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Prozessorganisation


Inhaltsübersicht
I. Epistemologische Perspektiven der Prozessorganisation
II. Elemente des Prozessmodells
III.  Phasen der Prozessgestaltung
IV.  Interorganisationale Prozessorganisation

I. Epistemologische Perspektiven der Prozessorganisation


Was Prozessorganisation ist und was sie leisten soll, kann aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. Vereinfachend lässt sich eine praxeologische, eine ökonomische und eine konstruktivistische Perspektive unterscheiden.

1. Prozessorganisation – die praxeologische Perspektive


Die „ prozessorientierte Organisation “ leitet sich danach aus der klassischen Ablauf- und Aufbauorganisation ab (vgl. Gaitanides, Michael 1983). Ablauforganisation beinhaltet die Gestaltung der Arbeitsprozesse innerhalb gegebener Stellenaufgaben, die im Zuge der aufbauorganisatorischen Gestaltungsmaßnahmen entstanden sind. Der einer Stelle damit zugewiesene Arbeitsgang ist in einer Wertschöpfungskette mit Arbeitsgängen vor- und nachgelagerten Stellen verknüpft. „ Prozessoptimierung “ bedeutet danach vertikale, ggf. auch horizontale Abstimmung von Arbeitsgängen in mengenmäßiger und zeitlicher Hinsicht innerhalb einer gegebenen aufbaustrukturellen Logik.
Prozessorientierte Organisationsgestaltung folgt diesem Gestaltungsmuster. Das bedeutet, dass Arbeitsgänge und Arbeitsgangfolgen unabhängig von dem aufbauorganisatorischem Kontext zu entwerfen und Stellen erst auf der Basis integrierter Verrichtungskomplexe zu bilden sind. Anstelle der Logik „ Ablauforganisation folgt Aufbauorganisation “ gilt nun: „ Aufbauorganisation folgt Ablauforganisation “ .

2. Prozessorganisation – die ökonomische Perspektive


Die ökonomische Perspektive des Prozesskonzepts besteht in der Anwendung der Transaktionskostentheorie auf die interne Organisation (vgl. Williamson, Oliver E. 1985; Theuvsen, Ludwig 1997, S. 972 ff.). Zwischen Funktional- und Spartenstruktur gibt es hybride Strukturmuster, die das Verrichtungs- und Objektmodell miteinander verknüpfen. Tab. 1 verdeutlicht den Zusammenhang.
Prozessorganisation
Tab. 1: Alternative Segmentierungsmodelle und Koordinationsinstrumente
Den Segmentierungsalternativen lassen sich idealtypisch bestimmte Koordinationsinstrumente zuordnen, mit denen Transaktionen zwischen Organisationseinheiten abgewickelt werden sollen. Funktionale Spezialisierung korrespondiert mit hierarchischer Koordination, produkt- oder kundenorientierte Differenzierung mit internen Marktbeziehungen (Verrechnungspreissystemen).
Zur Koordination der crossfunktionalen Aktivitäten eines Prozesses, haben sich teamartige Kooperationsstrukturen als effiziente Abstimmungsinstrumente herausgebildet. Selbstabstimmung bezweckt – im Unterschied zur Arbeitsverteilung in der klassischen Ablauforganisation – immer auch einen integrierten Prozessvollzug.
Der Informations- und Leistungsaustausch zwischen den Prozessteams bzw. den Process Ownern wird durch langfristige Vereinbarungen (Service Level Agreements) abgestimmt. Die Schnittstellen zwischen Prozessen werden als Kunden-Lieferanten-Beziehungen definiert, Verrechnungspreise als Koordinationsinstrumente indessen eher selten genutzt. Vielmehr bietet sich „ Inside Contracting “ (Williamson, Oliver E. 1985, S. 68 ff.) als geeignetes Koordinationsinstrument an.
Williamson (vgl. Williamson, Oliver E. 1991, S. 277 f.) unterscheidet institutionelle Koordinationsformen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf eine Reihe von Effizienzkriterien, die sich ihrerseits auf die Höhe der Transaktionskosten auswirken. Sie sind in Abb. 1 zusammengefasst (vgl. Theuvsen, Ludwig 1997, S. 985).
Prozessorganisation
Abb. 1: Effizienz alternativer Koordinationsformen
Die Prozessorganisation vereint mithin Vorteile einerseits hierarchischer, andererseits marktlicher Koordinationsformen. Dies gilt allerdings nur bei mittleren Ausprägungen von Spezifität, Unsicherheit und Häufigkeit des organisationsinternen Leistungsaustausches. Marktliche Koordination ist gegenüber der prozessbasierten Integration besonders effizient bei standardisiertem, nicht auf eine spezielle Anwendung zugeschnittenem Leistungsaustausch. Hierarchische Koordination ist im Vergleich zu prozessbasierter Integration effizient, wenn der für die Austauschprozesse benötigte Ressourceneinsatz sehr spezifisch ist (vgl. Göbel, Elisabeth 2002, S. 248). Die Effizienz der Prozessorganisation wird also jeweils durch Transaktionskostenvorteile hierarchischer und marktlicher Koordination begrenzt. Darüber hinaus begrenzen Marktinterdependenzen (unterschiedliche Prozessaktivitäten sind auf den gleichen Marktsektor gerichtet) und Ressourceninterdependenzen (unterschiedliche Prozessaktivitäten nutzen dieselbe Ressource, z.B. Personen, Anlagen, immaterielle Ressourcen) die Leistungsfähigkeit der Prozessorganisation. Eine Segmentierung nach Geschäftsprozessen kann hier die Entfaltung von Skaleneffekten und Kernkompetenzen verhindern. Markteffizienz einerseits und Ressourceneffizienz andererseits dominieren in diesen Fällen die Prozesseffizienz (vgl. Frese, Erich 2000, S. 268 ff.).

3. Prozessorganisation – die konstruktivistische Perspektive


Mit dem Anliegen, die funktionale Arbeitsteilung zu überwinden, die Aufgabenspezialisierung durch Abteilungsgrenzen überschreitende, schnittstellenfreie Geschäftsprozesse zu ersetzen und ganzheitliche, selbstbestimmte Arbeit zu ermöglichen, wird fraglos ein für Betroffene und Beteiligte attraktives Modell organisatorischer Koordination entworfen. Es vermittelt ihnen, warum in der Vergangenheit Wandlungsbedarf aufgetreten ist, und welche besseren organisatorischen Lösungen sich in Zukunft bieten.
Begriffliche Konstrukte wie Geschäftsprozess, Prozessorganisation und Prozessmanagement sind plastisch und bildhaft. Sie lassen sich leicht verständlich machen, ihrer Sinnhaftigkeit vergewissern und kommunizieren. Sie eröffnen Interpretationsspielraum, aus dem heraus jeder Betroffene seine Alltagserfahrung kommentieren und mitteilen kann. Interpretationen erlauben den Adressaten der Botschaft Bedeutungszuweisungen auf Basis der eigenen Lebenserfahrung, ihren Überbringern visionäre und pragmatische Kompetenz.
„ Prozessorganisation “ ist ein Konstrukt, das erst durch Kommunikation und Interaktion, also durch Sprache vermittelt, zu Realität wird – ebenso wie das, was ein Prozess ist, und was er leistet. Erzeugung und Etablierung der Prozessorganisation erhalten durch Kommunikation ihre faktische Geltung. In dem über Prozesse und ihre Organisation kommuniziert wird, werden sie zur Realität. Prozessorganisation ist in diesem Sinne nicht ein an einer Rezeptur oder an einem Referenzmodell festzumachendes organisatorisches Design, sondern eine kollektiv erzeugte und mithin sozial konstruierte Realität. Aus Interpretationen, Bedeutungszuweisungen und geistigen Konstrukten entwickelt, hat sie sich zu Strukturen verfestigt und ist doch immer wieder Objekt neuer Rekonstruktionen geworden. Die Reichweite der Konstruktionsmuster erstreckt sich von der Organisationstechnik bis hin zur Theorie der Unternehmung.
Sie eignet sich in besonderer Weise als „ Redeinstrument “ , da sie als Orientierungsmuster zum Verständnis komplexer Koordinationsprobleme zur Verfügung steht, was ihren herausragenden Stellenwert in der Sprache der Betroffenen bzw. Organisatoren begründet. Mittlerweile hat sie den Rang einer gesellschaftlichen Institution des Organisierens erhalten. Sie ist die programmatische Metapher für Modernität in Wirtschaft und Verwaltung, als DIN-Norm formalisiert und in Lehrplänen verewigt.

II. Elemente des Prozessmodells


Bei Prozessen handelt es sich um Objekte, die „ funktionsübergreifend “ angelegt sind. Ein Prozess ist eine zeitlich und räumlich spezifisch strukturierte Menge von Aktivitäten mit einem Anfang und einem Ende sowie klar definierten Inputs und Outputs. Zusammenfassend: „ A structure for action “ . Hammer definiert Prozesse als Gruppen verwandter Aufgaben, die zusammen für den Kunden ein Ergebnis von Wert ergeben (vgl. Hammer, Michael/Champy, James 1993, S. 52). Kundennutzen entsteht nicht durch die Einzelaktivitäten einzelner Vorgänge oder Teilprozesse, sondern durch das Bündeln von Teilleistungen, die in ihrer Ganzheit einen identifizierbaren Wert für Kunden enthalten. Prozesse sind danach Tätigkeitsfolgen, die Kundenwert schaffen.
Das Prozesskonzept beinhaltet die Ablösung von funktionalen Organisationsprinzipien durch eine konsequente Orientierung auf bereichsübergreifende Geschäftsprozesse. Ein entsprechendes organisatorisches Design unterscheidet Kern- und Supportprozesse. Während Erstere i.d.R. auf externe Kunden ausgerichtet sind und Wettbewerbsvorteile generieren, sollen Letztere für interne Kunden bzw. andere Geschäftsprozesse Leistungen erzeugen. Schnittstellen zwischen Bearbeitungsschritten können so entfallen, mit dem Ziel Abstimmungsaufwand zu reduzieren.
Ein zweites wesentliches Element ist die Kundenorientierung. Intern wie extern orientierte Prozesse werden an ihren Leistungen für Kunden beurteilt und ihre Wertschöpfung am Kundennutzen gemessen. Leistungsniveaus, so genannte Service Level Agreements, werden zwischen den Process Ownern ausgehandelt. Benchmarking und Outsourcingentscheidungen von Prozessen orientieren sich an dem Kriterium „ Kundennutzen “ .
Die „ vorgangsorientierte “ Rundumbearbeitung als ein weiteres Element erfolgt durch teamartige Zusammenarbeit in den Prozess- oder Case-Teams. Sie sollen Vorgänge ganzheitlich und integrativ bearbeiten, um die Servicequalität des Prozesses zu verbessern und Durchlaufzeiten zu verringern. Entsprechend der Komplexität des Bearbeitungsvorganges einzelner Objekte bzw. Objektgruppen lassen sich Prozesse nach Produkt-, Kunden-, Lieferantengruppen segmentieren.
Kundenorientierung und integrierte Rundumbearbeitung setzen voraus, dass Mitarbeiter ausreichende Handlungsspielräume besitzen und befähigt werden, nutzenstiftende Initiativen zu entfalten (Empowerment).
Schließlich wird als ein wichtiger Baustein die Informationstechnologie genannt. Kundenorientierung und Rundumbearbeitung verlangen dezentralen Datenzugriff. Informationstechnologie wird daher als „ Enabler “ begriffen. Die IT ermöglichte es erst, integrierte Geschäftsprozesse zu entwickeln und ganzheitliche Vorgangsbearbeitung zu realisieren. Ihr kommt daher besondere Bedeutung beim innovativen Entwurf und effizienter technischer Umsetzung von Geschäftsprozessen (work flow) zu.
Zur Unterstützung der Prozessgestaltung existiert eine Vielzahl von Softwaretools, mit deren Hilfe Geschäftsprozesse dargestellt, analysiert, simuliert, optimiert, modelliert und dokumentiert werden können. Meist sind sie auf spezifische Anwendungen spezialisiert. Tabelle 2 zeigt einige ausgewählte Tools und ordnet sie ihren Anwendungsmöglichkeiten zu.
Prozessorganisation
Tab. 2: Softwaretools zum Geschäftsprozessmanagement
Auch wenn die genannten Tools das Geschäftsprozessmanagement hinsichtlich der effizienten Realisierung von Kosten- und Zeiteinsparungen unterstützen können, bemisst sich der Erfolg eines Prozesses vor allem nach seiner Effektivität. Prozessmanagement muss in diesem Sinn als strategische Ressource begriffen werden. Prozesse sind Werttreiber. Nur wenn es gelingt, nachhaltige Wettbewerbsvorteile durch nicht leicht zu imitierende Kernkompetenzen aufzubauen, kann von einem Change Management gesprochen werden, das langfristige Wertsteigerung des Unternehmens erwarten lässt.

III. Phasen der Prozessgestaltung


Die Einführung der Prozessorganisation umfasst eine Vielzahl aufeinander bezogener Aktivitäten. So werden Aktivitäten der Identifikation, Beschreibung, Design bzw. Implementierung unterschieden.

1. Prozessidentifikation


Bei der Prozessidentifikation handelt es sich fraglos um die alle weiteren Aktivitäten determinierende und damit zugleich erfolgsbestimmende Phase. Um so unverständlicher ist, dass ihr nur geringe Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Unter Prozessidentifikation und -selektion werden folgende Schlüsselaktivitäten verstanden:

-

Enumeration der Hauptprozesse,

-

Festlegung der Prozessgrenzen,

-

Bestimmung der strategischen Relevanz der Prozesse,

-

Analyse der Pathologie bzw. Verbesserungsbedarf der Prozesse,

-

Unternehmensstrategische und -kulturelle Bewertung der Prozesse.


In der Literatur lassen sich zwei grundsätzliche Vorgehensweisen bei der Prozessidentifikation finden. Zum einen wird der deduktive Prozessentwurf vorgeschlagen. Ausgehend von „ allgemeinen differenzierbaren Leistungsprozessen “ , die in allen Unternehmen in abstrakter Form vorfindbar seien, handelt es sich bei Identifikation und Definition allein um deren Konkretisierung. Demgegenüber sieht eine eher induktive Prozessidentifikation, die an konkreten Leistungen zur Generierung von Kundennutzen ansetzt, den schrittweisen Aufbau von Kernprozessen bzw. Supportprozessen vor. Für die sich anschließende Prozessbeschreibung bieten sich die meisten Softwaretools an.

2. Prozessdesign/-modellierung


In der Literatur ebenso wie in der Praxis gilt das Hauptaugenmerk dem Design von Prozessen. Prozessoptimierung findet im Spannungsfeld von Qualitäts-, Kosten- und Zeitkriterien statt. Dabei wird implizit eine „ neue Zielharmonie “ (vgl. v.Werder, Axel v. 1996, S. 212 ff.) unterstellt, wobei darauf verzichtet wird, der Frage nachzugehen, ob und unter welchen Bedingungen tief greifende Reorganisationsprozesse komplementäre Lösungen bezüglich dieser Ziele zulassen. Darüber hinaus werden Gestaltungsziele wie Stärkung der Innovationsfähigkeit oder Reduzierung der internen Komplexität vorgeschlagen. Die Prozesse müssen hinsichtlich dieser Kriterien Verbesserungsprogrammen unterworfen werden, um einer „ Benchmarking-Analyse der Wettbewerber “ standzuhalten. Es zählt zu den gesicherten Wissensbeständen, dass sich das Redesign von Prozessen nicht in einem, sondern in mehreren Optimierungsschritten – ergänzt um TQM-Maßnahmen – zu vollziehen habe. Fundamentaler Wandel (Reengineering) wird von kontinuierlicher Verbesserung (TQM) begleitet. Wandel und Verbesserung werden mittels Verfahrensempfehlungen wie „ Eliminieren “ , „ Änderung der Reihenfolge “ , „ Hinzufügen fehlender Schritte “ , „ Integration “ , „ Automatisieren “ , „ Beschleunigen “ oder „ Parallelisieren “ der Teilprozesse vollzogen. Meist werden jedoch nur Verfahrensempfehlungen darüber gegeben, was, aber nicht darüber, wie Prozesse zu reorganisieren sind.

3. Prozessimplementierung


Für die Umsetzung des „ Redesigns “ gibt es eine Vielzahl von institutionellen und prozessualen Implementierungsvorschlägen. Einführungsmodelle zeichnen sich durch top-down angelegte Zielvorgaben und bottom-up generierte Umsetzungsmaßnahmen aus. Die Coaching-Aufgabe des Prozessverantwortlichen verlangt insbesondere kommunikative Fähigkeiten zur Förderung der Zusammenarbeit, die bei der Übertragung von Geschäftsprozessen auf Teams gefordert wird.
In aller Regel wird das Implementierungsproblem als technisch instrumentelle Fragestellung begriffen, die zu lösen eine Projektmanagementaufgabe darstellt. Barrieren bei der Umsetzung können den Erfolg von Reorganisationsmaßnahmen in Frage stellen. Analyse und Instrumente des Umganges mit dem Widerstand und „ die Kunst, den Wandel zu verkaufen “ sollen helfen, strukturelle Veränderungen vorzubereiten. Das Implementierungsproblem muss aber über die instrumentelle Fragestellung hinausgehend als grundsätzlicheres Problem des organisatorischen Wandels begriffen werden. Auch bei Osterloh/Frost wird Prozessmanagement als das „ Management von Veränderungsprozessen “ behandelt (Osterloh, Margit/Frost, Jetta 1998, S. 232). Dabei wird die Intensität des Wandels im Vergleich von revolutionärer und evolutionärer Strategie des Wandels thematisiert. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Lern- und Wissenskomponente als Voraussetzung für erfolgreiche organisatorische Veränderungsstrategien eingegangen. Erst aus der Integration von Prozess- und Wissensmanagement können strategische Kernkompetenzen erwachsen. Die Aktivitäten der Prozessbeteiligten sind dazu in einzigartiger Weise zu Kernprozessen zu verknüpfen, die es ermöglichen, dass Wissen generiert und transportiert wird.

IV. Interorganisationale Prozessorganisation


Im Sinne eines Supply Chain Management (SCM) bezieht sich die Prozessorientierung sowohl auf interne (intraorganisationale) Unternehmensstrukturen als auch auf unternehmensübergreifende (interorganisationale) Strukturen. Letztere Sichtweise wird dadurch charakterisiert, dass sich die Gestaltungs-, Koordinations- und Steuerungsaufgabe über die gesamte Wertschöpfungskette erstreckt ( „ from dirt to dirt “ ), d.h. auf die Geschäftsprozesse aller an der Wertschöpfungskette beteiligten Unternehmen, und nicht nur auf unmittelbar vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsstufen. Mithin muss die Supply Chain als eine Einheit begriffen werden, die prozessorganisatorischen Gestaltungsmaßnahmen unterworfen werden kann.
Die horizontale und vertikale Integration von Prozessen wie dem „ Auftragsabwicklungs- “ , „ Geschäftsbereitschafts- “ , „ Produktentwicklungs- “ und „ Marktwahlprozess “ sowie dem „ Controlling “ - und „ Unternehmensentwicklungsprozess “ (Klaus, Peter 1998, S. 439) über mehrere Unternehmen hinweg sind Beispiele für interorganisationales Prozessmanagement. Dieses setzt voraus, dass unternehmensübergreifende Geschäftsprozesse nicht durch Märkte entkoppelt, sondern durch kooperative Arrangements verknüpft sind.
Die Wertsteigerungen aufgrund der Senkungen von Transaktions- bzw. Prozesskosten bei den beteiligten Partnern sowie von Produktions- und Entwicklungskosten durch bessere Ausnutzung von Netzwerkpotenzialen und Skaleneffekten sind allerdings nur dann erzielbar, wenn das betreffende Segment der Wertschöpfungskette als ein unternehmensübergreifender Geschäftsprozess organisiert ist. Marktliche oder auf Verrechnungspreisen beruhende Koordination in der Wertschöpfungskette bilden Schnittstellen für das integrierte, sich an der Geschäftsprozessorganisation orientierende Supply Chain Management.
Die Integration von interorganisationalen Prozessen ist jedoch nicht nur für das Supply Chain Management, sondern auch für die diversen Formen von Unternehmenskooperationen, wie strategische Allianzen oder Unternehmensnetzwerke die operative Basis, ohne die diese nicht funktionsfähig sind. So sind strategische Netzwerke in erster Linie immer auch operative Prozessnetzwerke.
Literatur:
Davenport, Thomas H. : Process Innovation. Reengineering Work through Information Technology, Boston/MA 1993
Frese, Erich : Grundlagen der Organisation, 8. A., Wiesbaden 2000
Gaitanides, Michael : Prozeßorganisation: Entwicklung, Ansätze und Programme prozeßorientierter Organisationsgestaltung, München 1983
Gaitanides, Michael : Prozeßmanagement, München et al. 1994
Göbel, Elisabeth : Neue Institutionenökonomik, Stuttgart 2002
Hammer, Michael/Champy, James : Business Reengineering. Die Radikalkur für das Unternehmen, Frankfurt et al. 1993
Klaus, Peter : Supply Chain Management, in: Gablers Lexikon der LogistikManagement logistischer Netzwerke und Flüsse, hrsg. v. Klaus, Peter/Krieger, Winfried, Wiesbaden 1998, S. 434 – 441
Krickl, Otto Christian : Geschäftsprozeßmanagement: Prozeßorientierte Organisationsgestaltung und Informationstechnologie, Heidelberg 1994
Nippa, Michael/Picot, Arnold : Prozeßmanagement und Reengineering. Die Praxis im deutschsprachigen Raum, 2. A., Frankfurt et al. 1996
Osterloh, Margit/Frost, Jetta : Prozessmanagement als Kernkompetenz. Wie Sie Business Reengineering strategisch nutzen können, 2. A., Wiesbaden 1998
Osterloh, Margit/Wübker, Sigrid : Wettbewerbsfähiger durch Prozeß- und Wissensmanagement, Wiesbaden 1999
Schmelzer, Hermann J./Sesselmann, Wolfgang : Geschäftsprozessmanagement in der Praxis, 2. A., München et al. 2002
Theuvsen, Ludwig : Interne Organisation und Transaktionskostenansatz, in: ZfB, Jg. 67, 1997, S. 971 – 996
Tiemeyer, Ernst/Chrobok, Reiner : OrgTools: AfürO-Softwareführer für die Organisationsarbeit, Stuttgart 1996
Töpfer, Armin : Geschäftsprozesse: Analysiert & optimiert, Neuwied et al. 1996
Werder, Axel v. : Klassische Rationalisierung, strategischer Kurswechsel oder „ neue Zielharmonie “ ?, in: ZFO, Jg. 65, 1996, S. 212 – 215
Williamson, Oliver E. : Comparative Economic Organization: The Analysis of Discrete Structural Alternatives, in: ASQ, Jg. 36, 1991, S. 269 – 296
Williamson, Oliver E. : The Economic Institutions of Capitalism, New York 1985

 

 


 

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