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Ablauforganisation

In der Wirtschaftssoziologie: Aufbau- und Ablauforganisation





1. Definition Die Ablauforganisation beschreibt die inhaltliche, räumliche und zeitliche Abfolge von Aktivitäten, um eine  Aufgabe zu erfüllen. Sie regelt den Ablauf des betrieblichen Geschehens unter Berücksichtigung der Anforderungen an das gewünschte Ergebnis und des Leistungsvermögens von Personen und verfügbarer Sachmittel. Die jeweilige betriebliche Ablauforganisation ist dokumentiert in Arbeitshandbüchern, Leitfäden und Vorschriften, um eine wiederholbare, nachvollziehbare Ausführung jeder Aufgabe des Ablaufes mit gleichbleibender Qualität sicher zu stellen.
2. Abgrenzung Die Komplexität einer Aufgabe, die eine Ablauforganisation zu realisieren hat, bestimmt die benötigte Qualifikation der ausführenden Personen oder die technologische Vielfalt der eingesetzten Sachmittel. Bei umfangreicheren Aufgaben — beispielsweise der Herstellung eines Produktes — ergibt sich daher meist eine Spezialisierung der Personen auf bestimmte Tätigkeiten und damit auch die Zuordnung der benötigten Sachmittel. Gebäude, Einrichtungen, Maschinen, Werkzeuge Informationssysteme oder Daten sind auf die einzelnen Aufgabenschwerpunkte zugeschnitten. Ausserdem gestaltet sich der Gesamtablauf oft derart lang, dass eine Zergliederung in Teilabläufe sinnvoll ist. Insofern entsteht eine Abl.     die Befriedigung des Kundenwunsches bestehend aus Tell-Ablauforganisationen, die teils sequentiell teils parallel ihre Teilaufgaben abarbeiten. Die Vorkalkulation im Rahmen der Erstellung eines Angebotes, die Erprobung bei der Entwicklung eines neuen Produktes oder die Lackierung einer Rohkarosse sind Beispiele für derartige Teilabläufe. Mit steigender Komplexität, Spezialisierung und Zergliederung verliert die Ablauforganisation allerdings an Übersichtlichkeit und Flexibilität. Daraus ergibt sich ein grösserer Planungs- und Koordinierungsaufwand. Fasst man jetzt die spezialisierten Tätigkeiten zusammen, um Grössenvorteile zu nutzen, beispielsweise ein zentraler Einkauf oder Qualitätssicherung, oder lagert die Planungs- und Kontrollfunktionen aus dem Ablauf aus, so ergibt sich eine Struktur: die sog.  Aufbauorganisation. Dieser Schritt ist überall dort anschaulich nachzuvollziehen, wo ein kleines „Start-up-Unternehmen” um Grössenordnungen wächst. Arbeitet anfangs noch jeder in jeder Funktion, bilden sich schnell Spezialisierungen, die in eine Aufbauorganisation mit festen Zuständigkeiten mündet. Insofern sind reine Ablauforganisationen ohne Aufbauorganisation nur in Kleinstuntemehmen mit einfachen Aufgaben zu finden und auch nur dann, wenn jeder Mitarbeiter alle Tätigkeiten des Ablaufes gleich gut beherrscht. Ablauf-und Aufbauorganisation sind also nahezu untrennbar miteinander verwoben. Der reine Ablauf erhält eine übergeordnete Struktur. Diese Struktur sollte allerdings so klein wie möglich sein, da sie oft nicht direkt an der Wertschöpfung beteiligt ist und die Zunahme ablaufinterner   Schnittstellen zusätzliche Kosten und Verzögerungen bedeutet.
3. Ziele Die Ziele der Ablauforganisation haben sich in den letzten dreissig Jahren verändert. Früher dominierte die Auslastung aller am Ablauf beteiligten Ressourcen die Zielvorgaben. Heute stehen überwiegend kundenorientierte Ziele im Vordergrund wie termingerechte Ausführung, hohe Qualität, geringe Kosten, kurze Durchführungszeiten, hohe Flexibilität, Service- und Kundenfreundlichkeit und die Fähigkeit zu kundenspezifischen innovativen Lösungen.
4. Gestaltung der Ablauforganisation Voraussetzungen der Ablauforganisation für die Erreichung der o.g. Ziele sind minimale Bestände an Material, Sachmitteln und Personal. Ist die zu erfüllende Aufgabe einfach, hat wenig Wertschöpfungsstufen, keine oder wenig Varianten mit hoher Ähnlichkeit und grosse Stückzahlen, dann kann der Grad der Arbeitsteilung höher und die Qualifikation der am Ablauf Beteiligten geringer sein. Steigt die Komplexität der Aufgabe oder die Variantenvielfalt empfiehlt es sich oft, den Grad der Arbeitsteilung zu reduzieren und Planungs-, Kontroll- und Unterstütztuigstätigkeiten aus zentralen Funktionsbereichen in den Ablauf selbst zu verlagern. Dies verringert Schnittstellen und ermöglicht eine höhere Reaktionsfähigkeit auf Ablaufstörungen. Diese Art der Dezentralisierung führt allerdings zu höheren Anforderungen an die Mitarbeiterqualifikation und setzt die Bereitschaft voraus, in interdisziplinären Teams zusammen zu arbeiten. Weiterhin benötigt der Mitarbeiter alle ablaufrelevanten Informationen, die zur Lösung der Aufgabe erforderlich sind. Die Gestaltung entsprechender Informationssysteme geht dann oft über die bestehenden funktionalen Grenzen innerhalb der klassischen Aufbauorganisation hinaus. Letztendlich versucht man das Ideal einer reinen selbststeuernden Ablauforganisation ohne oder mit möglichst wenig Aufbauor-ganisation zu realisieren. Das lässt sich besonders gut im Innovationsmanagement neuer Technologien erkennen. Einige Unternehmen gliedern Forschungsteams als rechtlich selbständige Kleinunternelunen mit eigenem Budget aus, um sie aus den Zwängen einer komplexen Aufbauorganisation zu befreien. Als schwach organisiertes Start-up-Unternehmen geniesst es alle Vorteile der Flexibilität, informellen Kommunikation und Schnelligkeit am Markt. Ähnlich verfahren auch modernere Ansätze der Ablauforganisation, die innerbetrieblich das Konzept der „Firma in der Firma” verfolgen. Selbständige Gruppen von variabel qualifizierten Mitarbeitern verantworten eine komplette Teilaufgabe, beispielsweise Motorenmontage, Werkzeugherstellung oder Prototypenbau, und sind in ein Netzwerk unternehmensinterner Kunden- / Lieferantenbeziehungen eingebettet. Sind die Teilaufgaben hinreichend gross gewählt und die Mitarbeiter entsprechend flexibel einsetzbar, ergibt sich ein Ablauf mit wenigen und einfachen Schnittstellen und entsprechend geringem Planungs- und Kontrollaufwand. Die Ablauforganisation gewinnt an Schnelligkeit und erhöht die Qualität des Ergebnisses.
5. Synonyme, neuere Begriffe Häufig verwendete Synonyme für Ablauforganisation sind Prozessorganisation, Geschäftsprozess, Wertschöpfungsprozess oder Unternehmensprozess. Hier unterscheidet die Literatur gerne in   Kern-prozesse und   Unterstützungsprozesse. Leitgedanke der Prozess-Sichtweise der letzten Jahre ist, dass einzelaufgabenorientierte Arbeitsplätze und stark arbeitsteilige Abläufe den Anforderungen des heutigen Marktes an innovative Lösungen, hohe Qualität, kurze Lieferzeiten oder niedrige Preise nicht mehr genügen. Dies liegt insbesondere an der fehlenden Verantwortung der Einzelperson für das Gesamtergebnis sowie der Fehleranfälligkeit und Trägheit aufgrund zu vieler ablaufinterner Schnittstellen, die sich aus der Arbeitsspezialisierung und Fragmentierung ergeben.
6. Veränderung der Ablauforganisation Die Ablauforganisation unterliegt einem ständigen Wandel, da sie sich den Anforderungen der Kunden und dem Wettbewerb anpassen muss. Stellt man dabei den Gesamtablauf und sogar die Aufbauorgartisation in frage, so bezeichnet man das als   Business Process Reengineering. Es geht dabei um eine radikale Umstrukhirierung ausschliesslich nach Bedürfnissen des auf den Kunden gerichteten Prozesses. Im Gegensatz dazu zielt das  Kaizen auf eine kontinuierliche Verbesserung jeder Einzeltätigkeit im Gesamtprozess. Die Vorgehensweise den Ablauf neu zu organisieren erfolgt meist in mehreren Schritten. Eine Ist-Analyse erfasst den gegenwärtigen Ablauf beginnend mit der Gesamtaufgabe und den zugehörigen Teilaufgaben und Tätigkeiten und dokumentiert dessen Schwachstellen. Schwachstellen äussern sich meist in Zielabweichungen der Tennintreue, Qualität, Ressourcenverbrauch, unnötigen Wartezeiten, schlechter Datenqualität oder zu hohen Kosten. Eine anschliessende Ursachenanalyse erweitert die Erkenntnisse um Wirkungszusammenhänge und Abhängigkeiten. Denn nicht immer liegen die Ursachen einer Schwachstelle in ihrem unmittelbaren Umfeld. Die Methode des „fünffachen warum” im Rahmen des Kaizen hinterfragt jede Zielabweichung derart, dass sich spätestens nach dem fünften warum die wahre Ursache eines Problems zeigt. Eine weitere gute Anregung für die Umgestaltung der Abläufe ergibt sich auch aus einem Vergleich des Prozesses in anderen Unternehmen — dem sogenannten   Benchmarking. Sind die Schwachstellen und deren Ursachen bekannt beginnt die Ablaufoptimierung oder das Process-Redesign. Im Fokus steht hier, den Ablauf so einfach wie möglich zu gestalten. Den Veränderungsprozess bestimmen weitestgehend fünf Gestaltungskriterien: · Das Weglassen eliminiert nicht wertschöpfende Tätigkeiten oder integriert sie in den Prozess, bspw. Prüfschritte oder Dokumentation. · Das Hinzufügen von Tätigkeiten ist nur dann nötig, wenn es die Abläufe beschleunigt, qualitativ verbessert oder an anderer Stelle entfernte Tätigkeiten sich hier neu eingliedern · Das Zusammenfassen bündelt arbeitsteilige Tätigkeiten in einem Arbeitsschritt. · Das Parallelisieren führt unabhängige Tätigkeiten zeitgleich durch. · Das Verändern der Reihenfolge stellt Tätigkeiten in ihrer Sequenz um, was zu Verringerung von Fehlerraten führen kann, bspw. sollte ein Prozess empfindliche Oberflächen an einem Produkt erst möglichst spät im Ablauf erzeugen, um die Wahrscheinlichkeit für Beschädigung zu verringern. Andernfalls sind aufwändige Schutzmassnahmen zu ergreifen. Die Neugestaltung der Ablauforganisation schliesst mit der Einführung des neuen Prozesses ab und vergleicht die entsprechenden Kennzahlen mit dem alten Prozess. Hinweis Zu den angrenzenden Wissensgebieten siehe auch   Aufbauorganisation,   Balanced Scorecard,  Category ManagementChange ManagementControlling,  ERP-Systeme (Enterprise Resource Planning-Systeme),  Industriemanagement,   Logistik,  Lernende Organisation,   Organisation, Grundlagen,   Organisationstheorien,  Outsourcing,  Produktionsmanagement,   Pro fit Center,   Projektmanagement,   Prozessmanagement,   Supply Chain ManagementStrategisches Management,  Unternehmensplanung,   Workflow Management.

Literatur: Bühner, R.: Betriebswirtschaftliche Organisationslehre, 9. Auflage, Oldenbourg, München, 1999; Gaitanides M., Scholz, R., Vrohlings, A.: Prozessmanagement, Carl Hanser, Miinchen, Wien, 1994; Hammer, M.; Champy, J.: Business Reengineering, Campus, Frankfurt/New York, 1994; Imai, M.: KAIZEN — Der Schlüssel zum erfolg der Japaner, 7. Auflage, Ullstein, Frankfurt, Berlin, 1996; Olfert, K., Rahn, H.J.: Kompakt-Training Organisation, Friedrich Kiehl, Ludwigshafen, 2000; Picot, A., Dietl H., Franck, E.: Organisation, 4. Auflage, Schäffer Poeschel, Stuttgart, 2005; Schreyögg, G.: Organisation, 4. Auflage, Gabler, Wiesbaden, 2003; Steinbuch, P. A.: Organisation, 12.Auflage, Friedrich Kiehl, Ludwigshafen, 2001; Vahs, D.: Organisation, 5. Auflage, Schäffer Poeschel, Stuttgart, 2005; Weidner, W., Freitag, G.: Organisation in der Untemehmung, Carl Hanser, München, Wien, 1998  

siehe unter Prozeßorganisation in gedanklicher Abstraktion die Organisation, die sich auf den Ablauf des Geschehens in der Unternehmung (Betrieb, I.,
2.) bezieht, so im deutschen Sprachraum vor allem die raumzeitliche Strukturierung der Arbeits- und Bewegungsvorgänge. A. wird von der Aufbauorganisation unterschieden. S.a. Organisation.

 

 


 

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