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Steuersysteme


Inhaltsübersicht
I. Unternehmensbesteuerung als Teilsystem des Gesamtsteuersystems
II. Leitideen idealer Steuersysteme
III. Systemelemente der Unternehmensbesteuerung
IV. Die Relevanz der steuerlichen Systemelemente für die Unternehmensplanung

I. Unternehmensbesteuerung als Teilsystem des Gesamtsteuersystems


Systeme der Unternehmensbesteuerung sind Teil des sie umgreifenden allgemeinen Steuersystems, das die Besteuerungsregeln für Unternehmen als Institutionen mit denen der Besteuerung natürlicher Personen verknüpft. Der konzeptionelle Entwurf von Steuersystemen basiert jeweils auf einem bestimmten Verständnis der Funktion von Unternehmen, wobei ein institutionales und ein instrumentales Unternehmensverständnis unterschieden werden kann. Dem institutionalen Verständnis zufolge werden Unternehmen als Einheiten mit eigenständiger Interessenentfaltung verstanden und deshalb auch als selbstständige Steuerlastträger angesehen. Hingegen dienen Unternehmen bei einem instrumentalen Unternehmensverständnis den Einkommensinteressen der Kapitaleigner, die sowohl die auf der Ebene des Unternehmens ausgelöste Steuerlast als auch persönliche Steuern als negative Zielbeiträge in ihrer Planung berücksichtigen.
Der Konzeption der meisten Steuersysteme liegt eine instrumentale Sichtweise der Unternehmung als einer unter verschiedenen möglichen Einkommensquellen von Kapitaleignern zugrunde. Hierdurch tragen die Steuersysteme der Tatsache Rechnung, dass Marktteilnehmer frei entscheiden können, ob sie zum Zweck der Einkommenserzielung als Anbieter von Arbeitsleistungen und Kapital unmittelbar auf dem Markt auftreten oder ob sie ihre Einkommenserzielung in der komplexeren Organisationsform von als Institutionen organisierten Unternehmen verfolgen (Wagner, F.W.  2000).
Nehmen Unternehmen als rechtlich selbstständige juristische Personen am Marktgeschehen teil, so kann die Steuererhebung auf Unternehmensebene von der Besteuerung der Kapitaleigner separiert werden. Die steuerliche Separation der Ebenen ist deshalb sinnvoll, da für den Transfer der von Unternehmen am Markt erzielten Überschüsse auf die Ebene der Anteilseigner neben deren Ausschüttung verschiedene andere vertragliche Wege der Weiterleitung des Residualanspruchs offenstehen, z.B. durch Geschäftsführergehälter, mietweise Überlassung von Betriebsvermögen, Darlehensvereinbarungen sowie durch die Veräußerung von Kapitalanteilen (Elschen, R.  1994).
Wegen des Abstimmungsbedarfs mit den anderen Formen der Einkommenserzielung ist für Systeme der Unternehmensbesteuerung ein allgemeines Verständnis von Steuersystemen vonnöten, das auch die Bezüge zu anderen Arten der Einkunftserzielung herstellt (Gutachten der Steuerreformkommission,  1971).

II. Leitideen idealer Steuersysteme


Trotz der Unterschiede in der historischen Entwicklung der einzelnen Staaten weisen die Steuersysteme ein bemerkenswertes Maß an Gemeinsamkeiten auf. Sie beruhen in der Regel auf der Besteuerung von Einkommen, Konsum und Vermögen (Messere, K.  1998). Eine mögliche Erklärung für die Übereinstimmung von Besteuerungsbasen liegt in universellen Einsichten hinsichtlich ihrer ökonomischen Wirkung. Da die Einkommenserzielung und die Einkommensverwendung für Konsumzwecke als zentrale Motive wirtschaftlichen Handelns angesehen werden, ist deshalb auch ihre Besteuerung geboten. Durch die Besteuerung der ökonomischen Zielerreichung werden die Ausweichhandlungen der Steuerpflichtigen reduziert, da die Verringerung der Steuerlast in diesem Fall stets mit einer Nutzeneinbuße verbunden wäre.
Diese Einsicht in das Konstruktionsprinzip von Steuersystemen würde grundsätzlich ihre Reduzierung auf wenige Elemente ermöglichen, wenn die Besteuerung stets auf ihren fiskalischen Zweck beschränkt würde. Häufig werden neben fiskalischen Zwecken der staatlichen Einnahmenbeschaffung mit der Besteuerung aber auch Lenkungs- und Umverteilungszwecke verfolgt, die zu Sondersteuern führen.
Die Beschränkung von Steuersystemen auf ihren fiskalischen Zweck erfordert ihre Entscheidungsneutralität. Dies ist nur dann möglich, wenn die Steuerbemessungsgrundlagen gleichzeitig die Zielrealisation der Steuerpflichtigen messen. In der ökonomischen Modellbildung wird davon ausgegangen, dass Unternehmer bestrebt sind, die von Unternehmen erwirtschafteten Überschüsse in einen präferenzkonformen Konsumentnahmestrom zu transformieren. Deshalb ist das Einkommen einer Periode als Zuwachs an Verfügungsmacht über Konsummöglichkeiten zu ermitteln und wird dem Verständnis der Investitionstheorie zufolge durch die Erhöhung des Ertragswertes bestimmt. Diese Art der Einkommensermittlung wird als ökonomischer Gewinn bezeichnet (Schneider, D.  1992, S. 206 ff.).
Bei der Besteuerung des ökonomischen Gewinns wäre nicht mit Steuervermeidungsbestrebungen zu rechnen, da er als Verzinsung des Ertragswerts eine Lineartransformation des Zielkriteriums des Steuerpflichtigen darstellt. Da die Ermittlung von Ertragswerten auf für den Fiskus nicht beobachtbaren unsicheren Schätzgrößen basiert, ist eine neutrale Einkommensbesteuerung wegen ihrer Rechtsunsicherheit allerdings nicht praktikabel, sofern für die Barwerte der künftigen Zahlungsüberschüsse keine beobachtbaren Preise auf Kapitalmärkten ermittelt werden können. Deshalb können alle praktizierten Systeme der Einkommensbesteuerung allenfalls als Näherungslösungen einer neutralen Besteuerung angesehen werden.
Eine andere Methode der investitionsneutralen Besteuerung stellt die Besteuerung nicht periodisierter Erwerbseinzahlungen und Erwerbsauszahlungen dar, die als Cashflow-Steuer bzw. in einer barwertäquivalenten Form als zinsbereinigte Einkommensteuer (Wenger, E.  1983) bezeichnet wird. Anstelle der Besteuerung der periodischen Änderung von Zielgrößen tritt somit die Besteuerung der Zielgrößen selbst. Die Meßmethode bewirkt, dass alle Investitionsausgaben im Zeitpunkt ihres Abflusses die Steuerbemessungsgrundlage mindern und bei Ausschluss zinsloser Kassenhaltung als Besteuerungsbasis somit die Konsumausgaben verbleiben. Die Cashflow-Steuer als Form einer persönlichen Konsumsteuer entspricht der bei der Besteuerung von Arbeitseinkommen in allen Staaten angewandten „ Überschussrechnung “ , die in modifizierter Form auch Anwendung bei der Besteuerung der Einkünfte freier Berufe und nicht buchführungspflichtiger Unternehmen findet.
Die in Modellform abgeleiteten Bedingungen investitionsneutraler Besteuerung gehen grundsätzlich davon aus, dass Steuerpflichtige die Überschüsse auf dem Markt selbst erzielen, diese somit dem Investor unmittelbar zufließen und deshalb auch steuerlich zugerechnet werden; im Verlustfall wird eine entsprechende Steuererstattung unterstellt. Eine institutionale Abgrenzung der Einkommensquelle unterbleibt. Wegen fehlender Differenzierung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter wird auch die Besteuerung von Anteilsveräußerungen in den Modellbedingungen einer idealen Besteuerung nicht thematisiert.

III. Systemelemente der Unternehmensbesteuerung


Entgegen den Modellannahmen einer unmittelbaren Bestimmung der Steuerhöhe durch persönliche Ermittlung des Einkommens oder des Konsums ist die Unternehmensbesteuerung in den meisten Industriestaaten durch eine Reihe von Systemelementen bestimmt, die von zahlreichen Merkmalen der zwischen die Markttransaktionen und den Kapitaleigner tretenden, institutionalen Unternehmung beeinflusst werden. Diese Merkmale hängen vor allem von dem für die Durchführung von Transaktionen gewählten rechtlichen Rahmen ab und können als Charakteristika der steuerlichen Belastung der Finanzierungswege beschrieben werden (Elschen, R.  1994; Jacobs, O.H.  1999; Roßmayer, K.  1996; Schreiber, U.  1987; Wamsler, C.  1998). Die Steuerbelastungselemente der Finanzierungswege werden in den verschiedenen Steuersystemen sowohl durch erfassungstechnische, zivilrechtliche als auch verteilungspolitische Erwägungen bestimmt. Im Wesentlichen können die der Ermittlung und Zurechnung des Einkommens auf natürliche und juristische Personen dienenden Systemelemente der Unternehmensbesteuerung nach folgenden Merkmalen differenziert werden (Sigloch, J.  2000):

-

Abgrenzung der institutionalen und personalen Besteuerungsebene;

-

Bemessungsgrundlagenermittlung auf Institutionen- und Personenebene;

-

Verlustberücksichtigung;

-

Erfassung von Veräußerungsgewinnen.


1. Abgrenzung der institutionalen und personalen Besteuerungsebene


Bedient sich der Kapitaleigner zur Verfolgung seiner Einkommensinteressen einer Unternehmung, so lassen sich die Zusammenhänge grafisch entsprechend Abb. 1 veranschaulichen.
Steuersysteme
Abb. 1: Steuerliche Einkommensdefinitionen
Die Unternehmung erzielt Zahlungsüberschüsse aufgrund der Leistungsbeziehungen mit ihrer Umwelt, die für die Ermittlung von Steuerbemessungsgrundlagen teilweise zu buchhalterischen Erträgen und Aufwendungen transformiert werden. Für die Gewinnermittlung auf Unternehmensebene sowie die Besteuerung der Ausschüttungen an die Kapitaleigner gibt es eine Vielfalt von Regeln, wobei die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen einerseits entweder auf die Unternehmensebene oder auf die Anteilseignerebene beschränkt werden, und andererseits auch beide Ebenen miteinander kombiniert werden können.

a) Einfache Systeme


Als theoretische Grenzfälle sind die vollständige Dualisierung der Besteuerung auf der Unternehmensebene einerseits und auf der Kapitaleignerebene andererseits denkbar.
Besteuerung der Gewinne auf Unternehmensebene
Bei Besteuerung nach dem Zurechnungsprinzip werden die Gewinne der Unternehmensebene den jeweiligen Anteilseignern ungeachtet der Entnahmen und Einlagen als Einkommen zugerechnet und mit persönlicher Einkommensteuer belastet. Die Steuerermittlung auf Unternehmensebene basiert in diesem Fall nicht auf dem Ziel der Belastung der Unternehmung als solcher, sondern erfolgt aus erfassungstechnischen Vereinfachungsgründen.
Andererseits ist auch eine definitive und abschließende Besteuerung der Gewinne auf Unternehmensebene mit einer eigenen Institutionenbesteuerung möglich. Hierbei kann zum einen die Unternehmung als verselbstständigtes Steuersubjekt angesehen werden, das wie im Falle der „ Betriebsteuer “ nicht in das System der Einkommensbesteuerung integriert ist (Heidinger, G.  1983; Sigloch, J.  2000).
Zum anderen kann die abschließende Gewinnbesteuerung auf Gesellschaftsebene auch als abgeltende Vorauszahlung der Einkommensteuer der Anteilseigner angesehen werden, die lediglich aus Gründen der erfassungstechnischen Vereinfachung vorab auf Gesellschaftsebene erhoben, aber als Steuerlast des Gesellschafters angesehen wird. Dies ist vor allem dann möglich, wenn der persönliche Steuertarif nicht progressiv ausgestaltet ist und mit dem auf Gesellschaftsebene erhobenen Unternehmensteuersatz weitgehend übereinstimmt. Andernfalls führt eine einheitliche definitive Besteuerung auf Unternehmensebene je nach Höhe des Steuersatzes zur Begünstigung oder Benachteiligung gegenüber anderen progressiv besteuerten Einkunftsarten. In der Folge können hinsichtlich der Anteilseignerstruktur Klienteleffekte entstehen, da bei hohen Unternehmensteuersätzen der Anteilserwerb für Bezieher von niedrig besteuerten persönlichen Einkommen gegenüber anderen Einkommensquellen nicht attraktiv wäre, während niedrige Unternehmensteuersätze andere Einkommensquellen benachteiligen würden und somit ein Anreiz für ihren Austausch oder ihre Umwandlung in Unternehmensgewinne entstünde.
Im deutschen Steuersystem ist das Zurechnungsprinzip der auf Unternehmensebene festgestellten Gewinne auf die Gesellschafter für Einzelunternehmen und Personengesellschaften üblich, die hierdurch anderen Einkommensquellen hinsichtlich der Einbeziehung in die Steuerprogression gleichgestellt werden. In anderen Staaten können auch auf Personenunternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform die Regeln einer einheitlichen Unternehmensbesteuerung angewendet werden (Messere, K.  1998).
Die Zurechnungsmethode kommt für Publikumskapitalgesellschaften mit vielen und häufig wechselnden Anteilseignern wegen deren Anonymität und folglich schwierigen Zurechenbarkeit von Unternehmensgewinnen zu den Anteilseignern nicht in Frage.
Besteuerung der Ausschüttungen auf Gesellschafterebene
Bei ausschließlicher Besteuerung der Ausschüttungen gemäß persönlicher Einkommensteuersätze auf Gesellschafterebene bleibt die Gewinnerzielung auf Gesellschaftsebene steuerlich unbeachtlich. Eine Reduzierung der Besteuerung auf Ausschüttungen würde durch einen „ Lock-in-Effekt “ einen Anreiz erzeugen, keine Ausschüttungen vorzunehmen und die Überschüsse auf Unternehmensebene zu thesaurieren; für Konsumzwecke können Anteile veräußert werden. Dies schränkt die Lenkungsfunktion des Kapitalmarkts ein, da in diesem Fall Anleger Investitionen in Unternehmen trotz niedrigerer Verzinsung wegen der Steuervorteile gegenüber anderen Einkommensquellen vorziehen werden.

b) Kombinierte Systeme


Die Kombination der Körperschaftsteuer auf Gesellschaftsebene und der Einkommensbesteuerung auf Gesellschafterebene wird bei anonymem Anteilseigentum notwendig, wenn auf der Ebene der Gesellschafter die Progression der Einkommensbesteuerung beibehalten wird, da im Fall der Beschränkung der Besteuerung auf die Gesellschaftsebene keine Gleichstellung von Unternehmenseinkommen mit anderen progressiv besteuerten Einkünften möglich ist.
Die Kombinationsformen lassen sich vereinfacht gemäß Abb. 2 in grafischer Form darstellen (Winner, H. 2000, S. 85).
Steuersysteme
Abb. 2: Körperschaftsteuersysteme
Die Belastung der verschiedenen Verfahren kann auch in formaler Schreibweise verdeutlicht werden, wobei der Prozentsatz der Gesamtsteuerbelastung mit s, die Tarifbelastung auf Unternehmensebene mit su und die der Gesellschafterebene mit se bezeichnet werden soll (Dickescheid, T.  2002; Pointon, J./Spratley, D.  1988).
Klassische Körperschaftsteuersysteme
Bei einem „ klassischen “ Körperschaftsteuersystem, das z.B. seit langem in den USA angewendet wird, erfolgt eine sukzessive Besteuerung von einbehaltenen und ausgeschütteten Gewinnen, die zunächst auf Unternehmensebene mit Körperschaftsteuer belegt und im Fall der Ausschüttung zusätzlich mit Einkommensteuer belastet werden.
Der auf eine Geldeinheit des Bruttogewinns normierte Verfügungsbetrag beträgt nach Abzug der Gesamtsteuerbelastung:
Steuersysteme
Dies führt zu einem Konfliktpotenzial zwischen Aktionären mit niedrigem und hohem Einkommensteuersatz, da letztere Gewinne thesaurieren und hierdurch die Steuerbelastung temporär auf su beschränken können. Sofern Aktionäre mit niedrigerem Einkommensteuersatz Ausschüttungen nicht durchsetzen können, sind sie gezwungen, ihre Konsumausgaben durch Anteilsveräußerung zu decken bzw. andere Kapitalanlagen zu wählen. Verteilungspolitisch kann als unerwünscht gelten, dass die Bezieher hoher Einkommen am meisten von der Thesaurierung profitieren.
Teilhabersteuer
Die Teilhabersteuer (Engels, W./Stützel, W.  1968; Ketzel, E.  1969) richtet die Besteuerung von Kapitalgesellschaften gänzlich an den persönlichen Verhältnissen der Anteilseigner aus und folgt damit der instrumentalen Sichtweise der Unternehmung als einer anderen Einkünften gleichgestellten Einkommensquelle am konsequentesten. Der auf Unternehmensebene ermittelte „ Teilhaberertrag “ unterliegt einer vorläufigen Teilhabersteuer, die mit der Steuer auf den Teilhaberertrag des Anteilseigners verrechnet wird. Die Teilhabersteuer folgt hinsichtlich der Zurechnung dem Modell der Personenunternehmen. Hinsichtlich ihrer Höhe dient sie als Quellensteuer auf Unternehmensebene lediglich der Sicherung des Steueraufkommens, da es im Extremfall der Zurechnung der Einkünfte ausschließlich an Gesellschafter, deren Einkünfte unterhalb von Freibeträgen liegen, zu einer vollständigen Erstattung der Steuer auf der Ebene der Gesellschafter käme.
Bezeichnet α den Anrechnungsfaktor der Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer, und gilt bei der Teilhabersteuer wegen der Vollanrechnung α = 1, so lässt sich die Belastungswirkung der Gesamtbesteuerung wie folgt formulieren:
Steuersysteme
Die Einkommensteuerprogression wird somit auf alle Unternehmensgewinne übertragen, wodurch das Konfliktpotenzial zwischen Aktionärsgruppen mit unterschiedlichen Steuersätzen ausgeschlossen und eine Klientelbildung verhindert wird.
Integration durch Anrechnungsverfahren
Der Unterschied des in Deutschland von 1977 bis 2000 praktizierten Anrechnungsverfahrens gegenüber der Teilhabersteuer besteht darin, dass die Anrechnung der Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer nur im Falle der Ausschüttung erfolgt und bei Thesaurierung die Gewinne bis zur späteren Ausschüttung mit Körperschaftsteuer belastet bleiben (Gutachten der Steuerreformkommission,  1971; Wamsler, C.  1998). Eine Wirkung auf Ausschüttungen lässt sich nicht vermeiden, da bei niedriger Thesaurierungsbelastung ein „ Lock-in-Effekt “ für Bezieher hoher persönlicher Einkommen entsteht und bei hoher Thesaurierungsbelastung das „ Schütt Aus-Hol zurück-Verfahren “ für Bezieher niedriger persönlicher Einkommen vorteilhaft wird. Im Fall der Vollausschüttung übernimmt die Körperschaftsteuer jedoch wie die Teilhabersteuer ausschließlich erfassungstechnische Sicherungsfunktionen.
Verfahren der Teilintegration
Daneben existieren für Ausschüttungen noch andere Entlastungsverfahren auf Gesellschaftsebene durch Dividendenabzug oder Tarifspaltung für einbehaltene und ausgeschüttete Gewinne (in Deutschland bis 1976) sowie auf Gesellschafterebene Verfahren der Dividendenfreistellung oder ihrer Teilentlastung. Hierzu zählt das in Deutschland seit 2001 praktizierte „ Halbeinkünfteverfahren “ (Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung,  1999).
Bezeichnet β den Anteil der bereits um die Körperschaftsteuer gekürzten Nettodividende, der der Einkommensteuer unterliegt, so gilt
Steuersysteme
Beim deutschen Halbeinkünfteverfahren wird β = 0,5 eingesetzt, wodurch sich für die Belastung von Ausschüttungen ergibt
Steuersysteme
Da die Einkommensteuerbelastung durch Thesaurierung der Gewinne vermieden werden kann, beschränkt sich während der Dauer der Gewinnthesaurierung die Steuerbelastung wie beim klassischen System auf die der Unternehmensebene.

2. Steuerliche Regelung anderer Systemelemente


Die Bemessungsgrundlagenermittlung auf Personen- und Institutionenebene erfolgt nach vielfältigen und zwischen den Staaten stark differenzierten Regelungen. Im kontinentaleuropäischen Bereich besteht eine engere Anlehnung der Bemessungsgrundlagen an die Handelsbilanz, während im angelsächsischen Bereich traditionell zwischen Handelsrecht und Steuerrecht getrennt wird.
Die Regelungen der Verlustverrechnung und der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen differieren ebenfalls sehr stark, wobei für die Verlustverrechnung zahlreiche Beschränkungen und für die Veräußerungsgewinnbesteuerung häufig Steuerermäßigungen bestehen.

IV. Die Relevanz der steuerlichen Systemelemente für die Unternehmensplanung


Die Wirkungen der Einzelelemente der Besteuerung auf Unternehmensentscheidungen hängen wesentlich vom Entscheidungstyp ab. Je kurzfristiger die Entscheidungen sind und je geringer ihre Tragweite ist, um so geringer ist die Notwendigkeit, die Bestimmungsgründe der Besteuerung bis auf die Ebene des Kapitaleigners zu verfolgen. Für Partialentscheidungen können deshalb die Steuerfolgen von Ausschüttungen und Anteilsveräußerungen außer Betracht bleiben.
Die zahlreichen Steuersystemelemente können in ihrer Wirkungsweise nicht isoliert betrachtet werden. Z. B. können Abschreibungsverfahren in ihren Wirkungen durch Beschränkungen der Verlustverrechnung beeinträchtigt werden; die isolierte Betrachtung einzelner Steuerelemente kann folglich zu Fehlentscheidungen führen. Die Abwägung zwischen der Kalkülvereinfachung durch Reduktion der berücksichtigten Steuersystemelemente und Fehlentscheidungen wegen der Vernachlässigung ihrer gegenseitigen Abhängigkeit muss im Einzelfall erfolgen.
Literatur:
Brühler Empfehlungen zur Reform der Unternehmensbesteuerung, : Berichte der Kommission zur Reform der Unternehmensbesteuerung. Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen, Heft 66, Berlin 1999
Dickescheid, Thomas : Die Unternehmenssteuerreform 2001 und der Übergang zum Halbeinkünfteverfahren, in: Steuer und Wirtschaft, Jg. 78, 2002
Elschen, Rainer : Institutionale oder personale Besteuerung von Unternehmensgewinnen?, Hamburg, 2. A., 1994
Engels, Wolfram/Stützel, Wolfgang : Teilhabersteuer, Frankfurt a.M., 2. A., 1968
Gutachten der Steuerreformkommission, : Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen, Heft 17, Bonn 1971
Heidinger, Gerald : Betriebsteuer und vollsynthetische Einkommensteuer: Vorschläge zu einer rationalen Unternehmens- bzw. Einnahmenbesteuerung, Wien 1983
Jacobs, Otto H. : Körperschaftsteuersysteme in der EU – Eine Analyse der Wettbewerbswirkungen und Reformvorschläge, in: Unternehmenspolitik und internationale Besteuerung, Festschrift für Lutz Fischer zum 60. Geburtstag, hrsg. v. Kleineidam, Hans-Jochen, Berlin 1999, S. 85 – 116
Jacobs, Otto H./Spengel, Christoph : Aspekte der Unternehmensbesteuerung in Europa, Baden-Baden 1996
Ketzel, Eberhart : Teilhabersteuer – Konzeption und Gestaltungsmöglichkeiten, Saarbrücken 1969
Messere, Ken : The tax system in industrialized countries, Oxford 1998
Pointon, John/Spratley, Derek : Principles of Business Taxation, Oxford 1988
Popitz, Johannes : Einkommensteuer, in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Bd. 3, hrsg. v. v. Elster, Ludwig/Weber, Adolf/Wieser, Friedrich, Jena, 4. A., 1926, S. 400 – 491
Roßmayer, Konrad : Ökonomische Analyse der Körperschaftsteuersysteme in der EU, Frankfurt a.M. et al. 1996
Schneider, Dieter : Investition, Finanzierung und Besteuerung, Wiesbaden, 7. A., 1992
Schreiber, Ulrich : Rechtsformabhängige Unternehmensbesteuerung?, Köln 1987
Sigloch, Jochen : „ Betriebsteuer “ – Ein zukunftsfähiges Unternehmenssteuerkonzept?, in: Unternehmensbesteuerung – Perspektiven der Besteuerung, hrsg. v. Mayer, Horst, Stuttgart et al. 2000, S. 111 – 135
Wagner, Franz W. : Unternehmenssteuerreform und Corporate Governance, in: Steuer und Wirtschaft, Jg. 77, 2000, S. 109 – 120
Wagner, Franz W./Baur, Thomas B./Wader, Dominic : Was ist von den „ Brühler Empfehlungen “ für die Investitionspolitik, die Finanzierungsstrukturen und die Neugestaltung von Gesellschaftsverträgen der Unternehmen zu erwarten?, in: Betriebs-Berater, Jg. 54, 1999, S. 1296 – 1300
Wamsler, Christa : Körperschaftsteuerliche Integration statt Anrechnung?, Köln 1998
Wenger, Ekkehard : Gleichmäßigkeit der Besteuerung von Arbeits- und Vermögenseinkünften, in: Finanzarchiv N. F., Jg. 41, 1983, S. 207 – 252
Winner, Hannes : Unternehmensbesteuerung in Europa: eine ökonomische Analyse aus Sicht der österreichischen Steuerpolitik, Baden-Baden 2000

 

 


 

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