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Arbeitsproduktivität


Inhaltsübersicht
I. Begriff
II. Messung und Beeinflussung der volkswirtschaftlichen Arbeitsproduktivität
III. Messung und Beeinflussung der betriebswirtschaftlichen Arbeitsproduktivität
IV. Informationsprobleme bei der Messung der betriebswirtschaftlichen Arbeitsproduktivität

I. Begriff


Unter Arbeitsproduktivität ist allgemein das Verhältnis von erzieltem Output zu geleisteter Arbeit zu verstehen. Üblicherweise wird hierbei zwischen der durchschnittlichen und der marginalen Arbeitsproduktivität unterschieden. Bezeichne Y den Output, A den geleisteten Arbeitseinsatz sowie K das eingesetzte Kapital, so lässt sich beispielsweise – auf der volkswirtschaftlichen wie auch auf der betriebswirtschaftlichen Betrachtungsebene – die Produktionsfunktion Y = Y(A, K) aufstellen. Hierbei gibt Y/A, also der Quotient aus erzieltem Output je Arbeitseinheit, die durchschnittliche Arbeitsproduktivität an. Die partielle Ableitung von Y nach A, ∂Y/∂A hingegen wird als marginale Arbeitsproduktivität bezeichnet. Sie misst, um wie viel sich der Output bei einer kleinstmöglichen Erhöhung der Arbeitsmenge verändert.
Analog zur Arbeitsproduktivität lässt sich auch eine durchschnittliche (Y/K) und eine marginale (∂Y/∂K) Kapitalproduktivität definieren. Zwischen Arbeits- und Kapitalproduktivität besteht in der Regel ein enger Zusammenhang. Dies zeigt sich zum einen in der häufig vorgenommenen Zerlegung der Arbeitsproduktivität in Kapitalproduktivität und Kapitalintensität (K/A): Y/A = Y/K · K/A. Zum anderen bestehen oftmals Komplementaritätseffekte zwischen den Faktoren Arbeit und Kapital. Dies bedeutet, dass ein höherer Kapitaleinsatz den Faktor Arbeit produktiver werden lässt oder formal: (∂2Y/∂K∂A > 0, d.h. die gemischte partielle Ableitung der Produktionsfunktion nach beiden Faktoren ist positiv.
Der Begriff der Arbeitsproduktivität ist eng mit der Frage nach der Entlohnung von Arbeitskräften verbunden. Beispielsweise lässt sich die statische neoklassische Gewinnfunktion eines Betriebs schreiben als G(A, K) = p · Y(A, K) – w · A – r · K mit p als Produktpreis, w als Lohnsatz und r als Zinssatz. Aus der Bedingung erster Ordnung für den gewinnmaximalen Arbeitseinsatz ergibt sich p · ∂Y/∂A = w bzw. ∂Y/∂A = w/p, d.h. der Faktor Arbeit wird im Gewinnmaximum nominell in Höhe seines Wertgrenzproduktes p · ∂Y/∂A entlohnt bzw. real in Höhe seiner (marginalen) Arbeitsproduktivität ∂Y/∂A. Auch wenn diese rein neoklassische Betrachtung im Lichte moderner Ansätze der Neuen Institutionenökonomik (z.B. vor dem Hintergrund von Informationsproblemen) viel zu kurz greift, so ist doch zumindest bei dynamischer Betrachtung ein enger positiver Zusammenhang zwischen der Produktivität und der Entlohnung einer Arbeitskraft über den gesamten Karriereverlauf hinweg nicht zu verleugnen.
Im Folgenden soll zunächst die Messung und hierauf aufbauend die Beeinflussung der Arbeitsproduktivität aus volkswirtschaftlicher (Abschnitt II) und betriebswirtschaftlicher Sicht (Abschnitt III) diskutiert werden. Im Mittelpunkt steht hierbei die Frage, anhand welcher Größen der erzielte Output Y und die geleistete Arbeit A beurteilt werden sollen. Diese Frage verdeutlicht bereits, dass üblicherweise versucht wird, die durchschnittliche und nicht die marginale Arbeitsproduktivität zu messen. Abschließend wird danach in Abschnitt IV auf grundsätzliche Informationsprobleme eingegangen, die sich bei der Messung von Arbeitsproduktivität zwangsläufig ergeben.

II. Messung und Beeinflussung der volkswirtschaftlichen Arbeitsproduktivität


Auf der volkswirtschaftlichen Ebene wird die Arbeitsproduktivität im Rahmen der amtlichen Statistik auf zweierlei Weise gemessen (Stobbe,  1994, S. 308 – 318):
Arbeitsproduktivität
Arbeitsproduktivität
Vergleicht man die beiden Maße miteinander, so wird deutlich, dass (Y/A)2 das aussagekräftigere Produktivitätsmaß ist. Für die durchschnittliche Arbeitsproduktivität ist im Nenner die tatsächlich geleistete Arbeit anzusetzen, und diese wird durch die Anzahl der Erwerbstätigen nur sehr grob erfasst. Beispielsweise wird durch die reine Anzahl der Erwerbstätigen nicht berücksichtigt, ob diese teilzeit- oder vollzeitbeschäftigt sind, wie viel Fehltage die Erwerbstätigen aufweisen und ob die Erwerbstätigen möglicherweise Kurzarbeit oder aber Überstunden geleistet haben. All diese Effekte, die für die Messung der tatsächlich geleisteten Arbeit nicht unbedeutend sind, werden hingegen über (Y/A)2 erfasst.
Unabhängig davon, welches der beiden Maße herangezogen wird, zeigen die Angaben des Statistischen Bundesamtes bzw. die Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit, dass die Arbeitsproduktivität in Deutschland in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen ist (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit,  2000, S. 21): Während (Y/A)1 im Jahr 1991 lediglich DM87.013 DM betrug, stieg das Maß 1995 auf DM94.243 DM und 1999 auf DM98.326 DM. Zieht man (Y/A)2 heran, so ergeben die Angaben für das Jahr 1991 einen Wert von DM56,32 DM, für das Jahr 1995 den Betrag DM61,59 DM und für das Jahr 1999 den Wert DM65,42 DM. Insgesamt ergeben sich für den Zeitraum von 1991 bis 1999 für jedes Jahr und für jedes Maß ausschließlich positive Zuwächse, lediglich die Höhe der Zuwächse variiert im Zeitablauf. Auch wenn (Y/A)1 das unpräzisere Maß ist, so gibt es doch den gleichen Trend wieder wie das genauere Maß (Y/A)2.
Will man diesen Trend erklären, so ist der Frage nachzugehen, durch welche Größen die volkswirtschaftliche Arbeitsproduktivität beeinflusst wird. Geht man wiederum von den beiden Maßen (Y/A)1 und (Y/A)2 aus, so lässt sich ein kontinuierlicher Produktivitätsanstieg über ein Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts und/oder ein Sinken der Anzahl an Erwerbstätigen bzw. der Anzahl geleisteter Arbeitsstunden erklären. Das Bruttoinlandsprodukt wiederum setzt sich aus dem gesamtwirtschaftlichen Faktoreinkommen, zuzüglich der indirekten Steuern, zuzüglich der Abschreibungen und abzüglich der Subventionen zusammen. Theoretisch können all diese Einflussfaktoren für den beobachtbaren Trend verantwortlich sein. Empirisch zeigt sich, dass sowohl vom Bruttoinlandsprodukt als auch von der Erwerbstätigenanzahl ein Einfluss ausgeht (Institut der deutschen Wirtschaft,  2001, S. 13, 17): Während die Anzahl an Erwerbstätigen (in 1.000) von 38.454 im Jahr 1991 auf 37.194 im Jahr 1997 tendenziell einem Abwärtstrend folgt (im Jahr 1999 jedoch wieder auf 37.942 ansteigt), erhöht sich das Bruttoinlandsprodukt (in Preisen von 1995) beinahe kontinuierlich von 1.710,8 Milliarden Euro im Jahr 1991 auf 1.907, 5 Milliarden Euro im Jahr 1999.
Neben den formellen Komponenten der Maßgrößen (Y/A)1 und (Y/A)2 lassen sich noch weitere Einflussfaktoren unterscheiden, die die Höhe der Arbeitsproduktivität determinieren (Haslinger,  1990, S. 149): Zum einen kann durch eine Steigerung des eingesetzten Kapitals typischerweise auch die Arbeitsproduktivität erhöht werden. Wie in Abschnitt I gezeigt wurde, gilt dies grundsätzlich, wenn zwischen den beiden Faktoren Arbeit und Kapital Komplementaritätseffekte bestehen (z.B. wenn die Faktoren Arbeit und Kapital in eine Cobb-Douglas-Produktionsfunktion eingehen). Konkret kann durch den Einsatz leistungsfähigerer Maschinen und entsprechende Investitionen im Produktionsbereich sowie in Forschung und Entwicklung die Produktivität von Arbeitskräften erhöht werden. Hierbei könnte möglicherweise das Maß (Y/A)1 auf zweierlei Weise steigen: Der Output pro Arbeitnehmer könnte zunehmen und die Anzahl benötigter Arbeitnehmer infolge von Rationalisierung sinken. Zum anderen lässt sich die Arbeitsproduktivität aber auch durch eine verbesserte Bildung und Ausbildung von Arbeitskräften steigern, indem auf der Individualebene die Produktivität pro Kopf erhöht wird.

III.  Messung und Beeinflussung der betriebswirtschaftlichen Arbeitsproduktivität


Auf der betriebswirtschaftlichen Ebene gibt es im Gegensatz zur volkswirtschaftlichen Betrachtung viele verschiedene Produktivitätsmaße. Dies ist damit zu erklären, dass die betriebswirtschaftlichen Maße nicht wie die volkswirtschaftlichen Kennzahlen vor dem Hintergrund der amtlichen Statistik einem Standardisierungszwang unterworfen sind. Im betriebswirtschaftlichen Bereich ist zunächst einmal die Frage zu klären, ob die Arbeitsproduktivität auf Unternehmens-, auf Betriebs-, auf Gruppen- oder auf der Individualebene gemessen werden soll. Eine weitere grundsätzliche Unterscheidung ergibt sich in solche Produktivitätsmaße, die auf Mengengrößen basieren, und solche, die von Wertgrößen ausgehen. Beispielsweise lassen sich die folgenden vier Maße für betriebswirtschaftliche Arbeitsproduktivität definieren (Bühner,  1997, S. 83):
Arbeitsproduktivität
Arbeitsproduktivität
Arbeitsproduktivität
Arbeitsproduktivität
Alle vier Produktivitätsmaße lassen sich auf der Unternehmens-, der Betriebs-, der Gruppen- und der Individualebene erheben. Statt des Mengenmaßes „ geleistete Arbeitsstunden “ könnte alternativ auch die Wertgröße „ verursachte Arbeitskosten “ angesetzt werden. Von den obigen vier Beispielen wird in den ersten beiden Maßen (Y/A)3 und (Y/A)4 im Zähler eine Mengengröße betrachtet, während Y in (Y/A)5 und (Y/A)6 durch eine Wertgröße gebildet wird. (Y/A)3 lässt sich u.a. im Bereich der industriellen Produktion einfach ermitteln. Für den Dienstleistungsbereich passt (Y/A)3 hingegen selten, wohl aber das Maß (Y/A)4. Ein weit verbreitetes Produktivitätsmaß basierend auf einer Wertgröße setzt den erzielten Mehrwert bzw. die Wertschöpfung in Relation zur geleisteten Arbeit. Dieses Maß (Y/A)5 ist so allgemein anwendbar, dass es sowohl für Stellen bzw. Organisationseinheiten im produzierenden Bereich als auch im Dienstleistungsbereich anzutreffen ist. Das Maß (Y/A)6 schließlich basiert ebenfalls auf einer Wertgröße. Jedoch wird hier im Zähler als eine Bruttogröße der Umsatz betrachtet, von dem nicht wie bei (Y/A)5 noch die Vorleistungen abgezogen werden.
Auf die betriebswirtschaftliche Arbeitsproduktivität wirken ähnliche Einflussgrößen wie auf die volkswirtschaftliche Arbeitsproduktivität, zumal Letztere als aggregiertes Maß der betriebswirtschaftlichen Produktivitäten interpretierbar ist. So lässt sich zum einen der Nenner der vier Produktivitätsmaße über Rationalisierungsinvestitionen, die Substitution von gering durch hoch qualifizierte Arbeitskräfte oder gar durch Einstellungsstopps oder Kurzarbeit verringern. Zum anderen kann auch Y erhöht werden. Hierfür könnte ebenfalls eine Substitution gering qualifizierter durch hoch qualifizierte Mitarbeiter vorgenommen werden. Ähnliche Auswirkungen könnten über Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen erreicht werden. Eine Erhöhung von Y ließe sich auch durch die Anschaffung leistungsfähigerer Maschinen oder EDV erzielen oder aber möglicherweise durch eine Verbesserung der Arbeitsorganisation. Je nach speziellem Produktivitätsmaß ließe sich Y auch noch durch die Veränderung weiterer Größen beeinflussen. Geht man beispielsweise von (Y/A)6 aus, so kann der Umsatz als Y-Größe durch eine Anhebung der Produktpreise, zusätzliche Werbemaßnahmen und den Aufbau weiterer Distributionskanäle erhöht werden.

IV. Informationsprobleme bei der Messung der betriebswirtschaftlichen Arbeitsproduktivität


Aus unternehmerischer Sicht interessiert im Personalbereich insbesondere die individuelle Arbeitsproduktivität des einzelnen Mitarbeiters. Gerade wenn es um die Entscheidung geht, einen bestimmten Mitarbeiter neu einzustellen, nach der Probezeit unbefristet weiterzubeschäftigen, zu versetzen, zu befördern oder aber zu entlassen, stellt sich als zentrale Frage die nach der Produktivität dieses Mitarbeiters. Grob gesehen sind bei der Beurteilung der individuellen Produktivität eines Mitarbeiters zweierlei Aspekte zu beachten (Kräkel,  1999, S. 111 – 113): Zum einen wird die individuelle Produktivität nachhaltig durch die Grundeigenschaften (z.B. Intelligenz, Durchhaltevermögen, Belastbarkeit, Abstraktionsvermögen) eines Mitarbeiters beeinflusst, die im Allgemeinen unabhängig vom Arbeitsplatz eine hohe oder niedrige Produktivität des Mitarbeiters implizieren. Zum anderen ist die Produktivität eines Mitarbeiters oftmals aber auch untrennbar mit dessen Arbeitsplatz und den spezifischen Eigenschaften bzw. Anforderungen des Arbeitsplatzes verbunden. Beispielsweise kann ein Mitarbeiter aufgrund hoher Belastbarkeit an sich als äußerst produktiv eingestuft werden. Wenn jedoch die Aufgaben seines Arbeitsplatzes vielmehr ein hohes Abstraktionsvermögen als Belastbarkeit verlangen, welches er wiederum nicht besitzt, dann ist die relative oder arbeitsbezogene Produktivität des Mitarbeiters eher als gering einzuordnen.
Zu beachten ist, dass die individuelle Produktivität eines Mitarbeiters nicht nur durch allgemeine, weitestgehend zeitinvariante Eigenschaften und Persönlichkeitsmerkmale determiniert wird, sondern ebenfalls gezielt über Qualifizierungsmaßnahmen beeinflusst werden kann. In diesem Sinne sind die Aspekte Arbeitsproduktivität und Personalentwicklung eng miteinander verflochten. Dieser Aspekt wird im Bereich der personalökonomischen Forschung vor allem im Rahmen der Humankapitaltheorie diskutiert (vgl. zu den Ursprüngen Becker,  1962; Mincer,  1974). Wichtig ist hierbei die Unterscheidung zwischen betriebsspezifischem Humankapital (bzw. Wissen) (z.B. Bedienung einer Spezialmaschine, Erlernen betriebsspezifischer EDV-Programme, Kennenlernen betrieblicher Informationsstrukturen) und allgemeinem Humankapital (z.B. Erlernen von Standardsoftware). Während im Falle betriebsspezifischen Humankapitals hauptsächlich die Arbeitsproduktivität des Mitarbeiters beim Einsatz im Ausbildungsbetrieb betroffen ist, steigt durch die Investition des Mitarbeiters in allgemeines Humankapital dessen Produktivität beim Einsatz in allen Betrieben. Bei betriebsspezifischem Humankapital resultiert die Problematik vor allem durch die infolge der Spezifität entstehende individuelle Abhängigkeit des Mitarbeiters vom Ausbildungsbetrieb. Problematisch beim allgemeinen Humankapital ist hingegen die Tatsache, dass allgemein ausgebildete Arbeitskräfte im Prinzip jederzeit von anderen Betrieben abgeworben werden könnten, die sich dadurch die Ausbildungskosten sparen und lediglich noch für eine Einarbeitung der Mitarbeiter Sorge tragen müssen. In Deutschland sind nicht zuletzt vor dem Hintergrund des dualen Ausbildungssystems beide Humankapitalformen bei den Mitarbeitern gleichermaßen anzutreffen.
Das Hauptproblem des Arbeitgebers bei der Beurteilung der Produktivität eines Mitarbeiters stellen üblicherweise Informationsdefizite dar. Oftmals kann der Mitarbeiter seine Produktivität besser einschätzen als der Arbeitgeber. In diesem Fall wird von asymmetrisch verteilten Informationen gesprochen. Beispielsweise kann ein Arbeitnehmer mit vergleichsweise langer Berufserfahrung seine eigene Arbeitsproduktivität recht genau beurteilen, ein potentieller neuer Arbeitgeber während eines Bewerbungsgesprächs jedoch nur sehr eingeschränkt. Problematisch ist hierbei insbesondere, dass bei einer Befragung durch den Arbeitgeber nicht zwingend von einer wahrheitsgemäßen Informationsaufdeckung durch den Arbeitnehmer auszugehen ist, vor allem wenn es sich um einen Arbeitnehmer geringer Produktivität handelt. Neben asymmetrisch verteilten Informationen sind jedoch auch symmetrische Informationsdefizite möglich, die sowohl auf Seiten des Arbeitgebers als auch auf Seiten des Arbeitnehmers bestehen. Dies betrifft beispielsweise die Produktivität junger Mitarbeiter, die gerade erst ins Arbeitsleben eingetreten sind.
Eine Lösung der skizzierten Informationsprobleme lässt sich insbesondere vor dem Hintergrund informationsökonomischer Erkenntnisse diskutieren (zu einem Überblick Kräkel,  1993; Kräkel, /Schauenberg,  1998; Backes-Gellner, /Lazear, /Wolff, et al.2001). Bei asymmetrisch verteilten Informationen ergeben sich im Prinzip zwei unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten: Einerseits könnte der besser informierte Arbeitnehmer versuchen, seine Produktivität glaubhaft zu signalisieren (Spence,  1973). Solch ein Signaling ist speziell im Interesse von Arbeitnehmern hoher Produktivität. Beispielsweise könnten Universitätsdiplome glaubhafte Signale für die intellektuellen Fähigkeiten und das Durchhaltevermögen von Personen sein. Ein bestandenes Diplom bildet dann ein glaubhaftes Signal, wenn Personen mit hohen intellektuellen Fähigkeiten in angemessener Zeit die Abschlussprüfungen erfolgreich absolvieren, während dies den Personen mit geringeren Fähigkeiten nicht möglich ist. Für diese würden mit anderen Worten die Opportunitätskosten der Zeit für den Erwerb des Signals „ Diplom “ , die sog. signaling costs, so hoch sein, dass sich statt dessen eine betriebliche Ausbildung verbunden mit einem zügigen Einstieg ins Erwerbsleben eher empfiehlt. Zu beachten ist, dass durch Bildung als glaubhaftes Signal – im Gegensatz zur Humankapitaltheorie – nicht die individuelle Produktivität einer Person steigt. In diesem Sinne kann Universitäten sogar dann ein Nutzen zugesprochen werden, wenn zwar kein praxisrelevantes Wissen vermittelt wird, wohl aber Studenten über das Signal „ Diplom “ wichtige arbeitgeberrelevante Charakteristika über sich signalisieren können.
Andererseits könnte eine Informationsaufdeckung auch von der schlechter informierten Partei ausgehen. In diesem Fall spricht man von Screening (Stiglitz,  1975). Beispielsweise kann der Arbeitgeber einem Stellenbewerber zwei hypothetische Arbeitsverträge zur Auswahl anbieten und bei entsprechendem Design der Verträge von der Wahl des Bewerbers auf dessen Produktivität schließen. Z.B. könnten im Falle einer vakanten Stelle im Verkauf zwei Verträge entworfen werden, von denen der eine ein hohes Fixum und eine geringe Verkaufsprovision vorsieht, während umgekehrt im anderen Vertrag ein niedriges Fixum verbunden mit einer hohen Provision vorgesehen ist. In diesem Falle würden sich Bewerber niedriger (hoher) Produktivität tendenziell für den ersten (zweiten) Vertrag entscheiden.
Bestehen sowohl auf der Arbeitgeber- als auch auf der Arbeitnehmerseite die gleichen Informationsdefizite über die Produktivität des Arbeitnehmers, so sind die bisher betrachteten Möglichkeiten nicht mehr anwendbar. Relevant wäre dann vielmehr die Akkumulation zusätzlicher Informationen (z.B. bei einem bereits angestellten Mitarbeiter im Laufe seiner betrieblichen Karriere), so dass die a priori unbekannte Produktivität eines Arbeitnehmers über einen Bayesianischen Lernprozess mit jeder Zusatzinformation immer besser eingeschätzt werden kann. Wichtig ist in diesem Zusammenhang eine fortlaufende Anpassung der erwarteten Arbeitsproduktivität, so dass Fehlbeurteilungen aufgrund einmaliger Stigmatisierung vermieden werden.
Literatur:
Backes-Gellner, U./Lazear, E. P./Wolff, B. : Personalökonomik, Stuttgart 2001
Becker, G. S. : Investment in Human Capital: A Theoretical Analysis, in: Journal of Political Economy, Supplement 70, 1962, S. 9 – 49
Bühner, R. : Personalmanagement, Landsberg/Lech 1997
Haslinger, F. : Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, 5. A., München et al. 1990
Institut der deutschen Wirtschaft, : Deutschland in Zahlen, Köln 2001
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit, : Zahlenfibel. Beiträge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 101, Nürnberg 2000
Kräkel, M. : Entlohnung als Instrument zur Informationsaufdeckung bei der Personalauswahl, in: Zeitschrift für Personalforschung, 1993, S. 489 – 512
Kräkel, M. : Ökonomische Analyse der betrieblichen Karrierepolitik, 2. A., München et al. 1999
Kräkel, M./Schauenberg, B. : Personalpolitik, Informationsökonomie und Karrieren, in: Personalpolitik – Wissenschaftliche Erklärung der Personalpraxis, hrsg. v. Martin, A./Nienhüser, W., München et al. 1998, S. 83 – 107
Mincer, J. : Schooling, Experience and Earnings, New York 1974
Spence, A. M. : Job Market Signaling, in: Quarterly Journal of Economics, Jg. 87, 1973, S. 355 – 374
Stiglitz, J. E. : The Theory of „ Screening “ , Education, and the Distribution of Income, in: American Economic Review, Jg. 65, 1975, S. 283 – 300
Stobbe, A. : Volkswirtschaftliches Rechnungswesen, 8. A., Berlin et al. 1994

 

 


 

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