen werden die Verrichtungen einer vorgelagerten Prozessaktivität zeitlich nachfolgend vor Weiterverarbeitung in einer weiteren Prozessstufe kontrolliert und bei Fehlern ggf. mit oder ohne Rückmeldung korrigiert. Bei parallelen Kontrollen wird das Ergebnis eines Prozesses (z.B. die buchmäßige Fortschreibung der Bestände) durch einen zweiten unabhängigen Prozess (z.B. regelmäßige Inventur) kontrolliert (vgl. Maul, K.-H.  1977, S. 233). Effizienter ist es, für Kontrollzwecke die Ergebnisse schon vorhandener Abläufe zu nutzen. So kann z.B. bei Handelsbetrieben der durch Ausbeuterelationen beschriebene Zusammenhang zwischen Wareneinsatz (Prozess Wareneingang) und Absatz (Prozess Warenverkauf) unter Berücksichtigung von Lagerbestandsveränderungen für Kontrollzwecke genutzt werden.
Fehleraufdeckende Kontrollen ermöglichen nach Ablauf der zu kontrollierenden Aktivität die Aufdeckung realisierter Fehler (Rückkopplung, Feedback), während fehlerverhindernde Kontrollen mit Hilfe von Indikatoren ex ante zukünftig eintretende Fehler anzeigen und so ermöglichen, rechtzeitig Gegenmaßnahmen zu ergreifen (Vorkopplung, Feedforward, Qualitätsmanagement).

2. Regeln zur Gestaltung von Kontrollen


Welche hinreichend allgemeinen Regeln lassen sich unabhängig von Branche, Größe und Art der Geschäftsprozesse zur Gestaltung von Kontrollen zumindest pragmatisch begründen? Bei der Gestaltung der Organisation sind die Voraussetzungen für wirksame Kontrollen zu schaffen. Die Funktionstrennung soll sicherstellen, dass „ genehmigende, ausführende, verwaltende und abrechnende Funktionen durch unterschiedliche Personen wahrgenommen werden “ (IDW, 2001, S. 330); dadurch wird verhindert, dass die Gestaltung eines kompletten Prozesses in der Hand einer Person liegt. Die adäquate Gestaltung von Dokumenten und Aufzeichnungen im Berichtswesen, z.B. durch fortlaufende Nummerierung und zeitnahe Erstellung, ermöglicht oft erst zeitlich nachgelagerte Kontrollen, da der Vorgang selbst nicht mehr direkt zu beobachten ist. Die Autorisierung von Personen zur Durchführung von bestimmten Transaktionen i.V.m. der Einholung von Genehmigungen begrenzt den Handlungsspielraum der Stelleninhaber. Regelungen, die den Zugriff auf Vermögensgegenstände und betriebliche Informationssysteme begrenzen, verhindern Vermögensverluste (vgl. Arens, A.A./Loebbecke, J.K.  2000, S. 295 ff.). Kontrollen sollten objektiv, zuverlässig und zieladäquat sein. Das Sollobjekt muss hinreichend präzise beschrieben werden können. Aus verhaltenswissenschaftlicher Sicht sollten Kontrollen keine dysfunktionalen Effekte, z.B. Motivationsbeeinträchtigung, Frustration oder Reaktanz, auslösen, sondern zur Erhöhung der Leistungsbereitschaft beitragen. Die Teilnahme des Kontrollierten an der Gestaltung des Kontrollprozesses kann bei komplexen Kontrollaufgaben durch die Nutzung des Wissens des Kontrollierten die Wirksamkeit und Akzeptanz von Kontrollen erhöhen (vgl. Küpper, H.-U.  1997, S. 237 f.). Kontrollkosten und -nutzen sind unter Berücksichtigung von Aufdeckungswahrscheinlichkeiten und der Verhaltenswirkungen von Sanktionen abzuschätzen.

IV. Phasen des Kontrollprozesses


1. Methodologische Vorbemerkung


Eine empirische Theroie, die erklärende und prognostische Argumente gestatten würde, liegt in Bezug auf betriebswirtschaftliche Kontrollen bislang nur in Ansätzen vor. Es überwiegen begriffliche, sog. „ sachlogische “ sowie rein entscheidungsanalytische Arbeiten. Hierzu zählen z.B. die Darstellung des Zusammenhanges zwischen Planung und Kontrolle über den kybernetischen Regelkreis (vgl. Küpper, H.-U.  1997, S. 179 f.; Pfohl, H.-C./Stölzle, W.  1997, S. 13 ff.) oder die Aufspaltung der Abweichung zwischen Soll- und Istkosten in Preis-, Mengen- und gemischter Abweichung (vgl. Ewert, R./Wagenhofer, A.  2000, S. 353 ff.). Im Wesentlichen werden Begrifflichkeiten zur Beschreibung realer Kontrollabläufe sowie entscheidungsunterstützende Methoden zur Verfügung gestellt, empirisch bewährte Hypothesen etwa über den Ablauf realer Kontrollprozesse fehlen weitgehend.

2. Kontrollanlässe


Routinemäßig erfolgen Kontrollen lückenlos oder in Stichproben in Geschäftsprozessen. Aufgrund der Bedeutung von Kontrollen sind Meta-Kontrollen, die das Funktionieren von Prozesskontrollen zum Gegenstand haben, notwendig. Das mangelhafte Funktionieren von Prozesskontrollen kann dazu führen, dass die Prozessziele verfehlt werden. Die Feststellung, dass Prozessziele verfehlt wurden, ist wiederum das Resultat einer Kontrolle. Fallweise Kontrollen werden überwiegend durch das wesentliche Verfehlen von Prozesszielen ausgelöst. Sie haben zum Ziel, die Ursache für das Verfehlen zu bestimmen, Verantwortliche zu benennen und Konsequenzen für die Zukunft zu ziehen. Um rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen zu können, ist es notwendig, dass Kontrollen zeitnah erfolgen; fehlerverhindernde Kontrollen sind für Steuerungszwecke besonders geeignet.

3. Bestimmung eines Sollobjektes und Ermittlung des Istobjektes

a) Sollobjekt


Voraussetzung zur Durchführung einer Kontrollhandlung ist die Bestimmung einer hinreichend präzisen Normgröße, das ist die normentsprechende Ausprägung des zu untersuchenden Istobjektes, damit eine Bewertung des Istobjektes möglich wird. Dies ist kein trivialer Vorgang, denn für viele Geschäftsprozesse sind funktional äquivalente Gestaltungen denkbar, d.h., ein bestimmtes Ziel kann über mehrere Mittel erreicht werden. Wird nur eine dieser Varianten zur Norm erhoben und lässt sich die konkrete Ausprägung des Istobjektes unter eine der funktional äquivalenten Alternativen subsumieren, würde durch Kontrollen eine zielirrelevante Abweichung festgestellt.
Auch bei der Durchführung von Ergebniskontrollen kann die Ermittlung des Sollobjektes ein eigenständiges Problem darstellen. So sind beispielsweise in der Praxis des unternehmenswertorientierten Controllings eine Vielzahl von Erfolgsmaßstäben vorzufinden, die als Sollobjekt zur Kontrolle unternehmerischen Handelns dienen. So kann der Erfolg einer Periode z.B. als Economic Profit, Economic-Value-Added, Shareholder-Value-Added, Cashflow-Return-on-Investment, ermittelt werden. Es ist zu prüfen, ob das jeweilige Sollobjekt mit den Zielen der Entscheidungsträger übereinstimmt.

b) Istobjekt


In aller Regel ist das Istobjekt nicht einfach „ gegeben “ , sondern muss bei komplexeren Kontrollen vom Träger der Kontrolle identifiziert, manchmal sogar „ konstruiert “ werden. Man denke z.B. an eine Unternehmensbewertung, bei der der Istwert eines Unternehmens mit einem Sollwert verglichen werden soll. Da nicht alle feststellbaren Ausprägungen eines Istobjektes für den Vergleich von Bedeutung sind, erfolgt die Beschreibung des Istobjektes stets vor dem Hintergrund der relevanten Merkmale, die durch das Sollobjekt idealerweise vorgegeben sind.

4. Vergleich zwischen Soll- und Istobjekt


Der Vergleich der Merkmalsausprägungen des Soll- und Istobjektes wird in der Literatur z.T. als „ relativ unproblematisch “ (Delfmann, W.  1993, Sp. 3242; Mag, W.  1999, S. 58) bezeichnet; Schwierigkeiten sollen sich nur bei unterschiedlichen Skalierungen sowie bei mehrdimensionalen Ausprägungen ergeben. Diese Auffassung ist jedoch nur für sehr einfache betriebswirtschaftliche Kontrollhandlungen haltbar, z.B. einen Vergleich, ob für eine bestimmte Bestellung eine Genehmigung des Vorgesetzten vorlag oder nicht.
Betrachtet man die Vergleichshandlung jedoch als Teil eines Informationsverarbeitungs- und Entscheidungsprozesses und geht man von der realistischen Annahme aus, dass Ermessensspielräume bei der Bestimmung der vergleichsrelevanten Ausprägungen von Soll- und Istobjekt bestehen und der Kontrollträger i.d.R. ein Gesamturteil, das sich aus mehreren Soll-Ist-Vergleichen zusammensetzt, über die Güte eines Prozesses abgeben muss, wird die (aggregierte) Vergleichshandlung ungleich komplexer. I.d.R. ist auch eine Bewertung der festgestellten Abweichung vor dem Hintergrund des Zielsystems gefordert, die abhängig vom Ermessen des Beurteilenden ist. Bei komplexen Vergleichen muss der Kontrollträger auch beachten, dass Kontrollinformationen unterschiedlich zuverlässig sein können. Die Kontrolle der Leistung eines Aufgabenträgers, der im Bereich Forschung und Entwicklung tätig ist, die Kontrolle des Managements durch den Aufsichtsrat oder die Kontrolle des aufgestellten Jahresabschlusses durch den Abschlussprüfer sind hierfür Beispiele. Der Informationsverarbeitungsprozess bei Abschlussprüfungen ist vergleichsweise gut erforscht und kann deshalb als Modell einer solchen Perspektive dienen (vgl. Lenz, H.  2001).

5. Abweichungsanalyse und Anpassungsmaßnahmen


Wurden vom Träger der Kontrolle wesentliche Abweichungen festgestellt, sind die Ursachen für die Abweichungen zu ermitteln. Erst eine solche Analyse ermöglicht die Feststellung, ob die Abweichung vom Entscheidungsträger zu verantworten ist oder ob diese auf Einflussfaktoren zurückgeführt werden kann, die nicht vom Entscheider zu verantworten waren. Weiter wird hierdurch Lernen effizienter, wenn kausale Beziehungen zwischen Ursachen und Wirkungen erkannt werden, die dann für gezielte Gestaltungszwecke in Mittel-Ziel-Relationen transformiert werden können. Bei komplexeren Kontrollen, z.B. bei einer Analyse der Abweichung zwischen Soll- und Istgewinn, und stochastischen Zusammenhängen sind mehrere Ursachen, Kausalketten sowie Störgrößen zu berücksichtigen. Nach erfolgter Abweichungsanalyse sollen Anpassungsmaßnahmen bei fehleraufdeckenden Kontrollen zukünftig die Fehlerursache vermeiden. Fehlerverhindernde Kontrollen setzen die Kenntnis von Ursache-Wirkungs-Beziehungen schon voraus; Indikatoren sollten möglichst frühzeitig die Abweichungsursache anzeigen, damit deren Eintritt verhindert werden kann. So wird z.B. mit Einstellungstests versucht, die zukünftige Leistungsfähigkeit und -bereitschaft abzuschätzen, um negative Abweichungen des Betriebsergebnisses durch mangelnde Leistung des Arbeitnehmers zu vermeiden.

V. Kontrollprozess aus verhaltenswissenschaftlicher Sichtweise


In einer verhaltensorientierten Perspektive interessiert man sich für das Verhalten des Kontrollträgers und des Aufgabenträgers als Objekt der Kontrolle. Wie werden Kontrollen empfunden und wahrgenommen, werden damit die gewünschten verhaltenssteuernden Wirkungen erreicht? Einen Überblick geben Pfohl/Stölzle (vgl. Pfohl, H.-C./Stölzle, W.  1997, S. 219 ff.) und Küpper (vgl. Küpper, H.-U.  1997, S. 230 ff.). Die Art der Aufgabe, Arbeitssituation und Gruppenzugehörigkeit sind verhaltensbeeinflussende Bestimmungsfaktoren, die der Kontrollumwelt zugerechnet werden können. Zu den Einflussfaktoren des Kontrollsystems gehören z.B. die Persönlichkeit und Erfahrung des Kontrollierten, Persönlichkeit und Führungsverhalten des Kontrollträgers sowie die Art des Kontrollprozesses (z.B. Form, Umfang und Häufigkeit von Kontrollen).
In Abhängigkeit von der Persönlichkeit des Kontrollierten und der Aufgabenart kann z.B. starke Fremdkontrolle i.V.m. überwiegend extrinsischen Belohnungen die vorhandene intrinsische Motivation des Aufgabenträgers beeinträchtigen. Frey (vgl. Frey, B.  1997) bezeichnet dies als Verdrängungseffekt und formuliert die folgende empirisch prüfbare Hypothese: Je interessanter eine Tätigkeit, je persönlicher die Beziehungen zwischen Kontroll- (Prinzipal) und Aufgabenträger (Agent), je höher der Grad an Mitwirkung des Aufgabenträgers an Entscheidungen des Kontrollträgers, umso höher die Beeinträchtigung der intrinsischen Motivation des Aufgabenträgers, wenn Verhaltenskontrolle über Fremdkontrolle i.V.m. extrinsischen Belohnungen erfolgt. Die von Barkema (vgl. Barkema, H.G.  1995) vorgenommene empirische Analyse des Zusammenhangs zwischen verschiedenen Formen der Überwachung von Managern und deren Leistung kann als (partielle) Bestätigung interpretiert werden.
Fremdkontrolle kann durch Selbstkontrolle substituiert werden. Selbstkontrolle setzt voraus, dass bestimmte Normen (z.B. Arbeits- und Ehrlichkeitsethos) über familiäre, gesellschaftliche und betriebliche, insbesondere unternehmenskulturelle, Sozialisationsprozesse internalisiert werden. Aus der Perspektive rationaler Individuen müssen solche Sozialisationsprozesse mit bestimmten individuellen Vorteilen verbunden sein; anderenfalls wäre ihr langfristiges evolutionäres Bestehen kaum erklärbar. Sofern eine per Sozialisation erworbene Selbstbindung dem (potenziellen) Kontrollträger glaubwürdig signalisiert wird (vgl. Föhr, S./Lenz, H.  1992; Frank, R.H.  1988), kann dieser auf Kontrollen verzichten. Die ersparten Kontrollkosten führen zu Effizienzgewinnen, die zwischen Kontroll- und Aufgabenträger aufgeteilt werden können.
Literatur:
Arens, Alvin A./Loebbecke, James K. : Auditing: An Integrated Approach, London et al., 7. A., 2000
Barkema, Harry G. : Do Top Managers Work Harder When They Are Monitored?, in: Kyklos, Jg. 48, H. 1/1995, S. 19 – 42
Bell, Timothy/Marrs, Frank/Solomon, Ira : Auditing Organizations through a Strategic-Systems Lens, o. O. 1997
Delfmann, Werner : Planungs- und Kontrollprozesse, in: Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, hrsg. v. Wittmann, Waldemar/Kern, Werner/Köhler, Richard, Stuttgart, 5. A., 1993, Sp. 3232 – 3251
Ewert, Ralf/Wagenhofer, Alfred : Interne Unternehmensrechnung, Berlin et al., 4. A., 2000
Föhr, Silvia/Lenz, Hansrudi : Unternehmenskultur und ökonomische Theorie, in: Managementforschung 2, hrsg. v. Staehle, Wolfgang H./Conrad, Peter Berlin 1992, S. 111 – 162
Frey, Bruno S. : Markt und Motivation, München 1997
Frank, Richard H. : Passions within Reason: The Strategic Role of the Emotions, New York et al., 1988
IDW, : IDW Prüfungsstandard: Das interne Kontrollsystem im Rahmen der Abschlussprüfung, in: IDW-Fachnachrichten, Jg. 2001, H. 8/2001, S. 321 – 335
Küpper, Hans-Ulrich : Controlling: Konzeption, Aufgaben und Instrumente, Stuttgart, 2. A., 1997
Lenz, Hansrudi : Prüfungstheorie, verhaltensorientierter Ansatz, in: Handwörterbuch der Rechnungslegung und Prüfung, hrsg. v. Ballwieser, Wolfgang/Coenenberg, Adolf G./Wysocki, Klaus v., Stuttgart, 3. A., 2002, Sp. 1924 – 1938
Mag, Wolfgang : Planung und Kontrolle, in: Vahlens Kompendium der Betriebswirtschaftslehre, Bd. 2, hrsg. v. Bitz, Michael/Dellmann, Klaus/Domsch, Michel, München, 4. A., 1999, S. 1 – 64
Maul, Karl-Heinz : Grundlagen eines Internen Kontrollsystems, in: WPg., Jg. 30, H. 9/1977, S. 229 – 236
Pfohl, Hans-Christian/Stölzle, Wolfgang : Planung und Kontrolle, München, 2. A., 1997
Power, Michael : The Audit Society: Rituals of Verification, Oxford et al. 1997
v. Wysocki, Klaus : Grundlagen des betriebswirtschaftlichen Prüfungswesens, München, 3. A., 1988
Wiedmann, Harald : Ansätze zur Fortentwicklung der Abschlussprüfung, in: WPg, Jg. 51, H. 7/1998, S. 338 – 350

 

 


 

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