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Budgetierungsverfahren


Inhaltsübersicht
I. Einführung
II. Systematisierungskriterien
III. Problemorientierte Budgetierungsverfahren
IV. Verfahrensorientierte Budgetierungsverfahren
V. Budgetierungsverfahren und Informationsstruktur

I. Einführung


Die Existenz großer Organisationen bedingt die Delegation von Kompetenzen und Entscheidungen. Hieraus resultiert der Bedarf, die Entscheidungseinheiten (z.B. Profit Center) aus Sicht der Leitungsebene zu steuern, um eine maximale Zielerreichung zu ermöglichen. Diese Aufgabe der Koordination obliegt dem Controlling, welchem hierfür als (bereichs- und funktions-)übergreifende Instrumente u.a. Verrechnungspreise und die Budgetierung zur Verfügung stehen. Als Ergebnis der formalzielorientierten Planung restringieren Budgets einen (finanziellen) Handlungsspielraum, innerhalb dessen die Entscheidungseinheiten eine optimale Realisation der Organisationsziele verfolgen sollen.
Der Budgetierungsprozess umfasst sämtliche Aktivitäten der Erstellung, Genehmigung, Durchsetzung, Kontrolle und Anpassung von Budgets (Dambrowski, J.  1986, S. 20). Verfahrensverantwortung für die Budgetierung trägt das Controlling, das zudem im Rahmen seiner systembildenden Koordinationsfunktion für den (vorherigen) Aufbau eines Budgetierungssystems und dessen System koppelnde Abstimmung mit anderen Teilsystemen zuständig ist (Ossadnik, W.  2003, S. 246). Ein solches Budgetierungssystem kann als das für die formalzielorientierte Planung und Kontrolle verantwortliche Subsystem des Planungs- und Kontrollsystems betrachtet werden (Horváth, P.  2003, S. 235). Eine Analyse des Budgetierungssystems aus instrumentaler Perspektive führt zu der Erkenntnis, dass der Budgetierungsprozess formalisiert und standardisiert werden muss. Ferner stellt sich die Frage, welche unterschiedlichen Verfahren (Techniken, Methoden, Prinzipien) zur Ermittlung der Budgetvorgaben anwendbar sind.

II. Systematisierungskriterien


Für die Budgetierung werden qualitativ und prozessual unterschiedliche Methoden vorgeschlagen. Deren jeweilige Eignung hängt von spezifischen Kontextfaktoren, wie z.B. der Größe und dem Aufbau der Organisation oder kulturellen Aspekten ab. Grundsätzlich lassen sich die Verfahren nach verschiedenen Kriterien differenzieren (Göpfert, I.  1993, Sp. 594; Küpper, H.-U.  2005, S. 340 f.; Troßmann, E.  1992, S. 516). So kann entsprechend der jeweils zugrunde liegenden Problemstruktur zwischen problemorientierten und verfahrensorientierten Techniken unterschieden werden (Küpper, H.-U.  2005, S. 340). Bei hochgradig standardisierten Prozessen können relativ exakte problemorientierte Verfahren verwendet werden. Diese knüpfen an den Handlungsproblemen der jeweiligen Entscheidungseinheiten an. Sind die für solche Verfahren benötigten Kenntnisse über Input-Output-Beziehungen nicht vorhanden, können verfahrensorientierte Techniken angewendet werden. Diese beschreiben Prozessprinzipien, mit deren Hilfe die Budgetvorgaben über die Entwicklung von Verfahrensschritten und Verhaltensempfehlungen ermittelt werden. Anwendung finden sie vor allem bei (nicht standardisierbaren) Verwaltungsprozessen. Gemäß der Ableitungsrichtung eines Budgets lassen sich input- und outputorientierte Budgetierungsverfahren unterscheiden (Troßmann, E.  1992, S. 516). Ein – durch inhaltlichen Bezug und kostenmäßige Konsequenzen charakterisiertes – Budgetierungsverfahren ist im Hinblick auf seinen Anwendungsrhythmus periodisch oder aperiodisch einsetzbar. Nach der Ausgangsbasis des Budgetansatzes ist eine Trennung in analytische und Ex-post-plus-Techniken möglich (Göpfert, I.  1993, Sp. 594). Während bei den Ex-post-plus-Verfahren lediglich Budgetwerte vergangener Budgetierungsprozesse inkremental fortgeschrieben werden, bildet bei den analytischen Verfahren die Nullbasis den Ausgangspunkt: Vergangene Budgetansätze werden kritisch analysiert und hinterfragt. Auf Basis der Unterscheidung in problem- und verfahrensorientierte Techniken werden im Folgenden ausgewählte Budgetierungsverfahren vorgestellt (für einen Überblick: Küpper, H.-U.  2005, S. 336 ff.).

III. Problemorientierte Budgetierungsverfahren


Die Ableitungsrichtung problemorientierter Verfahren ist outputorientiert: Auf Basis des – durch marktanalytische Methoden (z.B. Absatz- und Bedarfsvorhersagen) ermittelten – prognostizierten bzw. angestrebten Produktions- und Absatzprogramms wird auf die notwendigen Inputfaktoren geschlossen. Über eine Fundierung durch Produktions-, Kosten- und Leistungsfunktionen kann eine Verbindung zur Aktionsplanung hergestellt werden. Der notwendige Input zur Erreichung des angestrebten Outputs ist mittels transparenter funktionaler Methoden der Kostenplanung bestimmbar (Göpfert, I.  1993, Sp. 595 f.). Die unterschiedlichen problemorientierten Verfahren sind innerhalb der Marktforschung, des Operations Research, der Datenverarbeitung und des betrieblichen Rechnungswesens entwickelt worden (im Folgenden Küpper, H.-U.  2005, S. 341 ff.). So existieren in einigen Systemen der Kosten- und Erlösrechnung problemorientierte Verfahren, mit deren Unterstützung sich Gemeinkosten von Kostenstellen in den verschiedenen Funktionsbereichen planen lassen. Hierbei kann die Beschäftigung als bedeutendste Kosteneinflussgröße um eine Reihe anderer Bezugs- oder Prozessgrößen als Maßstäbe der Kostenverursachung (z.B. Anzahl Arbeitsverrichtungen, Maschinenstunden etc.) konkretisiert werden. Auf Basis analytischer Erkenntnisse oder empirischer Daten sind dann ein- oder mehrvariablige funktionale Kostenzusammenhänge ableitbar. Die Ergebnisse der Kostenplanung werden in Kostenstellenplänen zusammengefasst, welche die Zusammensetzung der Gemeinkosten einer Stelle, deren Planverbrauchsmengen und -preise sowie die Aufteilung in fixe und variable Anteile verdeutlichen. Die Trennung in fixe und variable Kosten ermöglicht eine flexible Budgetierung: Anhand der tatsächlichen Ausprägungen der Bezugs- und Prozessgrößen lassen sich die Plankosten in Sollkosten umrechnen.
Durch analoges Vorgehen auf der Kostenseite können z.B. für Vertriebsstellen Leistungsfunktionen bestimmt werden, die als Variable wichtige Bestimmungsgrößen der Absatzmengen und -preise enthalten. Vereinfachende Ansätze stellen die Vorschläge zur Vorgabe von Deckungsbudgets nach Riebel (Riebel, P.  1994, 475 ff.) bzw. von Soll-Deckungsbeiträgen nach Kilger (Kilger, W.  1993, S. 855 ff.) dar.
Im Zuge der Entwicklung des Kostenmanagements sind neuere outputorientierte Verfahren entwickelt worden, die zu einer effizienteren Budgetierung beitragen sollen: Im Konzept des Target Costing lassen sich unter expliziter Berücksichtigung der Erfordernisse und Wünsche des Marktes (bzgl. Preis und Qualität) produktfunktionale Kostenbudgets ableiten, deren Einhaltung den wirtschaftlichen Erfolg der Produkte gewährleisten soll. Ausgangspunkt sind nicht mehr vergangenheitsorientierte Kostenfunktionen, die die Frage beantworten, was ein Produkt kosten wird. Vielmehr steht die Frage „ Was darf ein Produkt kosten? “ und die damit verbundene Zielrealisierung im Vordergrund (Seidenschwarz, W.  1991, S. 199). Durch Instrumentalisierung der Informationen des Activity-Based Costing oder der Prozesskostenrechnung (zu Unterschieden zwischen beiden Verfahren vgl. Gaiser, B.  1998) lassen sich mittels Activity Based Budgeting (z.B. Dambrowski, J./Hieber, W.L.  1997) bzw. durch eine prozessorientierte Budgetierung (z.B. Pfohl, M.C.  2000) Budgetvorgaben über Prozesse bzw. Aktivitäten ableiten. Auf Basis aktueller Prozessdaten wird ein internes und/oder externes Benchmarking möglich, mit dessen Hilfe die Prozesskostensätze der Haupt- und Teilprozesse analysiert und im Hinblick auf ihre Effizienz und Strategiekonformität beurteilt werden können (Pfohl, M.C.  2000, S. 278). Unter Zuhilfenahme verschiedener Ansätze (Dambrowski, J./Hieber, W.L.  1997, S. 304 ff.) wird dabei eine Reduzierung der Prozesskosten angestrebt. Auf diese Weise werden Zielvorgaben für einzelne Prozesse ermittelt, die durch eine Zusammenfassung der Kosten aller Prozesse einer Abteilung oder eines Bereichs in Abteilungs- bzw. Bereichsbudgets münden. Anders als bei traditionellen Budgetierungsverfahren stehen dabei nicht die Kostenarten einer Kostenstelle, sondern die Kosten der zur Plan- bzw. Zielerfüllung notwendigen Prozesse und Aktivitäten im Fokus der Betrachtung (Dambrowski, J./Hieber, W.L.  1997, S. 306 f.).

IV. Verfahrensorientierte Budgetierungsverfahren


1. Grundsätzliches


Verfahrensorientierte Budgetierungstechniken definieren ein festes Ablaufschema für die Budgetableitung. Zu unterscheiden ist zwischen input- und outputorientierten Verfahren. Während inputorientierte Verfahren davon ausgehen, dass der Output ein Datum ist, sind outputorientierte Verfahren auf die Veränderbarkeit der Leistungen und deren Kosten fokussiert (Küpper, H.-U.  1994, S. 57).

2. Inputorientierte Verfahren

a) Fortschreibungsbudgetierung


Hierbei handelt es sich um eine einfache, periodisch anwendbare, vergangenheitsorientierte Methode. Bestehende Plan- oder Istwerte werden ex-post-plus in die Zukunft fortgeschrieben (Hansen, D.R./Mowen, M.M.  1997, S. 310). Da damit eine Analyse bisheriger Budgetvorgaben unterbleibt, können bestehende Ineffizienzen nicht aufgedeckt werden. Zudem ist eine Extrapolation vergangener Daten nur sinnvoll, wenn die Prämisse struktureller Konstanz erfüllt ist. Die Koordinationsfunktion der Budgetierung wird mittels eines solchen Verfahrens i.d.R. nicht erfüllt.

b) Verfahren der Wertanalyse


Bei diesen aperiodisch einsetzbaren Verfahren wird das Konzept der Wertanalyse (value analysis) auf die Budgetierung von Gemeinkosten übertragen. Der Fokus wertanalytischer Verfahren ist auf eine Kostenreduktion ohne Qualitätseinbußen gerichtet. Dies gilt vor allem für die Gemeinkostenwertanalyse (Jehle, E.  1992, S. 1518), die eine Weiterentwicklung der von McKinsey, entwickelten Overhead Value Analysis darstellt (Roever, M.  1982, S. 249). Die Gemeinkostenwertanalyse ist ein Verfahren, bei dem das Wissen und die Ideen des mittleren Managements genutzt werden sollen, um in den Gemeinkostenbereichen ein – unter Aufrechterhaltung der Leistungsbereitschaft – minimales Niveau zu realisieren (im Folgenden Roever, M.  1980, S. 688 ff.). Die Analysephase besteht aus mehreren Schritten: Zunächst bedarf es einer Festlegung der Untersuchungseinheiten (i.d.R. Kostenstellen). Anschließend hat jede Untersuchungseinheit die von ihr für andere Unternehmenseinheiten erbrachten Leistungen aufzulisten und deren Kosten zu schätzen, wodurch interne Leistungsbeziehungen transparent werden. Auf dieser Basis erfolgt durch eine Zusammenarbeit zwischen Leistungserstellern und -empfängern eine Kosten-Nutzen-Analyse, die den Umfang bzw. die Berechtigung der einzelnen Leistungen in Frage stellt. Für Leistungen mit schlechtem Kosten/Nutzen-Verhältnis sollen (Einsparungs-)Ideen entwickelt werden. Diese Ideen werden mit hinreichender Genauigkeit im Hinblick auf ihre Realisierbarkeit und Wirtschaftlichkeit bewertet. Schließlich sind die effizientesten Einsparungsmöglichkeiten auszuwählen und umzusetzen.

3. Outputorientierte Verfahren

a) Programmbudgetierung und Planning-Programming-Budgeting-System (PPBS)


Im Rahmen der Programmbudgetierung wird die periodische Budgeterstellung aus ein- oder mehrperiodigen Programmen hergeleitet. Solche Programme beinhalten Maßnahmenbündel, mit deren Hilfe die angestrebten Ziele im Verwaltungsbereich erreicht werden sollen.
Beim von der RAND-Corporation entwickelten PPBS handelt es sich um ein integrierendes, zeitlich gestuftes Planungssystem, mit dessen Hilfe eine rationale Planung für die öffentliche Verwaltung ermöglicht werden soll (Spies, W.  1979, S. 237 f.). Die Vorgehensweise lässt sich wie folgt skizzieren (Schweitzer, M.  1977, S. 79 f.): Zunächst werden im Rahmen der langfristigen Rahmenplanung (Planning) unter Berücksichtigung politischer, technischer, sozialer und finanzieller Bedingungen auf Basis gesellschaftlicher Bedürfnisse potenzielle Zielvorstellungen abgeleitet und beschrieben. Diese Zielvorstellungen werden innerhalb der mittelfristigen Planung (Programming) durch detaillierte, mittels Maßnahmenplänen operationalisierte Aktionsprogramme mit unterschiedlichen Ausprägungen konkretisiert. Unter Zuhilfenahme analytischer Methoden (wie z.B. Kosten-Nutzen-Analyse, Kosten-Effektivitäts-Analyse) werden die unterschiedlichen Alternativen dann bewertet. Die mittelfristige Planung stellt das integrative Element dieses Verfahrens dar, da die Aktionsprogramme einerseits aus der langfristigen Planung abzuleiten und andererseits im Rahmen der kurzfristigen Planung (Budgeting) in einperiodigen (formalzielorientierten) Budgets abzubilden sind.

b) Zero-Base Budgeting


Das Zero-Base Budgeting ist in den 60er-Jahren von Pyhrr (Pyhrr, P.A.  1970, S. 111 ff.; Pyhrr, P.A.  1973) für Texas Instruments konzipiert worden, um dem Fortschreibungsdenken entgegenzuwirken und eine effizientere Ressourcenallokation zu erzielen. Die Planung beginnt jeweils bei Null: Sämtliche Leistungen und Aktivitäten im Gemeinkostenbereich werden im Hinblick auf ihren Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele und die Kostenverursachung systematisch analysiert und in Frage gestellt. Aufgrund dieses hohen Aufwands sollte das Verfahren nicht in jeder Periode angewendet werden. Die wichtigsten Verfahrensschritte sind in Abb. 1 dargestellt.
Budgetierungsverfahren
Abb. 1: Verfahrensschritte des Zero-Base Budgeting (in Anlehnung an Meyer-Piening, A.  1990, S. 16)
Die Kernelemente dieses Verfahrens bilden die – auf Basis einer Funktionsanalyse gebildeten – Entscheidungseinheiten sowie die daraus abzuleitenden Entscheidungspakete. Gemäß Pyhrr ist ein Entscheidungspaket definiert als „ a document that identifies and describes a specific activity in such a manner that management can (a) evaluate it and rank it against other activities competing for the same or similar limited resources and (b) decide whether to approve it or disapprove it “ (Pyhrr, P.A.  1970, S. 112). Zur Ableitung dieser „ Entscheidungsvorlagen für das Management “ (Meyer-Piening, A.  1989, Sp. 2287) bedarf es einiger Arbeitsschritte (Marettek, A.  1982, S. 259): Zunächst müssen Ziele der jeweiligen Entscheidungseinheiten operationalisiert werden. Für jedes dieser Ziele werden dann (i.d.R. drei) unterschiedliche Leistungsniveaus vorgegeben. Anschließend erfolgt eine Bestimmung, Deskription und Analyse alternativer Verfahren zur Erreichung der definierten Niveaus. Auf Basis der vom Management zu erstellenden Rangordnung der Entscheidungspakete werden eine Ressourcenallokation sowie die weiteren Verfahrensschritte möglich.

V. Budgetierungsverfahren und Informationsstruktur


Die Wahl eines Budgetierungsverfahrens sollte sich an dem zu lösenden Koordinationsproblem ausrichten. Das Koordinationsproblem wird mit durch die in einer Organisation vorherrschenden Informationsstände und die Informationsstruktur bestimmt. In multipersonalen Organisationen haben die einzelnen Akteure regelmäßig unterschiedliche Informationsstände, die auch von der hierarchischen Einordnung der jeweiligen Funktionsträger abhängen. Daher bedarf es grundsätzlich einer Beteiligung aller relevanter Hierarchieebenen am Budgetierungsprozess. Nach dem Weg, den das Budget durch die Unternehmenshierarchie nimmt, lassen sich grundsätzlich drei unterschiedliche Varianten unterscheiden (Wild, J.  1982, S. 188 ff.):
Bei der retrograden Budgetierung nimmt das Budget seinen Weg von oben nach unten (top-down) durch die Unternehmenshierarchie. Das Gesamtbudget wird von der Unternehmensleitung auf Basis der strategischen Zielvorgaben gesetzt, um auf den untergeordneten Hierarchieebenen sukzessive spezifiziert zu werden. Dieses Verfahren ermöglicht der Leitungsebene, ihrem Führungsanspruch auch in Budgetform Ausdruck zu verleihen. Ob indes untergeordnete Hierarchieebenen für die von der Leitungsebene (qua Budgetierung) gesetzten Zwecke geeignete Mittel (bzw. Projekte) benennen, bleibt bei der top-down-Budgetierung offen.
Beim progressiven Verfahren verläuft der Prozess der Budgetierung von unten nach oben (bottom-up-Budgetierung). Basis sind Budgetforderungen, die auf der untersten Planungsebene entwickelt werden. Diese (geforderten) Budgets werden dann sukzessive bis zur obersten Hierarchieebene aggregiert. Vorteil des Verfahrens ist die systematische Berücksichtigung des Detailwissens nachrangiger Hierarchieebenen. Allerdings besteht die Gefahr, dass hierarchisch untergeordnete Ebenen gesamtunternehmensbezogene Zielsetzungen aufgrund eingeengter Sichtweisen vernachlässigen.
Das Gegenstromverfahren soll durch eine Synthese von Budgetierungsphasen in top-down- und bottom-up-Richtung die Nachteile beider Verfahren vermeiden und gleichzeitig deren Vorteile nutzen. Im Regelfall gibt die Unternehmensleitung hierbei einen groben Rahmen vor, der (in top-down-Richtung) von den untergeordneten Hierarchieebenen sukzessive konkretisiert wird. Eine Aggregation der Budgetforderungen untergeordneter hierarchischer Ebenen (in bottom-up-Richtung) konfrontiert die Unternehmensleitung mit ihren ursprünglichen normativen Setzungen und veranlasst diese ggf. zu Anpassungen. Diese Phasen können so oft wiederholt werden, bis die Prozessverantwortlichen das Budget als Ausdruck einer qualitativ hinreichenden Planung ansehen.
Auch wenn bottom-up- und top-down-orientierte Verfahren auf eine vor-neoinstitutionelle Rekonstruktion des Budgetierungsproblems abstellen, lassen sie sich in einen neoinstitutionellen Rahmen übertragen. Demnach kann zwischen den unterschiedlichen Hierarchiestufen des top und down eine Analogie zum Begriffspaar zentral – dezentral gebildet werden. Die verschiedenen Informationsstände unterschiedlicher hierarchischer Stufen entsprechen der in neoinstitutioneller Sicht asymmetrisch verteilten Information zwischen zentralen und dezentralen Instanzen. Über diese Analogien hinaus ist der neoinstitutionelle Rahmen des Budgetierungsproblems aber noch durch weitere realitätsnahe Prämissen wie die Existenz von Interessendivergenzen und die Bereitschaft zu opportunistischem Verhalten charakterisiert. Insgesamt impliziert dies die Gefahr, dass dezentrale Instanzen ihre Berichterstattung im Budgetierungsprozess verzerren. So könnten sie versuchen, durch überhöhte Budgetforderungen Budgetreserven (budgetary slacks) zu erlangen (Horngren, C.T./Foster, G./Datar, S.M.  2006, S. 199), um individuelle Ziele wie Macht, Prestige, Image oder eine Reduktion der eigenen Leistungsanstrengungen zu verfolgen (Ewert, R./Wagenhofer, A.  2003, S. 460). Derart zu Stande gekommene Budgetvorgaben können die Koordinationsfunktion aus Sicht der Zentrale nur suboptimal erfüllen.
Die aus der Existenz von asymmetrischer Informationsverteilung und Interessendivergenzen resultierenden Probleme für die Koordinationswirkung eines Budgets sollen durch Anreizsysteme (z.B. Trauzettel, V.  1999) gemildert werden. Als Konstrukte der Agency-Theory sollen diese dezentrale Entscheidungsträger zu zielkonformem Verhalten und damit auch zu unverzerrter Berichterstattung im Budgetierungsprozess motivieren. Solche Anreizsysteme stellen keine Budgetierungsverfahren im engeren Sinne, sondern Mechanismen dar, die durch die Generierung zutreffender Daten die Bewirkung der mit der Budgetierung anvisierten Zwecke gewährleisten sollen (Fent, P.  1996, S. 2). In Theorie und Praxis werden dabei u.a. das Profit Sharing, das Weitzman-Schema (Weitzman, M.L.  1976), das Anreizschema nach Osband und Reichelstein (Osband, K./Reichelstein, S.  1985) sowie der Groves-Mechanismus (Groves, T.  1973; Groves, T./Loeb, M.  1979) diskutiert. Obwohl jeder dieser Anreizmechanismen spezifische Mängel aufweist (Ossadnik, W./Lange, O./Morlock, J.  1999), kann deren Analyse wichtige Erkenntnisse zur Lösung der Budgetierungsproblematik liefern.
Letztlich kann die Koordinationswirkung der Budgetierung auch durch eine unternehmensweite Budgetkommunikation erhöht werden. Diese vermag Transparenz über die Budgetierungsentscheidung der Zentrale herzustellen, erhöht damit deren Akzeptanz und entfaltet eine Motivationswirkung. Es wäre wünschenswert, wenn im Rahmen einer neoinstitutionellen Rekonstruktion des Budgetierungsproblems und ihrer verfahrensorientierten Implikationen der enge Prämissenrahmen gängiger, allzu mechanistischer Agencymodelle zugunsten einer Einbeziehung solcher – bereits in traditionellen Ansätzen reflektierter – koordinationsrelevanter Aspekte der Budgetierung erweitert würde.
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