Profit Center
Inhaltsübersicht
I. Center-Konzepte: Begriff, Formen und Charakteristika
II. Anwendungsbedingungen des Profit Center-Konzepts
III. Profit Center-Organisation als Steuerungskonzept für dezentralisierte Unternehmungen
IV. Ausgewählte Probleme der Profit Center-Konzeption aus Sicht unterschiedlicher theoretischer Strömungen
I. Center-Konzepte: Begriff, Formen und Charakteristika
Das adäquate Verhältnis von zentraler und dezentraler Aufgabenerfüllung (Zentralisierung versus Dezentralisierung) in Unternehmungen hat vor allem die Organisationstheorie lange Zeit intensiv beschäftigt (vgl. z.B. Simon, H.A./Guetzkow, H./Kozmetsky, G. et al.1954; Bleicher, K. 1966; Hungenberg, H. 1995). Einblicke in die formale Grundstruktur des Wahlproblems zwischen zentraler Entscheidungsfindung und verschiedenen Formen der Entscheidungsdelegation vermitteln das sog. Delegationswert-Konzept (zum Überblick siehe Laux, H./Liermann, F. 1997, S. 218 ff.) sowie die Arbeit von Reese (vgl. Reese, J. 1989). Nicht nur bedingt durch die Erkenntnis, dass einer weitgehenden Konzentration von Entscheidungsbefugnissen im obersten Leitungsorgan angesichts begrenzter Informationsgewinnungs- und -verarbeitungskapazität von Individuen (\'bounded rationality\', vgl. Simon, H.A. 1997, S. 88) enge Grenzen gezogen sind, sondern auch durch Entwicklungen in der ökonomischen Realität (z.B. zunehmende Diversifikationstendenzen, veränderte Führungsphilosophien, steigende Umweltkomplexität und -dynamik) rückt die Auseinandersetzung mit dezentralen Strukturen als organisatorischem Fundament zukunftsträchtiger Unternehmungsführung immer stärker in den Vordergrund.
In einem solchermaßen charakterisierten Umfeld verschiebt sich naturgemäß der Fokus gestaltungsbezogener Überlegungen: Ist die Entscheidung zugunsten einer betonten Delegation von Kompetenzen an hierarchisch nachgelagerte Einheiten bereits im Vorfeld gefallen, so steht die Frage im Mittelpunkt, welchen Prinzipien eine Ausrichtung der Entscheidungsfindung auf die obersten Zielsetzungen in dezentral organisierten Unternehmungen folgen soll.
1. Center-Begriff
Besondere Aufmerksamkeit bei der Bewältigung von Steuerungsproblemen in dezentralisierten Unternehmungen haben so genannte „ Center-Konzepte “ erfahren. Die Termini „ Responsibility Center “ (Anthony, R.N./Dearden, J./Govindarajan, V. 1992, S. 126; Horngren, C.T./Foster, G./Datar, S.M. 2000, S. 194) bzw. „ Verantwortungsbereich “ bezeichnen ganz allgemein organisatorische Einheiten, deren Erfolgsbeitrag für das Gesamtsystem anhand globaler, vorzugsweise monetärer, Indikatoren beurteilt wird. Als zweites begriffsbildendes Merkmal tritt die Übernahme von Verantwortung seitens der Bereichsleitung für alle ihrem Zuständigkeitsbereich zurechenbaren, zielrelevanten Handlungskonsequenzen hinzu, wodurch eine Sanktionierung von Bereichsergebnissen durch das übergeordnete Management prinzipielle Legitimation erhält.
2. Center-Formen
Im Großteil der einschlägigen Literatur (vgl. beispielsweise Weilenmann, P. 1989, S. 938 ff.; Kaplan, R.S./Atkinson, A.A. 1989, S. 529 ff.; Schweitzer, M./Küpper, H.-U. 1998, S. 77; Ewert, R./Wagenhofer, A. 2000, S. 451) hat sich eine relativ homogene Typologisierung von Center-Konzepten durchgesetzt. Diese knüpft an denjenigen rechnungstechnischen Größen an, welche von den Entscheidungsträgern im Center angesichts der geltenden Kompetenzausstattung und der jeweiligen bereichsübergreifenden Interdependenzstruktur (vgl. zu Begriff und Arten von Interdependenzen Frese, E. 2005, 132 ff.; Laux, H./Liermann, F. 1997, S. 195) verhältnismäßig autonom beeinflussbar sind. Üblicherweise wird in diesem Zusammenhang zwischen vier (bzw. fünf) Center-Typen unterschieden (vgl. zu deren Charakteristika im Einzelnen Anthony, R.N./Dearden, J./Govindarajan, V. 1992). a) Cost Center und Discretionary Expense Center
Cost Center kommen zum Einsatz, wenn Art und Menge des Bereichsoutputs weitestgehend durch die Entscheidungen anderer organisatorischer Einheiten determiniert sind. In derartigen Situationen ist es zweckmäßig, den Ergebnisbeitrag des Centers über Kostenkategorien zu erfassen. Die anfallenden Kosten spiegeln dann die Effizienz der bereichsinternen Leistungserstellung wider. Eine Sonderform inputorientierter Center-Konzepte stellen sog. Discretionary Expense Center dar, bei denen die Einhaltung von Budgetvorgaben als Effizienzmaßstab dient. Ihre Implementierung empfiehlt sich, wenn keine eindeutige Beziehung zwischen Input und Output herstellbar ist. b) Revenue Center
Sofern zwar die wesentlichen Erlöskomponenten zuverlässig erfasst und durch den betrachteten Bereich beeinflusst werden können, ein Großteil der Leistungserstellungskosten jedoch seiner unmittelbaren Einflussnahme entzogen ist, bietet sich die Heranziehung von (monetär bewerteten) Outputgrößen zu Steuerungs- und Beurteilungszwecken und damit die Schaffung von Revenue Centern an. Eine Führung als Revenue Center liegt vor allem bei solchen Einheiten nahe, die mit der Erfüllung von Vertriebsaufgaben befasst sind.
Im Unterschied zu den bislang vorgestellten Center-Konzepten, welche sich entweder auf die Input- oder auf die Outputseite beziehen, finden in Profit Centern bei der Erfolgsermittlung Kosten und Erlöse Berücksichtigung. Insofern lassen sich Profit Center nicht nur als „ Unternehmungsbereiche mit gesondertem Erfolgsausweis “ (Frese, E. 1995, S. 942; ähnlich auch Köhler, R. 1988, S. 1 oder Schweitzer, M. 1992, Sp. 2078), sondern auch als „ strukturelle Verankerung dezentraler Gewinnverantwortung “ (Lehmann, P. 2002, S. 96) charakterisieren. Einer Bildung von Profit Centern liegt der Versuch zugrunde, Eigenschaften von auf externen Märkten agierenden Wirtschaftssubjekten möglichst umfassend nachzubilden, um so die mit marktlichen Systemen assoziierten Effizienzvorteile auch unternehmungsintern nutzen zu können. Eccles und White (vgl. Eccles, R.G./White, H.C. 1986, S. 215) bezeichnen Unternehmungen, in denen mehrere Profit Center miteinander interagieren, daher auch als „ hierarchy with substantial market charakteristics “ .
Eine Implementierung von Investment Centern stellt die konsequenteste Umsetzung des Gedankens dezentraler Unternehmungsführung dar. Für die Investment Center-Leitung wird die Verantwortung über den periodenbezogenen Bereichsgewinn hinaus auf die zur Gewinnerwirtschaftung getätigten Investitionen ausgedehnt. Zur Abbildung des Investment Center-Erfolgs existieren unterschiedliche Verfahren und Kennziffern. Bedingt durch die Erkenntnis, dass eine Verwendung von Rentabilitätsgrößen wie dem \'Return on Investment\' erhebliche Fehlsteuerungswirkungen zur Folge haben kann (vgl. Dearden, J. 1969, S. 126 f.), kommen zunehmend absolute Kennziffern (z.B. das Residualeinkommen) zum Einsatz. Darüber hinaus wird die Zweckmäßigkeit einer Erfolgsermittlung in Kategorien der Kosten- und Erlösrechnung z.T. grundsätzlich in Zweifel gezogen und statt dessen die Nutzung von Instrumenten der Investitionsrechnung empfohlen (z.B. Kah, A. 1994, S. 78).
Die Grenzen zwischen Profit und Investment Centern sind fließend: Einerseits erfolgt für Profit Center häufig ein ergänzender Ausweis von Erfolgsgrößen, in denen die Investitionsbasis Berücksichtigung erfährt; andererseits verfügen Entscheidungsträger in Investment Centern wohl nur sehr selten über die Möglichkeit, sämtliche bereichsbezogenen Investitionen vollständig autonom zu tätigen (vgl. hierzu beispielsweise die empirischen Studien von Tomkins, C. 1973 oder Burgelman, R.A. 1991).
II. Anwendungsbedingungen des Profit Center-Konzepts
Eine erfolgreiche Umsetzung des Profit Center-Konzepts stellt bestimmte strukturorganisatorische, rechnungstechnische und führungs- bzw. fähigkeitsbezogene Anforderungen, zwischen denen realiter formale ebenso wie inhaltliche Überschneidungen existieren.
Bislang hat sich keine einheitliche Meinung herausgebildet, mit welchen organisatorischen Rahmenstrukturen die Führung dezentraler Einheiten als Profit Center grundsätzlich vereinbar ist. Eine weitverbreitete Auffassung geht von der These aus, dass Profit Center-Systeme das Vorhandensein objektorientierter (z.B. Köhler, R. 1988, S. 3 ff. oder Schweitzer, M. 1992, Sp. 2078) oder – noch restriktiver – produktorientierter Grundstrukturen (z.B. Welge, M.K. 1975, S. 16 ff.) implizieren. Derartige Gleichsetzungen verkennen jedoch dreierlei:
Erstens weisen auch objektorientierte Organisationsstrukturen nicht zwangsläufig alle Merkmale für eine \'natürliche\' Herausbildung von \'profit-center-fähigen\' Bereichen auf. Beispielsweise lassen sich häufig spartenübergreifend mehr oder weniger intensive Lieferbeziehungen nachweisen, die einer gewinnbezogenen Verantwortungsübernahme gerade auf Seiten des internen Nachfragers entgegenstehen.
Zweitens steht dem Management ein äußerst vielfältiges Instrumentarium zur Verfügung, um auch in Strukturen, welche den Anforderungen an eine Schaffung klar abgegrenzter \'Responsibility Center\' nicht entsprechen, Kongruenz zwischen Entscheidungsautonomie und Verantwortung herzustellen. Neben der Heranziehung zusätzlicher Kriterien zur Leistungsbeurteilung ist insbesondere auf den Einsatz von Verrechnungspreisen zu \'Entkoppelungszwecken\' hinzuweisen.
Drittens kann eine mit der Einführung von Profit Centern verfolgte Intention darin bestehen, die ergebnisbezogene Verantwortung organisatorischer Einheiten über ihren originären Einflussbereich auszudehnen, um ein System lateraler Kontrolle zu verankern (vgl. auch Lehmann, P. 2002, S. 261 ff.). Ein solches Vorhaben, das Leistungsniveau in einem Center durch geeignete Einflussnahme seitens hierarchisch unabhängiger Einheiten aufrechtzuerhalten oder zu steigern, lässt sich nur dann realisieren, wenn die Forderungen nach Abgeschlossenheit und Unabhängigkeit aufgegeben werden.
Nach Shillinglaw (vgl. Shillinglaw, G. 1957, S. 84 f.) müssen bei einer dem traditionellen \'Responsibility Center\'-Ansatz folgenden Implementierung von Profit Centern zwei (gegenläufige) Kriterien erfüllt sein:
- | Unabhängigkeit: Die Entscheidungsträger im Profit Center müssen möglichst frei von äußeren Beschränkungen – sei es durch das übergeordnete Management, sei es durch hierarchisch gleichgeordnete Einheiten – sämtliche für den Bereichsgewinn relevanten Faktoren beeinflussen können. | - | Kompatibilität: In vertikaler Hinsicht ist grundsätzliche Vereinbarkeit von bereichsbezogenen Zielsetzungen und übergeordneten Unternehmungszielen anzustreben, um Profit Center-Organisationen inhärenten Zentrifugalkräften wirkungsvoll begegnen zu können. Mit Blick auf das Verhältnis zwischen interdependenten Profit Centern (horizontale Dimension) kann von Kompatibilität gesprochen werden, sofern kein Bereich über Möglichkeiten verfügt, sein eigenes Ergebnis zu Lasten anderer organisatorischer Einheiten zu verbessern. |
Während das Unabhängigkeits- und das Kompatibilitätskriterium Hinweise auf Umfang bzw. Inhalt von Entscheidungskompetenzen eines Profit Centers geben, bezieht sich das Merkmal \'monetärer Erfolgsausweis\' primär auf die Ausgestaltung der Verantwortungsseite. Auch hierbei lassen sich zwei Anforderungen identifizieren, welche bei einer Einführung von Profit Centern erfüllt sein müssen:
Zum einen verlangt die Abbildung des Bereichsergebnisses in Form einer Gewinngröße, dass nicht nur alle im Zusammenhang mit der Profit Center-internen Leistungserstellung stehenden Kosten, sondern auch die Kosten bereichsextern bezogener Vorleistungen sowie beim Absatz des Bereichsoutputs erzielte Erlöse ermittelbar sind. Dies bereitet keine Probleme, wenn die als Profit Center geführten Bereiche unmittelbaren Zugang zum externen Beschaffungs- und Absatzmarkt besitzen und keine Leistungsverflechtungen mit anderen organisatorischen Einheiten innerhalb der Unternehmung existieren. Sind die genannten Voraussetzungen nicht erfüllt, basiert die Bereichserfolgsrechnung also zumindest in Teilen auf den Resultaten unternehmungsinterner Lieferbeziehungen, so ist für Profit Center-übergreifend gehandelte Leistungen durch den Ansatz von Verrechnungspreisen ein zentrales Element externer marktlicher Systeme innerhalb der Unternehmung nachzubilden.
Zum anderen sollte der Erfolgsmaßstab in der Lage sein, alle zielrelevanten Konsequenzen von Entscheidungen im Profit Center sachlich und zeitlich zutreffend abzubilden (Prinzip der Entscheidungsverbundenheit; vgl. Hax, H. 1989, S. 162) sowie bei den Profit Center-Mitarbeitern auf eine möglichst umfassende Erfolgspotenzialausschöpfung hinzuwirken. In der Terminologie von Ewert und Wagenhofer (vgl. dazu Ewert, R./Wagenhofer, A. 2000, S. 6) ist der Erfolgsmaßstab so auszugestalten, dass den zentralen Aufgaben interner Rechnungssysteme (Entscheidungsfunktion: Bereitstellung von Informationen, welche eine organisatorische Einheit in die Lage versetzen, eine Aufgabe zielkonform zu lösen; Verhaltenssteuerungsfunktion: Förderung der Bereitschaft von Entscheidungsträgern, sich gemäß den offiziellen Zielvorgaben zu verhalten) Rechnung getragen wird. Dabei kommt sowohl dem Inhalt der Ergebnisgröße (vgl. z.B. Merchant, K.A. 1989, S. 60, Tab. 3 – 1) als auch dem extern formulierten Ausmaß der Zielerreichung (z.B. Untergrenzen oder Maximierungsvorschriften) Bedeutung zu.
Für das übergeordnete Management ist es aus führungsbezogener Sicht unabdingbar, sich einer unmittelbar steuernden Einflussnahme gerade bei operativen Fragen weitestgehend zu enthalten, um die Unabhängigkeitsforderung nicht zu konterkarieren (vgl. hierzu auch Faust, M./Jauch, P./Notz, P. 2000, S. 172 ff.). Daneben führt die Nutzung monetärer Steuerungskriterien tendenziell zu einer \'Versachlichung\' des Führungsstils, d.h. personenorientierte Maßnahmen werden zunehmend durch technokratische Instrumente substituiert.
Insbesondere an mit Leitungsaufgaben betraute Mitarbeiter in dezentralen Bereichen stellt das Profit Center-Konzept anspruchsvolle fähigkeitsbezogene Anforderungen. Einerseits ist weniger die Herausbildung funktionsspezifischen Wissens als das Vorhandensein generellen Management-Know-hows für eine Aufgabenbewältung erforderlich. Andererseits ist der Profit Center-Gedanke nur dann mit Aussicht auf Erfolg umsetzbar, wenn auch auf nachgelagerten Ebenen Fähigkeit und Bereitschaft zu unternehmerischem Denken bzw. Handeln existieren (vgl. Schmalenbach, E. 1948, S. 11; Pinchot, G. 1986, S. 22).
III. Profit Center-Organisation als Steuerungskonzept für dezentralisierte Unternehmungen
Organisatorische Maßnahmen dienen der Bewältigung von Differenzierungs- oder von Integrationserfordernissen.
Organisatorische Differenzierung ist auf die Notwendigkeit zur arbeitsteiligen Erfüllung komplexer Aufgabenstellungen zurückzuführen. Führen Differenzierungsüberlegungen zur Implementierung dezentraler Strukturen, so werden Stellen bzw. Bereiche auf nachgelagerten Hierarchieebenen mit verhältnismäßig umfangreichen Entscheidungskompetenzen ausgestattet.
Bedingt durch den Zwang, arbeitsteilig getroffene Entscheidungen auf die \'offiziellen\' Unternehmungsziele auszurichten, entstehen verschiedenartige Probleme der organisatorischen Integration, welche analytisch durch eine Koordinations- und eine Motivationsdimension erfasst werden können (vgl. Frese, E. 2005; Milgrom, P.R./Roberts, J. 1992, S. 25). Im Mittelpunkt der Koordinationsdimension stehen aufgabenlogische Zusammenhänge bei gleichzeitiger Modellierung der Entscheidungsträger als abstrakte Aufgabenerfüllungseinheiten; individuellen Einstellungen und Zielsetzungen der Entscheidungsträger, die möglicherweise im Widerspruch zu offiziellen Verhaltenserwartungen stehen, trägt die Motivationsdimension Rechnung.
Integrationsprobleme können durch Rückgriff auf unterschiedliche Organisationsmaßnahmen gelöst werden, welche sich zu plan- bzw. marktorientierten Steuerungsmustern kondensieren lassen. Während Pläne ein weitgefächertes Ausgestaltungsspektrum mit Blick auf Zielformulierung (z.B. quantitativ oder qualitativ), Berücksichtigung von Interdependenzen zwischen Teilplänen (z.B. isoliert oder integriert) und eingesetztes Lösungsverfahren (z.B. Parallel- oder Sequenzprinzip) umfassen, setzt eine an marktlichen Prinzipien ausgerichtete Steuerung arbeitsteiliger Aktivitäten auf Elemente wie monetäre Bereichsergebnisse, eigennutzorientierte Entscheidungsfindung, (Verrechnungs-)Preise sowie ggf. Wettbewerb mit unternehmungsfremden Marktteilnehmern.
Unter Koordinationsgesichtspunkten ist es erforderlich, Entscheidungsträger auf nachgelagerten Hierarchieebenen in die Lage zu versetzen, ihnen übertragene Aufgaben sachlich angemessen zu erfüllen (bereichsbezogenes Steuerungsproblem) sowie Interdependenzen zu anderen organisatorischen Einheiten nach Maßgabe der Unternehmungsziele abzustimmen (bereichsübergreifendes Steuerungsproblem).
Im Rahmen des Profit Center-Konzepts erfolgt die bereichsbezogene Steuerung im Wesentlichen über die Vorgabe eines Gewinnziels. Hierdurch werden dem Profit Center-Management erhebliche Freiräume in Bezug auf das Vorgehen bei der Aufgabenerfüllung eingeräumt. Der monetäre Bereichserfolg stellt einen vergleichsweise einfach ermittelbaren Indikator für mögliche Fehlentwicklungen dar und ist sowohl mit Systemen der Selbstkontrolle als auch mit hierarchischer Kontrolle vereinbar. Gegen den alleinigen Rückgriff auf eine globale Gewinngröße spricht jedoch ihre mangelnde Eignung zur Ursachenanalyse sowie zur Entwicklung von Korrekturmaßnahmen.
In einem unternehmungsweit eingeführten Profit Center-System besteht das vorrangige Abstimmungserfordernis in der Festlegung von Eigenschaften bereichsübergreifend ausgetauschter Leistungen. Wird die Bestimmung zentraler Transaktionsmerkmale (funktionale Charakteristika, Leistungsmenge und -qualität, Verrechnungspreis) den dezentralen Einheiten überlassen, existiert ein \'realer\' interner Markt; \'fiktive\' interne Märkte sollen demgegenüber allein Motivationseffekte realisieren (vgl. Frese, E. 2004, S. 136). Die Akzentuierung der Bereichsperspektive führt dazu, dass für die einzelnen Profit Center der Blick für weitergehende Abstimmungsnotwendigkeiten (etwa eine Ausschöpfung bereichsübergreifender Ressourcen- oder Marktpotenziale) verstellt wird und deren Berücksichtigung in den Zuständigkeitsbereich des übergeordneten Managements fällt.
Mit Blick auf die Motivationsdimension ist eine Differenzierung zwischen bereichsbezogenen und -übergreifenden Steuerungsproblemen ebenfalls sinnvoll. Sowohl die Ausstattung mit umfassenden Entscheidungskompetenzen als auch die (relative) Abgeschlossenheit von Profit Centern sind unter Motivationsgesichtspunkten positiv zu beurteilen. Zudem fördern eine konsequente Übertragung von Verantwortung für im Profit Center getroffene Entscheidungen sowie Möglichkeiten einer differenzierten Anreizgewährung die Motivation, gemäß den offiziellen Bereichszielen zu handeln. Entsprechende Motivationswirkungen sind allerdings nur dann funktional, wenn Bereichs- und Unternehmungszielsetzungen dem Kompatibilitätsgrundsatz genügen. Eine ausreichende Bereitschaft zur gesamtzielkonformen Abstimmung bereichsübergreifender Interdependenzen kann in Profit Center-Organisationen nicht ohne weiteres unterstellt werden, erfordert eine solche Abstimmung doch regelmäßig das Eingehen von Kompromissen und damit eine Beeinträchtigung der Bereichszielrealisierung.
IV. Ausgewählte Probleme der Profit Center-Konzeption aus Sicht unterschiedlicher theoretischer Strömungen
1. Managementorientierte Organisationstheorie: Profit Center im Spannungsfeld von Strategie, Organisation und Rechnungswesen
Insbesondere die Arbeiten von Vancil, Eccles und Merchant (vgl. Vancil, R.F. 1979; Eccles, R.G. 1985 und Merchant, K.A. 1989) haben den Weg für eine anwendungsorientierte Auseinandersetzung mit dem Profit Center-Konzept bereitet.
Vancil, R.F. geht primär der Frage nach, wie sich der für das Profit Center-Management existierende Zwang, in einem durch Spannungen zwischen Autonomie und Abhängigkeitsbeziehungen gekennzeichneten Umfeld handeln zu müssen, auf Leistungsmotivation sowie Prozesse und Ergebnisse der Entscheidungsfindung auswirkt. Daneben untersucht er, unter welchen Bedingungen eine bewusste Schaffung mehrdeutiger Entscheidungsbedingungen zur verbesserten Unternehmungszielrealisierung beitragen kann.
Zentrales Anliegen der Untersuchung von Eccles, R.G. ist zwar die Frage, welche Gestalt Verrechnungspreissysteme unter verschiedenartigen strategischen Bedingungen annehmen sollten. Dennoch lassen sich auch mit Blick auf die Ausgestaltung von Center-Strukturen einige bedeutende Schlussfolgerungen ableiten: Einerseits empfiehlt sich nach Eccles eine Führung organisatorischer Einheiten als Profit Center nur dann, wenn die fraglichen Bereiche als eigenständiges Geschäft angesehen werden. Andererseits besitzt die Frage, ob Center-übergreifende Leistungsbeziehungen auf eine Strategie der vertikalen Integration zurückgehen, Implikationen für das Ausmaß der Einräumung von Entscheidungsautonomie hinsichtlich der Transaktionspartnerwahl.
Merchant, K.A. beschäftigt sich mit dem Profit Center-Konzept primär unter Motivationsgesichtspunkten. Ausgehend von den Eigenschaften idealer \'Motivationsverträge\' identifiziert er mit der Unmöglichkeit, Änderungen im \'Shareholder Value\' unmittelbar zu messen, dem Problem, einen Kausalzusammenhang zwischen Handlungen der Profit Center-Mitarbeiter und dem Bereichserfolg herzustellen, und der Tendenz, einzelne \'Vertragselemente\' zu anderen als Motivationszwecken zu nutzen, drei Komplexe, welche die intendierten Motivationseffekte konterkarieren (vgl. Merchant, K.A. 1989, S. 44). Der organisatorischen Gestaltung steht zur Vermeidung derartiger Abweichungen ein reichhaltiges Maßnahmenspektrum – von der Verwendung mehrerer, unterschiedlich ausgestalteter \'Motivationsverträge\' über die Wahl eines geeigneten Maßstabs zur Abbildung des Bereichserfolgs bis zu verschiedenartigen Leistungsbeurteilungs- und Anreizverfahren – zur Verfügung.
2. Mikroökonomisch orientierte Organisationstheorie: Profit Center als Instrument zur Bewältigung delegationsbedingter Agency-Probleme
Gegenstand der Agency-Theory sind Auftragsbeziehungen zwischen einem Prinzipal (Auftraggeber) und einem (oder mehreren) Agenten, welche folgende Eigenschaften aufweisen: Informationsasymmetrie zwischen den Vertragspartnern; Prinzipal und Agent verfolgen nicht zwangsläufig identische Ziele; Prinzipal und Agent besitzen unterschiedliche Einstellungen zum Risiko.
Der normative Zweig der Agency Theory versucht vor dem Hintergrund dieser Annahmen, Mechanismen zu entwerfen, welche unter Berücksichtigung der situativen Bedingungen eine Aufgabenerfüllung im Sinne des Auftraggebers sicherstellen (vgl. Eisenhardt, K.M. 1989, S. 60). Aus diesem Blickwinkel stellen sich zwei Elemente von Profit Centern als vertragliche Regelungen zwischen Unternehmungszentrale und Entscheidungsträgern auf nachgelagerten Hierarchieebenen als kritisch dar:
Einerseits ist zu klären, ob die Größe \'monetärer Erfolg\' in der Lage ist, alle aus Sicht des Prinzipals ergebnisrelevanten Merkmale der \'Aufgabenerfüllung\' adäquat zu erfassen. Dabei spielt nicht allein das Problem der Kurzfristorientierung eine Rolle (vgl. hierzu beispielsweise Payne, B. 1958, S. 93 f.); auch die bereichsübergreifende Kooperationsbereitschaft wird unter Umständen durch eine alleinige Ausrichtung am Kriterium \'Bereichsgewinn\' beeinträchtigt. Um entsprechenden Schwierigkeiten entgegenzuwirken, kann das Gewinnkriterium um nicht-monetäre Indikatoren ergänzt werden oder eine vollständige Ablösung durch planbasierte Indikatoren erfahren. Sofern der Rückgriff auf ein monetäres Erfolgsmaß Zustimmung erfährt, muss untersucht werden, wie dieses inhaltlich auszugestalten ist (z.B. als absolute oder relative Größe, als Periodengewinn oder ökonomischer bzw. Totalgewinn, als beeinflussbarer oder zurechenbarer Gewinn).
Andererseits bedarf es der Festlegung einer geeigneten Beziehung zwischen Leistungsergebnis und Anreiz (fixe Gehälter, Gewährung von Prämien für die Erreichung bestimmter Schwellenwerte oder strikt funktionale Koppelung variabler Entgeltbestandteile an die Höhe des Bereichsgewinns), welche gewährleistet, dass Entscheidungen und Realisationshandlungen im Profit Center den Interessen des Prinzipals – also den offiziellen Gesamtunternehmungszielen – möglichst weitgehend entsprechen.
Aus Sicht der Agency Theory stellt sich die Entscheidung für oder gegen eine Profit Center-Implementierung als Gratwanderung zwischen der Inkaufnahme eines suboptimalen Informationsstandes bei der Entscheidungsfindung (zentrale Lösung) sowie der Bewältigung von Zielinkongruenzen, Motivationsdefiziten und Überwachungsproblemen (dezentrale Lösung) dar. Da das vorrangige Anwendungsgebiet der Agency Theory die Beschäftigung mit der zielkonformen Abwicklung realisationsnaher Aufgaben ist, muss einer Übertragung agencytheoretischer Überlegungen auf Aufgabenkomplexe, deren Erfüllung – wie dies regelmäßig beim Profit Center-Konzept der Fall ist – eine Ausstattung mit relativ gering spezifizierten Entscheidungsbefugnissen erfordert, allerdings Vorsicht entgegengebracht werden.
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