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Absatzfinanzierung


Inhaltsübersicht
I. Begriff der Absatzfinanzierung
II. Formen und Funktionen der Absatzfinanzierung
III. Absatzfinanzierungsinstrumente
IV. Perspektiven der Absatzfinanzierung

I. Begriff der Absatzfinanzierung


Unter Absatzfinanzierung versteht man sämtliche Maßnahmen zur Förderung des Absatzes von Produkten oder Dienstleistungen durch die Einräumung von Finanzierungsmöglichkeiten. Hierdurch fallen Warenerhalt und Zahlungszeitpunkt auseinander; die Zahlung erfolgt zeitlich nach der Warenübertragung an den Käufer, wobei zusätzlich vereinbart werden kann, dass die ausstehende Summe durch Ratenzahlungen beglichen wird. Offensichtlich finden Verkäufe von Produkten und Dienstleistungen somit in Verbindung mit einer Kreditgewährung oder der Begründung kreditähnlicher Rechtsverhältnisse statt mit der Folge, dass der Kauf dieser Leistungen auch dann möglich ist, wenn der Käufer nicht über die entsprechenden liquiden Mittel verfügt oder deren Abfluss vermeiden will (Betge, P. 1990). Die zentrale Aufgabe der Absatzfinanzierung ist daher in der Herstellung bzw. Steigerung der Kaufkraft auf der Nachfragerseite zu sehen.

II. Formen und Funktionen der Absatzfinanzierung


1. Absatzfinanzierungsformen


Die Finanzierung von Produkt- bzw. Dienstleistungskäufen kann auf verschiedene Weise erfolgen. Eine erste Unterscheidung kann dahingehend getroffen werden, wem ein Finanzierungsangebot unterbreitet wird. Während bei der Verkaufsfinanzierung ein Unternehmen seinen Kunden eine Finanzierungsmöglichkeit einräumt, wird bei der Hersteller- bzw. Händlerfinanzierung den Herstellern bzw. Händlern selbst von einem Finanzierungsinstitut eine Finanzierung zur Lösung eigener Liquiditätsprobleme unterbreitet (Bittmann, H./Kirstein, G. 1990). Des weiteren ist dahingehend zu differenzieren, wer die Finanzierung vornimmt. Erfolgt die Finanzierung in Eigenregie, d.h. ohne Rückgriff auf ein unabhängiges Finanzierungsinstitut, so liegt eine nichtbankmäßige Absatzfinanzierung vor. Vorteilhaft an dieser Absatzfinanzierungsform ist die Möglichkeit, die Finanzierungskonditionen (Zinshöhe, Laufzeit, Anzahlungen, Kreditgewährungskosten usw.) selbst in Abhängigkeit der mit der Absatzfinanzierung verfolgten Ziele festlegen und an sich ändernde Nachfragesituationen flexibel anpassen zu können. Wird hingegen im Rahmen einer bankmäßigen Absatzfinanzierung ein unabhängiges Finanzierungsinstitut eingeschaltet, so birgt diese Form der Absatzfinanzierung den Vorteil in sich, dass der Hersteller bzw. Händler keine Liquiditätsbindung erfährt und auch die Kontrolle der Zahlungseingänge sowie das Ausfallrisiko auf den Finanzierungspartner übertragen kann. Darüber hinaus ist von Bedeutung, wie die Finanzierungsgesellschaft in die Absatzfinanzierung integriert ist. Während bei der direkten Absatzfinanzierung der Warenkauf durch unmittelbare Vereinbarung zwischen dem Käufer und dem finanzierenden Partner finanziert wird, richten sich bei der indirekten Absatzfinanzierung die Angebote des eingeschalteten Finanzierungsinstituts nicht an den Warenkäufer, sondern an den Hersteller bzw. Händler. Offensichtlich fallen daher die direkte Finanzierung mit der Verkaufsfinanzierung und die indirekte Finanzierung mit der Hersteller- bzw. Händlerfinanzierung zusammen. Abb. 1 verdeutlicht die Zusammenhänge im Einzelnen.
Absatzfinanzierung
Abb. 1: Formen der Absatzfinanzierung
Weitere Klassifikationen können vorgenommen werden, wenn der Gegenstand der Finanzierung sowie die Art des Geschäfts betrachtet werden. Im Hinblick auf den Gegenstand kann zwischen Konsumgüter- und Investitionsgüterfinanzierung unterschieden werden, während die Art des Geschäfts sich in einer Inlands- oder Auslandsgeschäftsfinanzierung niederschlägt; Letztere umfasst z.T. spezielle Finanzierungsinstrumente, mit deren Hilfe Wettbewerbsvorteile im internationalen Marketing herausgearbeitet werden können (Berndt, /Fantapié Altobelli, /Sander, 1997; Werner, R. 1995). Die in Abb. 1 gezeigten Absatzfinanzierungsformen sind dabei unabhängig von dem Gegenstand der Finanzierung sowie der Art des Geschäfts.

2. Funktionen der Absatzfinanzierung


Die Absatzfinanzierung erfüllt sowohl für den finanzierungsnehmenden als auch für den finanzierungsgebenden Marktpartner eine Reihe von Funktionen. Für Hersteller bzw. Händler als finanzierungsgebende Marktpartner bietet die Absatzfinanzierung die Möglichkeit der gezielten Nachfragebeeinflussung für ihr Produktangebot (Löschner, P. 1992). Hierdurch kann eine Glättung von Produktion und Absatz im Zeitablauf erzielt werden, indem bspw. in rezessiven Phasen oder außerhalb der Hauptsaison entsprechend günstige Finanzierungsangebote unterbreitet werden. Als Folge einer Gleichauslastung der Kapazitäten können Überstunden einerseits und übermäßige Lagerbestände andererseits verhindert werden mit der Folge von entsprechend positiven Auswirkungen auf die Kostensituation von Hersteller bzw. Händler. Darüber hinaus stellt ein Leistungs- und Finanzierungsangebot „ aus einer Hand “ einen häufig nicht unerheblichen Wettbewerbsvorteil gegenüber Mitbewerbern dar, welche eine Finanzierungsmöglichkeit für den Produktkauf nicht unterbreiten. Auf diese Weise lässt sich die Kundenzufriedenheit steigern mit der Perspektive, die Kunden mittel- bis langfristig an das Unternehmen zu binden und für einen nachhaltigen Absatz der angebotenen Produkte zu sorgen. Dies ist insbesondere beim Angebot von kundenindividuellen Finanzierungslösungen zu erwarten, welche auf die Bedürfnisse der einzelnen Kunden zugeschnitten sind.
Eine weitere Funktion der Absatzfinanzierung besteht aus Hersteller- bzw. Händlersicht in der Erschließung neuer Marktsegmente. Durch das Anbieten einer günstigen Finanzierung wird auch kaufkraftschwächeren Nachfragern die Möglichkeit des Erwerbs vergleichsweise teurer Produkte (z.B. Autos, Unterhaltungselektronik, Möbel) gegeben. Für Hersteller bzw. Händler bedeutet dies eine unmittelbare Marktausweitung mit der Folge der Sicherung des Unternehmenswachstums.
Für die Kunden von Herstellern bzw. Händlern als finanzierungsnehmende Marktpartner impliziert eine Finanzierung das zeitliche Vorziehen des Produktkaufs von der Zukunft in die Gegenwart bzw. überhaupt die Möglichkeit des Produkterwerbs. Insofern ist in der Absatzfinanzierung auch eine soziale Funktion zu sehen, indem relativ teure Produkte eine weite Marktverbreitung dadurch erreichen, dass auch für einkommensschwächere Schichten ein Kauf möglich wird. Darüber hinaus sichert eine Finanzierungsmöglichkeit den Erhalt von Eigenmitteln und erweitert den Finanzierungsspielraum für andere Anschaffungen; auf diese Weise können auch zukünftige Eventualitäten (z.B. Krankheit, Arbeitslosigkeit) finanziell aufgefangen werden. Im Zusammenhang mit den zumeist festen Konditionen der Finanzierung und der damit einhergehenden überschaubaren Kostenbelastung kommt der Absatzfinanzierung so auch eine risikoreduzierende Funktion zu. Auch können Absatzfinanzierungsalternativen (z.B. Leasing) steuerlich interessante Wirkungen für den Nachfrager bedeuten (v. Hagenmüller, K. F./Eckstein, W. 1992; Bittmann, H./Kirstein, G. 1990)

III. Absatzfinanzierungsinstrumente


Das Spektrum von Absatzfinanzierungsinstrumenten ist inzwischen sehr differenziert und umfangreich. Absatzfinanzierungsinstrumente können in Verkaufsfinanzierungsinstrumente einerseits und Hersteller- bzw. Händlerfinanzierungsinstrumente andererseits eingeteilt werden. Abb. 2 zeigt wesentliche Instrumente der Absatzfinanzierung im Überblick auf.
Absatzfinanzierung
Abb. 2: Instrumente der Absatzfinanzierung

1. Verkaufsfinanzierungsinstrumente


Ratenkredite sind Kredite zur Finanzierung höherwertiger Produktkäufe, welche in periodisch wiederkehrenden Zahlungen getilgt werden müssen. Der Zahlungsrhythmus orientiert sich dabei im Regelfall an der zeitlichen Struktur des Einnahmeverlaufs beim Kreditnehmer. Gegenüber Konsumenten sind monatliche Raten üblich; andere zeitliche Strukturen finden sich z.B. in der Landwirtschaft und in der Baubranche, wo häufig höhere Raten nach der Ernte bzw. niedrigere Raten in der Wintersaison eingeräumt werden. Die Laufzeit des Kredites lehnt sich dabei an die übliche Nutzungsdauer des kreditierten Objektes an (z.B. vier Jahre bei einem Autokauf). Wird ein Ratenkredit in Form eines Annuitätendarlehens vergeben, so sind die zu leistenden Raten im Zeitablauf gleichbleibend, der in der Rate enthaltene Zinsanteil (Tilgungsanteil) sinkt (steigt) im Zeitablauf. Wird ein Tilgungsdarlehen vereinbart, so sinken die Raten im Zeitablauf, da die Tilgungbeträge pro Rate gleichbleiben, die Zinsbelastung jedoch abnimmt. Kennzeichnend für das Leasing ist die Tatsache, dass die Nutzung und nicht das Eigentum an einem Produkt im Vordergrund steht. Beim Leasinggeschäft vermietet der Leasinggeber ein Wirtschaftsgut (z.B. Auto) an einen Leasingnehmer unter genau vorgegebenen Bedingungen, wobei der Leasinggeber Eigentümer des Leasinggegenstandes bleibt. Je nach Vertragsgestaltung kann dem Leasingnehmer nach Ablauf des Leasingvertrages das Recht eingeräumt werden, das Leasingobjekt zu einem vorher vereinbarten Restwert zu übernehmen. Grenzüberschreitend ist zunehmend auch das Export-Leasing von Bedeutung (Engert, P./Fuchs, R. 1997). Beim Mietkauf hingegen werden grundsätzlich die Anschaffungskosten für das Mietobjekt über die vom Käufer zu leistenden Zahlungen (inkl. Zinszahlungen) komplett abgedeckt. Nach Ablauf der Mietzeit geht der vermietete Gegenstand nach Zahlung der letzten Rate in das Eigentum des Mieters bzw. Käufers über. Weite Verbreitung hat schließlich der Lieferantenkredit gefunden. Hier erfolgt eine Stundung für die Begleichung ausstehender Beträge gegenüber dem Käufer für eine genau vorgegebene Frist durch den Anbieter bzw. Lieferanten (z.B. 30 Tage). Wird die Zahlung vorzeitig zu genau festgelegten Zeitpunkten getätigt, so kann vom Rechnungsbetrag im Regelfall ein Abzug (Skonto) in vorgegebener Höhe vorgenommen werden.

2. Hersteller- und Händlerfinanzierungsinstrumente


Die Notwendigkeit einer Lagerfinanzierung resultiert aus der Tatsache heraus, dass ein Hersteller bzw. Händler gegenüber den Kunden eine bestimmte Lieferbereitschaft gewährleisten muss. Die Vorhaltung eines gewissen Lagerbestandes bindet dabei liquide Mittel und verursacht Finanzierungskosten. Der Lagerbestand lässt sich jedoch nicht gänzlich zurückfahren, da viele Kunden die Ware vorher besichtigen und testen möchten und anschließend möglichst kurzfristig über sie verfügen wollen. Sale-and-lease-back-Vereinbarungen beinhalten den Verkauf eines Leasingobjektes (z.B. Maschinen, Bürogebäude) durch einen Hersteller oder Händler an eine Leasinggesellschaft, wobei der veräußerte Gegenstand gleichzeitig zurückgemietet wird. Dem Leasingnehmer kann dabei das Recht auf Untervermietung des gemieteten Gegenstandes eingeräumt werden. Offensichtlich sind die weitreichenden Liquiditäts- und Bilanzwirkungen von Sale-and-lease-back-Geschäften, da dem Leasingnehmer einerseits der Kaufpreis für die Veräußerung des Leasingobjektes sofort vom Leasinggeber erstattet wird, andererseits wird der Leasinggegenstand nicht mehr beim Leasingnehmer als ursprünglicher Eigentümer bilanziert, sondern beim Leasinggeber. Beim Same-name-Leasing verkauft ein Hersteller bzw. Händler von ihm vermietete Leasingobjekte an eine Leasinggesellschaft, ohne diese wieder zurückzumieten. Die Leasinggesellschaft erhält sämtliche Forderungen und Nebenrechte aus den Leasingverträgen, übernimmt aber auch das Bonitätsrisiko; gleichzeitig bleibt jedoch der Hersteller bzw. Händler alleiniger Partner gegenüber den Kunden. Kundenauswahl und Struktur der Leasingverträge werden allerdings stärker als bei Sale-and-lease-back-Geschäften vom Leasinggeber bestimmt. Beim Factoring verkauft ein Hersteller oder Händler Forderungen gegenüber Dritten (z.B. aus Warenlieferungen auf Ziel) an Factoringgesellschaften. Neben der Finanzierungsfunktion für den forderungsverkaufenden Hersteller oder Händler durch die sofortige Bezahlung der gekauften Forderung durch die Factoringgesellschaft kann auch die Übertragung des Forderungsausfallrisikos sowie die Übernahme der Forderungsverwaltung (Debitorenbuchhaltung einschl. Mahn- und Inkassowesen) auf bzw. durch die Factoringgesellschaft Grund für einen Forderungsverkauf sein. Bedeutung hat das Factoring auch bei Auslandsgeschäften in Form des Export-Factoring erlangt, indem Forderungen gegenüber Kunden im Ausland an eine Factoringgesellschaft abgetreten werden. Eng verwandt mit dem Export-Factoring ist die Forfaitierung, welche den Ankauf von Forderungen gegenüber ausländischen Abnehmern ohne jede Rückgriffsmöglichkeit auf den Exporteur beinhaltet. Der Forfaiteur übernimmt hier auch das Transfer-, das Währungs- und das politische Risiko. Gegenüber dem Export-Factoring sind die Zahlungsziele längerfristiger Natur (z.T. mehrere Jahre) und die Volumina der einzelnen Forderungen größer; auch wird eine Forfaitierung nur bei einwandfreier Bonität des Schuldners – abgesichert z.B. über eine entsprechende Bankbürgschaft – durchgeführt.

IV. Perspektiven der Absatzfinanzierung


Als Folge steigender Ansprüche an die Produktleistung sind auf vielen Produktmärkten weiter steigende Preise zu erwarten. In Zeiten stagnierender Realeinkommen entsteht auf diese Weise nahezu zwangsläufig ein höherer Finanzierungsbedarf und damit eine steigende Bedeutung der Absatzfinanzierung. Zur Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb wird dabei zukünftig das Angebot von auf individuelle Bedürfnisse zugeschnittenen Finanzierungslösungen ausschlaggebend sein. Kreative Lösungen können hier akquisitorische Potenziale für den Anbieter schaffen. Einsatzpotenziale ergeben sich in diesem Zusammenhang insbesondere für die neuen Informations- und Kommunikationsmedien (z.B. Internet); raum- und zeitunabhängig können so bspw. vom (potenziellen) Kunden selbst on-line-Berechnungen für die Inanspruchnahme von Finanzierungsmöglichkeiten und die sich daraus ergebenden Belastungen vorgenommen werden.
Literatur:
Berndt, R./Fantapié Altobelli, C./Sander, M. : Internationale Marketing-Politik, Berlin et al. 1997
Betge, P. : Absatzförderung durch Finanzierungsmaßnahmen, in: WISU, H. 1/1990, S. 38 – 43
Bittmann, H./Kirstein, G. : Absatzfinanzierung, Motive, Konzepte, Strategien, Landsberg/Lech 1990
Engert, P./Fuchs, R. : Exportleasing nach Osteuropa, in: ZfgK, H. 12/1997, S. 35 – 36
v. Hagenmüller, K. F./Eckstein, W. : Leasing-Handbuch für die betriebliche Praxis, 6. A., Frankfurt a.M. 1992
Löschner, P. : Absatzfinanzierung als Marketing-Instrument des Einzelhandels, Diss. Hannover 1992
Werner, R. : Absatzfinanzierung, Maßgerechte Lösungen für Auslandskunden, in: Absatzwirtschaft, H. 7/1995, S. 52 – 55

 

 


 

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